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· Nachricht · Fahrerlaubnis

Eignungsbeurteilung: Behörde muss Begutachtung genau bestimmen

| Oft müssen sich Anwälte mit entzogenen Führerscheinen beschäftigen. Will die Behörde gutachterlich prüfen lassen, ob Ihr Mandant noch fahren kann, sollten Sie darauf achten, dass die sog. Beibringungsanordnung korrekt formuliert ist. Diese ist nämlich an strenge Anforderungen gebunden. Eine Entscheidung des VGH Bayern zeigt, wann eine Anordnung ungenau und damit unwirksam ist (2.4.20, 11 CS 19.1733, Abruf-Nr. 217997 ). |

 

Der Kläger hatte gegen den Führerscheinentzug geklagt und einen Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO gestellt (aufschiebende Wirkung des Führerscheinentzugs). Das Gericht gab dem Antrag statt. Diagnostiziert waren ein Parkinsonsyndrom, eine Polyneuropathie, eine Anpassungsstörung und ein leichtes demenzielles Syndrom. Trotzdem entschied der VGH, dass die Gutachtensanordnung der Behörde insgesamt rechtswidrig war. Denn diese bezog sich jeweils auf die vorgenannten Diagnosen in einem Arztbericht. Inwieweit die Anpassungsstörung aufzuklären sei, ging aus ihr nicht hervor. Dass psychische Störungen vorlagen, war dem Arztbericht bereits zu entnehmen.

 

Die Gesamtheit der vorliegenden Diagnosen bot einen hinreichenden Anlass zu klären, ob eine zusätzliche psychische Störung (hier: Anpassungsstörung), die für sich allein regelmäßig noch keinen Fahreignungsmangel begründet, im Zusammenhang mit den übrigen Erkrankungen die Fahreignung negativ beeinflussen kann. Es blieb aber offen, inwieweit der Gutachter den psychischen Zustand des Betroffenen hätte untersuchen sollen.

 

Erfährt die Führerscheinbehörde, dass Bedenken gegen die Fahrtüchtigkeit eines Fahrers bestehen, kann sie ein ärztliches Gutachten anordnen oder verlangen, dass dieses vorgelegt wird (st. Rspr, vgl. BVerwG, 17.11.16, 3 C 20.15BVerwGE 156, 293, Rn. 19).

 

Beachten Sie | Bedenken gegen die körperliche und geistige Fahreignung bestehen nach § 11 Abs. 2 S. 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen.

 

Ordnet die Führerscheinbehörde an, dass eine gutachterliche Untersuchung erfolgen bzw. dass ein Gutachten vorgelegt werden soll, und weigert sich der Betroffene, darf hieraus auf die Nichteignung zum Fahren geschlossen werden. Dieser Rückschluss ist aber nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist, so der VGH Bayern.

 

PRAXISTIPP | Anwälte sollten stets anhand der Begründung der Beibringungsanordnung prüfen, ob diese verhältnismäßig und angemessen ist. Eine unklare Fragestellung und Begründung ermöglicht es dem Betroffenen nicht zu beurteilen, ob die Anordnung verhältnismäßig ist und wie weit er konkret mitwirken muss. Ist die Fragestellung nur teilweise gerechtfertigt, gehen Unklarheiten zulasten der Fahrerlaubnisbehörde.

 

 

 

Weiterführender Hinweis

  • Die Eignungsbeurteilung: So beurteilt die Führerscheinbehörde die Fahrtauglichkeit, SR 18, 46
Quelle: Ausgabe 10 / 2020 | Seite 164 | ID 46880751