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· Fachbeitrag · Ausländische Einkünfte

Vermeidung der Doppelbesteuerung durch die Anrechnungsmethode ‒ Teil 2

von StB Dipl.-Kfm. Prof. Dr. Martin Weiss, FB IStR, Berlin

| Die Vermeidung oder Milderung der Doppelbesteuerung wird im nationalen Steuerrecht durch die Standardmethode der Anrechnung ausländischer Steuern auf die tarifliche Einkommensteuer umgesetzt. Als Nebenmethode stellt § 34c Abs. 2 EStG die Abzugsmethode zur Verfügung. Durch sie kann in besonderen Fällen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage gemildert werden. Auch bei der Körperschaftsteuer ergeben sich entsprechende Fragestellungen. § 26 KStG enthält einen umfassenden Verweis auf § 34c EStG . Detailfragen hierzu werden in diesem zweiten Teil der Beitragsserie geklärt. |

1. Milderung der juristischen Doppelbesteuerung durch Steuerabzug

Durch § 34c Abs. 1 EStG kann die juristische Doppelbesteuerung des Einkommens u. U. insgesamt vermieden werden. Ob dies vollumfänglich gelingt, hängt u. a. an dem Anrechnungshöchstbetrag des § 34c Abs. 1 S. 2 EStG, der eine Obergrenze für die mögliche Steuerermäßigung vorgibt. Auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist nach § 32d Abs. 5 S. 1 EStG eine solche Obergrenze zu beachten ‒ wenn auch mit vereinfachter Berechnung (s. ausführlich Teil 1: Weiss, PIStB 21, 84).

 

Allerdings gibt es auch steuerliche Bedingungen, unter denen eine Anrechnung ausländischer Steuern als Steuerermäßigung (§ 2 Abs. 6 S. 1 EStG; R 2 Abs. 2 Zeile 6 EStR) insgesamt wirkungslos bleibt. Bei einem zu versteuernden Einkommen, das unterhalb des Grundfreibetrags liegt, fällt keine tarifliche Einkommensteuer an. Dementsprechend kann die Einkommensteuer nicht ermäßigt werden. Ein anderer Anwendungsfall kann vorliegen, wenn die ausländische Steuer auf einer Bruttobesteuerung beruht, während im Inland die Steuer auf die ausländischen Einkünfte nur auf eine Nettogröße gerichtet ist (Wagner in: Blümich, EStG, Werkstand: 154. EL Juli 2020, § 34c, Rz. 76).

 

In ähnlich gelagerten Fällen, bei denen z. B. keine tarifliche Einkommensteuer anfällt, geht die Steuerermäßigung für erlittene Gewerbesteuer (§ 35 EStG; R 2 Abs. 2 Zeile 7 EStR) vollständig „ins Leere“. Da es (auch) bei dieser Steuerermäßigung keinen Vor- oder Rücktrag von nicht genutztem Anrechnungspotenzial gibt, verfällt dieses ersatzlos (BMF 3.11.16, IV C 6 - S 2296-a/08/10002 :003, DStR 16, 2653, Rz. 12).

 

MERKE | Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG ist zudem durch weitere Höchstbeträge beschränkt. Neben dem „Ermäßigungshöchstbetrag“ des § 35 Abs. 1 S. 2 EStG ergibt sich durch § 35 Abs. 1 S. 5 EStG eine Begrenzung des Steuerermäßigungsbetrags auf die „tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer“. Bei geringen Hebesätzen ist diese Restriktion bindend.

Aufgrund des § 4 Abs. 5b EStG ergibt sich seit Langem keine Milderung der Gewerbesteuerbelastung durch Abzug von der Bemessungsgrundlage der Ertragsteuern mehr, sodass § 35 EStG die einzige Milderungsmöglichkeit für die Doppelbelastung mit Einkommensteuer und Gewerbesteuer darstellt.

 

Bei der Steuerermäßigung für ausländische Steuern nach § 34c EStG besteht jedoch auch in Fällen einer fehlenden tariflichen Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum eine Möglichkeit, die ausländischen Steuern wenigstens teilweise zu berücksichtigen. Nach § 34c Abs. 2 EStG ist statt der Anrechnung nach Abs. 1 „die ausländische Steuer auf Antrag bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind“ (R 34c Abs. 4 EStR). Daraus ergeben sich zwei zentrale Aussagen:

 

  • Der Abzug der ausländischen Steuer wird nur auf einen Antrag des Steuerpflichtigen hin gewährt. Es besteht keine Prüfpflicht für die Finanzverwaltung, ob das Abzugsrecht sinnvoll ausgeübt oder der Antrag sinnvollerweise unterblieben ist (Wagner in: Blümich, EStG, Werkstand: 154. EL Juli 2020, § 34c, Rz. 80). Für die gesamten Einkünfte und Steuern aus demselben Staat muss dieses Antragsrecht einheitlich ausgeübt werden (R 34c Abs. 4 S. 1 EStR). Allerdings wird es immer pro Veranlagungszeitraum ausgeübt, die Wahl kann also im nächsten Veranlagungszeitraum abweichend getroffen werden. Zusammen veranlagte Ehegatten (§ 26b EStG) müssen das Antragsrecht nach § 34c Abs. 2 EStG für ausländische Steuern auf Einkünfte aus demselben Staat nicht einheitlich ausüben (R 34c Abs. 4 S. 2 EStR). Innerhalb der körperschaftsteuerlichen Organschaft soll das Antragsrecht nur dem Organträger zustehen (OFD Frankfurt 21.2.17, S 2770 A - 58 - St 51, IStR 17, 336; Weiss, Ertrag-StB 17, 195, 199).

 

  • Der Abzug wird nur „statt der Anrechnung“ des § 34c Abs. 1 EStG gewährt. Daher müssen alle Bedingungen des § 34c Abs. 1 EStG dem Grunde nach vorliegen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, kann in besonderen Konstellationen der von Amts wegen zu gewährende Abzug des § 34c Abs. 3 EStG zur Anwendung kommen (H 34c Abs. 1 ‒ 2 EStR, „Nichtanrechenbare ausländische Steuern“). Zudem ist keine Aufsplittung des Antrags möglich, womit teilweise die Anrechnung und teilweise der Abzug gewählt wird.

 

Durch den antragsgebundenen Abzug der ausländischen Steuern wird der Grundsatz, dass u. a. „die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern“ steuerlich nicht abziehbar sind (§ 12 Nr. 3 1. HS EStG), durchbrochen. Diese Regel gilt zwar grundsätzlich auch für ausländische Steuern, erfährt allerdings durch § 34c Abs. 2 EStG eine Ausnahme (H 12.4 EStH, „Personensteuern“, 1. Spstr.). Dadurch ändert sich auch der Charakter der Vorschriften zur Milderung der juristischen Doppelbesteuerung deutlich: Während § 34c Abs. 1 EStG als Steuerermäßigung (§ 2 Abs. 6 S. 1 EStG) ausgestaltet ist, muss § 34c Abs. 2 EStG „bei der Ermittlung der Einkünfte“ angewendet werden (§ 2 Abs. 2 EStG).

 

  • Praxisbeispiel

Der ledige Steuerpflichtige S (wohnhaft in Augsburg, 45 Jahre alt) ist seit mehreren Jahren gewerblich tätig. Seinen Gewinn ermittelt S zulässigerweise durch Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). S ist zu 10 % am Kapital der brasilianischen X-Ltda. (Sitz und Geschäftsleitung in São Paulo/Brasilien) beteiligt. Die brasilianische Rechtsform der Ltda. entspricht aus deutscher steuerlicher Sicht einer deutschen GmbH. Die Anteile sind unstreitig dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens zuzuordnen. Zur Finanzierung des Erwerbs der Anteile an der X-Ltda. hat S einen Kredit bei seiner Hausbank aufgenommen, für den er im Jahre 2021 1.000 EUR Zinsen gezahlt hat.

 

Im Jahre 2021 schüttet die X-Ltda. Gewinne des Jahres 2020 an ihre Anteilseigner aus. Nach Abzug einer brasilianischen Quellensteuer (imposto de renda retido da fonte) i. H. v. 15 % seitens der X-Ltda. erhält S einen Betrag von 5.100 EUR auf seinem Bankkonto gutgeschrieben. Der (steuerrechtliche) Gewinn des S aus seiner gewerblichen Tätigkeit (ohne Berücksichtigung der genannten Gewinnausschüttung und der Finanzierungsaufwendungen) beträgt im Jahre 2021./. 10.000 EUR. Andere Einkünfte hat S im Jahre 2021 nicht erzielt.

 

Die Gewinnausschüttung der brasilianischen X-Ltda. stellt Bezüge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Nach § 20 Abs. 8 S. 1 EStG sind diese in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren. Der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d EStG findet insoweit keine Anwendung (§ 32d Abs. 1 S. 1 EStG, „ … für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht unter § 20 Abs. 8 fallen … “).

 

Die Gewinnausschüttung unterliegt nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d) S. 1 EStG i. V. m. § 3 Nr. 40 S. 2 EStG dem Teileinkünfteverfahren, da sie nach § 20 Abs. 8 S. 1 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört. Anzeichen für eine Anwendung des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d) S. 2 EStG (materielles Korrespondenzprinzip) bestehen nicht. Zur Ermittlung des Gewinns sind 60 % der (Brutto-)Gewinnausschüttung von 6.000 EUR nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d) S. 1 EStG anzusetzen und 60 % der damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Finanzierungskosten von 1.000 EUR nach § 3c Abs. 2 S. 1 EStG als Betriebsausgaben abzugsfähig.

 

Es ergeben sich mithin zusätzliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Ausschüttung von (3.600 EUR ./. 600 EUR =) 3.000 EUR. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen damit (./. 10.000 EUR + 3.000 EUR =) ./. 7.000 EUR.

 

Beachten Sie | Die brasilianische Steuer ist auf die deutsche Einkommensteuer nur in der Höhe anzurechnen, wie der Höchstbetrag des § 34c Abs. 1 S. 2 EStG dies erlaubt. Eine Anrechnung der brasilianischen Steuer kann nach § 34c Abs. 1 EStG somit nicht erfolgen, da sich bei der Höhe des Einkommens des S für 2021 eine tarifliche Einkommensteuer von 0 EUR ergibt.

 

Statt der Anrechnung ist die ausländische Steuer auf einen Antrag des S hin bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind (§ 34c Abs. 2 EStG). Da die Dividende nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d) S. 1 EStG zu 40 % steuerfrei ist, sind nur 540 EUR (60 % von 900 EUR) der ausländischen Kapitalertragsteuer nach § 34c Abs. 2 EStG abzugsfähig (R 34c Abs. 4 S. 8 EStR). Damit betragen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb aufgrund des Antrags nach § 34c Abs. 2 EStG ./. 7.540 EUR.

 

PRAXISTIPP | Die Finanzverwaltung kürzt bei einer Anrechnung von ausländischen Steuern nach § 34c Abs. 1 EStG den Betrag anrechenbarer ausländischer Steuern nicht, wenn dieser auf Beteiligungserträge unter dem Teileinkünfteverfahren entfällt (R 34c Abs. 2 S. 3 EStR). Dagegen sind beim antragsgebundenen Abzug der ausländischen Steuer nach § 34c Abs. 2 EStG die Beträge auf 60 % zu begrenzen (R 34c Abs. 4 S. 8 EStR) ‒ wie im Beispiel gezeigt und in § 3c Abs. 2 S. 1 EStG als „allgemeines Prinzipt“ gesetzlich angeordnet.

 

2. Abzug ausländischer Steuern nach § 34c Abs. 3 EStG

Der Antrag nach § 34c Abs. 2 EStG auf Abzug ausländischer Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass alle Tatbestandsmerkmale des § 34c Abs. 1 EStG für eine Anrechnung vorliegen („statt der Anrechnung“). Ist dies nicht der Fall, kommt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Abzug von den Einkünften nach § 34c Abs. 3 EStG in Betracht. Auch insoweit ist ‒ wie bei § 34c Abs. 1 EStG und damit auch § 34c Abs. 2 EStG ‒ die unbeschränkte Steuerpflicht erforderlich (zur antragsgebundenen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des § 1 Abs. 3 EStG, s. FG Hamburg 17.5.13, 6 K 73/12, EFG 13, 1671, rkr.).

 

Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen eine ausländische Steuer vom Einkommen nach § 34c Abs. 1 EStG nicht angerechnet werden kann, kommt danach in drei verschiedenen Fällen ein Abzug von der Bemessungsgrundlage nach § 34c Abs. 3 EStG in Betracht:

 

  • 1. Die ausländische Steuer entspricht nicht der deutschen Einkommensteuer.
  • 2. Die ausländische Steuer wird nicht in dem Staat erhoben, aus dem die Einkünfte stammen.

 

Liegt einer der drei Fälle vor, ist die Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG ausgeschlossen, da es jeweils an einem Tatbestandsmerkmal des § 34c Abs. 1 S. 1 EStG fehlt. Damit kann auch nicht der antragsgebundene Abzug des § 34c Abs. 2 EStG gewählt werden, da dieser nur „statt der Anrechnung“ gewählt werden kann.

 

Als Rechtsfolge sieht § 34c Abs. 3 EStG vor, dass von Amts wegen die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen ist, soweit sie auf Einkünfte entfällt, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Für diesen Sonderfall sieht die OFD Frankfurt im Organkreis vor, dass der Abzug auf Ebene des Organträgers und der Organgesellschaft separat vorzunehmen ist (OFD Frankfurt 21.2.17, S 2770 A - 58 - St 51, IStR 17, 336; Weiss, Ertrag-StB 17, 195, 199). Das Einkommen des Organträgers und der Organgesellschaft werden insoweit einzeln ermittelt.

3. Gewerbesteuerliche Behandlung der abgezogenen ausländischen Steuer

Die Gewerbesteuer knüpft über § 7 S. 1 GewStG an den „nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnden Gewinn aus dem Gewerbebetrieb“ an. Die Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG als Steuerermäßigung wird (lange) nach der Ermittlung des „Gewinns aus dem Gewerbebetrieb“ vorgenommen und hat deswegen keinen Einfluss auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb (Handzik in: Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 34c EStG Rn. 13, Stand: 24.7.20). Eine eigene Anrechnungsvorschrift für die Gewerbesteuer gibt es zudem (bislang) nicht (Eberhardt, IStR 19, 180 m. w. N.; zur Zuständigkeit BVerwG 12.8.14, 9 B 23.14, NVwZ-RR 14, 897; Weiss, Ertrag-StB 15, 63).

 

Der Abzug der ausländischen Steuern hingegen ‒ ob auf Antrag nach § 34c Abs. 2 EStG oder von Amts wegen nach § 34c Abs. 3 EStG ‒ wirkt sich auf die Ausgangsgröße des § 7 S. 1 GewStG aus. Die Gewerbesteuer folgt grundsätzlich dem sog. „Territorialitätsprinzip“ (BFH 6.11.19, I R 32/18, DB 21, 372, Rz. 51; Weiss, IWB 20, 887) und will ausländische Bestandteile grundsätzlich nicht erfassen ‒ jedenfalls, soweit im Ausland die „Schwelle“ zur Betriebsstätte des § 12 AO (BFH 20.7.16, I R 50/15, BStBl II 17, 230) überschritten wird (BFH 20.12.17, I R 98/15, BFH/NV 18, 497; Weiss, PIStB 20, 342).

 

Daher werden die Wirkungen eines ‒ antragsgebundenen (§ 34c Abs. 2 EStG) oder von Amts wegen vorgenommenen (§ 34c Abs. 3 EStG) ‒ Abzugs ausländischer Steuern durch eine Hinzurechnung zum Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 12 GewStG aufgehoben (Keß in: Lenski/Steinberg, GewStG, 134. Lieferung 11.2020, § 8 Nr. 12 GewStG, Rz. 4). Nach dieser Regelung ‒ und in der Zusammenschau mit dem Einleitungssatz des § 8 GewStG ‒ werden ausländische Steuern, die nach § 34c EStG bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

 

PRAXISTIPP | Eine Hinzurechnung ist nach dem Einleitungssatz des § 8 GewStG nur vorzunehmen, soweit die entsprechenden ausländischen Steuern bei der Gewinnermittlung abgezogen worden sind. Im Fall des § 34c Abs. 2 EStG wäre der Abzug von ausländischer Quellensteuer auf Dividenden nach R 34c Abs. 4 S. 8 EStR nur zu 60 % zuzulassen ‒ nur dieser Teil muss dementsprechend auch nach § 8 Nr. 12 GewStG hinzugerechnet werden.

 

Der Tatbestand des § 8 Nr. 12 GewStG erfasst nur abgezogene ausländische Steuern, soweit sie auf Gewinne oder Gewinnanteile entfallen, die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags außer Ansatz gelassen oder nach § 9 GewStG gekürzt werden. Damit wird die ausländische Steuer nicht einfach pauschal hinzugerechnet:

 

 

  • Die ausländische Steuer auf eine Dividende aus einer 8 %-Beteiligung ‒ zu Beginn des Erhebungszeitraums ‒ an einer ausländischen Kapitalgesellschaft, die bei der Gewinnermittlung abgezogen wird, wäre nicht nach § 8 Nr. 12 GewStG hinzuzurechnen. Diese Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs des Gewerbesteuergesetzes nach § 9 Nr. 7 S. 1 GewStG werden nicht gekürzt ‒ es fehlt an einer Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums von mindestens 15 % (Weiss/Brühl, ISR 20, 225, 228). Unterliegt die Dividende mithin voll der Gewerbesteuer, ist die zugehörige ausländische Steuer auch gewerbesteuerlich abziehbar.

4. Anrechnung bei Körperschaftsteuerpflichtigen (§ 26 KStG)

Auch bei Körperschaftsteuerpflichtigen ergibt sich das Problem der juristischen Doppelbesteuerung, da auch bei der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht das „Welteinkommen“ zu erfassen ist (§ 1 Abs. 2 KStG). Damit ergibt sich bei ausländischen Einkünften nach § 34d EStG ebenfalls die Problematik, dass sich eine ausländische Ertragsteuer mit der inländischen Körperschaftsteuer kumuliert und eine Überbesteuerung ausländischer Einkunftsteile verursachen kann.

 

Daher hat der Gesetzgeber in § 26 KStG eine eigene Anrechnungsvorschrift für Zwecke des Körperschaftsteuergesetzes aufgenommen, um „unilateral“ die juristische Doppelbesteuerung zu mildern oder zu vermeiden. Ebenso wie § 34c EStG ist sie als Steuerermäßigung ausgestaltet (R 7.2 S. 1 Zeile 2 KStR). Seit dem KroatienAnpG (25.7.14, BGBl I 14, 1266) und dem „ZollkodexAnpG“ (22.12.14, BGBl I 14, 2417) wird die Anrechnung ausländischer Steuern auf die Körperschaftsteuer in weiten Teilen durch einen Verweis auf § 34c EStG geregelt (§ 26 Abs. 1 S. 1 KStG; zu den Anpassungen im Zuge der Neuregelung Roser in: Gosch, KStG, 4. Auflage 2020, § 26, Rz. 1d).

 

Dementsprechend können auch Körperschaftsteuerpflichtige über den Verweis auf § 34c Abs. 2 EStG auf Antrag einen Abzug ausländischer Steuern „statt der Anrechnung“ beantragen. Wenn der Tatbestand des § 34c Abs. 3 EStG vorliegt, ist die ausländische Steuer aufgrund des Verweises in § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG von Amts wegen abzuziehen. Die komplexe Berechnung des Höchstbetrags der Anrechnung ist allerdings ‒ bedingt durch den linearen Verlauf des Körperschaftsteuertarifs (§ 23 Abs. 1 KStG) ‒ vereinfacht (§ 26 Abs. 2 S. 1 KStG).

5. Anrechnung bei Beteiligungserträgen (§ 8b KStG)

Besonderheiten ergeben sich bei ausländischen Beteiligungserträgen von Körperschaften (§ 34d Nr. 6 EStG). In- oder ausländische Bezüge u. a. nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind bei einer Körperschaft grundsätzlich nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG freizustellen. Aufgrund des § 8b Abs. 1 S. 2 KStG gilt dies nur, „soweit die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben“ (materielles Korrespondenzprinzip). Zudem ist aufgrund des § 8b Abs. 4 S. 1 KStG zu Beginn des Kalenderjahres eine Beteiligung von mindestens 10 % des Grund- oder Stammkapitals an der leistenden Körperschaft erforderlich (Brühl/Weiss, Ubg 20, 339).

 

Kommt § 8b Abs. 1 S. 1 KStG jedoch zur Anwendung, kann eine ausländische Steuer nicht nach § 26 Abs. 1 S. 1 KStG angerechnet werden. Auf sie „entfällt“ keine deutsche Körperschaftsteuer i. S. d. § 26 Abs. 2 S. 1 KStG, da die Beteiligungserträge steuerfrei sind. Die Umqualifikation des § 8b Abs. 5 S. 1 KStG in 5 % nicht abziehbare Betriebsausgaben eröffnet ebenfalls keine Möglichkeit zur Anrechnung.

 

Beachten Sie | Da die Anrechnung auf nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG steuerfreie Einkünfte nicht möglich ist, ist auch kein antragsgebundener Abzug nach § 34c Abs. 2 EStG möglich. Diese Regelung erfordert schon nach ihrem Wortlaut „ausländische Einkünfte … , die nicht steuerfrei sind“. Gleiches gilt für § 34c Abs. 3 EStG. Aufgrund der Freistellung ist die Doppelbesteuerung bereits vermieden, sodass keine weitere Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anwendbar ist. Anders hingegen bei den angesprochenen Ausnahmen von § 8b Abs. 1 S. 1 KStG: In Fällen des § 8b Abs. 4 KStG etwa ist eine Anrechnung ausländischer Steuern nach § 26 Abs. 1 KStG vorzunehmen, da die Steuerfreiheit des § 8b Abs. 1 S. 1 KStG entfällt. Zudem kann dann auch der Abzug ausländischer Steuern nach § 26 Abs. 1 KStG i. V. m. § 34c Abs. 2 EStG beantragt werden (Pung, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock (D/P/M), Kommentar zum KStG und EStG, § 8b KStG Tz. 269, Stand: 01.06.2020).

 

FAZIT | In besonderen Konstellationen kann die Anrechnung ausländischer Steuern ins Leere laufen, insbesondere bei Verlusten des Steuerpflichtigen. In diesen Fällen kann er einen Steuerabzug nach § 34c Abs. 2 EStG beantragen. Ist die Anrechnung hingegen schon tatbestandlich nicht möglich, kann unter den Bedingungen des § 34c Abs. 3 EStG ein von Amts wegen zu berücksichtigender Abzug der ausländischen Steuer in Betracht kommen. Über § 26 KStG gelten diese Grundsätze auch bei der Körperschaftsteuer, nicht jedoch bei der Gewerbesteuer.

 
Quelle: Seite 98 | ID 47126675