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· Fachbeitrag · Krankengeld

Verspätete Folgebescheinigung kann entschuldbar sein

| Befindet sich eine erkrankte Person in einem gesundheitlichen Ausnahmezustand und kann deshalb nicht rechtzeitig eine Folgebescheinigung beim Arzt holen, kann dies ausnahmsweise zulässig sein. Beispielsweise wenn eine psychische Erkrankung den Arztbesuch verhindert. Davon muss das Gericht dann aber auch überzeugt werden. |

 

Wer Krankengeld bezieht und z. B. bis zum 1.6.17 krankgeschrieben ist, muss spätestens am 2.6.17 beim Arzt vorsprechen und sich eine Folgebescheinigung ausstellen lassen, damit keine Lücke entsteht. Das SG Aachen hat zu einem Fall entschieden, in dem sich die Erkrankte eine Folgebescheinigung zwei Tage verspätet holte (14.3.17, S 13 KR 312/16, Abruf-Nr. 194231). Sie begründete dies mit einer depressiven Episode über mehrere Tage. Ist die Person nach den Umständen des Falls durch Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit gehindert, eine Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig verlängern zu lassen, kann die ärztliche Feststellung ausnahmsweise rückwirkend nachgeholt werden, so das SG (BSG 26.6.07, B 1 KR 37/06 R; 5.5.09, B 1 KR 20/08 R).

 

Dabei ist nicht auf den Begriff der (rechtlichen) Handlungsfähigkeit i. S. v. § 36 SGB I abzustellen, sondern auf die Handlungs(un)fähigkeit im tatsächlichen Sinne (hier: schwere Depression). Die Klägerin schilderte detailliert ihre Krankheitsphase. Ein eingeholter Arztbericht bestätigte eine depressive Stimmungslage und einen stark verminderten psychomotorischen Antrieb in dem besagten Zeitraum, in dem die Erkrankte ihre Krankschreibung hätte verlängern müssen. Damit war das Gericht ausreichend überzeugt.

 

Weiterführender Hinweis

  • Bis zu drei Tage rückwirkend krankschreiben, SR 16, 57

 

Quelle: Ausgabe 06 / 2017 | Seite 93 | ID 44624418