· Fachbeitrag · Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Nichtbinäre Person: Anspruch auf eine geschlechtsneutrale Anrede
| Das LG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass die obligatorische Angabe von „Herr“ oder „Frau“ eine nichtbinäre Person in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrechts verletzen kann (3.12.20, 2-13 O 131/20, Abruf-Nr. 219379 ). |
Die Beklagte (B) ist die Vertriebstochter eines Eisenbahnkonzerns. Bucht der Kunde eine Fahrkarte über das Internet, muss er die Anrede „Herr“ oder „Frau“ wählen. Auch die Registrierung erfordert die Festlegung als „Herr“ oder „Frau“. Die klagende Person (K) wurde nach dem Kauf einer Rabattkarte in einer Rechnung als „Herr“ angesprochen.
K kann von B verlangen, nicht zwingend die Anrede „Herr“ oder „Frau“ angeben zu müssen, wenn er die Angebote der B nutzt. Es muss die Wahl einer geschlechtsneutralen Anrede bestehen. Auch in der Kommunikation und bei der Speicherung der Daten ist eine Bezeichnung als „Herr“ oder „Frau“ zu unterlassen. Durch die notwendige Festlegung als „Herr“ oder „Frau“ wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht von K verletzt. Dieses Recht schützt auch die geschlechtliche Identität. Für das Auftreten in einer bestimmten Geschlechtsidentität ist nach allgemeinem Verständnis die Anredeform bedeutsam. Um die Dienstleistungen von B zu nutzen, ist das Geschlecht des Kunden irrelevant. B kann eine andere Grußformel, etwa „Guten Tag“, schaffen oder auf eine geschlechtsspezifische Anrede verzichten.(GM)