· Fachbeitrag · Elektronischer Rechtsverkehr
beA: Durchsuchbar allein genügt nicht
von Ilona Cosack, ABC AnwaltsBeratung Cosack, Mainz, https://bea-abc.de
| Seit Januar 2020 hat die Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein die aktive Nutzungspflicht verpflichtend eingeführt. Nun hat sich in der Praxis herausgestellt, dass die Einreichung von durchsuchbaren PDF allein nicht genügt. |
1. Einbettung von Schriften ist nicht gewährleistet
Sendet die Kanzlei über einen elektronischen Kanzleibriefbogen, so sind i. d. R. die Angaben zur Kanzlei und das Kanzleilogo in einer besonderen Schrift im Rahmen der Corporate Identity der Kanzlei gestaltet. Manche Gerichte vertreten deshalb die Auffassung, der Schriftsatz/die Klage sei nicht wirksam bei Gericht eingereicht. Eine Reihe von technischen Vorgaben sind zwingend von allen beA-Anwendern einzuhalten. Diese sind in verschiedenen Gesetzen (korrespondierend zur ZPO auch in den anderen Prozessordnungen) und Verordnungen festgelegt.
2. Vorgaben für die Bearbeitung elektronischer Dokumente
§ 130a ZPO legt in S. 2 fest:
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Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen. |
Diese Rechtsverordnung ist die „Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ‒ ERVV)“ vom 24.11.17. Dort sind in Kapitel 2 bei den technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs in § 2 die Anforderungen an elektronische Dokumente beschrieben: druckbar, kopierbar und durchsuchbar im Dateiformat PDF.
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Das elektronische Dokument ist in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln. |
Beachten Sie | „Soweit technisch möglich“: Diese Formulierung lässt einen breiten Spielraum. Woran soll die technische Unmöglichkeit festgemacht werden?
3. Barrierefrei: für Menschen mit Behinderungen
Die grundsätzliche Durchsuchbarkeit des Dokuments ist wegen der Barrierefreiheit des beA erforderlich. Menschen mit (Seh-)Behinderungen muss eine Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr ermöglicht werden.
4. Bilder mit Untertiteln versehen
Beim EDV-Gerichtstag konnte die Autorin einen blinden Richter treffen, der „anschaulich“ seine Arbeitsweise mit Recherchen in einer Datenbank demonstrierte. Er erklärte, dass es bei allen Bereichen, die nicht in Text umgewandelt und dann mittels Screenreader vorgelesen werden können, für Sehbehinderte wichtig sei, dass z. B. Bilder mit Untertiteln versehen werden, die den Inhalt des Bildes beschreiben. Das gilt z. B. für eine Unfallskizze oder die Bezeichnung von Personen, die auf einem Bild zu sehen sind. Zusätzlich ist § 2 Abs. 1 S. 2 ERVV zu beachten:
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Wenn bildliche Darstellungen im Dateiformat PDF nicht verlustfrei wiedergegeben werden können, darf das elektronische Dokument zusätzlich im Dateiformat TIFF übermittelt werden. |
Beachten Sie | Es empfiehlt sich, den Inhalt mit Untertiteln zu beschreiben.
Die Dateiformate PDF und TIFF müssen den nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bekannt gemachten Versionen entsprechen (§ 2 Abs. 1 S. 3 ERVV). In § 5 „Bekanntmachung technischer Anforderungen“ wird auf den Bundesanzeiger und die Internetseite www.justiz.de (www.iww.de/s3303) verwiesen. Dort findet sich die Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2018 ‒ ERVB 2018) vom 19.12.17.
5. Zulässige Dateiversionen bis 31.12.20
Folgende Dateiversionen sind bis mindestens zum 31.12.20 zulässig:
- PDF einschließlich PDF 2.0, PDF/A-1, PDF/A-2, PDF/UA
- TIFF Version 6
PRAXISTIPP | Prüfen Sie, ob die in die PDF-Datei eingebetteten Schriften von Dritten (dem Gericht) gelesen, kopiert und gedruckt werden können. Ist das nicht der Fall, wird die Empfehlung gegeben (vgl. BRAK-Newsletter, Ausgabe 2/2020 vom 23.1.10, www.iww.de/s3304) nur noch PDF/A-Dokumente bei Gericht einzureichen. |
6. Alle Grafiken und Schriftarten müssen enthalten sein
In der neuesten Bekanntmachung zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2019 ‒ ERVB 2019) vom 20.12.18 wurde festgelegt, dass ab 1.1.19 Folgendes gilt:
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Hinsichtlich der zulässigen Dateiversionen PDF, insbesondere PDF/A-1, PDF/A-2, PDF/UA, müssen alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte (insbesondere Grafiken und Schriftarten) in der Datei enthalten sein. Ein Nachladen von Datenströmen aus externen Quellen ist nicht zulässig. […] Zulässig sind Hyperlinks, auch wenn sie auf externe Ziele verweisen. |
Beachten Sie | Viele Kanzleien binden Links in Schriftsätze ein. Das ist nach der derzeitigen ERVB 2019 zulässig.
7. Gericht muss Hinweis geben
Bei Dokumenten, die für das Gericht nicht zur Bearbeitung geeignet sind, weist § 130a Abs. 6 ZPO den Weg:
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Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und auf die geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt. |
PRAXISTIPP | Stellen Sie technisch sicher, dass bereits die erste Einreichung des Dokuments alle Anforderungen erfüllt. Wer erst bei Monierung versucht, das Problem zu lösen, wird aller Voraussicht nach nicht „unverzüglich“ in der Lage sein, ein für das Gericht zur Bearbeitung geeignetes Dokument nachzureichen. |
Beachten Sie | Die Rechtsprechung wird zeigen, wie streng die Gerichte die Vorschriften auslegen.
8. Empfehlungen der Bund-Länder-Kommission
Die Arbeitsgruppe „IT-Standards in der Justiz“ hat im Rahmen der sogenannten Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz (BLK) Empfehlungen hinsichtlich eines PDF-Formats als Standard für elektronische Akten und den Dokumentenaustausch erarbeitet: www.iww.de/s3305.
Beachten Sie | Es wird allerdings klargestellt, dass diese Empfehlungen keine verbindliche Vorgabe darstellen und die Formate für die Einreichung auf der Grundlage des § 130a Abs. 2 S. 2 ZPO und der ERVV festgelegt werden.
a) Generelle Empfehlungen
- PDF/A-2 ist zulässig.
- Für alle Dokumente wird generell das Format PDF/A-2a empfohlen. Dieses Format stellt sicher, dass die logische Dokumentenstruktur sowie die natürliche Leseordnung des enthaltenen Textes erhalten bleiben und erfüllt damit die Voraussetzungen für barrierefreien Zugang. Sofern PDF/A-2a nicht erzeugt werden kann, soll hilfsweise PDF/A-2b verwendet werden. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass anstelle von PDF/A-2 auch PDF/A-1 verwendet werden kann.
- Definition
PDF/A-2a setzt alle Anforderungen der Norm ISO 19005-2:2011, Document management ‒ Electronic document file format for long-term preservation ‒ Part 2: Use of ISO 32000-1 (PDF/A-2) um. Es umfasst somit PDF/A-2b (b = „basic“) und PDF/A-2u (u = „unicode“), die jeweils Teilmengen der Norm erfüllen.
b) Gescannte Dokumente
Für Dokumente, die eingescannt werden, wird die Erzeugung des Formats PDF/A-2u empfohlen. Hilfsweise kann PDF/A-2b verwendet werden.
c) Weitere Formate
- PDF/A-1 ist zulässig.
- PDF/A-2 umfasst und ist nach der BLK kompatibel mit PDF/A-1, d. h., alle gültigen PDF/A-1-Dokumente stimmen auch mit PDF/A-2 überein. PDF/A-1-Dokumente können also verwendet und akzeptiert werden.
- Zur Erzeugung von PDF/A-Dokumenten aus Textverarbeitungsprogrammen kann die dort ggf. verfügbare Speicheroption ‚ISO 19005-1-kompatibel (PDF/A)‘ genutzt werden. Die auf diese Weise erstellten Dokumente entsprechen PDF/A-1 und können verwendet und akzeptiert werden.
- PDF/A-3 ist nicht geeignet.
- Die BLK weist darauf hin: PDF/A-3 ist kein geeignetes Format für die Langzeitarchivierung. PDF/A-3 kann und wird aber sehr wohl für den Datenaustausch außerhalb der Justiz eingesetzt z. B. für elektronische Rechnungen. Somit kann der Eingang von Dokumenten im PDF/A-3-Format nicht ausgeschlossen werden. Allerdings soll möglichst frühzeitig nach dem Eingang die Umwandlung in ein PDF/A-2-Format nach den entsprechenden Festlegungen vorgenommen werden.
- PDF/UA ist immer geeignet (barrierefrei).
- Die BLK: Der Standard PDF/UA (PDF for Universal Accessibility) definiert Anforderungen zur Erstellung und Anzeige von Dokumenten, die auch für Nutzer mit Sehbehinderungen oder motorischen Störungen zugänglich sind. Dokumente im PDF/UA-Format erfüllen damit immer die Anforderungen der Barrierefreiheit. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die in PDF/A bereits benannten Anforderungen noch strenger ausgelegt. Anders formuliert: Ein PDF/A-Dokument kann barrierefrei sein, ein PDF/UA-Dokument muss barrierefrei sein. PDF/UA-Dokumente erfüllen immer auch die Anforderungen an PDF/A-Dokumente. Sie können also verwendet und akzeptiert werden.
- Beachten Sie | Die wenigsten Anwaltskanzleien werden in der Praxis über Programme verfügen, die eine PDF/UA-Funktion bereitstellen.
9. Fazit: empfehlenswerte Vorgehensweise
Erstellen Sie das Dokument zunächst im Word-Format, damit eventuelle spätere Änderungen einfach durchzuführen sind. Wandeln Sie es anschließend als PDF/A um.

An dem Balken mit dem eingekreisten „i“ erkennt man, dass das Dokument im PDF/A-Format abgespeichert wurde.

Prüfen Sie mit der Tastenkombination STRG+F, ob das Dokument auch durchsuchbar ist.
Weiterführende Hinweise
- Auf der Seite https://bea-abc.de halten wir Sie auf dem Laufenden und informieren Sie, sobald es Neuigkeiten in Sachen beA gibt.
- Die Screenshots dieses Beitrags wurden mit freundlicher Genehmigung der Bundesrechtsanwaltskammer ohne Änderung wiedergegeben.
- beA: Die Schonzeit ist vorbei, Cosack, AK 20, 6
- beA: Ab 1.7.19 müssen Dokumente in durchsuchbarer Form eingereicht werden, Cosack, AK 19, 116