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· Fachbeitrag · Schwerbehinderung

Der GdB ist auch höher anzusetzen, wenn psychische Gründe die Behandlung verhindern

| Ein Schlafapnoe-Syndrom wird mit einem GdB von 50 gewertet, wenn eine nächtliche Atemmaske zu tragen ist. Und wenn sich der Betroffene die Maske nachts aufgrund von Panikattacken vom Gesicht stößt? Der GdB darf nicht reduziert werden, nur weil die Behandlung nicht möglich ist, sagt das LSG Schleswig-Holstein. |

 

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Der Kläger hatte aufgrund dreier Erkrankungen bereits einen GdB von 20 erhalten. Am 26.9.16 stellte er beim Landesamt einen Antrag auf Neufeststellung, da ein Schlafapnoesyndrom (SAS) hinzugetreten war. Insoweit war ein ausgeprägtes obstruktives SAS diagnostiziert und dem Kläger eine CPAP-Maskentherapie verordnet worden. Obwohl die Erkrankung als Behinderung anerkannt wurde, wurde für sie lediglich ein Einzel-GdB von 20 zuerkannt und es blieb beim bestehenden Gesamt-GdB von 20. Nachdem der Kläger Widerspruch erhob, argumentierte die Beklagte, der Kläger nehme die Maske nachts aus Angst immer wieder ab, da er das Gefühl habe, jemand drücke ihm die Luft ab. Seine nun erhobene Klage begründete der Kläger damit, dass ein SAS mit einem Einzel-GdB von 50 zu werten sei, da bei ihm eine Maskenbeatmung nicht möglich sei. Die Klage wurde abgewiesen. Erst mit seiner Berufung zum LSG Schleswig-Holstein hatte er Erfolg (5.11.21, L 2 SB 78/20, Abruf-Nr. 228072).

 

Entscheidungsgründe

Ist eine ärztlicherseits notwendige nasale Überdruckbeatmung nicht durchführbar, ist ein Einzel-GdB von 50 anzusetzen. Dem Gericht lagen Befundberichte der behandelnden Schlafmediziner und psychiatrischen Ärzte vor, dass eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt wurde, die aber die Panikattacken bei Einengungsgefühlen nicht beheben konnte. Es gab daher auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Panikstörung als bloße Schutzbehauptung anführte, um einen GdB von 50 zu erhalten. Ist eine Panikstörung bereits nachgewiesen, ist auch keine psychiatrische Untersuchung notwendig, wenn es bei der Behandlung zu psychisch bedingten Schwierigkeiten kommt. Ein Teil der Rechtsprechung vertritt diese Ansicht, was jedoch umstritten ist.

 

Relevanz für die Praxis

Nach Nr. 8.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VmG) ist ein im Schlaflabor nachgewiesenes SAS mit einem GdB von 20 zu werten, wenn nachts kontinuierlich eine nasale Überdruckbeatmung nötig ist. Ist dies mittels Maske nicht möglich, gilt ein GdB von 50. Da dieser starke GdB-Sprung ungewöhnlich ist, müssen Sie darlegen, woran die Behandlung konkret scheitert. Es zählen nicht nur rein körperliche Hinderungsgründe, sondern auch psychische Einschränkungen wie Zwangs- und Angstneurosen oder Angststörungen.

Quelle: Ausgabe 04 / 2022 | Seite 60 | ID 48096008