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· Nachricht · Beruf

Assistenzleistungen sind auch im Rentenalter zu bezahlen

| Erreicht ein behinderter Mensch das Rentenalter und arbeitet trotzdem weiter, kann er weiterhin eine Assistenzkraft bezahlt verlangen, deren Kosten bisher bezahlt wurden. Das Gesetz legt insoweit keine Altersgrenze fest. Es stellt vielmehr darauf ab, ob die Hilfe notwendig ist und konkrete behinderungsbedingte Nachteile ausgleicht, sagt das BVerwG. |

 

Der 70-jährige Kläger ist blind und mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehindert anerkannt. Er übte eine selbstständige Tätigkeit als Lehrer, Berater und Gewerbetreibender mit 22 Wochenstunden aus. Dabei wurde er von einer Assistenzkraft unterstützt. Deren Kosten in Höhe von monatlich 1.650 EUR hatte bisher der beklagte Landeswohlfahrtsverband übernommen.

 

Da der Kläger ab dem 1.7.16 Altersrente bezog, stoppte die Beklagte die Zahlungen zum 30.6.16. Der Kläger setzte seine bisherige Tätigkeit jedoch fort und beantragte, die Kosten vom 1.7.16 bis zum 30.6.17 weiterhin zu zahlen. Sowohl sein Widerspruch als auch seine anschließende Klage blieben erfolglos. Erst das BVerwG gab ihm in der Revisionsinstanz recht (12.1.22, 5 C 6/20, Abruf-Nr. 227524).

 

MERKE | Bezüglich der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz als begleitende Hilfe im Arbeitsleben (§ 102 Abs. 4 SGB IX a. F., entsprechend § 185 Abs. 5 SGB IX n. F.) nennt das Gesetz für die erwerbstätige Person keine Altersgrenze. Diese lässt sich dem Gesetz auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen.

 

Für den Anspruch komme es einerseits darauf an, dass der schwerbehinderte Mensch einer nachhaltig betriebenen Erwerbstätigkeit nachgeht, die ihm eine wirtschaftliche Lebensgrundlage ermöglicht und sichert. Andererseits muss die Hilfe bzw. müssen die Assistenzleistungen behinderungsbedingte Nachteile ausgleichen, die sich konkret aus der Erwerbstätigkeit ergeben.

 

Beachten Sie | In der Berufungsinstanz hatte der Hessische VGH eben zu diesen beiden Voraussetzungen keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen. Daher war die Sache an ihn zurückzuweisen.

 

Weiterführende Hinweise

  • Muss Arbeitgeber bei Langzeiterkrankung auf drohenden Urlaubsverfall hinweisen?, SR 22, 5
  • Informations- und Aufklärungspflichten des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung, SR 20, 168
Quelle: Ausgabe 03 / 2022 | Seite 37 | ID 47998840