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  • · Nachricht · Krankenversicherung

    Rückkehr eines Rentners von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung?

    | Ist eine Rückkehr von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung mittels eines vorübergehenden Wechsels von einer Vollrente in eine Teilrente möglich? Mit dieser Frage muss sich bald das BSG (B 6a/12 KR 3/24 R) befassen. |

     

    Vorausgegangen ist im konkreten Fall ein Urteil des LSG Baden-Württemberg (24.1.24, L 5 KR 1336/23), Doch auch andere Gerichte haben sich mit dem Thema bereits befasst. Nachfolgend soll der Fall aus Baden-Württemberg kurz vorgestellt werden, da er ‒ wenn das BSG der Auffassung des LSG zustimmt ‒ unzähligen Rentnern einen relativ einfachen Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ermöglichen würde.

    • Beispiel

    Der 1945 geborene Rentner war privat krankenversichert. Zum 1.2.22 wurde die bisherige Regelaltersrente auf seinen Antrag hin nur noch als Teilrente (458,16 EUR) gezahlt (Wahlrecht nach § 42 Abs. 1 SGB VI hinsichtlich Voll- oder Teilrente). Daraufhin beantragte er, ab dem 1.2.22 bei seiner gesetzlich versicherten Ehefrau in die Familienversicherung aufgenommen zu werden. Der Einbezug wurde ihm auch zunächst gewährt. Seit dem 1.5.22 bezog der Rentner eine Altersrente in Höhe von 954,50 EUR. Daraufhin stornierte die gesetzliche Krankenkasse die Familienversicherung rückwirkend zum 1.2.22. Zur Begründung führte sie aus, Voraussetzung für den Anspruch auf eine kostenfreie Familienversicherung sei u. a., dass er mit seinem Gesamteinkommen die seinerzeit geltende Einkommensgrenze von monatlich 470 EUR nicht übersteigen dürfe (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).

     

    Voraussetzungen waren ab Februar 2022 erfüllt

    Das LSG sah jedoch die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Familienversicherung in der Zeit von Februar bis April 2022 als erfüllt an. Ab Februar 2022 hatte der Rentner prognostisch kein Gesamteinkommen (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V), das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (2022: 470 EUR) belief, überschritt. Bei der Ausübung des Wahlrechts nach § 42 Abs. 1 SGB VI handelt es sich nicht um einen Verzicht nach § 46 SGB I. Der Gesetzgeber hat explizit die Möglichkeit geschaffen, nur eine Teilrente mit niedrigerer Rentenhöhe in Anspruch zu nehmen. Die sich aus der Wahl ergebenden versicherungsrechtlichen Folgen sind zu akzeptieren. Diese Änderung hatte die Beklagte bei der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen.

     

    Geplante Wiederaufstockung unschädlich

    Dass der Rentner bei Antragstellung bereits plante, die Rente wieder aufzustocken, ist nicht zu bezweifeln. Dies führt jedoch zu keinem anderen Ergebnis. Zu einer Wiederaufstockung war der Rentner nach § 42 SGB VI berechtigt. Auf die Motivation, weshalb er (vorübergehend) nur eine Teilrente in Anspruch nimmt, kommt es nicht an. Ob der Rentner insoweit schon konkrete Pläne hatte, kann deshalb ebenso wie die Frage, ob der Rentner hinsichtlich dieser inneren Tatsache auch ohne entsprechende Nachfrage der Beklagten eine Offenbarungspflicht traf oder ob sie nur verpflichtet waren, die Änderung der Angaben und die Wiederaufstockung der Beklagten gemäß § 10 Abs. 6 SGB V zu melden, dahingestellt bleiben. Ein entsprechender Plan ändert nichts daran, dass der Rentner lediglich die explizit gesetzlich zugelassene Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Rentenhöhe wahrnahm. Ein Verstoß gegen das allgemeine Umgehungsverbot, eine missbräuchliche Rechtsgestaltung oder eine auslegungsbedürftige Gesetzeslücke sind nicht erkennbar.

     

    Obligatorische Anschlussversicherung

    Nach § 188 Abs. 4 SGB V setzt sich für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung endet, die Versicherung mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten seinen Austritt. Liegen die Voraussetzungen für diese obligatorische Anschlussversicherung vor, beginnt die damit verbundene freiwillige Mitgliedschaft im unmittelbaren Anschluss an den Wegfall der Versicherungspflicht oder der Familienversicherung. Die freiwillige Versicherung schließt sich lückenlos „mit dem Tag“ nach der beendeten Pflicht- oder Familienversicherung an. Die nach dieser Vorschrift konstruierte Anschlussversicherung setzt sich unabhängig von einem darauf gerichteten Willen des Mitglieds kraft Gesetzes fort. Es handelt sich um eine Pflichtkrankenversicherung in Form der freiwilligen Versicherung, nicht aber um eine Versicherung „aus freien Stücken“.

     

    PRAXISTIPP | Die Entscheidung des BSG wird sicher mit Spannung erwartet werden, denn Gerichte wie das SG Mainz haben auch anders entschieden. Allein die Bezugsdauer einer Teilrente von vier Monaten reiche nicht aus, um dem Einkommen die Eigenschaft einer Regelmäßigkeit zu verleihen, wenn schon zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde zu erwarten gewesen ist, dass nach Ablauf der vier Monate eine entsprechende Änderung eintritt (SG Mainz 7.2.24, S 7 KR 41/22; SG München 6.7.23, S 15 KR 923/22; a. A. SG München 19.1.23, S 59 KR 649/22).

     
    Quelle: ID 50328477