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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Was Ärzte zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wissen sollten

    von RA Benedikt Büchling und RA Tim Hesse, Dortmund/Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Der niedergelassene Arzt beschäftigt in seiner Praxis regelmäßig Medizinische Fachangestellte (MFA) als Arbeitnehmerinnen i. S. des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Bei einer Arbeitsunfähigkeit (AU) infolge von Krankheit muss der Arzt das Entgelt der MFA für die Zeit der AU bis zur Dauer von sechs Wochen fortzahlen. Der Beitrag beschreibt die bestehende Rechtslage, erläutert die gesetzlichen Voraussetzungen zur Entgeltfortzahlungspflicht und gibt dem Arzt als Arbeitgeber wichtige Hinweise für die gelebte Praxis. |

    1. Rechtslage zur Entgeltfortzahlung

    Die Regelung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 EFZG gilt für alle Arbeitnehmer, die durch AU infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert sind, ohne dass sie ein Verschulden trifft. Insofern kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden Beschäftigten nur in Teilzeit oder gar nur geringfügig beschäftigt sind.

     

    Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entsteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses, sofern nicht tarif- oder einzelvertragliche Regelungen für den Arbeitnehmer günstigere Voraussetzungen vorsehen.

     

    Der Manteltarifvertrag für Arzthelferinnen enthält insoweit die Besonderheit, dass die vier Wochenfrist für Arzthelferinnen nicht gilt.

     

    Der Arbeitnehmer muss „durch AU infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert“ sein. Nicht jede Krankheit führt also zu einem Entgeltfortzahlungsanspruch. Von der erforderlichen AU ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit objektiv nicht ausüben kann oder nicht ausüben sollte, weil die Heilung nach ärztlicher Prognose verhindert oder verzögert wird. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG 7.8.91, AP LohnFG § 1 Nr. 94; 9.1.85).

     

    PRAXISHINWEIS | Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Entgeltfortzahlungsanspruch ausgeschlossen, wenn den Arbeitnehmer ein grobes Verschulden an dem Eintritt der Krankheit trifft (BAG 7.8.91, 5 AZR 410/90, NZA 1992,69; etwa bei Alkoholabhängigkeit).

     

    Die Höchstdauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs beträgt sechs Wochen. Sein Ende findet der Anspruch mit dem Wegfall einer seiner Voraussetzungen, also etwa mit Ablauf der sechs Wochen oder auch dann, wenn die MFA nicht mehr krank oder nicht mehr arbeitsunfähig ist.

     

    Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, erlischt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung dann nicht, wenn

     

    • er vor der erneuten AU mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
    • seit Beginn der ersten AU infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

    2. Hinweise für den Arzt als Arbeitgeber

    Eine erkrankte MFA trifft die gesetzliche Pflicht, dem Arzt als Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung über die AU und deren voraussichtliche Dauer (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - AUB) vorzulegen, wenn die Erkrankung länger als drei Kalendertage dauert. Die Vorlage der AUB muss am nächsten Arbeitstag, der auf den Erkrankungstag folgt, stattfinden. Bei kürzeren Erkrankungen besteht keine gesetzliche Pflicht zur Vorlage eines Attests. Das Gesetz erlaubt dem Arzt, die Vorlage einer AUB schon vom ersten Tag der Erkrankung an zu verlangen. Eine entsprechende Verpflichtung der MFA kann im Arbeitsvertrag vereinbart werden (BAG 14.11.12, 5 AZR 886/11, NZA 13, 322).

     

    Wird dem Arzt trotz längerer AU aufgrund Erkrankung keine AUB vorgelegt, kann er die Entgeltfortzahlung verweigern. Im Übrigen kann der wiederholte Verstoß gegen die Pflicht zur Vorlage der ärztlichen AUB einen wichtigen Grund für eine außerordentliche, fristlose Kündigung der MFA begründen (vgl. LAG Köln 17.11.00, 4 Sa 1066/00, NZA-RR 01, 367). Verweigert die MFA auch nach Abmahnung den Nachweis ihrer Erkrankung, rechtfertigt auch dieses Verhalten die außerordentliche Kündigung (vgl. BAG 15.1.86, 7 AZR 128/83, AP BGB § 626 Nr. 93).

     

    PRAXISHINWEIS | Problematisch sind Fälle, in denen der Arbeitnehmer die Arbeit trotz weiterhin gültiger krankheitsbedingter AU bereits wieder aufnehmen will. Hierauf besteht kein Anspruch. Von der Beschäftigung einer MFA bei bestehender AU ist auch abzuraten. Denn es besteht die Gefahr, dass sich der Arzt ihr gegenüber schadenersatzpflichtig macht, wenn bei ihr aufgrund der verfrühten Arbeitswiederaufnahme eine Verschlimmerung des Krankheitszustands eintritt. Dem Arzt ist dann möglicherweise eine Verletzung seiner Rücksichtnahmepflicht vorzuwerfen, wenn ihm die Rückfallgefahr seiner Angestellten bekannt sein musste.

     

    3. Fazit

    Nicht zuletzt angesichts dieser möglichen Schadenersatzpflicht sollte der Arzt seine Rechte und Pflichten als Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall möglichst genau kennen. Um finanzielle Einbußen zu abzuwenden und Streitigkeiten in Kündigungsfällen vorzubeugen, kann darüber hinaus die Inanspruchnahme rechtlicher Beratung sinnvoll sein.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 83 | ID 44342259

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