· Fachbeitrag · Erläuterungen zum BMF-Schreiben
Rückführung der Umsatzsteuer zum 1.1.2021
| Zum 1.7.2020 trat die auf ein halbes Jahr befristete Umsatzsteuersenkung in Kraft. Das BMF hatte sich dazu mit Schreiben vom 30.6.2020 vorab umfassend positioniert. Vorrangiges Ziel des damaligen Schreibens war es, den Unternehmern die Absenkung zu erleichtern. Die Wiederanhebung der Umsatzsteuer zum 1.1.2021 stand in dem ersten BMF-Schreiben sicher nicht im Vordergrund. In einem ergänzenden BMF-Schreiben wurden daher am 4.11.2020 weitere Hinweise und Vereinfachungsregelungen veröffentlicht, die sowohl rückwirkend für die bereits erfolgte Umsatzsteuersenkung als auch für deren Wiederanhebung zum 1.1.2021 gelten sollen. Ein drittes und ausschließlich die Rückführung fokussierendes BMF-Schreiben ist damit nicht zu erwarten. |
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Dieser Beitrag stellt das BMF-Schreiben im Originaltext Randziffer („Rz.“) für Randziffer vor. Die Lektüre wird durch eine Lesestraße (Fettdruck) und Gliederungszeichen sowie erläuternde Praxishinweise und Fallbeispiele unterstützt. Gleichzeitig wird gezeigt, welche Eintragungen in den Vordrucken zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2020 und 2021 erforderlich sind. |
1. Voraus- und Anzahlungsrechnungen
(1) In Voraus- und Anzahlungsrechnungen, die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 gestellt werden und für die das Entgelt in diesem Zeitraum vereinnahmt worden ist, ist die Steuer mit dem Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 % zu berechnen. Soweit feststeht,
- dass die jeweilige Leistung erst nach dem 31.12.2020 erbracht wird, wird es aber nicht beanstandet,
- wenn bereits der dann gültige Steuersatz von 19 % bzw. 7 % angewandt wird.
Der Empfänger einer solchen Rechnung kann unter den übrigen Voraussetzungen den ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer geltend machen (vgl. BMF 30.6.20, BStBl I, 584, Rz. 47, 51 und 52 sowie 9 und 11).
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Sachverhalt Vorausrechnung für die Lieferung eines Kfz und Bezahlung durch den Kunden am 30.12.2020, Auslieferung des Fahrzeugs am 4.1.2021.
Beurteilung Schlussendlich maßgebend für den Steuersatz ist allein der Zeitpunkt der Auslieferung und nicht der Zeitpunkt von Rechnungsstellung oder Bezahlung.
Steuersatz Der vor der Absenkung geltende Umsatzsteuersatz (19 %) kommt wieder zur Anwendung. Die Rechnung darf 19 % ausweisen, der Kunde kann sich die Vorsteuern entsprechend ziehen.
UStVA Dezember 2020 (= Vorausrechnung + Bezahlung) |
UStVA Januar 2021 (= Leistungserbringung) keine Eintragung! |
(2) Wenn in einer Voraus- oder Anzahlungsrechnung vor dem 1.7.2020 die Steuer nach dem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % berechnet, das Entgelt jedoch erst nach dem 30.6.2020 vereinnahmt worden ist, schuldet der Leistende die Mehrsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Der Leistungsempfänger ist insoweit ‒ vorbehaltlich der Nichtbeanstandungsregelung in Rz. 46 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I, 584) ‒ nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da es sich um keine gesetzlich geschuldete Steuer handelt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Voraus- oder Anzahlungsrechnungen, die vor dem 1.1.2021 gestellt werden und für die das Entgelt nach dem 31.12.2020 vereinnahmt wird, sind mit einem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % zu versteuern, auch wenn die Rechnung einen geringeren Steuersatz ausweist. Der Vorsteuerabzug steht dem Leistungsempfänger unter den übrigen Voraussetzungen nur in Höhe der ausgewiesenen Steuer zu.
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Sachverhalt Wie Beispiel 1, aber: Vorausrechnung mit 16 %, Bezahlung erst bei Auslieferung des Fahrzeugs am 4.1.2021
Beurteilung Schlussendlich maßgebend für den Steuersatz ist allein der Zeitpunkt der Auslieferung und nicht der Zeitpunkt von Rechnungsstellung oder Bezahlung.
Steuersatz Der vor der Absenkung geltende Umsatzsteuersatz (19 %) kommt wieder zur Anwendung.
UStVA Dezember 2020 (= Vorausrechnung, aber keine Bezahlung) keine Eintragung!
UStVA Januar 2021 (= Leistungserbringung + Bezahlung) |
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PRAXISTIPP | Das BMF stellt klar, dass Vorauszahlungen oder Anzahlungen, die vor dem 1.1.2021 in Rechnung gestellt und nach dem 31.12.2020 vereinnahmt werden, mit einem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % zu versteuern sind, auch wenn die Vorausrechnung einen geringeren Steuersatz ausweist. Der Vorsteuerabzug steht dem Leistungsempfänger unter den übrigen Voraussetzungen nur in Höhe der ausgewiesenen Steuer zu. Der leistende Unternehmer sollte daher unbedingt von der Nichtbeanstandungsregelung (Rz. 1) Gebrauch machen! Dies umso mehr, als sein Kunde im Regelfall durch den korrespondierenden Vorsteuerabzug keinerlei Nachteil erfährt. |
(3) Sofern in Fällen von kumulierten Voraus- und Anzahlungsrechnungen in einer bereits gestellten Rechnung die Steuer nach einem zu diesem Zeitpunkt zutreffenden Steuersatz berechnet worden ist, ist die Berechnung dieser Steuer erst in dem Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG). Die Steuer kann nicht in einer beliebigen anderen Voraus- oder Anzahlungsrechnung auf den zu diesem Zeitpunkt gültigen Steuersatz geändert werden.
(4) Das Rechtsverhältnis zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger ist zivilrechtlicher Natur. Soweit zwischen den Beteiligten ein schuldrechtlicher Vertrag besteht, handelt es sich bei einer ggf. bestehenden Verpflichtung zur Erteilung oder Berichtigung einer Rechnung um eine aus § 242 BGB abgeleitete zivilrechtliche Nebenpflicht, die in einem zivilrechtlichen Verfahren durchgesetzt werden kann (vgl. Abschnitt 14.1 Abs. 5 UStAE).
2. Ausgabe eines Gutscheins für einen verbindlich bestellten Gegenstand sowie von Restaurantgutscheinen
(5) Die Ausstellung eines als Gutschein bezeichneten Dokuments
- für einen verbindlich bestellten Gegenstand,
- bei dem ein späterer Umtausch, eine Barauszahlung oder eine Übertragung des Gutscheins auf einen anderen Verkäufer bzw. Käufer ausgeschlossen ist und
- dessen Ausstellung mit einer Abnahmeverpflichtung verbunden ist,
ist eine Anzahlung, die gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist, zu versteuern ist. Die Umsatzsteuer ist bei Zahlung vor dem 1.1.2021 zunächst mit einem Steuersatz von 16 % bzw. 5 % zu berechnen. Bei Lieferung des Gegenstands nach dem 31.12.2020 hat anschließend eine Berichtigung auf 19 % bzw. 7 % im Zeitpunkt der Leistungsausführung zu erfolgen. Steht bereits bei Leistung der Anzahlung fest, dass die Lieferung erst nach dem 31.12.2020 erfolgen wird, kann die Anzahlung aus Vereinfachungsgründen bereits mit 19 % versteuert werden.
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Beispiel nach dem BMF-Schreiben vom 4.11.2020. Ein Kfz-Händler bietet an, auf den Erwerb eines Neu- oder Gebrauchtfahrzeugs, welches erst nach dem 31.12.2020 ausgeliefert werden kann, den abgesenkten Umsatzsteuersatz anzuwenden, indem im zweiten Halbjahr 2020 die Ausgabe eines als Gutschein bezeichneten Dokuments („Gutschein“) mit einem Steuersatz von 16 % erfolgt.
Der „Gutschein“ ist auf eine
bezogen. Ein späterer Umtausch, eine Barauszahlung oder eine Übertragung des „Gutscheins“ auf einen anderen Verkäufer bzw. Käufer ist ausgeschlossen.
Es liegt kein Einzweck-Gutschein i. S. d. § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG, sondern eine Anzahlung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG vor. Diese berechtigt den Erwerber in Verbindung mit der verbindlichen Bestellung ein genau bestimmtes Fahrzeug von einem genau bezeichneten Unternehmer in Empfang zu nehmen.
Die Umsatzsteuer ist bei Zahlung vor dem 1.1.2021 zunächst mit einem Steuersatz von 16 % zu berechnen. Bei Lieferung des Fahrzeugs nach dem 31.12.2020 hat anschließend eine Berichtigung auf 19 % im Zeitpunkt der Leistungsausführung zu erfolgen. |
PRAXISTIPP | Der Unterschied zum Einzweck-Gutschein besteht darin, dass der Leistungsgegenstand nicht nur bestimmbar, sondern ‒ wie im Falle einer verbindlichen Bestellung ‒ inhaltlich genau bestimmt ist.
Der Erwerber hat keine Möglichkeit, den tatsächlichen Auslieferungszeitpunkt auszuwählen bzw. zu beeinflussen. |
(6) Soweit Gutscheine für Restaurationsleistungen vor dem 1.7.2020 ausgegeben wurden, bleibt es bei der Versteuerung als Einzweck-Gutschein mit 19 %, auch wenn die Einlösung im Zeitraum vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 erfolgt. Denn für die Behandlung als Einzweck-Gutschein ist ausschließlich auf die Gesetzeslage im Zeitpunkt der Ausgabe abzustellen.
Durch das Corona-Steuerhilfegesetz (19.6.20, BGBl I, 1385) wurde § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG neu angefügt. Dieser beinhaltet die befristete Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen vom 1.7.2020 bis 30.6.2021, mit Ausnahme von Getränken. Da in diesem Zeitraum der anzuwendende Steuersatz wegen der unterschiedlichen Besteuerung von Speisen und Getränken nicht eindeutig bestimmbar ist, handelt es sich bei in diesem Zeitraum ausgegebenen Gutscheinen für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen grundsätzlich um Mehrzweck-Gutscheine mit der Folge, dass die Versteuerung im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung zum dann gültigen Steuersatz erfolgt.
In der Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 ausgegebene Gutscheine für Restaurationsleistungen können nur dann als Einzweck-Gutscheine behandelt werden, wenn die Gutscheine
- auf den Bezug von Speisen oder
- den Bezug von Getränken
explizit beschränkt werden. Gutscheine für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen einschließlich Getränke gelten erst wieder als Einzweck-Gutscheine, wenn sie für den Zeitraum ab dem 1.7.2021 ausgestellt werden.
PRAXISTIPP | Durch die Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen können vor allem Restaurants die temporärer abgesenkten Umsatzsteuersätze auf Leistungen nach dem 1.1.2021 übertragen.
Wichtig ist, dass die Restaurants dabei die Abgrenzung der Einzweckgutscheine von den Mehrzweck-Gutscheinen beachten. Denn die zusätzliche befristete Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 30.6.2021 führt zu insgesamt möglichen Umsatzsteuer-Vorteilen bis zu 14 % (5 % bis zum 31.12.20 vs. 19 % ab 1.7.21).
Bei Restaurationsleistungen liegt aber nur dann ein Einzweck-Gutschein vor, wenn der Gutschein ausdrücklich auf den Bezug von Speisen oder auf den Bezug von Getränken beschränkt ist. |
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Sachverhalt Ein Gast erwirbt von einem Wirt im Dezember 2020 einen Gutschein für eine exquisite Menüfolge ohne Getränke und einen weiteren Gutschein für Getränke. Beide Gutscheine sind einzulösen bis zum 31.12.2021.
Beurteilung Maßgebend sind die Steuersätze zur Zeit der Ausgabe der Einzweck-Gutscheine im Dezember 2020.
Steuersatz Die abgesenkten Steuersätze kommen zur Anwendung: Der Menügutschein ist mit 5 %, der Getränkegutschein mit 16 % zu besteuern
UStVA Dezember 2020 (Ausgabe der Gutscheine) |
UStVA 2021 (= Einlösung der Gutscheine) keine Eintragung! |
3. Erstattung von Pfandbeträgen
(7) Aus Vereinfachungsgründen kann Pfandgeld im Zeitraum nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 mit 16 % Umsatzsteuer abgerechnet werden, wenn sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer mit dem Steuersatz von 16 % korrigieren und diese Abrechnungsmethode auch für Pfandgelder ab dem 1.1.2021, dann mit dem Steuersatz von 19 %, angewendet wird. Dies sowie auch die Vereinfachungsregelungen in Rz. 31 und 50 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I, 584) gelten nicht nur für Flaschenpfand, sondern auch für Pfandgelder für andere Gegenstände, wie z. B. als Transporthilfsmittel ausgetauschte Paletten.
4. Gewährung von Jahresboni
(8) In Fällen, in denen ein Unternehmer sowohl mit dem allgemeinen als auch mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuernde Umsätze ausführt, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer für die Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG das Verhältnis der mit dem allgemeinen zu den mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Umsätzen zugrunde legt und hierbei für das gesamte Kalenderjahr von einem Steuersatz von jeweils 19 % bzw. 7 % ausgeht.
(9) Rz. 33 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I, 584) findet entsprechende Anwendung für Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz unterlegen haben. In diesem Fall ist nicht zu beanstanden, wenn ein Unternehmer von einer Aufteilung der gemeinsamen Entgeltminderungen absieht und der Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ausnahmslos den ermäßigten Steuersatz von 7 % zugrunde legt. Der Leistungsempfänger hat nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG entsprechend zu verfahren.
5. Herstellerrabatt bei der Abgabe pharmazeutischer Produkte
(10) Gewährt ein Pharmazieunternehmen seinem Abnehmer nachträglich einen Herstellerrabatt, führt dies zu einer Entgeltminderung. Die ursprüngliche Bemessungsgrundlage ist entsprechend zu korrigieren. Rz. 32 und 33 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I, 584), finden entsprechende Anwendung. Dies gilt auch für gesetzliche Rabatte gem. § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB bzw. § 1 AMRabG. Hinsichtlich der Vereinfachungsregelungen ist hierbei Voraussetzung, dass die Apotheke das Entgelt von dritter Seite korrespondierend zur Entgeltminderung mit demselben Steuersatz ansetzt.
6. Besteuerung von Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen sowie von Abwasserbeseitigung
(11) Die Vereinfachungsregelungen der Rz. 35 ff. des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I, 584), können auch auf Leistungen im Rahmen der EEG-Einspeisung und der Netznutzung angewendet werden. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich beim Leistungsempfänger um einen Endverbraucher oder um ein Versorgungsunternehmen handelt. Auf die Entnahme von Strom im Jahr 2020 durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb seines Unternehmens liegen, kann der zum 31.12.2020 geltende Steuersatz angewendet werden.
7. Besteuerung von Personenbeförderungen im Schienenbahnverkehr, im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen und im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen
(12) Auf die Einnahmen aus den Verkäufen von Einzelfahrscheinen und Zeitkarten, die bis zum Ablauf des letzten Betriebstags des Monats Dezember 2020 gültig sind (der Betriebstag 31.12.20 endet vielfach erst nach 24 Uhr), können noch die bis zum 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 16 % bzw. 5 % angewandt werden.
(13) Vor dem 1.1.2021 erzielte Einnahmen aus Verkäufen von Fahrausweisen für Beförderungsleistungen können, sofern die Gültigkeitsdauer der Fahrausweise über den 31.12.2020 hinausreicht, im Schätzungswege auf die vor dem 1.1.2021 und die nach dem 31.12.2020 erbrachten Leistungen aufgeteilt werden.
(14) Die Regelungen des BMF-Schreibens vom 21.1.2020 (BStBl I, 19) gelten entsprechend.
8. Sonder- und Ausgleichszahlungen bei Miet- oder Leasingverträgen
(15) Unabhängig davon, ob Sonder- und Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Miet- oder Leasingvertrags der Haupt- oder einer Nebenleistung zuzurechnen sind, richtet sich die Anwendung des zutreffenden Umsatz-steuersatzes nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Hauptleistung. Sofern die Hauptleistung in Zeiträumen vor dem 1.7.2020 und Zeiträumen nach dem 30.6.2020 oder in Zeiträumen nach dem 31.12.2020 und Zeiträumen vor dem 1.1.2021 erbracht wird, ist die Sonder- und Ausgleichszahlung grundsätzlich zeitanteilig der jeweiligen Hauptleistung zuzuordnen. Andere sachgerechte Aufteilungsmethoden sind zulässig.
PRAXISTIPP | Bei Ablauf eines Leasingvertrags unterliegt die Abrechnung der Mehr- oder Minderkilometer dem im Rückgabezeitpunkt geltenden Steuersatz.
Erfolgt die Rückgabe im zweiten Halbjahr 2020, ist also der abgesenkte Steuersatz (16 %) anzuwenden.
Dazu sind Kilometerentschädigungen, die in den Vorjahren und damit zu 19 % vereinbart wurden, entsprechend umzurechnen. |
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Sachverhalt Rückgabe eines Leasingfahrzeugs im November 2020. Dem Kunden werden 2.837 Mehrkilometer nachberechnet. Bei Vertragsschluss im November 2016 wurden hierzu 7,6 Cent pro Mehrkilometer inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer von damals 19 % vereinbart.
Beurteilung Maßgebend ist der Steuersatz zum Ende der Gesamtnutzung. Mithin kommt der abgesenkte Umsatzsteuersatz (16 %) zur Anwendung.
Berechnung
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9. Anzuwendender Steuersatz bei Gesamtmargenbildung nach § 25 Abs. 3 Satz 3 UStG
(16) Ermittelt der Unternehmer nach § 25 Abs. 3 Satz 3 UStG in der bis 17.12.2019 geltenden Fassung, die nach § 27 Abs. 26 UStG für Umsätze bis zum 31.12.2021 anzuwenden ist, die Bemessungsgrundlage für die gesamten innerhalb des Besteuerungszeitraums erbrachten Leistungen, kann für diese Umsätze im Jahr 2020 der zum 31.12.2020 geltende Steuersatz von 16 % angewendet werden.
10. Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 4 UStG
(17) Auf die Gesamtmarge nach § 25a Abs. 4 UStG kann für Umsätze im Jahr 2020 der zum 31.12.2020 geltende Steuersatz von 16 % angewendet werden.
11. Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements
(18) Bei digitalen Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements wird die Leistung am letzten Tag des vereinbarten Leistungszeitraums ausgeführt. Bei analogen Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements wird die Leistung ebenfalls am letzten Tag des vereinbarten Leistungszeitraums ausgeführt, wenn für die einzelnen Ausgaben kein gesondertes Entgelt vereinbart ist oder abgerechnet wird, sondern nur ein Gesamtkaufpreis existiert.
12. Leistungszeitpunkt bei Leistungen eines Insolvenzverwalters
(19) Die Leistung eines Insolvenzverwalters ist dann ausgeführt, wenn der seiner Leistung zugrunde liegende Auftrag (letzte Vollzugshandlung) erledigt ist. Die Leistung eines Insolvenzverwalters ist nach der Rechtsprechung des BFH (2.12.15, V R 15/15, BStBl II 16, 486) erst mit dem Beschluss des Insolvenzgerichts über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 200 Abs. 1 InsO erbracht, soweit keine anderen Beendigungsgründe vorliegen. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn für die Bestimmung des Leistungszeitpunkts auf den Vollzug der Schlussverteilung abgestellt wird.
Im Restschuldbefreiungsverfahren bestimmt sich der Leistungszeitpunkt nach dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 300 InsO.
13. Leistungen des Gerüstbauerhandwerks
(20) Der Gerüstbauer erbringt mit der Zurverfügungstellung eines fachmännisch montierten Gerüsts für einen bestimmten Zeitraum eine einheitliche sonstige Leistung. Es handelt sich nicht um eine Werkleistung im umsatzsteuerlichen Sinne, da der Gerüstbauer nicht die Bearbeitung eines Gegenstands übernimmt. Die Leistungselemente „Montage und Demontage“ sind Nebenleistungen zu der Hauptleistung, der Grundvorhaltung des Gerüsts für eine bestimmte Zeit, da die Auf- und Abbauleistungen mit der zeitlichen Überlassung des Gerüsts eng zusammenhängen und zwangsläufig in ihrem Gefolge vorkommen. Denn die Auf- und Abbauleistungen haben für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern stellen das Mittel dar, um die Nutzung des Gerüsts unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. Abschnitt 3.10 Abs. 5 Sätze 3 und 4 UStAE). Die Gesamtleistung „Gerüstbau“ kann mit den Leistungsbestandteilen Montage, Standzeit (Summe aus Grundvorhaltung und Überstandsmiete) und Demontage ggf. auch in Teilleistungen nach Nutzungszeiträumen aufgeteilt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Leistungsbestandteile einzeln geschuldet und bewirkt werden (vgl. Abschn. 13.4 Satz 1 UStAE). Werden keine Teilleistungen vereinbart, wird die Leistung mit Abschluss der Demontage ausgeführt.
14. Wiederkehrende Leistungen
(21) Von dem Begriff der Dauerleistung im Sinne der Rz. 23 des BMF-Schreibens vom 30.6.2020 (BStBl I 20, 584), werden wiederkehrende Leistungen nicht erfasst, die
- zeitpunktbezogen
- in regelmäßigen Abständen
- einmal oder mehrfach jährlich
erbracht werden. Diese Leistungen werden am Tag jeder einzelnen Leistungserbringung ausgeführt.
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Beispiel nach dem BMF-Schreiben vom 4.11.2020. Eine als „jährlicher Wartungsvertrag“ bezeichnete Vereinbarung hat folgenden Inhalt:
Der Anbieter verpflichtet sich, die Anlage einmal jährlich zu überprüfen. Bei der Überprüfung wird die Funktionstüchtigkeit überprüft und ein Überprüfungsprotokoll erstellt. Für Leistungen, die über die Kontrollarbeiten hinausgehen, erhält der Kunde ein gesondertes Angebot. Der Preis beträgt jährlich xxx EUR. Die Zahlung wird zehn Tage nach Erhalt der Rechnung fällig. Diese Vereinbarung ist bis drei Monate vor Ablauf des Kalenderjahres kündbar.
Es handelt sich nicht um eine Dauerleistung, da keine durchgehende Leistungsbereitschaft bzw. -erbringung geschuldet wird, sondern um eine zeitpunktbezogen zu erbringende Tätigkeit, die lediglich zivilrechtlich in ein Dauerschuldverhältnis gekleidet ist.
Der Steuersatz richtet sich nach dem Tag der Leistungserbringung. |
15. Besteuerung der Umsätze im Gastgewerbe
(22) Für Beherbergungen und die damit zusammenhängenden Leistungen in der Nacht vom 30.6.2020 auf den 1.7.2020 sind die ab dem 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 5 bzw. 16 % anzuwenden.
Wichtig | Aus Vereinfachungsgründen wird es zugelassen, dass diese Steuersätze auch auf Bewirtungsleistungen (z. B. Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, Tabakwarenlieferungen usw.) sowie für Beherbergungen und die damit zusammenhängenden Leistungen in der Nacht vom 31.12.2020 auf den 1.1.2021 angewendet werden.
FUNDSTELLEN
- BMF 4.11.20, III C 2 - S 7030/20/10009 :016, 2020/1074476, iww.de/astw, Abruf-Nr. 218832
- BMF 30.6.20, III C 2 - S 7030/20/10009 :004, 2020/0610691, Befristete Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes zum 1.7.20, Abruf-Nr. 216200