· Fachbeitrag · AGG
Gleichbehandlung behinderter ArbN bei der Sozialplanabfindung
| Eine unmittelbar an das Merkmal der Behinderung knüpfende Bemessung einer Sozialplanabfindung ist unwirksam, wenn sie schwerbehinderte ArbN gegenüber anderen ArbN, die in gleicher Weise wie sie von einem sozialplanpflichtigen Arbeitsplatzverlust betroffen sind, schlechter stellt ( BAG 17.11.15, 1 AZR 938/13, Abruf-Nr. 146394 ). |
Sachverhalt
Der ArbG will die Nachteile aus einem Arbeitsplatzverlust wegen einer Betriebsänderung mit einem Sozialplan abmildern. Die Abfindung errechnet sich individuell nach dem Bruttomonatsentgelt, der Betriebszugehörigkeit und einem Faktor X (Formelberechnung). Die hiernach ermittelte Abfindung ist bei vor dem 1.1.52 geborenen ArbN, die nach einem Arbeitslosengeldbezug von längstens zwölf Monaten die vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erstmals in Anspruch nehmen können, auf maximal 40.000 EUR begrenzt. Hingegen sind Mitarbeiter, die aufgrund einer Schwerbehinderung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Rente beanspruchen können, von der individuellen Abfindungsberechnung ausgenommen. Sie erhalten eine Abfindungspauschale in Höhe von 10.000 EUR sowie einen Zusatzbetrag von 1.000 EUR, der allen schwerbehinderten ArbN zusteht.
Der 1950 geborene und schwerbehinderte ArbN war seit Mai 1980 beim ArbG beschäftigt. Als das Arbeitsverhältnis am 31.3.12 endete, erhielt er neben dem Zusatzbetrag weitere 10.000 EUR als Abfindung, die sich nach der Formelberechnung ansonsten auf 64.558 EUR belaufen hätte. Mit seiner Klage verlangte er eine weitere Abfindung in Höhe von 30.000 EUR. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des ArbG hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Differenziert ein Sozialplan für die berechnete Abfindung zwischen unterschiedlichen ArbN-Gruppen, hat ein damit einhergehender Systemwechsel die Diskriminierungsverbote des AGG zu beachten. In der Regelung über den pauschalierten Abfindungsbetrag für ArbN, die wegen ihrer Schwerbehinderung rentenberechtigt sind, liegt eine unmittelbar an das Merkmal der Behinderung knüpfende Ungleichbehandlung. Diese benachteiligt behinderte ArbN, denen nach einer für nicht schwerbehinderte ArbN geltenden Berechnungsformel ein höherer Abfindungsbetrag zustehen würde. Sie darf gemäß § 7 Abs. 2 AGG ihnen gegenüber nicht angewendet werden.
Relevanz für die Praxis
Stellen die Sozialpartner Grundsätze auf, nach denen Abfindungen für bestimmte ArbN-Gruppen begrenzt oder gekürzt werden, müssen sie stets das AGG im Auge behalten. Verstöße in Form unmittelbarer Benachteiligungen dieses Kreises machen diesen Teil des Sozialplans unanwendbar.