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· Fachbeitrag · AGG

Keine Altersdiskriminierung durch Abstandsklausel in betrieblicher Versorgungsordnung

von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FA ArbR, Prof. Dr. Jesgarzewski & Kollegen Rechtsanwälte, Osterholz-Scharmbeck, FOM Hochschule Bremen

| Sieht eine Regelung in einer Versorgungsordnung vor, dass Ehegatten nur dann eine Hinterbliebenenversorgung erhalten, wenn sie nicht mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte sind, liegt darin keine gegen das AGG verstoßende Diskriminierung wegen des Alters. |

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist die Witwe eines ArbN. Sie begehrte die Zahlung einer betrieblichen Hinterbliebenenversorgung. Der ArbN wurde 1950 geboren und ist 2011 verstorben. Die Klägerin ist 1968 geboren und hat ihren Ehemann im Jahr 1995 geheiratet.

 

Dem verstorbenen Ehemann war vom ArbG eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden. Nach der anzuwendenden Versorgungsordnung setzt der Anspruch auf Leistungen an die Ehegatten jedoch voraus, dass der Ehepartner nicht mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte ist. Auf Basis dieser Regelung verweigerte der ArbG die Zahlung, da die Klägerin etwa 18 Jahre jünger ist als ihr verstorbener Ehemann. Sie erkannte darin eine Diskriminierung wegen des Alters und verlangte die Zahlung der Versorgungsleistungen.

 

Das LAG gab der Klage im Wesentlichen statt (LAG Köln 31.8.16, 11 Sa 81/16), da die Abstandsregelung eine nicht gerechtfertigte Altersdiskriminierung darstelle und daher unwirksam sei.

 

Entscheidungsgründe

Das BAG hob das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab (20.2.18, 3 AZR 43/17, Abruf-Nr. 199788). Nach Ansicht des 3. Senats liege in der Altersabstandsklausel zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Diese sei jedoch gerechtfertigt.

 

Der eine Hinterbliebenenversorgung zusagende ArbG habe ein legitimes Interesse daran, das hiermit verbundene finanzielle Risiko zu begrenzen. Die Altersabstandsklausel sei auch erforderlich und angemessen. Sie führe nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten ArbN, die von der Klausel betroffen sind.

 

Dies folge aus der Besonderheit des bewusst gewählten gemeinsamen Lebenszuschnitts von Ehepartnern, die einen erheblichen Altersabstand haben. Bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren sei die Ehe bereits darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringt.

 

Zudem würden durch den hier in der Versorgungsordnung festgelegten Altersabstand von mehr als 15 Jahren nur solche Ehegatten von dem Ausschluss erfasst, deren Altersabstand zum Ehepartner den üblichen Abstand erheblich übersteige.

 

Relevanz für die Praxis

Zunächst stellt das BAG eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters fest. Diese ist evident, da die Abstandsregelung direkt auf das jeweilige Lebensalter abzielt. Das BAG erkennt jedoch eine Rechtfertigung der Altersdiskriminierung an. Zum einen sei es legitim, dass ein ArbG den Kreis der Berechtigten begrenze, um die daraus resultierenden finanziellen Folgen überschauen zu können.

 

Zum anderen ergebe sich aus den Besonderheiten einer Ehe mit großem Altersabstand zwischen den Ehepartnern bereits das wechselseitige Übereinkommen, aufgrund einer unterschiedlichen verbleibenden Lebenserwartung einen späteren Lebensabschnitt nach dem Tod des Älteren wieder allein zu verbringen.

 

Ein wesentlicher Gesichtspunkt der Abstandsklausel ist die Risikobegrenzung für den ArbG. Dieser will nicht aufgrund eines großen Altersabstands zwischen dem ArbN und dessen Ehepartner eine potenziell unkalkulierbare Versorgungszusage für den noch vergleichsweise jungen Ehepartner schaffen. Das Risiko „Alter“ ist für einen über 15 Jahre jüngeren Ehepartner noch weit entfernt. Daher muss der ArbG seine Versorgungszusagen für Hinterbliebene entsprechend begrenzen können.

 

 

Quelle: Ausgabe 05 / 2018 | Seite 75 | ID 45267927