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· Fachbeitrag · Behinderung

Merkzeichen und höhere GdB können nicht per einstweiligem Rechtsschutz festgestellt werden

| Ein höherer Grad der Behinderung (GdB) sowie ein Merkzeichen kann nicht im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes gewährt werden. Zudem muss ein begehrtes Merkzeichen im Antrag eindeutig benannt sein, entschied jetzt das Bayerische LSG. |

 

Sachverhalt

Der A hatte einen GdB von 80. Er beantragte im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes, seinen bestehenden GdB auf 100 zu erhöhen. Des Weiteren wollte er für sich das Merkzeichen „G“ (Gehbehinderung) anerkannt haben. Ferner verlangte er einen „zuzahlungsfreien Parkschein“, der ihm sofort auszuhändigen sei. Gleichzeitig beantragte er PKH für das Verfahren. Das SG lehnte den Antrag und die PKH ab. Das LSG wies die Beschwerde hiergegen als unbegründet zurück.

 

Die Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für Merkzeichen ist genauso wie die Anerkennung eines höheren GdB im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig nicht möglich (Abruf-Nr. 187683).

 

Entscheidungsgründe

Es ist schon fraglich, ob die Statusfeststellungen überhaupt durch einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG getroffen werden können. Das Gericht lehnt dies - wie aus dem Leitsatz ersichtlich - ab. Selbst wenn die Feststellung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG möglich wäre, liegt hier - was den höheren GdB betrifft - auch kein Anordnungsgrund vor. Dieser wäre nur gegeben, wenn eine besondere Härte vorliegt. Eine solche ist hier auch nach dem Vortrag des A („Vermeidung von Schwarzfahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln“) nicht erkennbar.

 

Soweit der A einen „zuzahlungsfreien Parkscheins“ bekommen möchte, kann dies höchstens so interpretiert werden, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ oder „Bl“ festgestellt werden sollen. Andere Nachteilsausgleiche mit einem Bezug zum Parken von Fahrzeugen gibt es nicht. Diese hatte A aber nicht beantragt. Somit fehlt es sowohl an einem Antrag und einem Rechtsschutzbedürfnis.

 

Auf die abgelehnte PKH bezog sich die Beschwerde nicht. Aber auch insoweit hätte der Beschwerde das Rechtsschutzinteresse gefehlt. Das Verfahren war in der ersten Instanz abgeschlossen. Der Beschwerdeführer hätte aus einem aufhebenden und PKH gewährenden Beschluss keine Vorteile gehabt, da er erstinstanzlich nicht anwaltlich vertreten war.

 

Relevanz für die Praxis

Seitdem das 6. SGG-Änderungsgesetz ist der vorläufige Rechtsschutz in sozialgerichtlichen Verfahren umfassend und vollständig in den §§ 86a, 86b SGG geregelt.

 

Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist grundsätzlich, dass geprüft wird, ob eine Erfolgsaussichten besteht und eine vorläufige gerichtliche Entscheidung notwendig ist (LSG Baden-Württemberg, 6.6.16, L 2 SO 1902/16 ER-B). Erfolgsaussicht und Eilbedürftigkeit der gewünschten einstweiligen Regelung sind glaubhaft zu machen, ebenso der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund. Eine bloße Darlegung reicht nicht aus (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).

 

Es müssen für den Antragsteller besondere Härten vorliegen, die eine sofortige Entscheidung notwendig machen. Zu solchen Härten gehört nicht, wenn ein GdB von 100 statt 80 verlangt wird. Denn dies wirkt sich nur im Rahmen des Steuerfreibetrags (§ 33b EStG) und bei Freibeträgen beim Wohngeld aus. Solche steuerlichen Nachteile können im Fall eines Klageerfolgs nachträglich ausgeglichen werden (Bayerisches LSG 10.3.09, L 15 SB 35/09 BER).

 

 

 

Weiterführende Hinweise

  • Ebenso zum einstweiligen Rechtsschutz und zur Dringlichkeit bereits das LSG Sachsen-Anhalt 21.9.15, L 7 SB 48/14 BER)
  • Merkzeichen „B“: Gute Gründe für notwendige Begleitperson, SR 15, 196
Quelle: Ausgabe 08 / 2016 | Seite 136 | ID 44155822