· Fachbeitrag · Güterstandswechsel
Vorsicht vor Querschenkungen und Ertragsteuerbelastungen bei Güterstandswechseln
von StB RA FA Steuerrecht Dr. Thomas Stein, Ulm
| Steuerlich motivierte Güterstandswechsel und Güterstandsschaukeln sind mittlerweile ein häufig genutztes Instrumentarium in der Erbschaft- und Schenkungsteuerplanung, seit der BFH die Güterstandsschaukel mit seiner Entscheidung vom 12.7.05 als zulässig eingestuft hat ( BFH 12.7.05, II R 29/02 ). Diese Vorgänge sind sorgfältig zu planen, um steuerliche Nachteile durch Ertragsteuerbelastungen oder Querschenkungen zu vermeiden. Mit diesen Nebenfolgen und möglichen Reaktionen befasst sich dieser Beitrag. |
1. Herausnahme des Erwerbs aufgrund des Zugewinnausgleichs aus dem Anwendungsbereich der Schenkungsteuer
Eine Herausnahme des Ausgleichs des Zugewinns gem. § 5 ErbStG bei Güterstandswechseln aus den schenkungsteuerpflichtigen Erwerben setzt stets voraus, dass eine wirksam begründete Zugewinnausgleichsforderung besteht. Dies wiederum verlangt danach, dass der Güterstand der Zugewinngemeinschaft tatsächlich durch einen Ehevertrag beendet und nicht lediglich schuldrechtlich ein „fliegender Zugewinnausgleich“ vereinbart wurde (BFH 28.6.07, II R 12/06, DStRE 07, 1516). Denn erst mit der Beendigung durch notariell beurkundeten Vertrag entsteht die Zugewinnausgleichsforderung zivilrechtlich gem. § 1378 BGB.
Das angestrebte Ziel setzt überdies voraus, dass die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder einem vergleichbaren ausländischen Güterstand verheiratet sind. Dieser Prüfungsschritt unterbleibt bisweilen, auch in Unkenntnis der zivilrechtlichen Voraussetzungen zur Bestimmung des einschlägigen Ehegüterrechts. Schließlich muss zur Nutzung des § 5 ErbStG die Zugewinngemeinschaft oder der vergleichbare ausländische Güterstand (etwa die Schweizer Errungenschaftsbeteiligung; Reich in: von Oertzen/Loose, ErbStG, § 5, Rn. 6) durch Ehevertrag beendet werden.
MERKE | Dabei kann der Güterstandswechsel nicht nur von der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung erfolgen, sondern auch von der Zugewinngemeinschaft in den deutsch-französischen Wahlgüterstand gem. § 1519 BGB, was § 5 Abs. 3 ErbStG sicherstellt. Ggf. kann auch über eine rückwirkende Vereinbarung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft auf den Beginn der Ehe im Vorfeld nachgedacht werden (zur Gestaltung und weiteren Erwägungen: Reich, ZEV 11, 59). |
Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft darf nicht vorschnell bejaht werden. Wichtig und richtig ist eine Verifizierung im Vorfeld zur Planungsmaßnahme. Schließlich ist im Hinblick auf Ehegatten mit gemeinsamer ausländischer Staatsangehörigkeit, ohne zugleich deutsche Doppelstaatler zu sein, häufig unabhängig vom Lebensmittelpunkt ausländisches Güterrecht anzuwenden und damit ein materiell anders ausgeprägter ausländischer Güterstand einschlägig (zum Ganzen ausführlich: Stein, DStR 20, 368). Dies gilt zumindest für bis zum 29.1.19 abgeschlossene Ehen oder bis dann begründete Rechtswahlen, da auch die Europäischen Güterrechtsverordnungen einen Bestandsschutz für Altfälle vorsehen (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO).
Beachten Sie | Aus deutscher Sicht bestimmt sich in diesen häufigeren Altfällen international privatrechtlich der Güterstand gem. Art. 15, 14 EGBGB a. F. vorrangig nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten.
2. Der Umfang der Nichtbesteuerung gem. § 5 ErbStG
Der schenkungsteuerlich motivierte Güterstandswechsel ist ebenso wie die Güterstandsschaukel eine lebzeitige Gestaltungsmaßnahme, um nicht schenkungsteuerbare Vermögenstransfers unter Ehegatten zu ermöglichen. Als Maßnahme unter Lebenden ist dieser Güterstandswechsel in der Fallgruppe des § 5 Abs. 2 ErbStG abzuhandeln. Ehevertragliche Modifikationen beeinflussen daher den zivilrechtlichen Zugewinnausgleichsanspruch, der damit zugleich konkret zu berechnen ist. Dies gilt jedenfalls so lange, wie diese Modifikationen der Zugewinngemeinschaft noch güterrechtlich und nicht zuwendungsmotiviert sind (R E 5.2 Abs. 2 S. 2 ErbStR 2019).
Zur Durchführung des schenkungsteuerlich motivierten Güterstandswechsels oder der Güterstandsschaukel sollte daher bereits im Vorfeld Folgendes bestimmt und durchgeführt werden:
- 1. Prüfung, ob die Ehegatten tatsächlich im deutschen gesetzlichen Güterstand verheiratet sind und ob die Zugewinngemeinschaft ggf. ehevertraglich modifiziert wurde. Für solche Modifikationen kommen bei ausländischen Berührungspunkten, etwa Eheschließung im Ausland, auch ausländische Formvorschriften in Betracht (BGH 13.7.11, XII ZR 48/09, NJW-RR 11, 1225).
- 2. Berechnung des tatsächlich zu entrichtenden Zugewinnausgleichs durch konkrete Gegenüberstellung des Anfangs- und des Endvermögens jedes Ehegatten unter Berücksichtigung der Indexierungsregelungen und der zivilrechtlichen Vorgaben im Übrigen.
- 3. Ergründung, wie die Zugewinnausgleichsforderung erfüllt werden kann, auch um den ertragsteuerlichen Problemkreis im Blick zu behalten.
Nur in Höhe des zivilrechtlich richtigen Zugewinnausgleichsanspruchs kann für Vermögensübertragungen unter Ehegatten die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 ErbStG beansprucht werden. Diesen Betrag übersteigende oder unterschreitende Zahlungen können als freigiebige Zuwendungen gewertet werden.
2.1 Schenkungen durch Zuvielleistung auf den Ausgleichsanspruch
Der Aufgriffsbereich der Zuvielübertragungen zeigt zugleich die Bedeutung einer vorab berechneten Ausgleichssumme, um die Dimension der ausgelösten Zahlungsverpflichtung abstecken und Folgeplanungen unternehmen zu können. Auf diese Weise kann eine Zuvielleistung vermieden werden, die mangels Anwendbarkeit der Steuerbefreiung des § 5 ErbStG insoweit Schenkungsteuer auszulösen vermag (vgl. BFH 28.6.89, II R 82/86, BStBl II 89, 897).
Vereinfachte Berechnungen, die in der regelmäßig nicht streitbehafteten Situation unter Ehegatten gerne umgesetzt werden, können vor diesem Hintergrund zu Zuwendungen führen. So mag bereits die Nichtindexierung des Anfangsvermögens zu überhöhten Zugewinnausgleichsleistungen führen. Ein teils zu beobachtender Fehler ist auch, dass die zivilrechtlich erforderliche Nettobetrachtung nicht beachtet wird, die den Abzug der latenten Ertragsteuerlasten gerade im Endvermögen erforderlich macht (BGH 1.6.11, VIII ZR 91/10, NJW 11, 2572). Beides kann dazu führen, dass mehr geleistet wird, als an sich zivilrechtlich geschuldet würde (instruktiv zur Nettobetrachtung bei betrieblichem Vermögen auch: Mast/Kogel, FamRZ 20, 401).
GESTALTUNGSTIPPS | Als steuerlicher Berater kann man sich gegen mögliche Berechnungs- oder Würdigungsfehler wappnen, indem man Geschäftsgrundlagen- und Nachberechnungsklauseln in die Eheverträge, mit denen die Zugewinngemeinschaft beendet wird, aufnimmt. Alternativ kann das auch in den begleitenden Abrechnungen zur Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs erfolgen. Steuerlich sinnvoll mag auch die Aufnahme von Widerrufsklauseln sein, die einen Widerruf der etwaigen Zuwendung ermöglichen, falls mehr im Rahmen des Zugewinnausgleichs geleistet wird, als zivilrechtlich geschuldet war. Sogar eine entstandene Schenkungsteuer aufgrund einer etwaigen Zuvielleistung könnte dann gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zum Erlöschen gebracht werden. |
Andere Rückforderungsklauseln, die den tatsächlich ausgeglichenen Zugewinn nachträglich verkürzen, etwa im Falle einer Scheidung, werden kritisch gesehen. Schließlich können derartige Klauseln zur Annahme verleiten, es handele sich dennoch nicht um eine nicht steuerbare Erfüllung des gesetzlichen Zugewinns, sondern um eine anderweitige steuerpflichtige Zuwendung (Schlünder/Geißler in: Münch, Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, S. 1098 f.).
PRAXISTIPP | Ungeachtet der steuerlichen Sinnhaftigkeit der Aufnahme derartiger Nachberechnungs-, Erstattungs- oder Widerrufsklauseln in die Vereinbarungen oder in die Ab- bzw. Berechnungen ist zugleich die familienrechtliche Konsequenz mitzubeachten. Sollte sich später an den Güterstandswechsel ein Scheidungsverfahren anschließen, auch wenn dieses bei Vornahme des Güterstandswechsels noch nicht absehbar war, können derlei Öffnungsklauseln zu Nachzahlungen und Streitigkeiten führen. Zivilrechtlich wird daher eher ein Interesse an der abgeltenden Wirkung der Leistung auf den Zugewinnausgleichsanspruch bestehen, die solche späteren Anpassungsmaßnahmen ausschließen würde. |
2.2 Schenkungen durch Zuwenigleistung auf den Ausgleichsanspruch
Zuwendungen können nicht nur durch Hingabe von Vermögenswerten erfolgen. Auch dem Verzicht auf eine Rechtsposition kann schenkungsteuerliche Relevanz zukommen. Das FG Hessen hat hierzu klargestellt, dass der Verzicht eines Ehegatten auf einen höheren Zugewinnausgleichsanspruch im Rahmen der ehevertraglichen Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft eine freigebige Zuwendung an den anderen Ehepartner i. S. d. ErbStG sein kann (FG Hessen, 15.12.16, 1 K 199/15, EFG 17, 871).
Die zutreffende Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs ist daher auch vor dem Hintergrund der Vermeidung von Querschenkungen durch den ausgleichsberechtigten Ehegatten wichtig. Zumal die Güterstandsschaukel bzw. die Güterstandsbeendigung zur schenkungsteuerneutralen Vermögensumschichtung unter Ehegatten im Rahmen der Schenkungsteuerplanung erfolgt, muss der Berater auch für die zutreffende Umsetzung sorgen.
Dogmatisch sei nochmals klargestellt, dass die Zugewinnausgleichsforderung in der rechtlich richtigen Höhe beim Güterstandswechsel mittels Ehevertrags gemäß § 5 Abs. 2 ErbStG steuerfrei bleibt. Eine Zuwendung vom ausgleichsverpflichteten an den ausgleichsberechtigten Ehegatten wird daher im Fall der Zuwenigleistung ausscheiden. Die Zuwendung tritt nur in Höhe des (Teil-)Verzichts auf die volle Zahlung auf, also soweit der tatsächlich rechnerische Ausgleichsanspruch durch die tatsächlich geleistete Summe nicht erfüllt wurde.
PRAXISTIPP | Die Kommentarliteratur nimmt teils einen Verzicht nur an, wenn der Zugewinnausgleichszahlbetrag zunächst (positiv) festgelegt wurde und dann, in Kenntnis dessen, eine geringere Zahlung geleistet wurde (Geck in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 5 Rz. 40). In der Abwehrberatung sollte dies zwingend beachtet werden. Dennoch ist diese auf dem Bereicherungswillen basierende Argumentation m. E. kein Freibrief für Zuwenigzahlungen aufgrund fehlerhafter Berechnungen, da der Ausgleichsanspruch zunächst in der gesetzlichen Höhe entsteht und Wenigerleistungen stets ein Verzichtscharakter innewohnen kann (vgl. R E 5.2 Abs. 1 S. 2 ErbStR2019 zum Verzicht einschl. Bereicherungswillen). |
2.3 Reaktionsmöglichkeiten in der Gestaltungsberatung
Ungeachtet aller Sorgfalt des Beraters stellt die zutreffende Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs keine einfache Aufgabe dar. Zu viele Wertungen und Sachverhaltserhebungen nehmen Einfluss auf dessen Ermittlung. Während in Scheidungsverfahren die gegenläufigen Rechtspositionen der Parteien noch für ein Korrektiv sorgen, fällt dies bei Güterstandsmaßnahmen als steuerliches Gestaltungsmittel aus. Eine gewisse Fehlerlatenz besteht daher.
GESTALTUNGSTIPP | Wie unter 2.1 erwähnt, können Nachberechnungs-, Geschäftsgrundlagen- oder Schenkungswiderrufsklauseln im Einzelfall eine steuerliche Absicherung vor Querschenkungen bieten. Ebenso denkbar ist die Vorschaltung eines Ehevertrags, der die zunächst bestehende Zugewinngemeinschaft modifiziert. Denkbar wäre etwa eine Begrenzung des Zugewinnausgleichsanspruchs der Höhe nach. Vor diesem Hintergrund ist mit den Ehegatten auszuloten, welcher Betrag gerade in Anbetracht der angesprochenen Unwägbarkeiten als Zugewinnausgleich fließen soll. Doch Vorsicht ‒ wichtig ist, dass der vorgeschaltete Ehevertrag lediglich eine Modifizierung bewirken darf, aber noch keine Beendigung der Zugewinngemeinschaft selbst (vgl. Stein, DStR 12, 1063). |
Beachten Sie | Die reine Modifizierung der Zugewinngemeinschaft ist keine schenkungsteuerbare Zuwendung, da nur ein latenter Anspruch in Form einer Erwerbschance besteht, der beschränkt wird (BFH 28.6.07, II R 12/06, DStRE 07, 1516).
In einem nachfolgenden Ehevertrag wird dann die Zugewinngemeinschaft beendet. Der Ausgleichsanspruch entsteht dann unter Berücksichtigung der zuvor vereinbarten Obergrenze. Ein zeitlicher Abstand zwischen dem modifizierenden und dem die Zugewinngemeinschaft beendenden Ehevertrag ist sicherlich sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich. Es handelt sich m. E. um keinen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch, da eine zivilrechtlich konsequente Umsetzung des Gesamtvorgangs lediglich steuerlich nachvollzogen wird.
Das FG Hessen (15.12.16, 1 K 199/15, EFG 17, 871) billigte den Ehegatten grundsätzlich zu, die Höhe des Zugewinns festzulegen, und hielt dabei auch zu Recht ein weitgehendes Gestaltungsrecht für gegeben. Interessant an dem Urteil ist, dass das FG bei einer Festlegung der Höhe des Zugewinnausgleichs in demselben Ehevertrag, der auch den Güterstand beendete, eine solche zulässige beschränkende Vereinbarung sah. Demnach hätte es des hier vorgeschlagenen vorgeschalteten Ehevertrags nicht bedurft. Mangels einschlägiger BFH-Rechtsprechung erscheint ein zweistufiges Vorgehen zur Absicherung derzeit dennoch vorzugswürdig (so auch Uhl-Ludäscher, ErbStB 17, 266).
Ein (schenkungsteuerbarer) Verzicht bestimmte sich laut FG Hessen überdies nicht aus der Differenz zu dem zivilrechtlich-rechnerischen Zugewinnausgleichsbetrag als Bezugsgröße, sondern als Unterschiedsbetrag zu dem (deutlich niedrigeren) im Ehevertrag selbst festgehaltenen Zugewinnausgleichsanspruch (ausführlich dazu: Brüggemann, ErbBstg 18, 66).
Die Ausführungen des FG Hessen (15.12.16, 1 K 199/15, EFG 17, 871, dort Ziff. 1 lit. c) legen nahe, einen Verzicht des ausgleichsberechtigten Ehegatten auf seine Ausgleichsforderung gegen Zahlung einer Abfindung zu vereinbaren. Dieser Vorgang soll laut FG nicht schenkungsteuerpflichtig sein. Dies kann im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH (28.6.07, II R 12/06, DStRE 07, 1516) aber wohl nur dann gelten, wenn es sich um eine bereits entstandene Ausgleichsforderung handelt. Denn eine durch späteren Güterstandswechsel erst entstehende Ausgleichsforderung soll keinen in Geld bewertbaren Vermögenswert darstellen, der i. S. eines schenkungsteuerlich entgeltlichen Abgeltungsgeschäfts abgefunden werden kann. Nach Ansicht des II. Senats des BFH ist bis dahin nur eine bloße Erwerbschance gegeben, die nicht in Geld veranschlagt werden kann. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 3 ErbStG bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht zu berücksichtigen.
Beachten Sie | Ungeachtet dessen ist es auch unter Zugrundelegung der Ansätze des FG Hessen als problematisch anzusehen, wenn der Abfindungsbetrag in diesen Fällen willkürlich zu niedrig ermittelt wird, da dann wiederum ein zivilrechtlicher Anspruch entstanden ist, der aufgrund der Abfindungsvereinbarung wissentlich nicht vollständig erfüllt wird.
3. Ertragsteuerliche Folgen
Güterstandswechsel zur Nutzung der Steuerfreistellung nach § 5 ErbStG werden ebenso wie Güterstandsschaukeln regelmäßig vor dem Hintergrund der schenkungsteuerlichen Umsetzung und der Steuerfreiheit der Vermögensübertragungen nach dem ErbStG thematisiert. Nicht außer Acht bleiben darf aber die ertragsteuerliche Situation bei Güterstandswechseln:
Zivilrechtlich ist die Zugewinnausgleichsforderung ein Anspruch in Geld (§ 1378 Abs. 1 BGB). Werden andere Wirtschaftsgüter hingegeben, handelt es sich um eine Leistung an Erfüllungs statt, was zivilrechtlich gem. § 364 BGB bei Einverständnis der Parteien unproblematisch möglich ist. Steuerlich wird die Leistung an Erfüllungs statt allerdings als Veräußerungsvorgang angesehen und kann (erhebliche) ertragsteuerliche Folgen nach sich ziehen (OFD München, 26.6.01, DStR 01, 1298; BFH 30.3.11, IX B 114/10, BFH/NV 11, 1323).
GESTALTUNGSTIPP | Vermieden werden kann diese ertragsteuerliche Folge etwa durch die Überlegung des gegenstandsbezogenen Zugewinnausgleichs. Dazu wäre im Rahmen eines vorgeschalteten Ehevertrags die Geldschuld abzubedingen und stattdessen bereits ehevertraglich ein Zugewinnausgleich durch Gegenstandsübertragung vorzusehen (zur Gestaltung: Stein, DStR 12, 1063). |
Eine andere Variante mag die Vorabschenkung eines Gegenstands sein mit anschließender Einbeziehung in den Zugewinnausgleich gem. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i. V. m. § 1380 BGB. Offengelassen hat der BFH (24.1.12, IX R 8/10, DStR 12, 1172) bislang, ob durch die Einbeziehung einer vorangegangenen Schenkung in den Zugewinnausgleich über § 1380 BGB diese später in eine Veräußerung umzuqualifizieren sei. Gute Argumente sprechen allerdings gegen eine solche Umqualifizierung (Münch, Handbuch Familiensteuerrecht, S. 263; Stein, DStR 12, 1734), was auch dem erstinstanzlichen FG-Urteil zur Entscheidung IX R 8/10 zu entnehmen war (FG Münster 14 K 2210/06 E).
PRAXISTIPP | Wird das Problem der Leistung an Erfüllungs statt gesehen und scheidet eine Gegenstandsübertragung aus, kann in Höhe der Ausgleichsforderung ein Darlehen hingegeben werden; evtl. ist dessen Laufzeit auf die Dauer der Steuerverhaftung (etwa gem. § 23 EStG) eines etwa später an Erfüllungs statt zu übertragenden Grundstücks abzustimmen. |
Wird dieses Darlehen verzinslich ausgestaltet, ist der Zins beim Darlehensgeber gem. § 20 EStG steuerpflichtig. Beim Darlehensnehmer sind die Zinsen aber nicht abzugsfähig, sodass eine ertragsteuerlich ebenfalls wenig optimale Situation entsteht. Ist das Darlehen hingegen unverzinst, entstehen in Höhe des Abzinsungsbetrags wiederum schenkungsteuerpflichtige Zuwendungen (BFH 22.8.18, II R 51/15, BFH/NV 19, 239). Der II. Senat verneint in einem Beschluss zwar eine Doppelbelastung mit ESt und SchenkSt (12.9.11, VIII B 70/09, BFH/NV 12, 229); diese Doppelbelastung ist aber im Hinblick auf andere BFH-Urteile nicht gänzlich abwegig (BFH 26.6.96, VIII R 67/95, BFH/NV 97, 175).
FAZIT | Schenkungsteuerlich motivierte Güterstandswechsel und Güterstandsschaukeln sollten wegen des Risikos von Querschenkungen durch Zuviel- und Zuwenigleistungen sowie zur Vermeidung ertragsteuerlicher Risiken nur mit sorgfältiger Vorabplanung umgesetzt werden, um Steuerrisiken zu vermeiden. |
Zum Autor | Der Autor hält unter dem Seminartitel „Scheidung Zugewinn Steuern“ regelmäßig in ganz Deutschland Fortbildungsvorträge, in denen auch die vorstehende Thematik behandelt wird.