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· Generationenübergreifende Zusammenarbeit

Herausforderung Mehrgenerationen-Team: So gelingt die Zusammenarbeit

Bild: ©DavidPrado - stock.adobe.com

von Sybille David, Zahnärztliche Praxisberatung, Frankfurt, sybille-david.de, praxis-knigge.de

| In den meisten Zahnarztpraxen arbeiten Menschen aus unterschiedlichen Generationen zusammen. Diese Art von Diversität wird leicht unterschätzt. Doch gerade die Zusammenarbeit in einem Team mit gemischter Altersstruktur führt nicht selten zu Missverständnissen und Konflikten. Dieser Beitrag widmet sich diesem herausfordernden Thema. |

Merkmale der Generationen

Über die Besonderheiten der Generationen wird derzeit viel geforscht und noch mehr publiziert. Dabei werden den einzelnen Generationen wie folgt kategorisiert.

 

  • Übersicht: Gängige Definitionen von Generationen

Veteranen und Traditionals

(geb. vor 1946)

Angehörige dieser Generation dürften in der Praxis wohl kaum mehr zu finden sein, bestenfalls als aktive Seniorchefs.

Baby-Boomer (geb. 1946‒1964)

Baby-Boomer stehen kurz vor ihrer Rente, haben das Arbeitsleben größtenteils hinter sich.

Generation X

(geb. 1965‒1980)

Angehörige dieser Generation stehen „mitten im Leben“, haben bereits Erfahrung, aber auch noch eine längere Phase der Berufstätigkeit vor sich.

Generation Y oder Millennials (geb. 1981‒1998)

Die Generation Y hat die Jahrtausendwende, den Internetboom und die Globalisierung bereits bewusst miterlebt. Das Internet gehört zu ihrem Lebensalltag.

Generation Z

(geb. 1998‒2010)

Angehörige dieser Generation werden oft auch „Generation You Tube“ genannt. Sie sind echte „Digital Natives“ und kennen ein Leben ohne Digitalisierung nicht.

 

Auch wenn ‒ zwar durch Studien gestützt ‒ den unterschiedlichen Generationen stereotype Merkmale zugeschrieben werden, sollte der Umgang mit diesen Ergebnissen immer sehr differenziert erfolgen. Jeder kennt sicher auch Ausnahmen. Es gibt ältere, veränderungsbereite und digital aufgeschlossene Menschen wie auch junge, die eher gleichbleibende Vorgehensweisen bevorzugen und/oder digital beinahe abstinent leben.

 

Bei der Teamzusammensetzung spielt neben der Generationszugehörigkeit die individuelle Persönlichkeit eine große Rolle. Extrovertierte, introvertierte, humorvolle, eher ernsthafte Persönlichkeitstypen prägen das Teamgefüge maßgeblich mit. Auch die Herkunftsfamilie, die ethnische Zugehörigkeit und die ganz persönliche Biografie machen aus einem Menschen einen unverwechselbaren Typen.

Gleichaltrige oder generationenübergreifende Teams?

Arbeitspsychologisch spricht man altersgemischten Teams eine bessere Zusammenarbeit, Effizienz und Effektivität zu. Tradition trifft auf Innovation, erfahrene Mitarbeiterinnen geben ihr Wissen an die jungen Talente der Praxis weiter. Junge Mitarbeiterinnen stellen nicht selten durch ihre Fragen tradierte Prozesse auf den Prüfstand, was im Idealfall zu einer erfolgreichen Veränderungskultur führen kann.

 

Doch nur wenn diese unterschiedlichen Erfahrungen genutzt werden ‒ z. B. durch praxisinterne Fortbildung und Förderung ‒, kann das Team Bestleistungen erbringen. Verständnis für andere Denk- und Handlungsweisen, für Vorlieben, unterschiedliche Lebensphilosophien sind unabdingbar. Um dies alles zu einer leistungsstarken und wertschätzenden Teamkultur zusammenzuführen, bedarf es der Mitarbeit aller.

Einmal Gelerntes und Workflows regelmäßig überprüfen

Viele Teamkonflikte entstehen durch die Annahme, dass die eigene Vorgehensweise bzw. das einmal Gelernte der einzig richtige Weg zum Ziel sein kann. Nur wer sich selbst und seine Vorgehensweisen und Prozesse regelmäßig kritisch hinterfragt, kann sich erfolgreich weiterentwickeln. Dabei kommt es auch auf die eigene innere Haltung an. Es geht dabei nicht darum, gut laufende Workflows zu verändern, sondern darum, zu überprüfen, ob die Vorgehensweise noch zeitgemäß und allgemeingültig ist.

 

  • Beispiel: Umstellung der Materialverwaltung

Praxis Z schwört bei der Materialverwaltung auf telefonische Bestellung im Depot oder beim Außendienst. Nur die Mitarbeiterin M ist für Bestellwesen und Warenwirtschaft zuständig, andere kennen sich kaum bis gar nicht damit aus. Inzwischen ist die Praxis aber gewachsen, der Materialverbrauch gestiegen und die „Materialbeauftragte“ M auch nicht mehr in Vollzeit tätig, weil sie ein Kind bekommen hat. Eine Kollegin macht den Vorschlag, den Bereich Warenwirtschaft zu digitalisieren, transparenter zu machen und auf mehrere Schultern zu verteilen, um keine Materialengpässe zu riskieren.

 

Dabei sollen Materialwünsche nicht mehr auf einem Zettel notiert und in das Fach der zuständigen Kollegin gelegt werden, sondern direkt im Warenwirtschaftsprogramm der Praxis notiert werden. Die Bestellung wird dann zentral weiterverarbeitet und die Lieferung erfolgt „just in time“ ‒ was u. a. auch eine geringere Lagermenge und damit mehr Übersichtlichkeit bringt.

 

Zwei ältere „analog veranlagte“ Kolleginnen sperren sich anfangs gegen die Veränderungen, während die jüngeren Kolleginnen der Generation X und Y den digitalen Prozessen offen gegenüberstehen. Die Einstellung der beiden skeptischen Kolleginnen ist typisch für viele Menschen: Sie bevorzugen Bekanntes und sehen bei Veränderungen mehr Risiken als Chancen. Daher müssen sie mit ins Boot geholt werden. Dazu bietet es sich an, gemeinsam über das Projekt nachzudenken.

 

Die Lösung in diesem Fall könnte z. B. sein, eine Demo-Software des Warenwirtschaftsprogramms zu installieren und in einem dreimonatigen Testzeitraum die Praxistauglichkeit zu testen. Ein starkes Argument ist, wenn durch die Veränderung eine messbare Zeitersparnis für die Kollegin in dem Aufgabenbereich Materialverwaltung entsteht. In dem Testzeitraum können sich dann auch die skeptischen Kolleginnen von dem Nutzen überzeugen.

 

Nutzen Sie als Team dabei die hohe digitale Affinität von Kolleginnen und verknüpfen Sie diese mit den Erfahrungen der anderen. So entsteht ein hoher Nutzen für die Praxis und eine konstante Weiterentwicklung Ihres Teams.

 

Auch beim Qualitätsmanagement stellt sich regelmäßig die Frage der Digitalisierung und wie Angehörige verschiedener Generationen in diesen Prozess einbezogen werden.

 

  • Beispiel: Qualitätsmanagement digitalisieren

Wenn Ihr QM noch immer analog in Ordnern niedergelegt ist, besteht die Gefahr, dass Dokumente, Checklisten, Anweisungen etc. oft nicht mehr aktuell sind. Darüber hinaus werden selbst wichtige Unterlagen wie z. B. Checklisten weniger genutzt, wenn sie zentral in einem Ordner aufbewahrt werden. Auch ein digitales QM-Programm enthält Checklisten, die wichtig für den täglichen Praxisablauf sind. Wenn wir nun aber wissen, dass jüngere Generationen eher digitale Informationen o. Ä. nutzen, sinkt die Chance, dass praxiseigene Printdokumente zur Kenntnis genommen werden. Besser ist es, diese digital abzuspeichern. Dabei ist zu gewährleisten, dass alle Teammitglieder einfach darauf zugreifen können.

 

Eine gute Idee kann z. B. auch sein, jüngere Mitarbeiterinnen in Zusammenarbeit mit mindestens einer erfahrenen Kollegin kleine Handy-Videos erstellen zu lassen, in denen die mit einer Checkliste verbundenen Tätigkeiten visualisiert werden. Das schult, macht Spaß und kann sogar Checklisten ersetzen. Eine generationengerechte und anwenderfreundliche QM-Struktur zum Wohle der Praxis kann entstehen.

 

Wahl der Kommunikationmittel im Mehrgenerationen-Team

Der UCaaS-Anbieter Fuze hat Anfang 2018 mehr als 6.000 Arbeitnehmer weltweit befragt. Bei der Auswertung stellte sich heraus, dass es erhebliche Unterschiede gab, wie oft verschiedene Arbeitsmittel von den jeweiligen Generationen verwendet werden. In Deutschland nutzt laut der Fuze-Studie die Gruppe der unter 35-Jährigen E-Mails und Telefon knapp 10 Prozent weniger als die Befragten ab 35 Jahren. Dafür nutzen die unter 35-Jährigen häufiger Instant Messaging und (firmeneigene) soziale Netzwerke.

 

Mitarbeiter unter 25 Jahren nutzen ihr Smartphone doppelt so häufig für die Kommunikation am Arbeitsplatz wie Kollegen, die über 55 Jahre alt sind. Für die Generation Y, mehr noch bei Angehörigen der Generation Z ist ein digitaler Workflow so natürlich wie das tägliche Duschen. Die Generationen „Baby Boomer“ und „X“ hingegen bevorzugen meist analoge Prozesse.

So klappt es in Mehrgenerationen-Teams

Die teaminterne Kommunikation ist für jede Praxis ein wichtiger Faktor für reibungslose Prozesse und lückenlose Information aller Teammitglieder. Dazu zählen z. B. ein gemeinsamer Kalender mit Urlaubsplaner. Dieser sollte möglichst digital sein, um allen Teammitgliedern standortunabhängig Zugriff darauf zu ermöglichen. Das kann Teams effizienter machen und helfen, Terminüberschneidungen zu vermeiden.

 

In Mehrgenerationen-Teams ist auch die familiäre und altersbedingte Berufssituation zu betrachten. Mitarbeiterinnen, die auf das Ende ihrer beruflichen Tätigkeit zusteuern, zeigen häufig ein geringes Verständnis für notwendige Veränderungen. Sie bevorzugen ritualisierte Arbeitsbedingungen. Wenig Veränderungen und eine sichere Umgebung sind ihnen wichtig. Wer jedoch am Anfang seines Berufslebens steht, für den ist alles neu. „Action“ und neue Erfahrungen beflügeln eher als dass sie verunsichern. Veränderungen werden nicht als bedrohlich wahrgenommen.

 

Noch andere Erwartungen dürfte die Generation Y an ihren Arbeitsplatz und die Kollegeninnen stellen. Sie arbeiten häufig in Teilzeit, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt eine große Rolle. Wenn Kinder zu versorgen sind, können für andere Teammitglieder Überstunden entstehen, wenn die Mütter bei Krankheit ihrer Kids zu Hause bleiben müssen. So hat jede Lebensphase ihre eigenen Erwartungen, die im Team zu Spannungen führen können.

Umgangsformen im Mehrgenerationen-Team

Auch die Umgangsformen im Team können unterschiedliche Prägungen aufweisen. Während frühere Erziehungsstile großen Wert auf Höflichkeit, Pünktlichkeit, Disziplin und Respekt gegenüber Älteren und Vorgesetzten legten, erziehen jüngere Elterngenerationen wesentlich liberaler. Vieles, was eine ältere Kollegin für selbstverständlich hält, mag jüngeren Mitarbeitenden überflüssig, ja sogar lächerlich vorkommen.

 

So sollte die Praxis eigene Umgangsformen-Standards festlegen, damit ein harmonisches Arbeiten möglich wird. Standards bringen Klarheit: Jede weiß, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten soll.

 

  • Beispiel: Konfliktfeld Personalraum

Oft entstehen Konflikte aus vermeintlichen Kleinigkeiten. Ein Klassiker ist dabei z. B. der unaufgeräumte Personalraum. Während die eine nach ihrer Pause Tassen, Teller und Lebensmittel wegräumt, den Tisch wischt, lassen andere ihre Sachen liegen. Im Kühlschrank stapeln sich abgelaufene Lebensmittel, der Aufenthaltsraum wirkt unaufgeräumt. Legen Sie fest, wie es dort aussehen soll, legen Sie regelmäßige Kontrollen für den Kühlschrankinhalt fest. Klingt banal? Mitnichten. Aus solchen Vorkommnissen haben sich schon handfeste Teamkrisen entwickelt!

 

Auch das Grüßen, Danke und Bitte sind für die einen selbstverständlich, die anderen können gut darauf verzichten. Diese und ähnliche immer wiederkehrenden Alltagssituationen können sehr gut standardisiert werden.

 

Umgangsformen-Standards können auch auf den Umgang mit Patienten erweitert werden, denn auch hier haben unterschiedliche Patientengenerationen unterschiedliche Erwartungen an Sie als Team.

 

FAZIT | Die Basis erfolgreicher generationenübergreifender Zusammenarbeit ist das Interesse für die Situation anderer und die Akzeptanz anderer Lebensstile. Es gilt, den ständigen Austausch zwischen erfahrenen Mitarbeiterinnen und Nachwuchskräften zu fördern. In Zeiten von Fachkräftemangel und einer immer älter werdenden Gesellschaft müssen sich alle Teammitglieder auf inhomogene Teams einstellen ‒ vom Chef bis zur Auszubildenden.

 
Quelle: Seite 14 | ID 46311087