· Fachbeitrag · Geldwäsche
Erhöhte Haftungsrisiken von Steuerberatern als externe Geldwäschebeauftragte
von RA Andreas Glotz und Dipl.-Finw. Karoline Joschko, beide Deutsche Gesellschaft für Geldwäscheprävention mbH, Köln
| Soweit ein Steuerberater die Funktion eines externen Geldwäschebeauftragten ‒ etwa für einen verpflichteten Kfz-Händler ‒ wahrnimmt, unterliegt er nach einem neuen Urteil des OLG Frankfurt a. M. (10.4.18, 2 Ss-OWi 1059/17) einem erhöhten Haftungsrisiko. |
1. Der Steuerberater als Geldwäschebeauftragter
Geldwäschevorgänge sind schwer als solche erkennbar. Sie sind meist gut getarnt, nicht ohne Weiteres von alltäglichen Geschäften und Transaktionen zu unterscheiden und finden häufig grenzüberschreitend statt. Aus diesem Grund verlangt das Geldwäschegesetz (GwG) von bestimmten Branchen bzw. Unternehmen die Einhaltung definierter Pflichten im Umgang mit Kunden und verpflichtet diese zur Schaffung betriebsinterner Sicherungsmaßnahmen.
Verpflichteten steht es dabei gem. § 17 GwG frei, ob sie einen Dritten als externen Geldwäschebeauftragten engagieren oder diesen selbst qualifizieren und intern zur Umsetzung der Präventionspflichten verpflichten.
Dabei sind Steuerberater selbst Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG und können deswegen grundsätzlich der Aufgabe eines externen Geldwäsche-beauftragten nachkommen. Sie haben zu gewährleisten, dass die Aufgabe des Geldwäschebeauftragten ordnungsgemäß durchgeführt wird und die Geschäftsleitung des Verpflichteten trotzdem die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten behält. Zusätzlich muss garantiert werden, dass die Überwachung der Aufsichtsbehörde nicht beeinträchtigt wird. Aus diesem Grunde besteht auch ein Genehmigungsvorbehalt.
Geldwäschebeauftragte haben eine besondere Position im Unternehmen, da sie der Geschäftsführung direkt unterstellt sind. Im Gegenzug hat der Geldwäschebeauftragte auch eine besondere Verantwortung. Er stellt zum einen das Medium der Kommunikation zwischen den Behörden und dem Verpflichteten dar und zum anderen hat er für die Umsetzung der geld-wäscherelevanten Vorschriften zu sorgen, Risiken zu erkennen, zu analysieren und bei Bedarf unverzüglich Verdachtsmeldungen abzugeben. Laut Gesetz verbleibt die Verantwortung für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten bei dem Verpflichteten.
Aufgrund eines Beschlusses des OLG Frankfurt a. M. vom 10.4.18 (2 Ss-OWi 1059/17) haftet aber auch der Geldwäschebeauftragte für seine Tätigkeit. Dabei besteht keinerlei Veranlassung, zwischen einem internen und einem externen Geldwäschebeauftragten zu differenzieren.
2. Haftung des Geldwäschebeauftragten
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Bei dem Fall des OLG Frankfurt a. M. ging es um drei Bußgeldbescheide gegen die Geldwäschebeauftragte einer international tätigen Bank, welche nicht unverzüglich ihren Verdachtsmeldepflichten gem. § 43 GwG gegenüber der Financial Intelligence Unit (FIU) nachgekommen war. Zunächst hatte die Ehefrau eines ehemaligen Bundeskanzlers, die eine politisch exponierte Person (PEP) gem. § 15 GwG darstellt, in drei Fällen insgesamt über 500.000 EUR bar auf verschiedene Konten dieser o. g. Bank eingezahlt. Aufgrund der Einordnung der Ehefrau als PEP und der Höhe der Bareinzahlungen hätten unverzüglich Verdachtsmeldungen durch die Geldwäschebeauftragte erfolgen müssen. Erschwerend kam dabei noch hinzu, dass die PEP sich sinngemäß im Rahmen interner Untersuchungen dahingehend einließ, dass sie bei Kenntnis einer Verdachtsmeldepflicht eine andere Verfahrensweise gewählt hätte. |
In keinem der drei Fälle erstattete jedoch die Bank bzw. die Geldwäschebeauftragte unverzüglich eine sog. Verdachtsmeldung gem. § 43 GwG. Diese Verdachtsmeldungen ergingen erst nach Ablauf einiger Monate, weshalb schließlich verschiedene Bußgelder gegen die Geldwäschebeauftragte durch die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) festgesetzt wurden. Die Betroffene hat nach erstinstanzlichem Unterliegen diesbezüglich Rechtsbeschwerde mit der Begründung eingelegt, dass sie zunächst selbst interne Ermittlungen hätte anstellen müssen und die Verantwortung letztlich bei dem Verpflichteten ‒ also der Bank ‒ selbst läge.
In dem Beschluss vom 10.4.18 des OLG Frankfurt a. M wurden die Bußgelder hingegen bestätigt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Geldwäschebeauftragte sich ihren Aufgaben und Verpflichtungen aufgrund ihrer langen Arbeitserfahrung im Geldwäschebereich bewusst sein musste und dennoch widerrechtlich handelte, indem sie die Verdachtsmeldungen deutlich zu spät eingereicht hatte. Die Argumentation der Ermittlungsverzögerung greift nicht, da Geldwäschebeauftragte nicht die Aufgabe haben, in Verdachtsfällen tiefgründig zu ermitteln, sondern bei verdachtswürdigen Ereignissen die hausinternen Informationen schnellstmöglich an die FIU weiterzuleiten. Strafschärfend kam noch hinzu, dass die Geldwäschebeauftragte die Implementierung und Überwachung des GwG im Unternehmen versäumt habe, was den Leichtfertigkeitsvorwurf der ersten Instanz dann in den Vorwurf vorsätzlichen Handelns in der zweiten Instanz umwandelte. Letztlich wird auch explizit betont, dass die Bank zwar die Verpflichtete lt. GwG darstellt, dies den Geldwäschebeauftragten jedoch weder von seiner Verantwortung noch seiner Haftung befreit.
Somit macht dieser Beschluss unmissverständlich deutlich, dass sich Geldwäschebeauftragte nicht in der Sicherheit wiegen können, die Verantwortung für die Erfüllung der geldwäscherechtlichen Pflichten läge nur bei dem Verpflichteten selbst. Auch sie haften für ihre Fehler oder Versäumnisse und müssen daher sorgfältig ihren Pflichten nachkommen.
3. Verpflichtung zur Abgabe von Verdachtsmeldungen
Werden Steuerberater als externe Geldwäschebeauftragte tätig, haben sie daher die Pflicht nach § 43 GwG, unverzüglich Verdachtsmeldungen bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) abzugeben, wenn ihnen besondere, möglicherweise geldwäscherelevante Umstände auffallen.
Dabei stellen Verdachtsmeldungen jedoch keine Strafanzeige i. S. d. StPO, sondern weitaus niedrigere Anforderungen dar. Nach einer Verdachtsmeldung darf die Transaktion grundsätzlich nicht ohne die Zustimmung der FIU erfolgen, es sei denn, es sind drei Werktage (Samstage ausgeschlossen) seit der Verdachtsmeldung verstrichen. Entgegen allgemeiner Auffassung ist die Meldepflicht schwellenwertunabhängig, gilt somit ab dem ersten EUR und ist auch völlig unabhängig von der Zahlungsart § 1 Abs. 5 GwG.
Wollen Steuerberater sich folglich bei externer Wahrnehmung der Funktion des Geldwäschebeauftragten nicht einem Vorsatzvorwurf aussetzen, müssen sie gründlich auch auf die sonstige Erfüllung der geldwäscherechtlichen Pflichten, im gewählten Eingangsbeispiel bei Güterhändlern, Sorge tragen.
4. Problematik der Unverzüglichkeit der Verdachtsmeldung
Verdachtsmeldungen haben gem. § 43 Abs. 1 GwG unverzüglich, somit ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen. Die elektronische Übermittlung ermöglicht eine Meldung ohne jegliche Zeitverzögerung und zeigt hierin auch den Willen des Gesetzgebers auf eine schnelle Benachrichtigung. Der Gesetzgeber möchte grundsätzlich, dass verdächtige Transaktionen erst nach Zustimmung der FIU durchgeführt werden, daher ist es elementar, dass die Informationsübermittlung zügig erfolgt.
Die dargestellte Drei-Tage-Frist stellt den gesetzlich geregelten Normfall dar. Sie ist jedoch aus praktischen Gründen heraus lebensfremd. Hätte die Bank der PEP sagen sollen: „Kommen Sie in drei Tagen wieder, wir müssen erst einmal eine Verdachtsmeldung abgeben“? Eine nach alter Rechtslage mögliche Eilfallmeldung hätte, gerade in diesem Fall, dem gesetzlich gewollten möglichen Zugriff auf inkriminiertes Vermögen ebenfalls Rechnung getragen. Eine solche Eilfallmeldung ist heute gesetzlich nicht mehr vorgesehen, entspricht aber der Praxis. Die Bank hätte nach Einzahlung auf das Konto weitere Transaktionen der PEP über das Konto verhindern oder zunächst blockieren können und wäre dem gesetzlichen Anspruch gleichwohl gerecht geworden.
Zwar übersieht das Gericht diesen Umstand, auf der anderen Seite stellt ein monatelanges Zuwarten der Geldwäschebeauftragten sicher einen Pflichtverstoß dar.
Dieser flüssige Informationsaustausch vom Verpflichteten zur FIU gelingt bei internen Geldwäschebeauftragten grundsätzlich aber zügiger als bei externen Geldwäschebeauftragten, da sie stets vor Ort sind und unmittelbar während des Tagesgeschäfts reagieren können.
Steuerberater als externe Geldwäschebeauftragte müssen genauso schnell Verdachtsmeldungen abgeben wie interne Geldwäschebeauftragte. Sie müssen diese Aufgabe aber zusätzlich in ihr eigenes Tagesgeschäft inkludieren und können daher meist nur unzureichend unverzüglich reagieren. Ein Steuer-berater hätte beispielsweise sicherzustellen, dass auch an Samstagen, an denen die Kanzlei üblicherweise geschlossen ist, Verdachtsmeldungen möglich sind. Dritte können aufgrund der Entfernung vom Tagesgeschäft des Verpflichteten die unverzügliche Pflichterfüllung kaum sicherstellen.
Werden die Pflichten des GwG durch den Steuerberater im Rahmen eines Outsourcings für Dritte wahrgenommen, besteht auch keinerlei Veranlassung, das Privileg des § 43 Abs. 2 GwG (Anspruch auf Aussetzung der Meldepflicht im Rahmen eines der Schweigepflicht unterliegenden Mandatsverhältnisses) in Anspruch nehmen zu können. Die Privilegierung des Schweigerechts kann allein für Vorbehaltsaufgaben in Betracht kommen und betrifft nicht die Pflichtenübernahme für Dritte im Rahmen eines Outsourcings.
Eine Haftungsübernahme von Bußgeldern gegen den Verpflichteten oder den Steuerberater selber durch die berufsständische Haftpflichtversicherung ist im Übrigen daher auch aus gutem Grund ausgeschlossen.
5. Konsequenzen für den Steuerberater als externem Geldwäschebeauftragten
Hinsichtlich der Erfüllung der eigenen geldwäscherechtlichen Verpflichtungen unterliegt der Steuerberater gem. § 50 Ziff. 7 GwG der Aufsicht seiner örtlich zuständigen Kammer.
Übernimmt er jedoch die Aufgabe für einen Dritten, etwa einen Güterhändler, unterliegt sein Handeln nicht mehr der berufsständischen Aufsicht, sondern der jeweils „nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stelle“ gem. § 50 Ziff. 9 GwG. Für Güterhändler sind dies in vielen Fällen Bezirksregierungen oder Regierungspräsidien, die ihre Aufsichtsfunktion nach völlig anderen Kriterien wahrnehmen und durchführen als dem Steuerberater aus der eigenen Tätigkeit seitens der Kammern heraus bekannt sind.
Kommt es folglich beim Outsourcing auf einen Steuerberater zu einem Pflichtversäumnis der geldwäscherechtlichen Vorgaben, haftet dieser neben dem Verpflichteten selber. Ein Bußgeld wird von einer völlig anderen Behörde verhängt, der Steuerberater wird gleichzeitig an den gesetzlich in § 57 GwG definierten Pranger gestellt.
MERKE | Dabei versteht es sich von selbst, dass der Steuerberater im Fall der Pflichtversäumnis nicht mehr über die gesetzlich erforderliche Zuverlässigkeit verfügt! |
Es besteht keinerlei gesetzlicher Anlass, einen externen Geldwäschebeauftragten anders zu behandeln als einen internen. Völlig offen ist dann die darauf folgende Reaktion der Kammern, welche letztlich an dieser Stelle jedoch dahinstehen kann.
6. Bewertung des Urteils
Da sich hinsichtlich der Unverzüglichkeit der Pflicht zur Abgabe einer Verdachtsmeldung zwischen der Rechtslage des Vorläufergesetzes und dem aktuell gültigen Recht keine Unterschiede ergeben, kann es zunächst dahinstehen, dass im Urteil des OLG noch das Vorläufergesetz Berücksichtigung fand.
Etwas anderes könnte sich allenfalls bei den strafschärfenden Vorsatzvorwürfen hinsichtlich der Verletzung von Kernpflichten des GwG zum Risikomanagement (Bsp. Verletzung von Schulungs- und Informationspflichten) oder den kundenbezogenen Sorgfaltspflichten ergeben. Die zwischenzeitlich eingetretenen gesetzlichen Verschärfungen zwingen den Verpflichteten genauso wie den externen Geldwäschebeauftragten dazu, sein Handeln den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen.
Kritikwürdig ist das o. g. Urteil vor allem hinsichtlich der persönlichen Inanspruchnahme der Geldwäschebeauftragten. Auch wenn eine politische Komponente im Handeln der Aufsichtsbehörde wegen der verschiedenen vorangegangenen Verstöße der Großbank noch nachvollziehbar erscheinen mag, ist das Urteil insoweit überzogen und kontraproduktiv. Bei der Kundenbeziehung zur PEP handelte es sich aus Sicht der Bank unzweifelhaft um eine heikle und insoweit einem strengen Monitoring zu unterwerfende Verbindung. Wenn es der Geldwäschebeauftragten nicht gelang, bankintern die Präventionsvoraussetzungen des GwG konsequent umzusetzen, ist dies weniger ihr persönliches Verschulden als ein Organisationsverschulden der Bank. Damit einen Vorsatzvorwurf ihr gegenüber zu begründen, ist absurd. Vielmehr hätten gerade der Staatsanwaltschaft die Möglichkeiten der Organhaftung der Gesellschaft nach § 130 OWiG offengestanden.
Nach aktueller Rechtslage „ist der Geldwäschebeauftragte für die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorschriften zuständig“ und der „Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordnet“ unterstellt (§ 7 Abs. 1 GwG). Ihm sind ausreichende Befugnisse und Mittel für die Ausübung seiner Funktion einzuräumen (§ 7 Abs. 5 GwG) und er unterliegt im Angestelltenverhältnis besonderen Kündigungsschutzbestimmungen (§ 7 Abs. 7 GwG). Damit macht der Gesetzgeber in besonderem Maße die herausgehobene Stellung eines Geldwäschebeauftragten in einem Unternehmen deutlich. Auch wenn dies teilweise im Vorläufergesetz nicht so klar definiert war, entsprach dies jedoch auch weitgehend der herrschenden Meinung in der Literatur. Dies verkennt das Urteil völlig.
FAZIT | Unter den vom OLG definierten Rahmenbedingungen gleicht die Übernahme der Funktion eines internen Geldwäschebeauftragten regelrecht einem Schleudersitz. Da es für einen externen Geldwäschebeauftragten durch die Distanz zum Tagesgeschäft des Verpflichteten und durch Organisationsprobleme in den Kanzleiabläufen ungleich schwieriger ist, die Funktion rechtssicher wahrzunehmen, ist die rechtliche Möglichkeit zum Outsourcing sehr risikobehaftet. Die mit dem Urteil einhergehende Haftungsverschärfung eines Geldwäschebeauftragten wird auch unmittelbaren Einfluss auf das Handeln der Aufsichtsbehörden haben. Nehmen sie noch teilweise Rücksicht auf den internen Geldwäschebeauftragten, haben sie bei einem Externen keinerlei Veranlassung dazu. |