· Fachbeitrag · Einzelaufzeichnungspflicht
Schichtzettel im Taxigewerbe: Hier ist einiges zu beachten, ansonsten drohen Hinzuschätzungen
von RA Dr. jur. Jörg Burkhard, FA für Steuer- und Strafrecht, Wiesbaden
| Grundsätzlich müssen Selbstständige jeden Umsatz einzeln aufzeichnen. Im Bereich des Taxigewerbes erfüllen die sog. Schichtzettel in Verbindung mit den Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler und dem Taxameter des einzelnen Taxis ablesen lassen, die sich aus der Einzelaufzeichnungspflicht ergebenden Mindestanforderungen ( BFH 26.2.04, XI R 25/02, BStBl II 04, 599). Was aber ist ein Schichtzettel und welchen Anforderungen muss dieser gerecht werden, will man Hinzuschätzungen vermeiden? |
1. Was ist ein Schichtzettel?
Die Finanzverwaltung stellt sich den Schichtzettel wie folgt vor (bei Unternehmen mit Fremdpersonal):
Folgende Angaben muss ein Schichtzettel enthalten:
- Namen und Vornamen des Fahrers/der Fahrerin
- Schichtdauer (Datum, Schichtbeginn, Schichtende)
- Summe der Total- und Besetztkilometer laut Taxameter
- Anzahl der Touren lt. Taxameter
- Summe der Einnahmen laut Taxameter
- Kilometerstand laut Tachometer (bei Schichtbeginn und -ende)
- Einnahmen für Fahrten ohne Nutzung des Taxameters
- Zahlungsart (zum Beispiel bar, EC-Cash, ELV-elektronisches Lastschriftverfahren, Kreditkarte)
- Summe der Gesamteinnahmen
- Angaben über Lohnabzüge angestellter Fahrer
- Angaben von sonstigen Abzügen (zum Beispiel Verrechnungsfahrten)
- Summe der verbleibenden Resteinnahmen
- Summe der an den Unternehmer abgelieferten Beträge
- Kennzeichen des Fahrzeugs
Es gibt aber neuere Taxameter, die Aufzeichnungen der Fahrten ausdrucken lassen, sodass eine Art Z-Bon entsteht: ein Schichtzettel. Neben den Druckern gibt es auch Systeme, die die Daten per Key-Schlüssel übertragen. Der Fahrer entnimmt den Key aus dem Taxameter. In der Zentrale werden die Daten dann ausgelesen und in entsprechende Abrechnungsprogramme eingespielt.
Anmeldungen mit Fahrer- oder Unternehmerkarten und Online-Datenübertragungen sind bei den neuesten Modellen ebenfalls möglich. Hier sind auch Insika-Lösungen und elektronische Schichtzettel im Einsatz, die die Fahrzeugdaten und die Taxameterdaten vom Taxi in die Zentrale übertragen. Dies entspricht quasi einem Schichtzettel in elektronischer Form (Beginn, Ende, Fahrpreis, Zuschläge, Trinkgeld, Umsatz, MwSt, Leer-Kilometer, Besetzt-Kilometer, Dauer etc.). Dabei können auch die Kundennummern für Verrechnungsfahrten eingespeicherter Dauerkunden eingegeben werden, ebenso wie Fahrten zu besonderen Tarifen, wie Transport- oder Botenfahrten, Schülerfahrten, Krankentransporte, AOK-Fahrten etc. Die Daten dieser Schichtzettel sind natürlich aufzubewahren.
2. Manuelle oder einfach elektronische Taxameter
Was aber ist mit jenen, die noch kein modernes, teures Aufzeichnungs- und Erfassungssystem haben, jene, die noch einen manuellen oder einfachen elektronischen Taxameter haben? Die konstruieren sich einen eigenen Schicht-zettel nach den Wünschen der Finanzverwaltung, etwa nach diesem Muster:

Wenn die Schichtzettel ordnungsgemäß aufbewahrt werden, genügen diese in Verbindung mit den Angaben aus Kilometerzähler und Taxameter des einzelnen Taxis den Mindestanforderungen der Einzelaufzeichnungspflicht. In diesem Fall ist der Taxiunternehmer nicht gezwungen, die Kundenadressdaten aufzuzeichnen, falls das Taxameter dies nicht unterstützt. Wenn der Inhalt der Schichtzettel täglich unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das Kassenbuch übertragen wird, müssen die Schichtzettel nicht aufbewahrt werden. Sollten jedoch die Tageseinnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet werden, besteht eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts.
3. Die Frage nach der Rechtsgrundlage
Für diejenigen, die keine elektronische Auslesung haben und kein eigenes Muster erstellt und schichtweise ausgefüllt haben, bleibt die Frage nach der Rechtsgrundlage der Wünsche der Finanzverwaltung. Hier ist die Antwort einfach: Es gibt keine.
Aber Vorsicht: Die Gerichte haben bislang nicht hinterfragt, aus welchem Rechtsgrund man einen Schichtzettel führen muss und woher die Pflicht kommen soll, einen Schichtzettel etwa nach obigem Muster zu kreieren. Die Gerichte sind unkritisch der Finanzverwaltung gefolgt, dass es eines Schichtzettels bedürfe, andernfalls dürfe die Buchführung verworfen werden.
Das kann aber nicht richtig sein, wenn es im Gesetz keine Verpflichtung zur Erstellung eines Schichtzettels gibt. Wäre der Schichtzettel so wesentlich, müsste er entweder aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ableitbar sein, was nicht der Fall ist, oder er müsste im Gesetz angeordnet sein, was ebenfalls nicht der Fall ist. Damit kann die Nichtausfüllung des Schichtzettels auch kein wesentlicher, schwerwiegender Mangel beim Taxibetrieb sein.
Es gibt aber noch einen anderen Punkt, der gegen die Notwendigkeit der Führung eines Schichtzettels spricht: Beim Taxibetrieb ohne Fremdpersonal ist nach Auffassung der Finanzverwaltung kein Schichtzettel erforderlich! Warum er dann aber im Mehrschichtbetrieb so grundlegend sein soll, wenn er auch im Einmannbetrieb verzichtbar ist, lässt Zweifel an der Aussagekraft des Schichtzettels aufkommen.
Beim alleinfahrenden Inhaber lässt es die Finanzverwaltung genügen, wenn kein Schichtzettel geführt wird. Sie verlangt die Erfüllung der Einzelaufzeichnung, nimmt aber keine Stellung zu dem Problem Unzumutbarkeit der Einzelaufzeichnung nach § 146 Abs. 1 AO.
Und wenn aber doch der Schichtzettel so grundlegend wäre, ist nicht verständlich, dass ein selbstfahrender Unternehmer ohne Personal keinen Schichtzettel führen muss, während dies bei angestellten Fahrern anders sein soll. Da die Einzelfahrten nach den Wünschen der Verwaltung in beiden Fällen sowieso aufgezeichnet werden sollen, bliebe nur die Abschrift vom Taxameter: Aber die ist doch sowieso im Taxameter enthalten ‒ welchen zusätzlichen Informationsgehalt bringt dann der Schichtzettel? Keinen!
Aber hier sind Erstellungs- oder Aufbewahrungsfehler einfach ein herrlicher Grund, die Buchführung verwerfen zu können und zu schätzen. Ist die Einnahmeerfassung wirklich besser prüfbar mit der Abschrift aus dem Taxameter? Wohl kaum. Diese Informationen stecken unlöschbar im Taxameter. Es handelt sich bei den fehlenden oder nie erstellten Schichtzetteln allenfalls um einen (wenn überhaupt) formellen Fehler ‒ allerdings ohne materielles Gewicht. Dessen Fehler rechtfertigt nicht die Verwerfung der Buchführung.