· Fachbeitrag · Gemeinnützigkeit
Jahressteuergesetz 2020: Das ändert sich im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht
| Das Jahressteuergesetz (JStG) 2020 hat ganz kurzfristig u. a. auch eine Vielzahl von Änderungen im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht mit sich gebracht. Es handelt sich um die umfassendste Reform seit 2013. VB macht Sie auf den folgenden Seiten mit den Neuerungen vertraut. |
Tabellarischer Schnellüberblick
Damit Sie einen ersten Schnellüberblick über die Änderungen erlangen, sind diese zunächst tabellarisch aufgelistet. Die Änderungen sind gegliedert nach Stichwort, Steuerart und Paragraf sowie dem Datum des Inkrafttretens. Ab Seite 2 werden die einzelnen Änderungen dann näher beleuchtet. Den Wortlaut des JStG 2020 finden Sie auf vb.iww.de → Abruf-Nr. 218505.
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Stichwort | Gesetzliche Regelung | Inkrafttreten |
Ehrenamts- und Übungsleiterbetrag | ||
Erhöhung des Übungsleiterfreibetrags auf 3.000 Euro | 01.01.2021 | |
Erhöhung der Ehrenamtspauschale auf 840 Euro | 01.01.2021 | |
Erhöhung der Nichtanrechnungsgrenzen für ALG II, Sozialhilfe, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und dem Bundesversorgungsgesetz sowie für ALG I auf 250 Euro |
| 01.01.2021 |
Spendenrecht | ||
Anhebung der Grenze für den vereinfachten Zuwendungsnachweis (Kleinspendenregelung) von 200 Euro auf 300 Euro | § 50 Abs. 4 EStDV | 01.01.2020 |
Zuwendungsbestätigung nach amtlichem Muster auch für ausländische Spendenempfänger erforderlich | § 50 Abs. 1 S. 2 wird aufgehoben | 01.01.2025 |
Einführung eines Zuwendungsempfängerregisters | 01.01.2024 | |
Neue gemeinnützige Zwecke (Erweiterung des Zweckkatalogs des § 52 Abs. 2 S. 1 AO) | ||
Klimaschutz | § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 AO | 29.12.2020 |
Förderung der Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden | § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 10 AO | 29.12.2020 |
Ortsverschönerung | § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 22 AO | 29.12.2020 |
Freifunk | § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO | 29.12.2020 |
Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen | § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 26 AO | 29.12.2020 |
Neue Zweckbetriebe | ||
Flüchtlingshilfeeinrichtungen als Zweckbetrieb | 29.12.2020 | |
Erweiterung der Zweckbetriebseigenschaft des § 68 Nr. 4 AO um die „Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen“ | 29.12.2020 | |
Zeitnahe Mittelverwendung | ||
Zeitnahe Mittelverwendung gilt nicht mehr bei jährlichenEinnahmen von nicht mehr als 45.000 Euro | § 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 4 AO | 29.12.2020 |
Unmittelbarkeit wird auf Kooperation mit anderen gemeinnützigen Organisationen ausgeweitet | § 57 Abs. 3 AO | 29.12.2020 |
Gemeinnützigkeit für Holdings | § 57 Abs. 4 AO | 29.12.2020 |
Unbeschränkte Mittelweitergabe auch ohne Eigenschaft als Förderkörperschaft (Regelung zur teilweisen Mittelweitergabe [Nr. 2] wird aufgehoben) | 29.12.2020 | |
Vertrauensschutz bei Mittelweitergabe | 29.12.2020 | |
Sonstiges Gemeinnützigkeitsrecht | ||
Verweigerung der satzungsmäßigen Anerkennung der Gemeinnützigkeit auf Basis der tatsächlichen Geschäftsführung | § 60a Abs. 6 AO | 29.12.2020 |
Erhöhung der Umsatzfreigrenze auf 45.000 Euro | § 64 Abs. 3 AO | 29.12.2020 |
Umsatzsteuer | ||
Ausweitung der Steuerbefreiung | 01.01.2021 | |
Erweiterung und genauere Definition der Steuerbefreiungen | 01.01.2021 | |
Befreiung von Verpflegungsleistungen auch für Kindergärten und ähnliche Einrichtungen | 01.01.2021 |
Erhöhung des Ehrenamts- und Übungsleiterfreibetrags
Der Übungsleiterfreibetrag wird ab 2021 von 2.400 Euro auf 3.000 Euro erhöht (§ 3 Nr. 26 S. 1 EStG), der Ehrenamtsfreibetrag von 720 Euro auf 840 Euro (§ 3 Nr. 26a S. 1 EStG).
Ebenfalls erhöht werden die Nichtanrechnungsgrenzen für Sozialtransferzahlungen. Hier gilt künftig, dass Einnahmen aus den beiden Freibeträgen bis 250 Euro im Monat zu keinem Abzug bei den entsprechenden Leistungen führen. Das gilt für folgende Leistungen:
- Arbeitslosengeld II (Hartz IV ‒ § 11b Abs. 2 SBG II)
- Sozialhilfe (§ 82 Abs. 2 SBG XII)
- Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 7 Abs. 3)
- Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 25d Abs. 3)
- Arbeitslosengeld I (§ 1 Abs. 2 Verordnung über die ehrenamtliche Betätigung von Arbeitslosen)
Wichtig | Übersehen hat der Gesetzgeber bisher aber die Anpassung der Haftungsregelung nach § 31a und 31b BGB. Danach haften Vereinsmitglieder und Organmitglieder des Vereins (z. B. Vorstandsmitglieder) bei leichter Fahrlässigkeit nur, wenn sie unentgeltlich tätig sind oder für ihre Tätigkeit eine Vergütung von nicht mehr als 720 Euro jährlich erhalten. Vermutlich wird diese Grenze in nächster Zeit ebenfalls angepasst. Da es sich um eine Jahresgrenze handelt, ist das zunächst nicht akut, wenn der Vorstand eine monatliche Vergütung erhält und diese ab Januar von 60 auf 70 Euro erhöht wird.
Zeitnahe Mittelverwendung gilt für kleine Vereine nicht mehr
Die zeitnahe Mittelverwendung gilt künftig nur noch für gemeinnützige Einrichtungen mit jährlichen Einnahmen von mehr als 45.000 Euro.
Das Ziel der Neuregelung
§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO ist entsprechend ergänzt worden. Nach dieser Regelung müssen steuerbegünstigte Körperschaften alle Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die satzungsmäßigen Zwecke verwenden. Die Abschaffung der Zeitvorgaben für die Mittelverwendung bei kleinen Körperschaften soll deren Verwaltungsaufwand mindern, weil keine Mittelverwendungsrechnung mehr erforderlich ist.
Worauf bezieht sich die neue Einnahmengrenze von 45.000 Euro?
Die Grenze von 45.000 Euro bezieht sich auf die Gesamteinnahmen des Vereins. Das sind die kumulierten Einnahmen des ideellen Bereichs, des Zweckbetriebs, der Vermögensverwaltung und des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.
Unklar ist, ob sich die Grenze auf die Brutto- oder Nettoeinnahmen bezieht. Es liegt aber nahe, die Grenze analog zur Umsatzfreigrenze für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe anzuwenden (§ 64 Abs. 3 AO). Dann würde sie sich auf die Bruttoeinnahmen aus allen steuerlichen Bereichen beziehen.
Offen ist die Frage, welche Folgen eine Überschreitung der 45.000-Euro-Grenze hat. Ob also die zeitnahe Mittelverwendung dann für alle Mittel gilt oder nur für die im Jahr der Überschreitung zugeflossenen.
Neuregelung gilt schon für das Vereinsjahr 2020
Diese Neuregelung tritt „am Tag nach der Verkündung“ in Kraft. Da das Jahressteuergesetz am 28.12.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden ist, gilt die neue Grenze bereits für das Jahr 2020.
Wichtig | Die Finanzverwaltung wird hier wahrscheinlich noch Einschränkungen vornehmen. Insbesondere wird sie Gestaltungsmodelle verhindern müssen, bei denen kleinere Einrichtungen zu „Spardosen“ für größere werden. Vor allem durch die zugleich erweiterten Möglichkeiten für die Mittelweitergabe würde sich das nämlich anbieten.
Mittelweitergabe an andere begünstigte Körperschaften
Die bisherigen Regelungen zur Mittelweitergabe (§ 58 Nr. 1 und 2 AO) werden zusammengefasst und erweitert.
Das galt bisher
In § 58 Nr. 1 und 2 AO war Folgendes geregelt:
- Förderkörperschaften dürfen ihre Mittel in vollem Umfang weitergeben. Die Satzungswecke der gemeinnützigen Empfängereinrichtungen mussten aber den eigenen entsprechen, und die Förderung anderer Einrichtungen musste in der Satzung ausdrücklich als Zweck benannt sein.
- Für alle gemeinnützigen Organisationen galt die sog. teilweise Mittelweitergabe. Die Höhe der weitergegebenen Mittel war auf die Hälfte des eigenen Vermögens beschränkt. Die Satzungszwecke der Empfängereinrichtung spielten aber keine Rolle.
Das gilt ab 2021
Der neue Tatbestand des § 58 Nr. 1 AO regelt die Mittelweitergabe einheitlich. Die bisherige Regelung zur teilweisen Mittelweitergabe § 58 Nr. 2 AO entfällt. § 58 Nr. 1 AO lautet wie folgt:
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(Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass …) eine Körperschaft einer anderen Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Mittel für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zuwendet. Mittel sind sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft. Die Zuwendung von Mitteln an eine beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts setzt voraus, dass diese selbst steuerbegünstigt ist. Beabsichtigt die Körperschaft, als einzige Art der Zweckverwirklichung Mittel anderen Körperschaften oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuzuwenden, ist die Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung in der Satzung zu benennen. |
Regelungen zur Mittelweitergabe werden vereinheitlicht
§ 58 Nr. 1 und 2 AO sind also angeglichen und zusammengefasst worden. Ab 2021 gilt, dass
- auch Einrichtungen ohne satzungsmäßige Förderkörpereigenschaft ihre Mittel in vollem Umfang weitergeben dürfen und
- Förderkörperschaften nur noch insoweit eine Sonderstellung haben, als sie keine eigenen Satzungszwecke (unmittelbar) verfolgen müssen.
Im ersten Fall muss die Mittelweitergabe also kein Satzungszweck sein. Sichergestellt sein muss aber, dass die Organisation daneben eigene gemeinnützige Tätigkeiten verfolgt, sonst wäre die Gemeinnützigkeit gefährdet.
Mittelweitergabe ins Ausland
Bisher war nach Auffassung der Finanzverwaltung die teilweise Mittelweitergabe auf Einrichtungen in Deutschland, der EU und dem Europäischen Wirtschaftsraum beschränkt. Der Begründung des Gesetzesentwurfs zufolge (Deutscher Bundestag, Drucksache 19/25160 vom 10.12.2020, Abruf-Nr. 219606) entfällt diese Einschränkung.
Wichtig | Bisher mussten Einrichtungen, die Mittel an Organisationen außerhalb der o. g. Länder weitergaben, Förderkörperschaft sein. Das entfällt künftig offensichtlich und erleichtert die Mittelweitergabe ins Ausland.
Weitergaberegelung gilt für alle Mittel
„Mittel“ sind lt. S. 2 der Neuregelung sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft. Lt. der Gesetzesbegründung gehören dazu nicht nur Bar- oder Buchgeld, sondern auch alle anderen Vermögenswerte. Darunter fällt auch die unentgeltliche oder verbilligte Nutzungsüberlassung oder unentgeltliche oder verbilligte Erbringung einer Dienstleistung.
Besonderheiten bei Förderkörperschaften
Bisher durften nur Förderkörperschaften ihre Mittel unbeschränkt weitergeben. Das musste als Satzungszweck ausdrücklich geregelt sein. Eine solche satzungsmäßige Eigenschaft als Förderkörperschaft ist künftig nur noch erforderlich, wenn die Einrichtung keine unmittelbaren Satzungszwecke verfolgt, also ausschließlich dazu da ist, Mittel weiterzugeben. In diesem Fall gilt auch künftig die Einschränkung, dass sich die Satzungszwecke von Geber- und Empfängerorganisation (teilweise) decken müssen.
Wichtig | Geregelt wird auch gesetzlich, dass die Förderkörpereigenschaft in der Satzung festgelegt sein muss. Das war aber schon bisherige Vorgabe der Finanzverwaltung (AEAO Ziff. 1 zu § 58).
Vermögensanfall und Gewinnausschüttung
Diese Neuregelung relativiert die Satzungsregelung zum Vermögensanfall. Bisher war eine gemeinnützige Körperschaft bei der Verwendung des Vermögens bei Auflösung oder Wegfall der Gemeinnützigkeit an die entsprechende Satzungsvorgabe gebunden.
Künftig kann sie vor der Auflösung alles verbliebene Vermögen an beliebige steuerbegünstigte privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Einrichtungen weitergeben. Erweitert werden zugleich die Möglichkeiten der Gewinnausschüttung an gemeinnützige Muttergesellschaften bzw. Gesellschafter. Nach Auffassung der Finanzverwaltung galt hierfür die Einschränkung der teilweisen Mittelweitergabe in § 58 Nr. 2 AO (AEAO, Ziff. 1 zu § 58 Nr. 2 S. 5).
Künftig können Gewinne und weitere Mittel in beliebiger Höhe abgeführt werden. Das ist auch insofern von Bedeutung, als das Gemeinnützigkeitsrecht jetzt auch die Möglichkeit steuerbegünstigter Holdinggesellschaften vorsieht (neuer § 57 Abs. 3 AO).
Vertrauensschutz bei Mittelweitergabe
Die Neuregelung der Mittelweitergaben ist um eine Vertrauensschutzregelung im neuen § 57a AO ergänzt worden. Bisher war nicht gesetzlich geregelt, inwieweit die Geberkörperschaft
- die Mittelverwendung bei der Empfängerorganisation kontrollieren muss bzw.
- haftet, wenn diese die Mittel nicht zweckgebunden verwendet.
Die Finanzverwaltung war aber der Meinung, eine Mittelfehlverwendung wäre dem Empfänger zuzurechnen (AEAO, Ziff. 2, S. 11 zu § 58 Nr. 2 AO).
PRAXISTIPP | Der neue § 58a AO schließt diese Regelungslücke. Danach besteht ein Vertrauensschutz für den Mittelgeber, wenn er sich anhand eines vorgelegten Nachweises über die Gemeinnützigkeit von der Steuerbegünstigung des Empfängers überzeugt. Der erforderliche Nachweis ist die übliche Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit, also eine entsprechende Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid, ein Freistellungsbescheid oder ein Bescheid über die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO mit entsprechendem Ausstellungsdatum. |
Kein Vertrauensschutz besteht, wenn der Geberorganisation bekannt war oder aus grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war, dass keine solche gültige Bescheinigung vorhanden war oder die zuwendende Körperschaft eine Verwendung für nicht steuerbegünstigte Zwecke durch die empfangende Körperschaft veranlasst hat.
Wichtig | Das gilt nicht für Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts. Das begründet sich daraus, dass die Verwaltung nach Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz an Gesetz und Recht gebunden ist.
Die Erhöhung der Umsatzfreigrenze auf 45.000 Euro
Die lange geforderte Erhöhung der Umsatzfreigrenze für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von 35.000 auf 45.000 Euro ist jetzt umgesetzt worden (§ 64 Abs. 3 AO).
Gewinn aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb steuerfrei belassen
Gewinn bzw. Überschüsse der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe bleiben also körperschaft- und gewerbesteuerfrei, wenn deren Einnahmen im betroffenen Jahr nicht über 45.000 Euro (einschl. Umsatzsteuer) lagen. Damit erweitert sich der Spielraum, in dem gemeinnützige Einrichtungen solche Mittelerwirtschaftungsbetriebe betreiben können, ohne ertragsteuerliche Folgen befürchten zu müssen.
Neuregelung gilt schon für das Vereinsjahr 2020
Diese Neuregelung tritt „am Tag nach der Verkündung“ in Kraft. Da das Jahressteuergesetz 2020 am 28.12.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden ist, gilt die neue Grenze also bereits für das Vereinsjahr 2020.
Finanzamt kann tatsächliche Geschäftsführung sofort prüfen
Bisher bezog sich die Gewährung der Gemeinnützigkeit bei einer Neubeantragung (Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO) ausschließlich auf die vorgelegte Satzung. Das Finanzamt durfte die Gemeinnützigkeit auch dann nicht verweigern, wenn sie Erkenntnisse hatte, dass tatsächliche Aktivitäten die Gemeinnützigkeit ausschlossen. Das hatte die Rechtsprechung ausdrücklich festgestellt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.03.2018, Az. 10 K 3622/16 und FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.04.2020, Az. 3 V 185/20, Abruf-Nr. 217878). Die Gemeinnützigkeit konnte folglich erst im Rahmen der Steuerveranlagung entzogen werden, bei der auch die „tatsächliche Geschäftsführung“ geprüft wird.
Das ändert sich. § 60a AO ist nämlich um Abs. 6 ergänzt worden. Und der lautet:
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Liegen bis zum Zeitpunkt des Erlasses des erstmaligen Körperschaftsteuerbescheids oder Freistellungsbescheids bereits Erkenntnisse vor, dass die tatsächliche Geschäftsführung gegen die satzungsmäßigen Voraussetzungen verstößt, ist die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach Abs. 1 S. 1 abzulehnen. S. 1 gilt entsprechend für die Aufhebung bestehender Feststellungen nach § 60a. |
Ziel der Regelung ‒ so die Begründung im Gesetzesentwurf ‒ ist, die rechtsmissbräuchliche Verwendung des Feststellungsbescheids nach § 60a AO auszuschließen. Damit kann z. B. bei extremistischen Organisationen die Gemeinnützigkeit vorab ausgeschlossen werden. In solchen Fällen soll gar nicht erst der „Rechtsschein der Gemeinnützigkeit“ entstehen.
Zwar kann das Finanzamt ertrag- und umsatzsteuerliche Begünstigungen durch den Steuerbescheid wieder entziehen und nachversteuern. Das gilt aber nicht für das Ausstellen von Zuwendungsbestätigungen, was bis dahin möglich ist.
Kooperationen mit gemeinnützigen Einrichtungen
Nach dem im Gemeinnützigkeitsrecht geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatz muss eine Körperschaft ihre satzungsgemäßen Zwecke grundsätzlich selbst verwirklichen. Das führte bisher dazu, dass Hilfsbetriebe in rechtlich eigenständiger Form nicht gemeinnützig sein können, wenn sie nicht selbst einen gemeinnützigen Zweck verfolgen, sondern nur Leistungen für andere gemeinnützige Einrichtungen erbringen.
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Eine Wäscherei ist im Rahmen eines gemeinnützigen Krankenhauses ebenfalls begünstigt. Gliedert das Krankenhaus sie in eine Tochter-GmbH aus ‒ z. B. als Dienstleisterin für verschiedene Krankenhäuser ‒ führt der Unmittelbarkeitsgrundsatz dazu, dass die Wäscherei-GmbH nicht steuerbegünstigt ist, weil sie für sich nicht gemeinnützigkeitsfähig ist. |
Das soll sich ab 2021 ändern. § 57 AO ist nämlich um Abs. 3 ergänzt worden. Dieser lautet:
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Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 S. 1, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Die §§ 14 sowie 65 bis 68 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für das Vorliegen der Eigenschaft als Zweckbetrieb bei der jeweiligen Körperschaft die Tätigkeiten der nach S. 1 zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind. |
Das planmäßige Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren gemeinnützigen Körperschaft gilt künftig als unmittelbare Zweckverwirklichung. Körperschaften können sich dadurch arbeitsteilig organisieren. Das gilt speziell auch für die Ausgliederung von Serviceleistungen in eigenständige Körperschaften.
Zweckbetriebseigenschaft
Leistungen, die den gemeinsamen Zweck im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs verwirklichen, fallen dann nach den allgemeinen Regelungen (§§ 65 bis 68 AO) in den Zweckbetrieb. Für die Prüfung der Zweckbetriebseigenschaft ‒ so die Erläuterung im Gesetzesentwurf ‒ wird die Gesamtleistung der beteiligten Organisationen betrachtet. Sind dabei die Anforderungen an einen Zweckbetrieb erfüllt, werden die Teilleistungen bei allen Beteiligten als Zweckbetrieb behandelt.
Für Leistungen an nicht begünstigte Dritte gelten dann die allgemeinen Regelungen. Sie sind also nur ein Zweckbetrieb, wenn sie als eigenständige Leistungen die Voraussetzungen dafür erfüllen. Sonst liegt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor.
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Die Wäschereileistungen der Wäscherei-GmbH in Kooperation mit der gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft sind ein Zweckbetrieb nach § 67 AO. Leistungen der Wäscherei-GmbH an Dritte fallen in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. |
Wann liegt ein planmäßiges Zusammenwirken vor?
Unklar bleibt aber im Gesetzestext und der -begründung, was genau unter „planmäßigem Zusammenwirken“ zu verstehen ist. Der Begriff legt nahe, dass die Kooperation über die Erbringung zeitlich begrenzter oder einzelner Dienstleistungen hinaus gehen muss.
Wie eine solche Kooperation rechtlich ausgestaltet sein muss, um diese Voraussetzungen zu erfüllen, wird die Finanzverwaltung bzw. Rechtsprechung noch klären müssen. Vermutlich wird in der Regel ein gesellschaftsrechtlicher Zusammenschluss erforderlich sein oder eine andere auf Dauer angelegte Form der Kooperation. In Frage kämen z. B.
- ein Konzernverbund mit Tochtergesellschaften und Kapitalbeteiligungen (z. B. bei der Ausgliederung von Teilbetrieben),
- Zusammenschlüsse in Form von BGB-Gesellschaften (z. B. von mehreren Vereinen zum gemeinsamen Bau und Betrieb einer Sporthalle),
- dachverbandliche Strukturen, bei denen der Dachverband Leistungen an seine Mitgliedsvereine erbringt.
PRAXISTIPP | Das könnte dazu führen, dass künftig die Gemeinnützigkeit bzw. die Zweckbetriebseigenschaft für Einrichtungen und Leistungen möglich ist, für die Rechtsprechung und Finanzverwaltung das bisher ausdrücklich abgelehnt haben. Das gilt z. B. für
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Nicht gelten wird das aber z. B. wahrscheinlich für den Zentraleinkauf eines gemeinnützigen Dachverbands für seine Mitglieder (BFH, Urteil vom 15.10.1997, Az. II R 94/94). Hier fehlt es vermutlich am „planmäßigen Zusammenwirken“.
Steuerbegünstigung für Holdingkonstruktionen
Die neue Regelung des § 57 Abs. 4 AO ermöglicht künftig die Gemeinnützigkeit von Holding- und Beteiligungsgesellschaften:
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Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 S. 1, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet. |
Was ist mit „ausschließlich“ gemeint?
Der Wortlaut ist bezüglich des Begriffs „ausschließlich“ leider missverständlich. Unklar bleibt, ob es für die Gemeinnützigkeit genügt, wenn Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften gehalten werden, ohne dass die Gesellschaft unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt, oder ob ausschließlich Anteile an gemeinnützigen Gesellschaften gehalten werden müssen. Im zweiten Fall wäre also das zusätzliche Halten von Anteilen an nicht gemeinnützigen Gesellschaften gemeinnützigkeitsschädlich.
Die naheliegende Auslegung ist aber, „ausschließlich“ im Sinne von § 56 AO zu verstehen. Es müssten dann überwiegend Anteile an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften gehalten werden, sodass das den Hauptzweck der Körperschaft ausmacht.
Die Erweiterung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes wird im Gesetzesentwurf damit begründet, dass sich durch die Aufteilung der Tätigkeit auf mehrere Gesellschaften nur die Struktur, aber nicht das gemeinnützigkeitsrechtliche Gesamtbild ändert.
Vereinfachung für gemeinnützige Konzernstrukturen
Die Neuregelung erleichtert es, im gemeinnützigen Sektor konzernartige Strukturen zu bilden. Bisher konnten Mutter- und Beteiligungsgesellschaften nur gemeinnützig sein, wenn sie jeweils eigene steuerbegünstigte Tätigkeiten ausübten.
PRAXISTIPP | Künftig können alle Tätigkeiten in Tochtergesellschaften ausgelagert werden, während sich die Muttergesellschaft auf das Halten und Verwaltung der Anteile beschränkt. In Kombination mit der neuen Regelung des § 57 Abs. 3 AO zu Kooperationen wäre auch eine stärkere Ausdifferenzierung der Leistungen innerhalb eines solchen Konzerns möglich, weil auch Gesellschaften gemeinnützig sein können, die Dienstleistungen innerhalb des Konzernverbunds erbringen, die für sich genommen nicht gemeinnützig sind. |
Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten
Durch die Neuregelung verbessern sich auch die Finanzierungsmöglichkeiten für gemeinnützige Einrichtungen in Form von Kapitalgesellschaften. Statt als Zuwendungen können Mittel auch in Form von Beteiligungen gegeben werden.
Das wäre z. B. ein „Geschäftsmodell“ für Stiftungen, die bestimmte gemeinnützige Zwecke nicht nur punktuell, sondern dauerhaft fördern wollen und über die Beteiligungen auch Einfluss auf die Umsetzung der geförderten Projekte nehmen können.
Verbessert wird so auch die gemeinsame Finanzierung z. B. über Kredite (Cash Pooling), durch die günstigere Konditionen auf dem Kapitalmarkt erreicht werden können. Auch die Bereitstellung von Liquidität aus ertragsstärkeren Teilgesellschaften an Beteiligte mit entsprechenden Finanzbedarf ist in Verbindung mit der der erweiterten Mittelweitergabe nach dem neuen § 58 Nr. 1 AO fast unbeschränkt möglich.
Außerdem können Holding- und Beteiligungsgesellschaften für ein gemeinsames Fundraising genutzt werden. Da die Neuregelung des § 58 Nr. 1 AO eine unbeschränkte Mittelweitergabe ermöglicht, können die zentral akquirierten Mittel beliebig auf die beteiligten Gesellschaften verteilt werden.
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Die Mutter- oder Beteiligungsgesellschaft zentralisiert die Spendensammlung für alle beteiligten Gesellschaften. Sie kann auch ohne eigene unmittelbare Satzungstätigkeiten Zuwendungsbetätigungen ausstellen und die Spendenmittel weiterreichen. |
Abgrenzung zum Dachverband
Die Gemeinnützigkeit für Holding- und Beteiligungsgesellschaften ist auch deswegen eine erhebliche Ausweitung der Möglichkeit für gemeinnützige Zusammenschlüsse, weil das durch die Dachverbandsregelung des § 57 Abs. 2 AO bisher nicht möglich war. Ein solcher Zusammenschluss liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung vor, wenn die Einrichtung ausschließlich allgemeine, aus der Tätigkeit und Aufgabenstellung der Mitgliederkörperschaften erwachsene Interessen wahrnimmt (AEAO, Ziff. 3 zu § 57).
Verlangt ist demnach eine umfassende Vertretungs- bzw. Repräsentationsfunktion der Dachorganisation für ihre Mitglieder oder dass die Dachorganisation die in ihr zusammengefassten Körperschaften bei der Erfüllung ihrer gemeinnützigen Zwecke allgemein oder in wichtigen Teilbereichen unterstützt (FG Düsseldorf, Urteil vom 08.05.1991, Az. 7 K 89/86 U).
Dagegen fallen Körperschaften, in denen lediglich einzelne Tätigkeitsbereiche gemeinnütziger Körperschaften zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung zusammengefasst sind, nicht in den Anwendungsbereich des § 57 Abs. 2 AO. Das gilt z. B. für bloße Verwaltungs- und Serviceleistungen für Mitgliedsorganisationen (FG Niedersachsen, Urteil vom 05.12.2007, Az. 5 K 312/02).
PRAXISTIPP | Beides ist durch die Neuregelung der Absätze 3 und 4 des § 57 AO jetzt möglich. |
Änderungen beim Spendenrecht
Auch beim Spendenrecht hat das JStG 2020 praxisrelevante Änderungen gebracht.
Vereinfachter Spendennachweis gilt jetzt bis 300 Euro
Für Zuwendungen bis zu 200 Euro genügt als steuerlicher Spendennachweis ein Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts. Ein Zuwendungsnachweis nach amtlichem Mustertext ist nicht erforderlich. Diese Regelung zum vereinfachten Spendennachweis ist nach § 50 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStDV von 200 Euro auf 300 Euro erweitert worden.
Wichtig | Die Neuregelung gilt lt. JStG 2020 schon für Zuwendungen, die dem Zuwendungsempfänger nach dem 31.12.2019 zugeflossen sind (§ 84 Abs. 2c EStDV). Den vereinfachten Spendennachweis können gemeinnützige Vereine also schon für entsprechende Spenden nutzen, die sie im Jahr 2020 bekommen haben.
PRAXISTIPP | Die Kleinspendenregelung ermöglicht es, bei Spendenaufrufen den Verwaltungsaufwand erheblich zu senken. Durch die Erhöhung des Maximalbetrags, der ohne Zuwendungsbestätigung abzugsfähig ist, erweitert sich hier das mögliche Spendenvolumen für gemeinnützige Einrichtungen. |
Das neue Zuwendungsempfängerregister
Mit dem neuen § 60b AO wird 2024 ein Zuwendungsempfängerregister eingeführt. Zuständig dafür ist das Bundeszentralamt für Steuern. Die Daten dafür werden von den Finanzämtern übermittelt. Das Register ist öffentlich zugänglich. Es soll transparent machen, welche Organisationen Zuwendungsbestätigungen ausstellen dürfen.
Das Zuwendungsempfängerregister soll alle steuerbegünstigten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen enthalten ‒ also alle gemeinnützigen Einrichtungen unabhängig von der Rechtsform. Eingetragen werden
- die Wirtschafts-Identifikationsnummer,
- der Name der Körperschaft,
- die Anschrift,
- die steuerbegünstigten Zwecke,
- das zuständige Finanzamt,
- das Datum des letzten Freistellungs- bzw. Feststellungsbescheids und
- die Bankverbindung.
PRAXISTIPP | Ihre gemeinnützige Einrichtung betrifft keine Meldepflicht. Das Bundeszentralamt für Steuern bekommt die Daten vom Finanzamt übermittelt. |
Das Bundeszentralamt für Steuern übernimmt künftig auch die Auswertung der Verfassungsschutzberichte. D. h. es prüft, dass gemeinnützige Körperschaft keine Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördern und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandeln und leiten die Ergebnisse an die Finanzämter weiter.
Auslandsspenden
Ab 2025 soll der amtliche Mustertext für Zuwendungsbestätigungen auch für ausländische Spendenempfänger gelten. § 50 Abs. 1 S. 2 EStDV wird deswegen aufgehoben. Das ist möglich, weil das Bundeszentralamt für Steuern künftig dafür zuständig ist, zu prüfen, ob Körperschaften, die ihren Sitz nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben, den Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO entsprechen. Bisher nimmt diese Prüfung das Finanzamt vor, das für den jeweiligen Spender zuständig ist. Ausländische Organisationen haben künftig einen Anspruch auf eine inhaltliche Überprüfung der Gemeinnützigkeit für ihre Tätigkeit, wenn sie einem deutschen Steuerpflichtigen eine Zuwendung bestätigen möchten.
Neue gemeinnützige Katalogzwecke
Auch der Katalog gemeinnütziger Zwecke in § 52 Abs. 2 AO ist durch das JStG ergänzt bzw. spezifiziert worden.
Klimaschutz
Ausdrücklich aufgenommen wird ergänzend zum Umweltschutz der Klimaschutz. In § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 AO werden dazu nach dem Wort „Umweltschutzes,“ die Wörter „einschließlich des Klimaschutzes“ eingefügt.
Der Klimaschutz ist grundsätzlich schon jetzt im Rahmen des Umweltschutzes begünstigt. Die Einfügung dient deswegen vor allem der Klarstellung für den Fall, dass Umwelt- und Naturschutz Ziele des Klimaschutzes möglicherweise nicht gänzlich abdecken.
Hilfe diskriminierter Menschen
§ 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 10 AO wird um „Förderung der Hilfe für Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden“ ergänzt. Grundsätzlich war dieser Zweck schon bisher begünstigt. Er kommt aber ‒ so die Gesetzesbegründung ‒ in den bestehenden Katalogzwecken nicht ausreichend zum Ausdruck. Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung wird des Gemeinnützigkeitsrecht deshalb angepasst.
Ortsverschönerung
Die Steuerbegünstigung für Heimatpflege und Heimatkunde wird um die „Ortsverschönerung“ ergänzt (§ 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 22 AO).
Zwar ist dieser Zweck grundsätzlich schon jetzt begünstigt. Er verbindet aber Zwecke wie Landschaftspflege, Heimatpflege, Naturschutz und Denkmalpflege. Vereine, die auch die Ortsverschönerung als Zweck hatten, mussten deswegen diese Katalogzwecke in die Satzung aufnehmen. Das wird durch die ausdrückliche Aufnahme der Ortsverschönerung in die begünstigten Zwecke vereinfacht.
Freifunk
Die schon lange geforderte Gemeinnützigkeit des „Freifunks“ ist ebenfalls umgesetzt worden. Bisher war dieser Zweck nur in Kombination mit technischer Bildung u. ä. begünstigt. Die Aufnahme in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO ermöglicht es, auch solche Freifunk-Initiativen als gemeinnützig anzuerkennen, die auch bzw. ausschließlich Freifunk-Netze aufbauen und unterhalten.
Unter „Freifunk“ werden nichtkommerzielle Initiativen eingeordnet, die sich der Förderung der lokalen Kommunikation sowie der technischen Bildung, dem Aufbau und Betrieb eines lokalen freien Funknetzes widmen. Die Abgrenzung von kommerziellen und nichtkommerziellen Funknetzbetreibern ist nicht näher geregelt. Auch gemeinnützige Freifunk-Initiativen werden ja über Mitgliedsbeiträge faktisch Entgelte für die Nutzung erheben.
In jedem Fall sind diese Mitgliedsbeiträge wegen der Einordnung unter die sog. privilegierten Freizeitzwecke des § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO nicht steuerlich abzugsfähig.
Friedhofsverwaltung
In den Katalog gemeinnütziger Zwecke (als Nummer 26) neu aufgenommen worden ist die „Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen und die Förderung der Unterhaltung von Gedenkstätten für nichtbestattungspflichtige Kinder und Föten.“ Bisher war die Unterhaltung eines Friedhofs kein gemeinnütziger Zweck (FG Münster, Urteil vom 19.02.2018, Az. 13 K 3313/15 F, Abruf-Nr. 200847).
Ab jetzt kann auch bei privatrechtlichen Organisationen die Friedhofsverwaltung (mit Pflege und Unterhaltung des Friedhofsgeländes und der Baulichkeiten) gemeinnützig sein. Neben der eigentlichen Bestattung gehören dazu auch Tätigkeiten wie die Grabfundamentierung, das Vorhalten aller erforderlichen Einrichtungen und Dienstleistungen wie Wächterdienste, Sargaufbewahrung, Sargtransportdienste im Friedhofsbereich, Totengeleit, Kranzannahme, Graben der Gruft und ähnliche Leistungen. Gleiches gilt für das Läuten der Glocken, die übliche Ausschmückung des ausgehobenen Grabes und die musikalische Umrahmung der Trauerfeier.
Begünstigt ist auch die Unterhaltung von Gedenkstätten für sog. „Sternenkinder“, die nicht bestattet werden können.
Wichtig | Die seelsorgerische Betreuung der Angehörigen ist schon bisher ein mildtätiger Zweck nach § 53 AO.
Neue Katalogzweckbetriebe
§ 66 bis 68 AO definiert besondere Zweckbetriebe (Katalogzweckbetriebe). Anders als bei den allgemeinen Zweckbetrieben (§ 65 AO) muss hier für die Steuerbegünstigung nicht nachgewiesen werden, dass sie für die Erreichung des Satzungszwecke notwendig sind und nicht mehr als unvermeidbar in Konkurrenz zu gleichen oder ähnlichen nicht begünstigen Betrieben treten.
Flüchtlingseinrichtungen
Als eigener Zweckbetrieb sind mit § 68 Nr. 1c AO „Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen“ aufgenommen worden.
Dabei gilt die Einschränkung des § 66 Abs. 2 AO. Ein Zweckbetrieb liegt also nicht vor, wenn Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen des Erwerbs wegen betrieben werden. Sie müssen also wie alle Wohlfahrtspflegebetriebe die Mittelverwendung für die mildtätige Sphäre auch im Rahmen der Steuererklärung (Anlage Gem) nachweisen.
Flüchtlingseinrichtungen waren bereits bisher regelmäßig Zweckbetriebe nach § 66 AO. Bisher musste aber in jedem Einzelfall geprüft werden, ob es sich bei den Leistungsempfänger um hilfsbedürftige Personen im Sinne des § 53 AO handelt. Diese Prüfung entfällt mit der Neuregelung.
Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen
In § 68 Nr. 4 AO ist der Zweckbetriebsumfang für Einrichtungen erweitert worden, die sich um die Fürsorge blinder und körperbehinderter Menschen kümmern. Begünstigt ist jetzt auch die „Durchführung der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen bzw. Behinderungen“.
Weiterführender Hinweis
- Die Änderungen, die das JStG 2020 im umsatzsteuerlichen Bereich (vor allem bei den Umsatzsteuerbefreiungen nach § 4 UStG) mit sich gebracht hat, stellt Ihnen VB in der Februar-Ausgabe vor.