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· Fachbeitrag · Apothekenentwicklung

Connected Commerce: Bieten Sie Ihren Kunden einen echten Mehrwert durch vernetzte Systeme

von Geschäftsführer Alexander Mörsheim, easyApotheke Eschweiler

| Eigentlich sind Apotheken Musterbeispiele für digitalisierte Unternehmen. Alle Apotheken verfügen über hochmoderne Warenwirtschaftssysteme und effiziente Anbindungen zu ihren Hauptlieferanten. Allerdings stellt sich die Kommunikation zum Kunden oft als digitales Desaster dar. Mit „Connected Commerce“ lässt sich aber auch dieses Problem lösen, wie eine aktuelle Studie des Instituts für Handelsforschung (IFH) Köln bestätigt. |

Patienten sind mit der aktuellen Situation unzufrieden

Für manchen Patienten löst der Gedanke an das Einlösen seines Rezepts in der Apotheke mittlerweile Unmut und Lustlosigkeit aus. Die Unsicherheit, das benötigte Medikament direkt bzw. überhaupt zu erhalten, steigt in letzter Zeit aufgrund von Lieferengpässen in immer höherem Maße an. Zudem führt „social distancing“ dazu, dass das zu häufige Aufsuchen eines Geschäfts vermieden wird. Schickt der Patient das Rezept hingegen an eine Versandapotheke, stören ihn lange Lieferzeiten, unklare Liefertermine sowie die fehlende persönliche Beratung. Connected Commerce versucht nun, das Beste aus „allen Welten“ zu vereinen. Hier geht es darum, aus Kundensicht einen Mehrwert durch vernetzte Systeme zu schaffen.

Das stört Kunden beim stationären Einkauf

Das IFH führte in Zusammenarbeit mit dem Handelskonzern Otto und dem Immobilienunternehmen ECE Ende 2019 eine Studie zum Connected Commerce durch, deren Ergebnisse sich z. T. auf die Apothekenwelt übertragen lassen.

 

 

Im Rahmen der Studie wurden 507 Shopper online befragt, was sie sowohl offline als auch online beim Einkaufen stört. 40 Prozent der Befragten empfinden es als störend, dass sie bei einem stationären Kauf nicht wissen, ob ihr Produkt vorrätig ist. Weiterhin bemängeln 47 Prozent der Shopper, dass sie nur eine beschränkte Auswahl beim Einzelhandel vor Ort vorfinden. Übertragen auf die Apotheke bedeutet dies: Den Kunden bzw. Patienten ist es wichtig zu wissen, ob ihr Medikament vorrätig ist. Auf diese Weise können sie Zeit und Wege sparen. Weiterhin möchten die Kunden Auswahl vorfinden. Apotheken haben mit dem pharmazeutischen Großhandel einen mächtigen Partner, der eine Vielzahl an Artikeln vorrätig hält, die die einzelne Apotheke nicht vor Ort bereithalten kann. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen.

Das stört Kunden beim Online-Kauf

Im Rahmen des Online-Einkaufs stören sich 49 Prozent der Befragten daran, dass sie lange auf die Lieferung warten müssen. Betrachtet man Akutmedikationen, möchte der Patient sein Präparat direkt nutzen können. Somit ist der Störfaktor hier sicherlich nochmals deutlich größer. Bei einer Dauermedikation für Chroniker sind längere Lieferzeiten bei planbaren Produkten eher hinzunehmen, bleiben aber ärgerlich. Ebenfalls in den Top 4 der größten Störfaktoren ist die Unsicherheit, ob und wann das Produkt ankommt. Wenn das Medikament bei der ausgesuchten Versandapotheke nicht lieferbar ist, erhalten Kunden nach Tagen des Wartens ihr Rezept einfach wieder zurück. Zudem wissen Kunden bei einer Lieferung nicht, wann der Postbote kommt, und müssen womöglich eine Abholstation aufsuchen, um das Päckchen zu erhalten.

 

Apothekenkunden nutzen beide Wege: online und offline

Schaut man sich die aktuellen Kunden einer Apotheke an, merkt man schnell, dass diese hybrid sind und sich zwischen den Kanälen bewegen. Dies wird an der ein oder anderen Stelle bemängelt ‒ Stichwort: Beratungsklau ‒, könnte aber auch zum Vorteil genutzt werden. So kehrt sich dieser Effekt mittlerweile oft um und die Kunden informieren sich online, kaufen aber trotzdem im stationären Geschäft (Research Online, Purchase Offline ‒ ROPO-Effekt). Nun herrscht unter Apothekern oft die Meinung, dass dies ‒ wenn überhaupt ‒ nur jüngere Kunden betrifft, nicht aber die klassische Kundengruppe der Apotheke (meist 50 und älter). Hier zeigt die Studie klar, dass der ROPO-Effekt über alle Altersklassen der Teilnehmer ungefähr gleich ausfällt. Zwischen 14 und 21 Prozent der Shopper informieren sich regelmäßig online und kaufen anschließend stationär. Mindestens zwei Drittel bis hin zu drei Viertel der Befragten nutzen das hybride Shopping gelegentlich.

Möglichkeiten der Angebotsoptimierung für die Apotheke

Möchte man die Mängel des jeweiligen Vertriebskanals beseitigen, bietet es sich an, auf Cross-Channel-Services wie Click & Collect oder Click & Delivery zu setzen. Connected Commerce hat das Ziel, dem Kunden eine lückenlose Vernetzung aller Touchpoints, auf die er im Kaufprozess trifft, sowohl online als auch in der Vor-Ort-Apotheke zu bieten. Und so könnte eine Optimierung in der Apotheke aussehen:

 

  • Nutzung von Marktplätzen: Sei es der gemeinsame Marktplatz von Noweda und Burda oder ein ähnliches Angebot anderer Anbieter: Alle haben gemeinsam, dass der Kunde aus einem Pool von teilnehmenden Apotheken sich „seine“ Apotheke auswählen und anschließend sein Produkt vorbestellen bzw. sein Rezept hochladen kann. Anschließend erhält er eine Rückmeldung aus der Apotheke, wann er seinen Kauf vor Ort abholen kann. In der Apotheke selbst gehen die Bestellungen in einer App oder im Back-End der Portalseite ein und können dann manuell bearbeitet werden.
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  • Nutzung von Apotheken-Apps: Ähnlich wie die Marktplätze bündeln die derzeit im Markt befindlichen Apotheken-Apps (z. B. callmyApo) das Angebot vieler teilnehmender Apotheken. Die Kunden können über die App ihr Rezept hochladen oder Medikamente bestellen. In der Apotheke werden die Bestellungen anschließend ähnlich wie die Bestellungen über einen Marktplatz bearbeitet.
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  • Nutzung eines eigenen Click & Collect/Delivery Shops: Hierbei bietet die Apotheke einen eigenen Online-Shop an, der direkt mit der Warenwirtschaft vernetzt ist. Vorteil dieses Angebots ist es, dass der Kunde genau weiß, welche Produkte vorrätig sind und welche bestellt werden müssen bzw. nicht beziehbar sind. Auf diese Weise kann einer der Topmängel des Einkaufs im stationären Einzelhandel mittels Informationen beseitigt werden. Im Rahmen des Click & Collect weiß der Kunde genau, wann er in die Apotheke kommen muss, damit er sein Medikament direkt mitnehmen kann. Beim Click & Delivery wird er vom lokalen Apotheker beliefert und spart sich den Weg bzw. kann zudem eine Kontaktminimierung erzielen.

Bringen Sie Ihren Kunden Ihr Angebot nahe

Wenn die Apotheke eine solche Lösung nutzt, müssen die Kunden auch wissen, dass dieses Angebot besteht. Aktuell werben viele Apotheken mittels Handzetteln und Printanzeigen in lokalen Zeitungen. Diese klassischen Werbeträger führen gerade in der aktuellen Zeit neben hohen Kosten auch zu hohen Streuverlusten. Jetzt sollte auch hier der Einzug der Digitalisierung gelebt werden. Neben einer Webpräsenz sollte es eine Facebook-Seite der Apotheke geben. Das sind derzeit die am meisten genutzten Anlaufpunkte im Internet. Folgt man den Statistiken im Internet, besitzen mehr als 32 Mio. Deutsche einen Facebook-Account, von denen 23 Mio. diesen täglich benutzen. Also sollte man versuchen, die internetaffinen Kunden dort zu erreichen, um so zu signalisieren, dass man mit der Zeit geht. E-Mail-Newsletter und andere Social-Media-Plattformen können folgen, sind aber in der Rangliste der notwendigen Maßnahmen eher nachgelagert.

 

MERKE | Das Angebot von Kontaktmöglichkeiten ist sinnvoll, aber noch wichtiger ist es, auf Anfragen kurzfristig zu reagieren. Eingehende E-Mails sollten mehrmals täglich abgerufen und zeitnah beantwortet werden. Ähnliches gilt für Anfragen mittels Google My Business oder über Facebook.

 

Connected Commerce trifft den Nerv der Zeit

Letztlich ist wichtig, dass den Kunden das System gefällt. Wie anhand des Diagramms erkennbar ist, trifft Connected Commerce den Nerv der Zeit. Kunden fühlen sich abgeholt. Vor allem die Top 3 der genannten Kriterien überzeugen mit leichter Verständlichkeit, Modernität und Glaubwürdigkeit. Solange der Kunde nicht enttäuscht wird, wird er ein solches System gern wieder nutzen.

 

Schaut man sich die Assoziationen der Befragten mit einem solchen System an, werden vor allem die Vergleichsmöglichkeiten, eine größere Auswahl, und Zeitersparnis genannt. Im Rahmen der Anforderungen legen die Shopper vor allem Wert auf Zuverlässigkeit, Verfügbarkeits-, Produkt- und Preisinformationen sowie Liefer-, Abhol- und Bezahlmöglichkeiten. Dies zeigt, wie wichtig die Ausgestaltung der Marktplätze sowie Apps oder Shops mit solchen Schnittstellen ist. Reine Online-Shops ohne Anbindung stiften bei Weitem nicht den Nutzen, den Connected Shops und Apps bieten.

Smart Natives: die Apothekenkunden von morgen

Unter Smart Natives versteht man Kunden zwischen 16 und 29 Jahren, die mittels Smartphone nahezu ubiquitär erreichbar sind und dieses ebenso häufig und intensiv einsetzen. Werden sie heute schon an die Vor-Ort-Apotheke gebunden, bleiben sie dieser auch in späteren Zeiten treu. Verlieren Apotheken sie jetzt an den Versandhandel, werden sie diesen Vertriebskanal wahrscheinlich nur im Notfall wechseln. Eine höhere Priorität als in der Gesamtstichprobe ordnen die Smart Natives vor allem der Reservierung online und Abholung vor Ort sowie einer zentralen Anlaufstelle zur Abholung zu. Hier empfiehlt sich besonderes Augenmerk.

 

 

FAZIT | Die Apotheke vor Ort braucht den Connected Commerce besser heute als morgen. Connected Commerce verknüpft geschickt die Vorteile der jeweiligen Vertriebswege. So ist es möglich, die Schwächen auszumerzen, die sowohl Versand- als auch Vor-Ort-Apotheken besitzen. Wichtig ist es, die Verknüpfung zwischen Warenwirtschaft, Großhandel und Online-Shops effizient und transparent zu gestalten. Passt dazu noch das Gesamtbild der Apotheke, steht dem Erfolg nur noch der Apotheker selbst im Weg, der den ersten Anstoß geben muss, die Systeme zu installieren. Die Kunden sind reif für die Systeme und fordern sie sogar. Wer jetzt nicht dabei ist, kann schnell zu den Verlierern gehören, denen ein späteres Aufrüsten auch mit erhöhtem Kapitaleinsatz nur noch schwer möglich sein wird.

 
Quelle: Seite 2 | ID 46493995