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· Fachbeitrag · BMF-Schreiben

Regulatorische Behandlung von elektronischenWertpapieren und Krypto-Token

| Das Bundesfinanz- und das Bundesjustizministerium haben am 7.3.2019 gemeinsam Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token veröffentlicht, um digitale Innovationen zu ermöglichen und den Anlegerschutz zu gewährleisten. Nach der öffentlichen Konsultation dieses Eckpunktepapiers ist die Erstellung eines Referentenentwurfs geplant, der die Rückmeldungen zu diesem Papier und den darin vorgeschlagenen Handlungsoptionen berücksichtigt. |

Hintergrund und Ziele

In Anbetracht der zunehmenden Digitalisierung und innovativen Technologien möchte auch die Bundesregierung das Potenzial der Blockchain-Technologie erschließen, eine entsprechende Strategie entwickeln, dabei Missbrauchsmöglichkeiten verhindern und die Rolle der Bundesrepublik als einen der führenden Digitalisierungs- und FinTech-Standorte stärken. Mit dem Eckpunktepapier wird im Rahmen der Blockchain-Strategie das Ziel verfolgt, elektronische Wertpapiere unter Wahrung der Erfordernisse des Anlegerschutzes zu ermöglichen und im Zivil- und Aufsichtsrecht die notwendige Rechtssicherheit zu schaffen. Darüber hinaus sollen elektronische Wertpapiere auch außerhalb der Blockchain-Technologie ermöglicht werden. Durch die Regulierung soll die Attraktivität des hiesigen Finanz-standorts gesichert werden, da auf eine EU-weite Harmonisierung nicht gewartet werden kann. Gleichwohl werden die Diskussionen über Initial Coin Offerings (ICOs) auf europäischer und internationaler Ebene berücksichtigt. Nicht behandelt wird die Prävention von Geldwäsche bei Einsatz von Krypto-Token (s. hierzu UmsetzungsG zur 5. Geldwäscherichtlinie (EU) 2018/843 vom 30.5.18)

 

Erörtert werden Kernaspekte digitaler Wertpapiere nach dem Vorbild des BundesschuldenwesenG, Regulierungsoptionen und die regulatorischen Herausforderungen von Krypto-Token, insbesondere sog. Utility Token.

 

Neben der derzeitigen zwingenden urkundlichen Verkörperung von Wertpapieren sollen künftig optional auch elektronische Wertpapiere möglich sein. Die Emittenten sollen aber am bewährten System der Wertpapierurkunden festhalten dürfen. Die entsprechende Regulierung soll technologieneutral erfolgen, d. h. ohne Privilegierung der Blockchain-Technologie mit ihrem hohen Energiebedarf.

Elektronische Wertpapiere

Regelungsumfang: Elektronische Schuldverschreibungen

Der Gesetzentwurf soll zivilrechtliche Regelungen zu elektronischen Wertpapieren enthalten und das geltende Aufsichtsrecht anpassen. Zunächst sollen nur elektronische Schuldverschreibungen möglich sein. Die Regulierung von elektronischen Aktien soll ggf. später erfolgen. Im Hinblick auf schnelle technische Änderungen soll eine Rechtsverordnung die konkreten technischen Einzelheiten regeln können. In diesem Zusammenhang wird auch das SchuldverschreibungsG geändert, um Änderungen der Anleihebedingungen elektronischer Schuldverschreibungen zu ermöglichen.

 

Wertpapierregister

Elektronische Wertpapiere sollen durch Eintragung in ein Register mit entsprechender Dokumentationsfunktion entstehen und ggf. kraft gesetzlicher Fiktion zu Sachen erklärt werden (in Anlehnung an das BundesschuldenwesenG), sodass alle Vorschriften zum Eigentumsschutz an Sachen gelten, insbesondere im Fall der Zwangsvollstreckung oder der Insolvenz. Alternativ könnten elektronische Wertpapiere zu einem neuen Recht sui generis gemacht werden unter Schaffung dem Eigentumsschutz gleichwertiger Schutzbestimmungen. In jedem Fall sollen Erwerb und die Übertragung elektronischer Wertpapiere eigenständig geregelt werden.

 

Die Dokumentationsfunktion der Wertpapierurkunde wird bei den geplanten elektronischen Wertpapieren durch Erfassung der Rechte in einem elektronischen Wertpapierregister ersetzt.

 

Die zivilrechtlichen Kernelemente eines Wertpapiers (Legitimation ‒ befreiende Leistung an den Besitzer des Papiers ‒ Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier) werden bei elektronischen Wertpapieren durch die Eintragung im Register gewährleistet, indem die Feststellung des Urhebers) und die Unverfälschtheit seit der Herstellung der Wertpapiere sichergestellt werden. An die Verlässlichkeit der Registerführung und die Richtigkeit des Registerinhalts sind hohe Anforderungen zu stellen.

 

Das elektronische Wertpapierregister soll mit den Anleihebedingungen aller erfassten Schuldverschreibungen und näheren Informationen über das Register im Internet für jedermann kostenlos abrufbar sein. Technische Einzelheiten werden in einer Rechtsverordnung geregelt.

 

Zur Vermeidung von Manipulationen soll das Register durch eine (zentrale) staatliche oder eine unter staatlicher Aufsicht stehende Stelle geführt werden.

 

Gegebenenfalls soll auch der Emittent das Register führen können, wenn bei Verwendung der Blockchain-Technologie unbefugte Eintragungsänderungen ausgeschlossen sind. Dann muss das Blockchain-Wertpapierregister in ein öffentliches Verzeichnis aufgenommen werden. Wertpapierregister auf einer Blockchain bedürfen allerdings noch der Klärung EU-rechtlicher Fragen, z. B. ob ein solches Register die Funktion als Zentralverwahrung erfüllen könnte.

 

Im Bereich des Internationalen Privatrechts soll das Recht des Staates anwendbar sein, unter dessen Aufsicht das Wertpapierregister steht.

 

Verwahrung elektronischer Wertpapiere

Es werden die Vorschriften über die Verwahrung von Wertpapieren gelten, da auch unkörperliche Gegenstände wie elektronische Wertpapiere auf Depotkonten verwahrt und in den Effektengiroverkehr einbezogen werden können.

 

Anlegerschutz bei Führung des Wertpapierregisters auf einer Blockchain

Bei der zentralen Fragen des Anlegerschutzes bei auf einer Blockchain geführten elektronischen Wertpapieren ist zu berücksichtigen, dass der innerstaatliche Anlegerschutz umgangen werden kann, indem elektronische Wertpapiere nach ausländischem Recht begeben und dann Anlegern in Deutschland angeboten werden.

 

Es sind daher folgende Optionen geplant:

 

  • Blockchain-Schuldverschreibungen dürfen nur von institutionellen/qualifizierten Anlegern erworben werden, nicht von Privatanlegern, es sei denn, das betreffende Blockchain-Wertpapierregister wird von einem in der EU unter Aufsicht stehenden Kreditinstitut geführt.

 

  • Privatanleger dürfen Blockchain-Schuldverschreibungen nicht direkt vom Emittenten oder einem anderen Anleger erwerben, sondern der Erwerb muss stets über einen zugelassenen und überwachten Intermediär erfolgen, der den Anleger aufklärt und berät.

 

  • Privatanleger dürfen Blockchain-Schuldverschreibungen zwar direkt vom Emittenten erwerben, diesen treffen aber spezielle Informations- und Dokumentationspflichten. Ein Weiterverkauf der Blockchain-Schuldverschreibungen von einem an einen anderen Privatanleger kann nur über den Emittenten als zwischengeschaltete Gegenpartei erfolgen, sodass auch hier die Informations- und Dokumentationspflichten sichergestellt sind.

 

Geltung weiterer kapitalmarktrechtlicher Vorschriften

Elektronische Wertpapiere unterliegen grundsätzlich dem Anwendungsbereich des WertpapierhandelsG (WpHG), des WertpapierprospektG (WpPG) und der Marktmissbrauchsverordnung (EU Nr. 596/2014).

Regulierung des öffentlichen Angebots von Utility-Token/Krypto-Währungen

Utility-Token sind Dienstprogramme, die nicht, wie bei der Krypto-Währung, dem geldmäßigen Handel dienen, sondern häufig z. B. als Zahlmethode für Dienstleistungen verwendet werden.

 

Sie sind i. d. R. keine Wertpapiere, Vermögensanlagen oder Finanzinstrumente im Sinne des WpHG und werden künftig meist keine elektronischen Schuldverschreibungen sein. Für die Emission dieser Token gelten daher nicht das WpPG oder das VermögensanlagenG. Verbraucher erhalten daher regelmäßig nur unzureichende Angaben u. a. zum Projekt, zu den Risiken, zu den mit den Token verbunden Rechten und zu potenziellen Interessenkonflikten, sodass keine informationsbasierte Investorenentscheidung möglich ist. (Hinweis: Im Oktober 2018 notierten 86 % der in 2017 emittierten Token unter dem ersten Kurswert, 30 % waren wertlos geworden.)

 

Das Eckpapier stellt folgende Handlungsoptionen vor:

 

  • a) Es wird die europäische Regulierung abgewartet, da für den gemeinsamen digitalen Binnenmarkt ein einheitliches Rahmenwerk notwendig ist. Deutschland wird sich aktiv in den europäischen Gesetzgebungsprozess einbringen.
  •  
  • b) Als Brückenlösung könnte bis dahin das öffentliche Angebot von Utility-Token national reguliert werden. Ein öffentliches Angebot von Utility-Token soll erst erfolgen dürfen, wenn der Anbieter zuvor ein Informationsblatt veröffentlicht hat, das gesetzlich geregelte Angaben enthält und dessen Veröffentlichung von der BaFin gestattet worden sein muss.

 

Fundstelle

Quelle: Seite 396 | ID 45861061