· Fachbeitrag · Der praktische Fall
„Umsatzsteuerfalle“ Portokosten
von Dipl.-Finw. Rüdiger Weimann, freier Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Dortmund und Dipl.-Betriebswirt StB Lars Fuisting, Düsseldorf
| Bei Betriebs- und Sonderprüfungen ist immer wieder die umsatzsteuerliche Behandlung von Portokosten ein „Konfliktfall“. Es wird darüber gestritten, ob das Porto als durchlaufender Posten zu behandeln oder doch dem Entgelt zuzuschlagen ist. Klarheit schafft eine wenig bekannte Verfügung der OFD Karlsruhe (5.4.11, S 7200 - Karte 12). |
1. Der Mandantenfall
Unsere Mandanten haben folgenden Sachverhalt verwirklicht, der in ähnlicher Weise immer wieder in der Praxis vorkommt:
Mandant M betreibt eine Druckerei. Auftraggeber A bittet den Mandanten, einen Werbeträger zu erstellen, zu konfektionieren (= versandfertig zu machen) und an einen von ihm vorgegebenen Adressatenkreis zu versenden. Als Versender soll A auf dem Adressaufkleber benannt werden. M druckt den Werbeträger und beauftragt Dienstleister D mit Konfektionierung und Versand. D konfektioniert und erteilt der Post den Versandauftrag.

In den Rechnungen weisen D gegenüber M und M gegenüber A das Porto als durchlaufenden Posten aus, berechnen dieses also de facto umsatzsteuerfrei weiter. Bei M findet eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer ist der Ansicht, das Porto sei dem Entgelt zuzuschlagen und um 19 % „hochzuschleusen“. Zu Recht?
2. Die Rechtsauffassung der OFD Karlsruhe
Die OFD Karlsruhe hat klar Stellung zu der Frage bezogen, unter welchen Voraussetzungen Portokosten als durchlaufende Posten behandelt werden können.
2.1 Allgemeines
Bei Werbeagenturen, Lettershops usw., die die Versendung von Briefen, Prospekten u. Ä. für ihre Kunden übernehmen, stellt sich die Frage,
- ob weiterberechnete Portokosten als durchlaufende Posten i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 5 UStG behandelt werden können, oder
- ob sie als Teil des Entgelts für die Leistung der Agentur anzusehen sind.
MERKE | Eine Behandlung als durchlaufender Posten ist nur möglich, wenn der Kunde mit der Deutschen Post AG in Rechtsbeziehungen tritt. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post (AGB Brief National und Brief International) bestehen Rechtsbeziehungen zwischen der Deutschen Post AG und dem auf dem Brief genannten Absender. |
Beachten Sie | Versenden z. B. Agenturen Briefe für einen Auftraggeber und ist der Auftraggeber auf dem Brief als Absender genannt, handelt es sich bei den Portokosten um durchlaufende Posten, sofern die Agentur die Portokosten (Briefmarken) verauslagt hat.
Auch in den Fällen, in denen sich z. B. eine Agentur bei der Post AG als Großkunde anmeldet und ihre Briefe dort einliefert, erfolgt die Zahlung des Benutzungsentgelts im Namen und für Rechnung des Auftraggebers, sofern dieser bei der Einlieferung als Absender angegeben wird. Die Briefe erhalten dann den Vermerk „Gebühr bezahlt“.
PRAXISHINWEIS | Bei der Einlieferung wird das Entgelt meist unbar entrichtet. Sollte z. B. ein von der Agentur hingegebener Scheck nicht eingelöst werden können, bleibt Schuldner des Entgelts der als Absender genannte Auftraggeber, da nur zwischen ihm und der Deutschen Post AG Rechtsbeziehungen bestehen. Bei dem verauslagten Porto handelt es sich daher um einen durchlaufenden Posten. |
Eine Agentur kann auch ihren eigenen Freistempler für gewerbsmäßige Versendung von Kundenpost verwenden. Entgegen den Ausführungen in den AGB Brief National und AGB Brief International wird hierfür keine besondere Genehmigung erteilt. Ein durchlaufender Posten ist anzunehmen, wenn die Agentur
- bei Verwendung ihres Freistemplers in den Stempel das „Klischee” des Kunden einsetzt oder
- auf andere Weise den Kunden als eigentlichen Absender kenntlich macht (z. B. Absenderaufkleber oder Aufdruck auf dem Umschlag).
Die in den o. g. AGBs niedergelegten Grundsätze gelten entsprechend für den Frachtdienst (Pakete).
Beachten Sie | Legt die Agentur in derartigen Fällen in ihren Rechnungen die Vereinnahmung und Verauslagung in fremdem Namen und für fremde Rechnung nicht offen und berechnet für diese Beträge Umsatzsteuer, handelt es sich mangels Offenlegung nicht um einen durchlaufenden Posten. Ein zu hoher Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG liegt nicht vor. Der Kunde kann auch hinsichtlich der Portokosten unter den Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug geltend machen.
PRAXISHINWEIS | Erhalten Agenturen von der Deutschen Post AG Rabatte, liegt ein durchlaufender Posten nur vor, wenn die tatsächlich entrichteten Portokosten dem Kunden weiterberechnet werden. Werden dem Kunden dagegen die üblicherweise zu zahlenden Portokosten in Rechnung gestellt, liegt kein durchlaufender Posten vor, da betraglich mehr weiterberechnet wird, als gegenüber der Deutschen Post AG geschuldet wird. |
Bei Paketsendungen durch Versandhandelsunternehmen kommen Rechtsbeziehungen nur zwischen dem Absender (Versandhandelsunternehmen) und der Deutschen Post zustande. Selbst eine „unfreie” Versendung oder eine Versendung „per Nachnahme” führt nicht zu Rechtsbeziehungen zwischen dem Empfänger des Pakets und der Deutschen Post. Die vom Versandhandelsunternehmen an den Kunden weiterberechneten Portokosten stellen somit keinen durchlaufenden Posten dar.
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Entgelte für postvorbereitende Leistungen durch einen sog. Konsolidierer hat sich die Finanzverwaltung klar positioniert (§ 51 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 PostG; vgl. BMF 13.12.06, BStBl I 07, 119). Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben entschieden, dass der Konsolidierer im Rahmen der zwischen ihm und der Deutschen Post AG abgeschlossenen Standardverträge auf der Grundlage der AGB Brief National gegenüber der Deutschen Post AG im fremden Namen auftritt und die Beförderungsleistungen der Deutschen Post AG nur gegenüber den Absendern der Briefsendungen erbracht werden können.
Beachten Sie | Wird der Konsolidierer dagegen auf der Grundlage der AGB Teilleistungen BZA gewerbsmäßige Konsolidierung Brief oder der AGB BZE gewerbsmäßige Konsolidierung Brief tätig, handelt er in eigenem Namen. Ein durchlaufender Posten liegt in diesen Fällen nicht vor. Schließen die vertraglichen Abreden zwischen der Deutschen Post AG und dem Postkonsolidierer diese besonderen AGBs mit ein, haben diese Vorrang.
2.2 Zur Rechtslage ab 1.7.10
Unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11b UStG fallen seit 1.7.10 nur noch bestimmte Post-Universaldienstleistungen. Leistungen, die aufgrund individuell ausgehandelter Vereinbarungen erbracht werden, fallen nicht unter diese Steuerbefreiung, unabhängig von der Art der Sendung (BMF 21.10.10, BStBl I 10, 1192 ; A. 4.11 b.1 UStAE).
Beachten Sie | Handelt es sich nach den o.g. Grundsätzen bei den von einer Agentur weiterberechneten Portokosten um einen durchlaufenden Posten, darf die Agentur die auf das Porto entfallende Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen. Denn sonst schuldet sie diese Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG, da sie insoweit keine Leistung erbringt.
Der Absender kann unter den Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug aus den Portokosten vornehmen. Hierfür ist u. a. erforderlich, dass er im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn der Absender nicht im Anschriftenfeld der vom Postdienstleistungsanbieter erteilten Rechnung genannt ist, sich sein Name und seine Anschrift aber aus dem übrigen Inhalt der Rechnung ergeben und in der Rechnung auch alle anderen Angaben des § 14 Abs. 4 UStG enthalten sind.
Legt die Agentur in ihren Rechnungen die Vereinnahmung und Verauslagung in fremdem Namen und für fremde Rechnung nicht offen und berechnet sie für diese Beträge Umsatzsteuer, handelt es sich mangels Offenlegung nicht um einen durchlaufenden Posten.
PRAXISHINWEIS | Die Agentur kann die Vorsteuer aus den Portokosten nicht geltend machen, weil ihr Kunde (Absender) Empfänger der Leistungen des Postdienstleistungsanbieters bleibt. Nur wenn aufgrund individueller Vereinbarung der Agentur (Einlieferer) mit dem Postdienstleistungsanbieter die Agentur - und nicht der Absender - Vertragspartner wird, ist er Empfänger der Leistungen des Postdienstleistungsanbieters. In diesem Fall kann die Agentur unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug aus den Portokosten vornehmen. |
3. Folgen für den Mandantenfall
Da die Briefsendungen Auftraggeber A als Absender ausweisen, tritt dieser in eine direkte Rechtsbeziehung zur Deutschen Post AG. Die von D im Auftrag von M für A verauslagten Portokosten sind damit durchlaufende Posten.
3.1 Abrechnung von A an M
Bei der Abrechnung gilt es zu unterscheiden:
- Die Eigenleistungen der EM sind „normale“ Leistungen und unterliegen damit der Umsatzsteuer.
- Die Portokosten sind durchlaufende Posten. Dabei ist es egal, wer diese tatsächlich bezahlt. Bezahlt A, tut A dies als Erfüllungsgehilfe des M und im Namen und für Rechnung des Absenders, also des A.
3.2 Abrechnung von M an A
Für die Abrechnung von M an A gelten die o. g. Ausführungen entsprechend:
- Die Eigenleistungen des M sind „normale“ Leistungen und unterliegen damit der Umsatzsteuer.
- Die Portokosten sind durchlaufende Posten.
Ergebnis: Die Portokosten sind durchlaufende Posten. Die Beanstandungen der Betriebsprüfung sind unberechtigt.