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· Fachbeitrag · Schwerbehindertenantrag

Arztberichte in fremder Sprache? Übersetzung, bitte ...

| Will ein Anwalt in einer Renten- oder Schwerbehindertensache mit fremdsprachigen Arztdokumenten den Gesundheitszustand des Mandanten untermauern, muss der Mandant sich um eine Übersetzung kümmern. Sollen die Übersetzungskosten von der Staatskasse übernommen werden, muss der Anwalt die Gründe hierfür vortragen, sagt das SG Karlsruhe. |

 

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Der Kläger wohnte in Frankreich, arbeitete jedoch in Deutschland. Anfang 2018 durchlief er eine dreiwöchige Reha-Maßnahme. Kurz darauf stellte er einen Schwerbehindertenantrag und legte ärztliche Unterlagen in überwiegend französischer Sprache vor. Er erhielt einen GdB von 40 zuerkannt. Sein Widerspruch blieb erfolglos. Mit seiner Klage begehrte er einen GdB von mindestens 50. Seine Gesundheitsstörungen seien nicht ausreichend bewertet. Der Kläger trug vor, dass das Gericht die behandelnden Ärzte befragen und die vorgelegten Berichte übersetzen lassen müsse.

 

Das SG Karlsruhe wies die Klage ab (27.1.20, S 2 SB 359/198, Abruf-Nr. 214744). Seien vorliegende Berichte aussagekräftig genug, um den Gesundheitszustand zu beurteilen, muss das Gericht nicht weiter aufklären. Dies geschieht nur, wenn der Kläger darlegt, dass sich sein Zustand verschlechtert hat oder Gesundheitsstörungen unberücksichtigt geblieben sind. Die französischsprachigen Berichte waren nicht entscheidungserheblich und damit auch nicht notwendig zu übersetzen. Zwar gelte vor den Sozialgerichten die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG). Diese solle aber die Beteiligten nicht von jeder Darlegungslast oder Mitwirkungsobliegenheit entbinden.

 

Übersetzungen fremdsprachiger Urkunden beizubringen obliegt grundsätzlich der Partei, die sich auf deren Inhalt beruft (§ 202 SGG i. V. m. § 142 ZPO). Obwohl es dem Kläger möglich war, hatte er weder zum Inhalt noch zur Erheblichkeit der französischsprachigen Arztberichte vorgetragen. Daher reduziere sich die Amtsermittlungspflicht des Gerichts erheblich.

 

Relevanz für die Praxis

In Fällen wie diesen muss der Bevollmächtigte darlegen, dass die Informationen in fremdsprachigen Dokumenten für die Aufklärung erheblich sind bzw. welche Gesundheitsstörungen sie wesentlich erläutern. Will er erreichen, dass das Gericht die Übersetzung auf Kosten der Staatskasse einholt, muss er darüber hinaus die persönlichen Verhältnisse und Einkommensverhältnisse oder sonstige Gründe schildern (Unzumutbarkeit der Urkundenbeibringung auf eigene Kosten trotz fachkundiger Vertretung).

 

Weiterführende Hinweise

  • Kraftloserklärung der Vollmacht auch bei unauffindbarer Urkunde, SR 18, 181
  • Im EU-Ausland lebende Rentner bleiben pflichtversichert, SR 18, 39
Quelle: Ausgabe 04 / 2020 | Seite 59 | ID 46392538