· Fachbeitrag · Gesetzgebung
Die Änderungen des Steuerberatungsgesetzes zum 1.1.20
von StB Simon Beyme, Syndikus-RA, FA SteuerR, Berlin, Geschäftsführer des Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg e. V.
| Die gesetzliche Grundlage des Berufsstands, das Steuerberatungsgesetz, wurde zum 1.1.20 geändert und kaum einer nimmt Notiz davon. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Änderungen durch das „Dritte Bürokratieentlastungsgesetz“ und das „Jahressteuergesetz 2019“ (Gesetz zur steuerlichen Förderung der E-Mobilität). Inhaltlich geht es u. a. darum, das StBerG an die DSGVO anzupassen. Auch wird der Berufsstand insgesamt „upgegradet“. |
Gesetzliches Organ der Steuerrechtspflege
§ 32 Abs. 2 StBerG wird um den Satz ergänzt, dass Steuerberater und Steuerbevollmächtigte unabhängige Organe der Steuerrechtspflege sind. Dadurch soll die besondere Funktion des Steuerberaters als Organ der Steuerrechtspflege verdeutlicht werden, so wie dies beim Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege gemäß § 1 BRAO schon lange der Fall ist. Bislang wurden Steuerberater „nur“ in § 1 Abs. 1 der von der BStBK erlassenen Berufsordnung (BOStB) als Organe der Steuerrechtspflege bezeichnet.
FAZIT | Welche konkreten Folgen aus dem l„Upgrade“ der Übernahme aus der BOStB in das StBerG resultieren, ist noch nicht ganz klar. Auf der Berufsrechtstagung des DWS am 4.11.19 waren sich die Tagungsteilnehmer einig, dass die Einführung der Organstellung in das Gesetz, sowohl mit Blick auf Brüssel als auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung, ein wichtiger Schritt zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Berufsstandes ist. |
Anpassungen an die DSGVO
Zwei Änderungen betreffen Punkte die durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hochkamen.
Verarbeitung personenbezogener Daten
In § 11 Abs. 2 StBerG wird auf den Meinungsstreit zwischen (einigen) Landesdatenschutzbehörden und BStBK/DStV reagiert, ob die Lohnbuchhaltung eine Auftragsverarbeitung i. S. v. Art. 28 DSGVO darstellt. Ein Merkmal der Auftragsverarbeitung ist die Weisungsgebundenheit. § 11 Abs. 2 StBerG stellt klar, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Steuerberater unter Beachtung der geltenden Berufspflichten weisungsfrei erfolgt und dass Steuerberater insofern Verantwortliche gemäß Artikel 4 Nr. 7 DSGVO sind. Auch besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß DSGVO (z. B. Religionszugehörigkeit [Kirchensteuerabzug] oder Gesundheitsdaten [außergewöhnliche Belastungen]) dürfen in diesem Rahmen verarbeitet werden.
FAZIT | Sämtliche von Steuerberatern erbrachten steuerberatenden Tätigkeiten (einschließlich der Lohnbuchhaltung) sind keine Auftragsverarbeitung. |
Aufbewahrungsfristen
Ein neuer Satz 3 in § 66 Abs. 1 StBerG sieht vor, dass die Aufbewahrungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs beginnt, in dem der Auftrag beendet wurde. Die Änderung erfolgt aufgrund der in der DSGVO enthaltenen Pflicht zur Löschung von Daten (unmittelbar) nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht (Art. 17 Abs. 1 DSGVO). Damit diese Löschpflicht nicht aufwendig taggenau je nach Datum des Auftragsendes zu befolgen ist, ermöglicht die Neuregelung, dass Akten und Daten, deren Aufbewahrungspflicht endet, einheitlich zum Jahresende vernichtet bzw. gelöscht werden können. Trotz dieser Angleichung an § 50 Abs. 1 BRAO bleiben die Fristen zur Aufbewahrung von Handakten uneinheitlich (§ 66 Abs. 1 S. 2 StBerG: zehn Jahre; § 50 Abs. 1 BRAO: sechs Jahre).
Befugnis zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen
Geändert wurden bestimmte Regelungen zu Lohnsteuerhilfevereinen. Dies betrifft § 4 Nr. 11 b StBerG, wonach Lohnsteuerhilfevereinen die Hilfeleistung für Mitglieder mit Einkünften aus selbstständiger Arbeit erlaubt ist, sofern diese Einnahmen nach § 3 Nr. 12, 26, 26a und (neu) 26b EStG in voller Höhe steuerfrei sind. Damit dürfen sie nunmehr u. a. auch Arbeitnehmer beraten, die ehrenamtliche Betreuungen durchführen und hierfür Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB erhalten. Zusätzlich werden Grenzbeträge für Überschuss-Einkünfte der Mitglieder, die von Lohnsteuerhilfevereinen beraten werden dürfen, nach § 4 Nr. 11 c StBerG auf 18.000 EUR (bisher: 13.000 EUR) bzw. bei Zusammenveranlagung auf 36.000 EUR (bisher: 26.000 EUR) deutlich erhöht. Dies betrifft insbesondere Einkünfte nach § 21 EStG (V&V).
Mit § 23 Abs. 4 Nr. 1 StBerG n. F. reagiert der Gesetzgeber auf eine Entscheidung des BFH (10.11.15, VII R 43/14). Der BFH hatte entschieden, dass die Sitzverlegung eines Lohnsteuerhilfevereins nicht zur Schließung und einer dadurch erforderlichen Löschung führt. Nunmehr müssen Lohnsteuerhilfevereine nicht mehr nur Eröffnung und Schließung, sondern auch Änderungen der Anschrift der Aufsichtsbehörde mitteilen.
Vorbehaltsaufgaben und vereinbare Tätigkeiten
In § 33 S. 2 StBerG wird die Formulierung „Aufstellung von Steuerbilanzen“ durch „Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind“ ersetzt. Dies entspricht dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 2 StBerG. Außerdem ist so klargestellt, dass auch das Aufstellen von Handelsbilanzen zu den Vorbehaltsaufgaben zählt. In der Vergangenheit war dies schon streitig geworden (vgl. LG Hamburg 5.5.17, 418 HKO 39/15).
Um wissenschaftlichen Mitarbeitern an Hochschulen eine Bestellung als Steuerberater zu ermöglichen, wird diese Tätigkeit in § 57 Abs. 3 Nr. 4 StBerG generell als mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar eingestuft, wenn die dem wissenschaftlichen Mitarbeiter übertragene Aufgabe in Forschung und Lehre von diesem überwiegend selbstständig erfüllt wird. Bislang sah § 57 Abs. 3 Nr. 4 StBerG nur die Tätigkeit als Hochschullehrer als mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar an. Wissenschaftliche Mitarbeiter wurden ‒ auch wenn sie Lehrveranstaltungen durchführten ‒ grundsätzlich nicht als Lehrer in diesem Sinne angesehen.
Weitere Änderungen
Abschließend sei noch auf folgende Änderungen hingewiesen:
- Führung von Handakten: Mit Blick auf die Führung von Handakten wurde § 66 Abs. 1 StBerG ein Stück weit(er) an § 50 Abs. 1 BRAO angeglichen. So sieht der neu gefasste § 66 Abs. 1 S. 1 StBerG vor, dass Steuerberater durch das Führen der Handakten ein umfassendes Bild über die Bearbeitung ihrer Aufträge geben können müssen. Dies war bisher für Steuerberater nicht gesetzlich geregelt.
- Voraussetzungen der Zulassung zur Prüfung: Die erforderlichen berufspraktischen Zeiten vor Zulassung zur Steuerberaterprüfung in § 36 Abs. 2 StBerG werden verkürzt. Personen mit bestandener Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder einer anderen gleichwertigen Vorbildung sollen bereits nach acht (bisher: zehn) Jahren zur Steuerberaterprüfung zugelassen werden. Geprüfte Bilanzbuchhalter und Steuerfachwirte müssen nur noch sechs Jahre (bisher: sieben) praktische Tätigkeit für die Zulassung nachweisen. Die neuen Zulassungszeiten gelten erstmals für die Steuerberaterprüfung 2021.
- Aufwandsentschädigungen und Reisekostenvergütungen: Der neue § 77b S. 3 StBerG sieht vor, dass Richtlinien der Steuerberaterkammer für Aufwandsentschädigungen und Reisekostenvergütungen des Vorstands nur von der Mitgliederversammlung beschlossen werden können. Mit der Änderung erfolgt eine Angleichung an das Berufsrecht der Rechtsanwälte (vgl. § 89 Abs. 2 Nr. 5 BRAO).
- Verlegung in einen anderen Kammerbezirk: Mit dem neuen § 79 Abs. 1 S. 5 StBerG wurde geregelt, wann die Mitgliedschaft bei der Steuerberaterkammer bei Verlegung der beruflichen Niederlassung in einen anderen Kammerbereich endet bzw. neu begründet wird. Dies hat u. a. Bedeutung für die Beitragspflicht. Bislang stellten Steuerberaterkammern auf den Zeitpunkt der faktischen Verlegung und nicht auf den Zeitpunkt der Mitteilung ab. Da in der Praxis Anzeigen der Niederlassungsverlegung oftmals mit (erheblichen) Verzögerungen erfolgten, konnte sich für die abgebende Kammer die Frage der Erstattung von Kammerbeiträgen für abgeschlossene Beitragsjahre stellen. Nunmehr wurde gesetzlich geregelt, dass für die Beitragspflicht der Zeitpunkt der Mitteilung der Verlegung der beruflichen Niederlassung an die aufnehmende Steuerberaterkammer maßgebend ist.