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  • · Fachbeitrag · Lohnsteuer

    Das Aus für die Fahrzeugwerbung als Lohnsteuer-Modell

    von StB Christian Herold, Herten

    | Bringt der Arbeitnehmer einen Werbeaufkleber des Arbeitgebers an seinem privaten Pkw an und erhält er dafür von seinem Arbeitgeber eine Vergütung, handelt es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 EStG . Diese sind steuerfrei, soweit sie weniger als 256 EUR im Jahr betragen. Dieses seit Jahren gängige Steuermodell zur Nettolohn-Optimierung wird nun allerdings vonseiten der Finanzverwaltung massiv angegriffen und steht vor dem Aus. |

    1. Wie konnte es so weit kommen?

    Wie so häufig bei Steuermodellen ist auch die Gestaltung „Zuschuss für eine Fahrzeugwerbung“ zu sehr auf die Spitze getrieben worden. Auch wenn es genügend Warnungen gab: Allzu viele Arbeitgeber haben ihren Arbeitnehmern 255 EUR lediglich dafür bezahlt, dass sie die Halterung für das Kfz-Kennzeichen mit einer Werbung für ihre Firma versehen haben. Auch ist der Betrag jährlich erneut gezahlt worden, so dass eine Regelmäßigkeit gegeben war, obwohl die Empfehlung von vorsichtigen Beratern lautete, den Betrag immer (nur) dann zu zahlen, wenn sich der Aufkleber/Werbeaufdruck ändert oder aber das Fahrzeug gewechselt wird. Insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis die Finanzverwaltung reagiert. Sie nimmt das Steuermodell nun wie nachfolgend geschildert ins Visier und sieht in den Zahlungen Lohnbestandteile, die zu Einkünften aus nicht-selbstständiger Tätigkeit führen.

    2. Angriffspunkt 1: Gehaltserhöhung mit Rückfallklausel

    In jüngster Zeit ist es vermehrt zu „Gehaltserhöhungen mit Rückfallklauseln“ gekommen, die allerdings mit Vorsicht zu genießen sind.

     

    • Beispiel

    Ein Arbeitnehmer wünscht eine Gehaltserhöhung von 255 EUR pro Jahr. Der Arbeitgeber willigt unter der Bedingung ein, dass der Arbeitnehmer Werbung an seinem Fahrzeug anbringt. Es wird also ‒ ob schriftlich oder mündlich ‒ dem wirtschaftlichen Gehalt nach ein Vertrag über die Vermietung von Werbeflächen geschlossen. Der Arbeitnehmer möchte allerdings eine gewisse Sicherheit haben, dass der Betrag von 255 EUR dauerhaft gewährt wird und die Zahlung nicht ins Belieben seines Arbeitgebers gestellt wird. Zudem könnte der Arbeitgeber bei einem vorzeitigen Verkauf des Kfz einen Teil des gezahlten Betrags zurückverlangen. Also einigen sich beide darauf, dass die „Leistung des Arbeitgebers durch eine andere Leistung ersetzt wird, wenn der gewährte ‒ bislang steuerfreie ‒ Baustein entfällt. Wenn ein „Bausteinersatz“ nicht möglich ist, erhält der Arbeitnehmer einen anderweitigen Ausgleich.

     

     

    Die Modelle basieren auf dem „Garagen-Urteil“ des BFH (7.6.02, BStBl II 02, 829). Danach gilt: Überlässt der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine eigene Garage, in der ein Dienstwagen untergestellt wird, stellt das vom Arbeitgeber gezahlte Nutzungsentgelt regelmäßig keinen Arbeitslohn dar. Diese Ansicht beruht darauf, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern eigenständige Nutzungsverhältnisse neben den Dienstverträgen bestehen und sich die gezahlten Beträge ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Gegenleistung für die Überlassung der Garagen darstellen ‒ und nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft.

     

    Daher sind die Rechtsverhältnisse ‒ übertragen auf die Fälle der Kfz-Werbung ‒ auch hier grundsätzlich getrennt zu betrachten. Aber: Nach Ansicht der Finanzverwaltung erfolgt die getrennte Betrachtung nur, wenn auch mit einem Dritten (Nichtarbeitnehmer) ein Mietvertrag gleichen Inhalts abgeschlossen worden wäre. Erfolge keine ausreichende Trennung zwischen dem Arbeits- und dem Werbevertrag, so handele es sich bei den Zahlungen um Vorteile aus dem Arbeitsverhältnis und nicht um sonstige Einkünfte. Die Zahlungen gelten deshalb als steuerpflichtiger Arbeitslohn. Bei einer Vereinbarung wie im Beispielsfall, also bei „Baustein-Verträgen“, sei im Regelfall nicht von einer ausreichenden Trennung auszugehen ‒ so die Auffassung der Finanzverwaltung, die zunehmend in Betriebs- und Lohnsteuer-Außenprüfungen geäußert wird.

    3. Angriffspunkt 2: Vertrag scheitert am Fremdvergleich

    Nicht nur die Fälle mit den Rückfallklauseln sind in den Fokus der Finanzverwaltung gerückt. Sie versucht nun, die Gestaltungen mit dem Argument des fehlenden Fremdvergleichs zu verwerfen.

     

    • O-Ton aus einem Bericht einer Lohnsteuer-Außenprüfung

    „Dem … ist es nicht gelungen, den Nachweis zu erbringen, dass Frau … auf dem freien Markt eine Vergütung für die Aufbringung des Werbeaufdrucks auf dem Pkw … in gleicher Höhe hätte erzielen können. Mangels Fremdüblichkeit wird daher der Betrag von 255 EUR als Arbeitslohn gewertet und ist entsprechend nachzuversteuern.“

     

    Rückenwind erhält die Finanzverwaltung durch ein Urteil des FG Rheinland-Pfalz (23.11.16, 2 K 1180/16, Rev. BFH VI R 21/17). Laut Sachverhalt hatte sich eine Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät ein Konzept zur Lohnsteueroptimierung erarbeiten lassen. Unter anderem sah das Konzept vor, dass Werbekostenzuschüsse für das Aufbringen eines „Werbeflächenaufklebers“ auf den Privatfahrzeugen der Mitarbeiter geleistet werden. Bei dem „Werbeflächenaufkleber“ handelte es sich um ein „Logo in den Farben schwarz, weiß und rot im Format 15 cm x 10 cm.

     

    Das FG entschied hier, dass es sich bei den Zahlungen nicht um Entgelt für eine sonstige Leistung i. S. des § 22 Nr. 3 EStG, sondern ebenfalls um Lohnbestandteile handelte. Wörtlich heißt es: „Das Herumfahren mit dem Logo der Klägerin ist nicht als sonstige Leistung einzuordnen.“ Bei der Vereinbarung sei zeitlich und wirtschaftlich ein enger Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gegeben. Darüber hinaus komme dem Anbringen des Logos keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Insbesondere sei eine inhaltlich relevante Werbewirkung nicht auszumachen. Das Logo sei von seiner Größe und Form her völlig unauffällig und erst bei näherem Herantreten an den jeweiligen Pkw überhaupt erkennbar. Bei Dunkelheit dürfte es überhaupt nicht wahrzunehmen sein. Der private Gebrauch der Fahrzeuge sei in keiner Weise beeinträchtigt.

     

    PRAXISHINWEIS | Im Urteilsfall kam hinzu, dass das Logo (es war eine bloße Buchstabenfolge) aus der Sicht eines unvoreingenommenen Dritten keinen Zusammenhang mit der Praxis des Arbeitgebers herstellen konnte. Da es sich nicht um ein Markenzeichen handelte, dass allgemein oder zumindest einem größeren Personenkreis bekannt war, kam auch eine Werbewirkung im Wege des „Namedroppings“ nicht infrage. Zudem wurde das vorgebliche Werbeentgelt unabhängig von der Fahrleistung des jeweiligen Mitarbeiters und unabhängig von dem Umfeld, in dem er sich bewegt (Stadtverkehr oder ländlich abgeschiedene Strecken), bemessen. Auch dies deutete darauf hin, dass der ins Feld geführte Werbeeffekt nicht ernsthaft ins Kalkül gezogen wurde.

     

    Letztlich bleibt festzuhalten, dass der Arbeitgeber wohl einem fremden Dritten kaum 255 EUR pro Jahr gezahlt hätte, damit dieser ein Kanzleilogo auf seinem Kfz anbringt ‒ so zumindest die Ansicht von Finanzverwaltung und FG Rheinland-Pfalz. Umso mehr spricht nach Auffassung der Finanzverwaltung einiges dafür, auch Zahlungen für reine Kennzeichenhalterungen dem Arbeitslohn zuzuordnen. Werbungen auf Kennzeichenhalterungen seien heutzutage üblich und weit verbreitet, Vergütungen dafür würden aber nicht geleistet. Zahlungen seien deshalb als steuerpflichtiger Arbeitslohn einzustufen.

    4. Praxishinweise

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gegen das Urteil des FG Rheinland-Pfalz Revision eingelegt worden ist, sodass in Streitfällen Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden sollte.

     

    Bestehende Verträge bzw. Gestaltungen hingegen sollten daraufhin untersucht werden, ob sie den Anforderungen des genannten Urteils standhalten. Falls nicht, sollte gegebenenfalls nachgebessert werden, sofern dies möglich ist. Das heißt: Statt einer reinen Kennzeichenhalterung sollte ein großformatiger Werbeaufkleber angebracht werden, der eindeutig auf das Unternehmen schließen lässt und den ein fremder Dritter auch tatsächlich als Werbung wahrnehmen würde.

     

    In aktuell anstehenden Gestaltungen hingegen sollten „Rückfallklauseln“ und „Bausteinverträge“ mit äußerster Sorgfalt betrachtet werden. Gegebenenfalls sollte zuvor der Weg einer Anrufungsauskunft beschritten werden.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2017 | Seite 327 | ID 44950976

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