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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Heilbehandlung, Nebenleistung, eng verbundener Umsatz und therapeutisches Kontinuum

    | Das Umsatzsteuerrecht unterscheidet bei den Heilbehandlungen selbstständige Hauptleistungen, unselbstständige Nebenleistungen und eng verbundene Umsätze. Der EuGH hat diese Kategorien um eine weitere bereichert, das therapeutische Kontinuum. Damit stellt sich nicht nur die Frage nach der Abgrenzung des neuen Begriffs zu den übrigen, sondern auch, ob über das therapeutische Kontinuum an sich selbstständige Hauptleistungen verschiedener umsatzsteuerlicher Unternehmer miteinander verbunden werden können, sodass die Umsatzsteuerbefreiung der einen Hauptleistung auch die Umsatzsteuerbefreiung der anderen nach sich zieht, weil beide Leistungen innerhalb eines therapeutischen Kontinuums verbunden sind. |

    1. Umsatzsteuerbefreiung

    1.1 Umsatzsteuerbefreiung für Behandler (§ 4 Nr. 14 Buchst. a UStG)

    Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind von der Umsatzsteuer befreit Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen beruflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Die Vorschrift setzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSysRL um. Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind die Steuerbefreiungstatbestände des Art. 132 MwStSystRL als Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz, dass jede Dienstleistung gegen Entgelt der Mehrwertsteuer unterliegt, eng auszulegen (EuGH 14.9.00, C-384/98). Diese restriktive Auslegung muss jedoch mit den Zielen im Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gesamte Mehrwertsteuersystem beruht. Ziel der benannten Steuerbefreiung ist es, die Kosten der Heilbehandlungen zu senken (EuGH 18.11.10, C-156/09).

     

    Bei richtlinienkonformer Auslegung setzt § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt, und dass er die dafür erforderliche Qualifikation besitzt (BFH 8.8.13, V R 8/12, BFH/NV 14, 119, m. w. N.). Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dienen der Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Sie müssen einen therapeutischen Zweck haben. Hierzu gehören auch Leistungen zum Zweck der Vorbeugung und zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit. „Ärztliche Leistungen“, „Maßnahmen“ oder „medizinische Eingriffe“ zu anderen Zwecken sind keine Heilbehandlungen (BFH 18.8.11, V R 27/10; BFH 4.10.14, V R 16/12).