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· Fachbeitrag · Widerrufsrecht

Es geht aufwärts … Verbesserte Rechte bei Kauf von Treppenliften

| Viele Senioren lassen in ihre Wohnungen oder Häuser angepasste Kurventreppenlifte einbauen. Solche Verträge sind als Werkverträge einzustufen, so der BGH (20.10.21, I ZR 96/20, Abruf-Nr. 225883 ). Der individuelle Charakter eines Lifts für ein spezielles Wohnumfeld sei entscheidend für die Einstufung. Daher gilt auch ein Widerrufsrecht, wenn die Verträge außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden. |

 

In dem Fall des BGH verkaufte die Beklagte Kurventreppenlifte. Diese werden mit individuell geformten und an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Laufschienen für zu befahrende Kurven angefertigt. Es handelt sich daher um passgenaue Konstruktionen speziell für die eigenen Wohnräume. Dabei erklärt die Beklagte als Herstellerin den Verbrauchern, dass sie bezüglich der Lifte ‒ außer für ein bestimmtes Modell ‒ kein gesetzliches Widerrufsrecht haben.

 

Die Klägerin (Bundesverband Verbraucherzentrale) pocht auf ein Widerrufsrecht und meint, dass die Beklagte mit ihrer Praxis gegen das Wettbewerbsrecht verstoße. Sie klagte daher auf Unterlassung bezüglich des bei Käufen abgelehnten Widerrufsrechts. Nachdem die Klägerin sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich vor dem OLG Köln scheiterte, bestätigte der BGH nun den Unterlassungsanspruch. Das Widerrufsrecht für Verbraucher nach § 312g Abs. 1 BGB ist hier entgegen der Meinung des OLG nicht gem. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen.

 

Das OLG hatte in der Vorinstanz angenommen, dass das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen sei. Bei nicht standardmäßig gebauten, sondern individuell auf Verbraucherwünsche hin angepassten Liften liege ein Vertrag zur Lieferung von Waren vor. Für solche Verträge gelte kein Widerrufsrecht.

 

MERKE | Der BGH hat nun zweierlei entschieden: Berücksichtige man die europäische Verbraucherrechtrichtlinie, würden unter den Begriff der „Verträge zur Lieferung von Waren“ die Kaufverträge und Werklieferungsverträge fallen. Nicht dazuzählen würden Dienstverträge und auch ‒ im Regelfall ‒ Werkverträge.

 

Wenn wie hier individuelle Treppenlifte bestellt würden, liege ein solcher Werkvertrag vor. Das herzustellende Werk bestehe zu einem wesentlichen Teil darin, dass individuelle Laufschienen hergestellt und an das gewünschte Treppenhaus angepasst werden. Auch der entsprechende Aufwand hierfür spreche für einen Werkvertrag.

 

Beachten Sie | Zwar seien auch Einzelteile notwendig, die aber nur einen untergeordneten Zwischenschritt darstellen würden. Daher hatten Verbraucher auch ein vierzehntägiges Widerrufsrecht.

 

Bisher hatten Gerichte den Vertragstyp unterschiedlich beurteilt; dem hat der BGH nun ein Ende gemacht.

 

Weiterführende Hinweise

  • Info-Portal für nützliche Alltagsbegleiter: Hilfsmittel für Senioren und mobilitätseingeschränkte Personen, Abruf-Nr. 46310819
  • Kostenloses E-Book zum Thema „Treppenlifte“, SR 18, 19
  • Bundesverband Verbraucherzentrale: Themenseite Treppenlifte, www.iww.de/s5577 (Stand: 20.10.21)
Quelle: Ausgabe 12 / 2021 | Seite 200 | ID 47766116