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· Fachbeitrag · Persönlichkeitsrecht

Unter Beobachtung: Was Kameras filmen dürfen

| Viele ältere Menschen wollen sich gegen Einbrüche oder sonstige kriminelle Angriffe schützen und installieren Kameras an Haus oder Grundstück. Aber nicht alles darf gefilmt werden. Das LG Rottweil hat entschieden, dass auf ein Nachbargrundstück gerichtete Videokameras zwar nicht entfernt werden müssen, wenn ein Mitfilmen mit geeigneten Maßnahmen verhindert werden kann. Die Kamera mit einer „Verpixelung“ zu programmieren, reicht dafür aber nicht aus (23.5.18, 1 S 11/18, Abruf-Nr. 204605 ). |

 

Sachverhalt

Ein Grundstücksbesitzer hatte auf seinem Areal 3 Kameras installiert, die seinen Grundstücksbereich filmten. Sie waren allerdings so ausgerichtet, dass sie auch das Nachbargrundstück erfassten. Der Nachbar klagte darauf, dass die Kameras entfernt werden.

 

 

Entscheidungsgründe

Das LG hatte zu entscheiden, wie die zweifelsfrei vorliegende Störung des Persönlichkeitsrechts zu beseitigen ist. Insoweit folgte das LG der erstinstanzlichen Entscheidung und der dort zitierten Rechtsprechung (BGH NJW 10, 1533).

 

Zwar müssten die Kameras nicht gleich entfernt werden, denn das eigene Grundstück oder Haus derart zu überwachen, stehe unter dem Schutz des Eigentumsrechts (Art. 14 Abs. 1 GG). Es seien jedoch geeignete Maßnahmen zu ergreifen, dass das Grundstück des Klägers nicht (mit)gefilmt wird.

 

PRAXISTIPP | Die sogenannte Privatzonen-Maskierung zählt zu den Anonymisierungs- und Beschränkungsfunktionen im Bereich der Videotechnik. Moderne Aufzeichnungstechniken erlauben ein Schwenken, Neigen oder Hineinzoomen. Bei einer „Maskierung“ wie bei den hier strittigen Kameras werden dabei ausgewählte Bereiche verpixelt, also sozusagen „geschwärzt“ aufgezeichnet, sodass der entsprechende Bereich (hier: Nachbargrundstück) nicht erkennbar ist. Dies setzt natürlich voraus, dass die Kamera entsprechend programmiert ist.

 

Geeignet sind jedoch nur solche Maßnahmen, die der Dritte auch kontrollieren kann. D. h. konkret: Würde der Beklagte durch technische Eingriffe sicherstellen, dass das benachbarte Grundstück nicht mitgefilmt wird, reicht dies allein nicht aus. Denn ob solche Einstellungen fortdauernd so bleiben, wie sie sind oder eben nachträglich wieder verändert werden, kann der Betroffene von außen nicht erkennen. Man sieht der Kamera schließlich nicht an, wie sie aktuell programmiert ist. Der vom AG formulierte „Überwachungsdruck“ besteht in solchen Fällen daher fort.

 

Die Maskierung (s. o.) ist daher gerade keine Maßnahme, bei der sichtbar erkennbar ist, ob sie nun aktiv ist oder nicht bzw. später wieder dauerhaft deaktiviert wird. Denn selbst wenn die passwortgeschützte Maskierungsfunktion nur durch einen Administrator bei der einrichtenden Firma geändert werden kann und nicht vom Beklagten selbst, wäre es möglich, einen anderen Recorder an die Kamera anzuschließen, so das LG. Dann wäre eine unverpixelte Aufnahme des Nachbargrundstücks wieder möglich, ohne dass der Kläger dies bemerken würde.

 

Relevanz für die Praxis

Auch wenn Wohnungseinbrüche zuletzt stark rückläufig sind (von 151.265 erfassten Fällen in 2016 auf 116.540 in 2017) sichern viele Menschen ihr Heim mit moderner Sicherheitstechnik. Senioren schätzen ein hohes Sicherheitsgefühl, auch mediale Berichte über besonders gewalttätiges Verhalten bei Einbrüchen mögen dies verstärken. Man sollte sich stets vorher erkundigen, ob Kameras zulässig und datenschutzkonform zu installieren sind.

 

PRAXISTIPP | Ein Überwachungsdruck wie im vorliegenden Fall beim Einsatz von Kameras kann beseitigt werden, indem zulässige Barrieren errichtet werden (z. B. Sichtschutz, Mauer oder Blech). In solchen Fällen kann der „Beobachtete“ von seinem Grundstück aus prüfen, ob die Kamera seinen Grundstücksbereich noch erfasst oder nicht.

 

Insoweit brachte es das LG in dieser Sache auf den entscheidenden Punkt: „Sieht man vom Nachbargrundstück die Linse der Kamera, dann ist sie auf das Nachbargrundstück gerichtet. Sieht man die Linse wegen der fest installierten Bleche nicht, dann besteht keine Überwachung.“

 

Weiterführende Hinweise

  • Einbrüche verhindern: So sorgen Senioren klug vor, SR 17, 214
  • Veraltete Hausrat-Policen: Lückenhafter Versicherungsschutz, SR 15, 74
Quelle: Ausgabe 10 / 2018 | Seite 170 | ID 45474354