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· Fachbeitrag · Betriebswirtschaft

Kalkulation im Planungsbüro: So ermitteln Sie realistische Gemeinkosten- und Stundensätze

von Dipl.-Betriebswirt Jörgen Erichsen, Leverkusen

| Sage und schreibe drei Viertel der Inhaber von Architekturbüros kennen den Gemeinkostenfaktor ihres Büros nicht. Und ist er bekannt, wendet ihn nur jeder Zweite bei der Honorarkalkulation an. Das ist das irritierende Ergebnis der jüngsten Bürokostenumfrage der Bundesarchitektenkammer. Auch wenn das Ergebnis in der Gesamtschau der ‒ professionell geführten ‒ Planungsbüros besser ausfallen dürfte, scheint doch ein gewisser Aufklärungsbedarf da zu sein. PBP zeigt Ihnen, wie Sie Stundensätze ermitteln, mit denen Sie nicht nur die Kosten decken, sondern Gewinn erzielen. |

Die Notwendigkeit der Kalkulation von Stundensätzen

Die Kalkulation schafft Transparenz und zeigt, wie hoch der Stundensatz eines Mitarbeiters Ihres Büros sein muss, damit Sie nicht nur alle Kosten decken, sondern auch einen Gewinn erwirtschaften können. Und auch, wenn man sich im starken Wettbewerb befindet oder wenn (öffentliche) Auftraggeber Stundensätze „vorgeben“, sollten Sie wissen, wo Sie stehen und ob Sie mit dem vorgeschlagenen Preis noch etwas verdienen können.

 

Nicht zuletzt zeigt die Stundensatzkalkulation, ob Sie generell wettbewerberfähig sind oder ob es Verbesserungsbedarf gibt. Dann muss man sich z. B. um Kostensenkung oder Verbesserung der Arbeitsprozesse kümmern. Der Arbeitsaufwand für die Durchführung der Kalkulation hält sich in Grenzen, da man sie in der Regel nur einmal pro Jahr vornehmen und ggf. anpassen muss. Ausnahme: Unterjährig ergeben sich erhebliche Änderungen, wenn man z. B. im Juni Mitarbeiter einstellt oder größere Investitionen tätigt.

Excel-Tool zur Kalkulation von Mitarbeiter-Stundensätzen

Für die Berechnung von und die Kalkulation mit Stundensätzen gibt es verschiedene Möglichkeiten. PBP stellt Ihnen nachfolgend eine Variante auf Excel-Basis vor, die Sie auch jenseits einer Bürosoftware leicht umsetzen können.

 

Wichtig | Es gibt kein Kalkulationsverfahren, das absolut genau ist. Immer wieder müssen Sie auf Planwerte und Schätzungen oder auf Verteilschlüssel für Kosten zurückgreifen. Der rechnerisch ermittelte Stundensatz, den Sie später auch für die Angebotserstellung verwenden, kann durchaus um +/- fünf bis zehn Prozent von der Realität abweichen. Die Preisberechnung liefert daher vor allem eine gute Orientierung.

 

Im Excel-Tool können Sie Eingaben in allen Zellen mit blauer Farbe tätigen. Dennoch sollten Sie vor einer Eingabe prüfen, ob die Zellen Formeln enthalten, die Sie bei einer Eingabe überschreiben bzw. durch eigene Formeln ersetzen möchten. Jedes Tabellenblatt können Sie auf einer Seite ausdrucken. Und in einigen Fällen können Sie Teile der Tabellenblätter ein- oder ausblenden, um die Übersichtlichkeit zu verbessern. Alle Eingaben dienen ausschließlich dazu, zu zeigen, wie die Anwendung funktioniert.

Schritt 1: Verfügbare jährliche Arbeitsstunden berechnen

Bei der Stundensatzermittlung besteht der erste Schritt darin, die jährliche Arbeitszeit Ihres Büros zu berechnen. D. h. die Stundenzahl, die Sie und Ihre Mitarbeiter tatsächlich für Kunden arbeiten können. Diese Berechnung können Sie mit dem Tabellenblatt „Arbeitszeit“ aus der Excel-Datei umsetzen (unten).

 

Effektiv mögliche Arbeitstage ermitteln

Von den Kalendertagen eines Jahres müssen Sie zunächst Wochenende und Feiertage (Unterschiede in den Bundesländern bedenken) sowie die Urlaubs- und sonstigen Ausfalltage abziehen. Ausfalltage können z. B. Krankheiten, Fortbildung oder Familienfeiern sein. Da es hier größere Schwankungen geben kann, sollten Sie Durchschnittswerte über zwei bis drei Jahre bilden. Im Ergebnis erhalten Sie dann die Anzahl an Tagen, die ein Mitarbeiter im Schnitt pro Jahr tatsächlich arbeitet. Multipliziert mit der tariflichen Arbeitszeit ergibt sich die Stundenzahl, die ein Mitarbeiter pro Jahr maximal leisten könnte, wenn er nur für Kunden arbeitet. Im Beispiel sind das gut 1.700 Stunden pro Person.

 

Arbeitstag um unproduktive Stunden bereinigen

Das ist in der Praxis aber nicht möglich, weil ja immer auch unproduktive Zeiten bzw. Gemeinkostenstunden anfallen, z. B. für Büroarbeiten, Angebotserstellung und Akquise. Diese Zeiten müssen Sie von der maximalen Stundenzahl abziehen. Die unproduktive Zeit lässt sich oft nur schwer genau bestimmen. Daher greift man hier häufig auf Schätzungen zurück. Allerdings können unproduktive Tätigkeiten auch erfasst werden, indem man sie über einen längeren Zeitraum aufschreibt, Stichproben macht oder die Daten aus einem EDV-Programm zur Buchung von Produktiv- und Gemeinkostenstunden entnimmt.

 

In der Excel-Datei können Sie wählen. Geben Sie im Tabellenblatt „Arbeitszeit“ in Zelle D12 eine „1“, wird die unproduktive Zeit mit dem Prozentsatz aus Zelle D13 berechnet. Vorgegeben sind 30 Prozent; der Wert kann aber angepasst werden. Geben Sie in Zelle D12 keine „1“ ein, werden (die im Beispiel fiktiven) Werte aus den Einzelaufstellungen angesetzt.

 

Wichtig | Der Anteil unproduktiver Arbeiten liegt in den meisten Büros zwischen 30 und 35 Prozent. Das bedeutet, dass bei einem Arbeitstag von acht Stunden rd. 2,5 Stunden Kunden nicht unmittelbar berechnet werden können, weil es sich um „interne“ Arbeiten handelt.

 

Im unteren Teil des Tabellenblatts geben Sie in die Zellen C29-C34 die Anzahl der Mitarbeiter Ihres Büros ein. Bei Teilzeitkräften müssen Sie mit Bruchteilen arbeiten. Gleiches gilt bei 450-Euro-Kräften.

 

Für jeden Mitarbeiter individuell die unproduktive Zeit ermitteln

In den Zellen D29-D32 besteht die Möglichkeit, die unproduktive Arbeitszeit je Mitarbeiter individuell anzupassen. Die Berechnung im oberen Teil geht davon aus, dass jeder Mitarbeiter etwa 1.200 Produktivstunden leisten kann (Zeile Verbleibende produktive Zeit nach Korrekturen). Das ist in der Praxis aber nicht immer der Fall. Geschäftsführer können in der Regel mehr administrative Aufgaben als „normale“ Mitarbeiter. Azubis sind nicht die ganze Zeit in der Projektarbeit einsetzbar. Und Verwaltungsmitarbeiter sowie Praktikanten lassen sich häufig gar nicht produktiv einsetzen. Die Anzahl der so berechneten Produktivstunden sollte ungefähr der der erfassten Projektstunden entsprechen.

 

PRAXISTIPP | Übernimmt der Geschäftsführer mehr unproduktive Arbeiten als andere Beschäftigte, etwa bei der Akquise und Auftraggeberbetreuung, kann der Wert für alle Mitarbeiter reduziert werden, z. B. auf 25 Prozent.

 

Beispiel für Berechnung der produktiven Arbeitsstunden

Das folgende Beispiel zeigt Ihnen für ein „Neun-Mann-Büro“ (Inhaber, drei Architekten, vier technische Zeichner und eine Verwaltungskraft) anhand der Excel-Arbeitshilfe, wie Sie einen Stundensatz ermitteln können.

 

  • Stundensatzkalkulation Architekturbüro

Gemeinkosten Büro/Jahr

Werte in Euro

Anteil

Erläuterungen

Personalkosten

502.300

70,18 %

Raumkosten

38.000

5,31 %

Betriebliche Steuern

7.000

0,98 %

Versicherungen/Beiträge

5.000

0,70 %

Besondere Kosten

9.000

1,26 %

Kfz-Kosten

30.400

4,25 %

Werbe-/Reisekosten

24.000

3,35 %

Kosten Warenabgabe

0

0,00 %

Abschreibungen

23.000

3,21 %

Reparaturen/Instandhaltung

14.000

1,96 %

Zinsen

5.000

0,70 %

Sonstige Kosten

58.000

8,10 %

Kalkulatorischer Unternehmerlohn

0

0,00 %

Wenn Geschäftsführer/Inhaber kein Gehalt bekommen, z. B. GbR, OHG

Kalkulatorische Mieten

0

0,00 %

Vergleichsmiete wenn Büro in Privathaus ohne Mieten

Kalkulatorische Wagnisse

0

0,00 %

Erfahrungswerte für Einzelrisiken, z. B. Forderungsausfall, wenn nicht versichert

Kalkulatorische Abschreibungen

0

0,00 %

Wenn zu ersetzendes Wirtschaftsgut bei Neuanschaffung teurer wird als beim Kauf

Kalkulatorische Zinsen

0

0,00 %

Rechnerischer Wert für Eigenkapital, das Inhaber / Geschäftsführer in Büro einbringen

Summe Gemeinkosten/Jahr

715.700

100,00 %

 

Schritt 2: Stundensatz kalkulieren

Im nächsten Schritt müssen Sie die Gemeinkosten Ihres Büros planen. Dazu können Sie die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) des Vorjahres verwenden. In ihr sind in der Regel unter „Kostenarten“ alle Kosten ‒ ohne ggf. Material ‒ aufgeführt. Im Tabellenblatt „Stundensatz“ finden Sie eine entsprechende Aufstellung, die sich an einer typischen BWA orientiert. Die )„BWA-Positionen“ sind grün markiert.

 

Vorjahreswerte prüfen und anpassen

Die Vorjahreswerte sollten Sie aber nicht einfach übernehmen. Fragen Sie sich, wo Veränderungen zu erwarten sind. Erhöhen sich die Personalkosten durch Einstellungen oder Gehaltsanpassungen? Ist mit einer Erhöhung von Mieten oder Strom zu rechnen? Wird investiert, z. B. in eine neue Software; und erhöhen sich dadurch die Abschreibungen? Wird die Investition finanziert, und verändern sich die Zinsen?

 

Ansatz kalkulatorischer Kosten prüfen

Es gibt Kostenpositionen, die nicht in einer „normalen“ BWA auftauchen, deren Ansatz Sie dennoch prüfen sollten: die kalkulatorischen Kosten. Betriebswirtschaftlich ist das in vielen Fällen sinnvoll, weil Sie so die wahren Kosten, die Ihnen als Unternehmer entstehen, berücksichtigen. In der BWA bzw. in den Gesamt- oder Gemeinkosten für die Berechnung des steuerlichen Gewinns sind kalkulatorische Werte nicht enthalten, da der Gesetzgeber das nicht erlaubt. In der Kostenrechnung können Sie diese ansetzen, weil Sie hier frei von gesetzlichen Vorgaben agieren können. Im Beispiel wurde aus Vereinfachungsgründen auf den Ansatz kalkulatorischer Kosten verzichtet.

 

  • Kalkulatorischer Unternehmerlohn: Diese Größe sollten Sie ansetzen, wenn Sie auch Geschäftsführer sind und kein Gehalt bekommen.

 

  • Kalkulatorische Mieten: Diese Position setzen Sie an, wenn Sie Ihr Büro im Privathaus haben und keine Miete o. ä. zahlen.

 

  • Kalkulatorische Wagnisse: Hier können Sie Werte für Risiken einsetzen, die nicht versichert sind (z. B. Forderungsausfälle oder Datenverluste).

 

  • Kalkulatorische Abschreibungen: Anders als die steuerlichen Abschreibungen berücksichtigen die kalkulatorischen, dass ein Wirtschaftsgut, teurer ist, wenn es nach Ende der Nutzungsdauer neu angeschafft wird.

 

  • Kalkulatorische Zinsen: Als Inhaber, der eigenes Geld in das Büro steckt, haben Sie einen Anspruch auf Verzinsung des Geldes. Denn Sie gehen mit der Einlage unternehmerische Risiken ein, die über den Stundensatz „zurückgezahlt“ werden sollten. Den Zinssatz können Sie frei wählen. Er sollte aber nicht zu hoch ausfallen. Orientierungswert: drei bis fünf Prozent.

 

Beispielhafte Kostenaufstellung für ein Architekturbüro

Das nachfolgende Beispiel zeigt, wie Sie die Gesamtkosten für Ihr Büro ermitteln und um kalkulatorische Größen ergänzen können.

 

  • Stundensatzkalkulation Architekturbüro

1. Berechnung Jahresarbeitszeit

Tage/Stunden

Erläuterungen

Kalenderarbeitstage

365

Sonn-/Samstage

104

Feiertage

10

Feitertage im jeweiligen Bundesland

Urlaubstage

30

tarifliche / tatsächliche Urlaubstage

Sonstige Ausfalltage, z. B. Fortbildung, Krankheit

5

Durchschnitt von 2 - 3 Jahren

=

Arbeitstage pro Jahr

216

x

Arbeitsstunden pro Tag

8,0

Achtung: nur tarifliche, nicht tatsächliche Arbeitszeit ansetzen!

=

Maximal leistbare Stunden/Jahr

1.728

2. Unproduktive Zeit/Gesamtkostenstunden

Rechnung mit Schätzung/Prozentwert (1) oder Einzelaufstellung (2)

1

Hier wird entschieden, ob mit Prozent oder Einzelangaben gerechnet wird!

Schätzung/Prozentwert

30,00 %

518

Einzelaufstellung

Std.

Akquise

0

Kundenbetreuung

0

Angebotserstellung

0

Reklamationsbearbeitung

0

Allgemeine Verwaltungs- und Büroarbeiten

0

Qualitätsmanagement, Dokumentationen

0

Dienstreisen

0

Anderes (z. B. interne Informationen, Steuern)

0

Frei für weitere unproduktive Arbeiten

0

Frei für weitere unproduktive Arbeiten

0

Summe Einzelaufstellung

0,00 %

0

3. Verbleibende produktive Zeit

Verbleibende produktive Zeit nach Korrekturen

1.210

Mögliche Korrekturen Anzahl

Anteil

Geschäftsführung

1,00

100 %

1.210

Architekt

3,00

100 %

3.629

Techniker/Zeichner

4,00

100 %

4.838

Auszubildende

0,00

0 %

0

Andere (z. B. Verwaltungsangestellte)

1,00

0 %

0

Summe Produktivstunden Büro

9,00

9.677

Datum: 22.02.2021

 

 

In der April-Ausgabe: Stundensatz und Gemeinkostenfaktor

In der nächsten Ausgabe erfahren Sie, wie Sie auf Basis oben genannter Daten Mitarbeiterstundensätze, den Bürostundensatz und den Gemeinkostenfaktor ermitteln.

 

Weiterführender Hinweis

  • Das Excel-Tool finden Sie auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 47139092
Quelle: Seite 20 | ID 47104808