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  • 31.05.2013

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 27.06.2012 – 15 K 1583/09

    1. Gem. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG sind steuerfrei, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater
    Schulen und anderer allgemein- oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie
    auf einen Beruf oder eine vor einer jur. Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Die
    Bescheinigung ist dabei materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung.


    2. Zur Ordnungsgemäßheit einer solchen Bescheinigung ist es erforderlich, dass darin die Vorbereitung auf einen Beruf oder
    eine abzulegende Prüfung entsprechend dem Gesetzeswortlaut bescheinigt ist. Eine Bescheinigung mit dem Wortlaut, dass „von
    der Stpfl. berufliche Bildungsmaßnahmen i.S.d. § 4 Nr 21 a) bb) UStG ordnungsgemäß durchgeführt werden”, genügt jedoch nicht.


    3. Auch eine Steuerbefreiung gem. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j RL 77/388/EWG scheidet aus, da die Tätigkeit der Stpfl.
    sich weder an Schüler oder Hochschüler, sondern an Arbeitnehmer richtet, die die Supervision zu ihrer Fortbildung besuchen.


    Im Namen des Volkes


    URTEIL


    In dem Rechtsstreit


    hat der 15. Senat in der Besetzung: Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtlicher
    Richter … ehrenamtliche Richterin … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 27.06.2012 für Recht erkannt:


    Tatbestand:

    Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin erbrachte Supervisionsleistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.

    Die Klägerin ist Diplom-Psychologin und erklärte für die Streitjahre 2002 bis 2005 Umsätze als freiberufliche Supervisorin.

    Die Bezirksregierung A erteilte ihr unter dem Datum des 13.11.2000 „
    auf Widerruf” eine „
    Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a), bb) Umsatzsteuergesetz” (Bl. 32f FG-Akte), in der es heißt:



    Ihrer Einrichtung” werde „
    bescheinigt, dass folgende berufliche Bildungsmaßnahme/n im Sinne des § 4 Nr. 21 a), bb) Umsatzsteuergesetz ordnungsgemäß
    durchgeführt wird/werden:


    Supervision

    Personen zentrierte Gesprächsführung

    Weiterbildung zur Eltern-Kind-Kursleiterin

    berufsbegleitender Unterricht für Erzieherinnen.”

    Die Klägerin erklärte in den Streitjahren die Umsätze aus Supervisionsleistungen als steuerfreie Umsätze. Der Beklagte folgte
    insoweit zunächst den Steuererklärungen.


    Nachdem der BFH mit Urteil vom 30.6.2005 V R 1/02 entschieden hatte, dass Supervision keine nach § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes
    – UStG – wegen Heilbehandlung umsatzsteuerfreie Leistung sei, ordnete der Beklagte bei der Klägerin im Rahmen einer Schwerpunktprüfung
    eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an, die mit Bericht vom 15.11.2007 endete. Darin kam die Prüferin grundsätzlich zu dem Ergebnis,
    dass die von der Klägerin erbrachten Supervisionsleistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien.


    Die Prüferin beließ diejenigen Supervisionsleistungen steuerfrei, die die Klägerin nachweislich gegenüber dem Bildungswerk
    der Erzdiözese A sowie gegenüber Einzelpersonen als berufsbegleitende Maßnahme erbracht hatte, z.B. zur Ausbildung zur Beraterin
    beim Caritasverband. Die übrigen Supervisionsleistungen (in Höhe von netto 16.330,52 EUR für 2002, 15.850,22 EUR für 2003
    und 14.511,81 EUR für 2004) seien – so die Prüferin – nicht umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Auf den o.g. Bericht
    wird für weitere Einzelheiten Bezug genommen.


    Der Beklagte folgte der Ansicht der Prüferin und erließ jeweils am 13.02.2008 Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer 2002 bis
    2004 und – außerhalb des Prüfungszeitraums – am 20.2.2008 einen Änderungsbescheid zur Umsatzsteuer 2005.


    Gegen diese Bescheide legte die Klägerin fristgerecht Einsprüche ein, die sie im Wesentlichen damit begründete, dass die Umsätze
    schon aufgrund der ihr erteilten Genehmigung der Bezirksregierung A nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zwingend als steuerfrei zu
    behandeln seien.


    Der Beklagte wies die Einsprüche – nach Erlass eines teilweise dem Einspruch stattgebenden Änderungsbescheids zur Umsatzsteuer
    2005 vom 11.3.2008 – mit Einspruchsentscheidung vom 14.4.2009 als unbegründet zurück. Er verwies zur Begründung im Wesentlichen
    auf seine bereits im Prüfungsbericht und den nachfolgenden Erörterungen vertretene Auffassung, dass solche Leistungen, die
    nicht als Unterrichtstätigkeiten nach festliegendem Lehrprogramm und Lehrplänen unmittelbar Ausbildungs- und Fortbildungszwecken
    gedient hätten, nicht nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG steuerfrei seien. Einzelne Vorträge oder Vortragsreihen fielen nicht unter
    die Steuerfreiheit.


    Die Bescheinigung der Bezirksregierung befinde verbindlich nur über die Frage der Ordnungsgemäßheit der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung.
    Ob es sich jedoch bei der Klägerin überhaupt um eine vom Gesetz geforderte „Einrichtung” handle, die unmittelbar Schul- und
    Bildungszwecken diene, entscheide das FA in eigener Zuständigkeit.


    Daraufhin hat die Klägerin am 14.5.2009 die vorliegende Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:

    Ihre Auftraggeber seien in der Regel öffentliche Institutionen sowie Träger der freien Wohlfahrtspflege. Die Supervision werde
    von diesen in eigenen Fort- und Weiterbildungsprogrammen für Mitarbeiter angeboten und vorausgesetzt. Sie – die Klägerin –
    decke insbesondere die Supervision im Bereich Kinder – und Jugendhilfe, Erziehung, Psychiatrie und Bildungsarbeit ab. Regelmäßig
    seien diese Supervisionen Bestandteil gesetzlicher oder organisatorisch vorgegebener Fortbildungsmaßnahmen (z.B. nach § 72
    Abs. 3 SGB VII, Psychiatrische Personalverordnung für psychiatrische Kliniken, Rahmenkonzept der Frauenberatungsstellen im
    Paritätischen NRW, Richtlinien des Landschaftsverbandes Rheinland für Behindertentagesstätten etc.).


    Für die Steuerbefreiung ihrer Leistungen reiche es aus, dass es sich gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. Richtlinie
    77/388 EWG um Aus- oder Fortbildung handele, die unmittelbar dem (beruflichen) Bildungszweck diene. Sie – die Klägerin – sei
    eine Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG, da sie die personellen, organisatorischen und sachlichen Voraussetzungen
    erfülle. Sie betreibe als Diplom-Psychologin mit Zusatzausbildung als Supervisorin in entsprechend ausgestatteten angemieteten
    Räumen berufliche Fortbildung entsprechend den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft der Supervision e.V. Für die Bejahung
    von „Fortbildungsmaßnahmen” reichten auch eigenständige Fortbildungsleistungen über einen gewissen Zeitraum mit entsprechenden
    beruflichen Inhalten aus; ihre Leistungen seien also im Rahmen von Fortbildungsprogrammen erbracht worden.


    Im Übrigen seien die erbrachten Supervisionsleistungen auch gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der 6. Richtlinie
    77/388 EWG steuerfrei, da der weitaus überwiegende Teil der Leistung an anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht
    worden seien. Mit der Schulung der eng mit sozialen Aufgaben der Wohlfahrtorganisationen befassten Personen (Pädagogen, Pfleger,
    Sozialarbeiter) würden letztlich Dienstleistungen erbracht, die eng mit der Sozialfürsorge im Sinne dieser Vorschriften verbunden
    seien.


    Der tatsächliche Inhalt der erbrachten Leistung sei durch die Anlagen zur Klageschrift sowie im Rahmen der Sonderprüfungen
    und der nachfolgenden Erörterungen umfassend und vollständig dargelegt worden.


    Zudem seien gleichgelagerte Klageverfahren zugunsten der dortigen Kläger beendet worden, so in 2011 das Verfahren vor dem
    FG Köln 3 K 2286/08 sowie in 2010 das Klageverfahren vor dem FG Düsseldorf 5 K 305/08 U.


    In dem zum letztgenannten Aktenzeichen von der Klägerin übersandten Protokoll des Erörterungstermins vor dem dortigen Berichterstatter
    heißt es u. a.:



    Die Klägerin besitze für die Streitjahre eine Bescheinigung, wonach sie eine Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG sei,
    die auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung ordnungsgemäß
    vorbereite
    .”


    Die Klägerin beantragt,

    die Umsatzsteuerbescheide für 2002 bis 2004, jeweils vom 13.2.2008, sowie den Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 11.3.2008 sowie
    die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.9.2009 aufzuheben,


    hilfsweise die Revision zuzulassen,

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung führt er im Wesentlichen unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung aus:

    Die Klägerin übe keine Unterrichtstätigkeit aus. Der Schwerpunkt der von ihr beschriebenen Supervisionstätigkeit liege auf
    dem in den Sitzungen vorgenommenen Erfahrungsaustausch. Entscheidend sei der tatsächliche Inhalt der erbrachten Leistung;
    aus den dazu vorgelegten Bestätigungen der Leistungsempfänger gehe nicht hervor, dass die Supervisionen einer konkreten Unterrichtstätigkeit
    entsprächen, weil sie mit einen konkreten Lehrplan und Lehrinhalt versehen gewesen wären, ob und wie diese konkret umgesetzt
    worden seien, ob und wie die gesteckten Zielsetzungen erreicht worden seien (Test, Kontrollen etc.). Es sei auch nicht erkennbar,
    dass eine Vermittlung der Supervisionstechnik zwecks nachfolgender Anwendung durch die Teilnehmer selbst stattgefunden habe.


    Zudem sei die von der Bezirksregierung erteilte Bescheinigung zu unbestimmt, um eine Bindungswirkung zu entfalten, da weder
    ein zeitlicher Wirkungsrahmen noch der Bezug zur jeweils konkret durchgeführten Maßnahme ersichtlich sei. Auch sehe Abschn.
    114 Abs. 4 UStR vor, dass für verschiedenartige Bildungszwecke getrennte Bescheinigungen vorzulegen seien.


    Etwaige Abhilfen in anderen, von der Klägerin vorgetragenen Streitfällen hätten keinen Einfluss auf den hier konkret zu entscheidenden
    Sachverhalt.


    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist unbegründet.

    Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für 2002 bis 2004, jeweils vom 13.2.2008, und der Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 11.3.2008
    sowie die zu diesen Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.9.2009 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher
    nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Recht hat der Beklagte die hier streitigen
    Supervisionsleistungen der Umsatzsteuer unterworfen, da die Klägerin damit sonstige Leistungen gegen Entgelt erbracht hat,
    die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der in Streitjahren geltenden Fassung der Umsatzsteuer unterliegen
    und weder nach dem UStG noch nach der damals noch geltenden Richtlinie 77/388 EWG steuerfrei sind.


    I.

    Die Leistungen des Klägers sind nicht nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG von der Steuer befreit.

    1.

    Nach dieser Norm sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck
    dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige
    Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende
    Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.


    Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist dabei materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der in
    der o.g. Norm bezeichneten Umsätze (BFH-Urteil vom 17.4.2008 V R 58/05, BFHE 221,489, BFH/NV 2008,1418, HFR 2008,1056 zu §
    4 Nr. 21 b UStG 1993 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 24.9.1998 V R 3/98, BFHE 187, 334, BStBl II 1999, 147 zur vergleichbaren
    Vorschrift des § 4 Nr. 20 a UStG 1993, dort II. 1. b der Gründe). Bei den als Gegenstand der Bescheinigung angeführten Umständen
    handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich
    der Finanzbehörden zuzuordnen wären. Daher prüft und entscheidet die zuständige Landesbehörde bindend, ob die Einrichtung
    als solche auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß
    vorbereitet (BFH-Urteil vom 3.5.1989 V R 83/84 BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815,HFR 1990, 40 m.w. Nachw.).


    Zur Ordnungsgemäßheit einer solchen Bescheinigung ist es folglich erforderlich, dass darin entsprechend dem Gesetzeswortlaut
    bescheinigt ist, dass auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung
    ordnungsgemäß vorbereitet wird (so auch ausdrücklich BFH-Urteil vom 17.4.2008 V R 58/05, BFHE 221,489, BFH/NV 2008,1418, HFR
    2008,1056, unter II. 2. c der Gründe; vgl. Abschn. 114 Abs. 1 Satz 2 UStR 2000).


    2.

    Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG liegen im Streitfall schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin
    keine ordnungsgemäße Bescheinigung im Sinne der Norm besitzt. Der Klägerin wird vielmehr von der zuständigen Bezirksregierung
    A lediglich bescheinigt, dass von ihr „
    berufliche Bildungsmaßnahme/n im Sinne des § 4 Nr. 21 a), bb) Umsatzsteuergesetz ordnungsgemäß durchgeführt” werden. Dies genügt jedoch nicht (so ausdrücklich zum insoweit gleichlautendem Wortlaut einer Bescheinigung – offenbar ebenfalls
    von der Bezirksregierung A ausgestellt, da die Bundessteuerberaterkammer in den dortigen Streitjahren noch ihren Sitz in C
    hatte – das BFH-Urteil vom 17.4.2008 V R 58/05, BFHE 221, 489, BFH/NV 2008,1418, HFR 2008,1056, unter II. 2. c der Gründe).
    Zur Abgrenzung weist der Senat darauf hin, dass in dem von der Klägerin angeführten Parallelfall beim FG Düsseldorf nach dem
    Wortlaut des Terminsprotokolls eine ordnungsgemäße Bescheinigung der dortigen Bezirksregierung vorlag.


    II.

    Die Klägerin kann sich ferner nicht mit Erfolg auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 77/388/EWG berufen.

    1.

    Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Umsatzsteuer

    die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die
    berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen
    des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat
    anerkannter vergleichbarer Zielsetzung (Buchst. i)


    sowie – den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht (Buchst. j).

    2.

    Die Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG liegen nicht vor.

    a)

    Zwar kann der Begriff der Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung nicht nur juristische Personen, sondern auch natürliche Personen
    erfassen, da der Grundsatz der steuerlichen Neutralität es verbietet, Wirtschaftsteilnehmer, die die gleichen Umsätze bewirken,
    bei deren Besteuerung unterschiedlich zu behandeln (BFH-Urteil vom 17.4.2008 V R 58/05, BFHE 221,489, BFH/NV 2008,1418, HFR
    2008,1056 unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 7.9.1999 Rs. C-216/97, Gregg, Slg. 1999, I-4947, Umsatzsteuer-Rundschau –UR–
    1999, 419 Rn. 14 bis 20). Für diese Anerkennung reicht in Deutschland eine ordnungsgemäße Bescheinigung im Sinne des § 4 Nr.
    21 a) bb) UStG aus (vgl. BFH-Urteil vom 24.1.2008 V R 3/05, BFHE 221,302, BStBl II 2012,267 –Ballettschule, dort die Anerkennung
    bejahend–, vgl. weiter bei nicht ordnungsgemäßer Bescheinigung verneinend: BFH-Urteil vom 17.4.2008 V R 58/05, BFHE 221,489,
    BFH/NV 2008,1418, HFR 2008,1056 unter II. 3. a der Gründe).


    b)

    Die von den Klägerin erbrachten Leistungen sind daher nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG
    von der Steuer zu befreien, weil die Klägerin mangels ordnungsgemäßer Bescheinigung im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG nicht
    als „andere Einrichtung” anerkannt ist.


    III.

    Auch eine Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG scheidet aus.

    1.

    Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG enthält keine Definition des Begriffs „Schul- und Hochschulunterricht”.
    Der EuGH hat dazu festgestellt, „dass sich dieser Begriff nicht auf den Unterricht beschränkt, der zu einer Abschlussprüfung
    zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt,
    sondern dass er andere Tätigkeiten einschließt, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die
    Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung
    haben Der EuGH hat ferner betont, dass der Wortlaut des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG eng auszulegen
    ist und sich nur auf die Tätigkeiten bezieht, die in dieser Bestimmung einzeln aufgeführt und genau beschrieben sind (BFH-Urteil
    vom 17.4.2008 V R 58/05, BFHE 221,489, BFH/NV 2008,1418, HFR 2008,1056 unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007
    Rs. C-445/05, Haderer, BFH/NV Beilage 2007, 394).


    2.

    Davon ausgehend können die Tätigkeiten der Klägerin nicht als „Schul- und Hochschulunterricht” i.S. des Art. 13 Teil A Abs.
    1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG qualifiziert werden. Die (vertraglichen) Leistungsempfänger der Klägerinnen sind keine
    Schulen oder Hochschulen, sondern öffentliche Institutionen und Träger der freien Wohlfahrtspflege. Die Tätigkeiten der Klägerin
    richteten sich weder an Schüler oder Hochschüler, sondern an Arbeitnehmer, die die Supervision zu ihrer Fortbildung besuchen.


    3.

    Bei den Supervisionen als – von den Klägerin so bezeichneten – Fortbildungsmaßnahmen handelt es sich ferner nicht um einen
    in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht, was jedoch erforderlich wäre (vgl. dazu BFH-Urteil vom 17.4.2008
    V R 58/05, BFHE 221,489, BFH/NV 2008,1418, HFR 2008,1056, unter II. 3. bb der Gründe).


    4.

    Eine Steuerbefreiung durch erweiternde Auslegung dahingehend, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen aufgrund des
    Regelungsgehalts der Bestimmung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG erfasst werden, scheidet ebenfalls
    aus. Der Wortlaut der Bestimmung ist vielmehr eng auszulegen und bezieht sich nur auf die Tätigkeiten, die in der Vorschrift
    einzeln aufgeführt und genau beschrieben sind (BFH-Urteil vom 17.4.2008 V R 58/05, BFHE 221,489, BFH/NV 2008,1418, HFR 2008,1056
    unter Hinweis auf das EuGH-Urteil Haderer in BFH/NV Beilage 2007, 394).


    5.

    Auch Art. 14 VO Nr. 1777/2005 berührt diese Auslegung nicht. Diese betrifft zum einen lediglich die – im Streitfall nach den
    oben getroffenen Feststellungen gerade nicht eingreifende – Bestimmung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie
    77/388/EWG. Zum anderen ist die Verordnung erst am 1. Juli 2006 in Kraft getreten (BFH-Urteil vom 17.4.2008 V R 58/05, BFHE
    221,489, BFH/NV 2008,1418, HFR 2008,1056 unter II. 3. d der Gründe) und somit in den Streitjahren (2002 bis 2005) nicht anwendbar.


    IV.

    Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zur Begründung ihrer Klage auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g und Buchstabe
    h der Richtlinie 77/388/EWG. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, u.a. die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen
    Sicherheit (Buchstabe g) bzw. der Kinder- und Jugendbetreuung (Buchstabe h) verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von
    Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit
    sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen von der Umsatzsteuer zu befreien.


    Diese Vorschriften sind auf die Streitjahre zwar grundsätzlich unmittelbar anwendbar, da der deutsche Gesetzgeber die Vorschriften
    der Richtlinien zu diesem Zeitpunkt noch nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt hatte (vgl. BFH-Urteile vom 30.07.2008,
    V R 66/06, BFHE 223, 381, BStBl II 2010, 507; vom 18.08.2005, V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; vom 08.11.2007,
    V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, m.w.N.), doch liegen die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht vor.


    Die Klägerin erbringt in ihren Supervisionsleistungen weder eine der von den o.g. Normen geforderte Leistungen, noch ist sie
    hinsichtlich der hier streitigen Umsätze eine von einem Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter.


    1.

    Die Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG ist nämlich an zwei Voraussetzungen
    geknüpft: Es muss sich um Leistungen handeln, die eng mit der Fürsorge und sozialen Sicherheit (Buchst. g) oder der Kinder-
    und Jugendbetreuung (Buchst. h) verbunden sind. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG zählen die
    Tätigkeiten, die steuerfrei sind, hinreichend genau und unbedingt auf (BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428,
    BStBl II 2008, 634). Die Klägerin erbringt gegenüber ihren Vertragspartnern, den öffentlichen Institutionen und Trägern der
    Wohlfahrtpflege, ihre Leistungen in deren Eigenschaft als Arbeitgeber im Rahmen der von diesen veranstalteten Fortbildungs-
    und Weiterbildungsangeboten. Diese Leistungen sind damit jedoch nicht „eng” mit der Fürsorge und sozialen Sicherheit (Buchst.
    g) oder der Kinder- und Jugendbetreuung (Buchst. h) verbunden, wie dies der Wortlaut der Richtlinie fordert, also unmittelbar,
    sondern allenfalls in einem weiteren Kontext. Die Leistungen der Klägerin dienen nämlich unmittelbar nur der Fort- und Weiterbildung
    der Arbeitnehmer der Auftraggeber, die sich dieser Arbeitnehmer bedienen, um ihre Aufgaben erfüllen zu könne, wobei offenbleiben
    kann, ob diese wiederum konkret im einzelnen in den begünstigten Bereichen tätig geworden sind


    2.

    Ein Steuerpflichtiger erlangt zudem die Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht allein schon dadurch, dass
    er sich auf die Richtlinie beruft. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g und h der Richtlinie 77/388/EWG räumen den Mitgliedsstaaten
    ein Ermessen in der Frage ein, ob sie bestimmten Einrichtungen sozialen Charakter zuerkennen. Es ist daher Sache der jeweiligen
    nationalen Behörden, nach dem Gemeinschaftsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte, insbesondere unter Berücksichtigung
    der Praxis der zuständigen Verwaltung in ähnlichen Fällen zu bestimmen, welche Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem
    Charakter i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g oder h der Richtlinie 77/388/EWG anzuerkennen sind (BFH-Urteil vom 08.11.2007
    V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634; vgl. EuGH-Urteil vom 26.5.2005, C-498/03, „Kingscrest Associates und Montecello”,
    BFH/NV 2005, Beilage 4, 310, HFR 2005, 915).


    Die Anerkennung eines Unternehmers als Einrichtung mit sozialem Charakter kann nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom
    08.06.2011 XI R 22/09, BFH/NV 2011, 1804; vgl. auch FG Münster Urteil vom 16.06.2011 5 K 3437/10 U, juris) aus der Übernahme
    der Kosten für seine Leistungen durch eine für die Gewährleistung der sozialen Sicherheit zuständige Einrichtung, d.h. einen
    Sozialversicherungsträger (FG Münster, Urteil vom 13.12.2011 15 K 1041/08 U, EFG 2012, 985) oder einen Träger der öffentlichen
    Jugendhilfe (FG Köln, Urteil vom 29.1.2007 7 K 6072/04 EFG 2007, 800; vgl. Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss
    vom 26.03.2007 2 V 126/06, DStRE 2007, 1391) wie auch aus der Anerkennung als soziale Einrichtung in einer entsprechenden
    Bescheinigung der nationalen Behörden abgeleitet werden.


    Beide Alternativen sind bei den hier streitigen Umsätzen nicht erfüllt. Zum einen werden Supervisionsleistungen der Klägerin
    von ihren Auftraggebern weder als Sozialversicherungsträger noch als Träger der öffentlichen Jugendhilfe gerade für die Erfüllung
    ihrer originären gesetzlichen Aufgaben innerhalb der durch o.g. Normen begünstigten Bereichen bezahlt, sondern in ihrer Eigenschaft
    als Arbeitgeber.


    Zum anderen liegt eine Anerkennung der Klägerin als soziale Einrichtung, etwa durch eine Bescheinigung der Bezirksregierung
    A nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG (vgl. dazu FG Münster, Urteil vom 13.12.2011 15 K 1041/08 U, EFG 2012,985) nicht vor, da der
    dort bescheinigte Inhalt mangels Konformität mit den gesetzlichen Vorhaben diese Wirkung nicht hat.


    V.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VI.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO vorliegen. Der Senat
    entscheidet vielmehr auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des BFH und des EuGH in einem Einzelfall, ohne dass
    es widerstreitende Entscheidungen der FG zu den entscheidungserheblichen Fragen gäbe.

    VorschriftenUStG § 4 Nr 21 a) bb), RL 77/388/EWG Art 13 Teil A Abs 1 Buchst j, UStG § 4 Nr. 14

    Karrierechancen

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