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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 09.07.2003 – 1 K 3346/01 E

    Aufwendungen für ein Promotionsstudium einschließlich der Kosten für die Anfertigung und Vervielfältigung der Dissertation sind grundsätzlich dann berücksichtigungsfähige Werbungskosten, wenn bei dem Stpfl. ein Promotionsarbeitsverhältnis gegeben ist, bei dem die Verpflichtung zur Promotion alleiniger oder ganz wesentlicher Vertragsbestandteil ist.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat der 1. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 09.07.2003, an der teilgenommen haben:

    Vorsitzender Richter am Finanzgericht … 2. Richter am Finanzgericht …

    Richter am Finanzgericht …

    Ehrenamtlicher Richter …

    Ehrenamtliche Richterin …

    auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

    Gründe

    Streitig ist, ob Aufwendungen für ein Promotionsstudium an einer ausländischen Universität Werbungskosten (Wk) sind.

    Der Kläger (Kl.) erzielte im Streitjahr 1999 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Vertriebsleiter bei der Firma T. Er verfügt über einen Fachhochschulabschluss als Betriebswirt.

    Im Rahmen der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Streitjahr 1999 machte er dem Grunde und der Höhe nach unstreitige Aufwendungen i.H.v. 48.205,90 DM für die Durchführung einer Dissertation mit dem Titel „Der langfristige Aufbau von Vertrauen und Glaubwürdigkeit eines Unternehmens durch die neue Managementmethode – Reputation” als WK Steuer mindernd geltend. Die Dissertation sollte an einer ausländischen Universität in U erfolgen. Zur Begründung führte er aus, auf Grund des laufenden Dissertationsverfahrens sei er bereits vorab bei der Firma T in die Geschäftsleitung berufen worden. Nach Abschluss des Dissertationsverfahrens werde ihm Prokura erteilt.

    Der Beklagte (Bekl.) erließ am 07.08.2000 einen ESt-Bescheid für 1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, indem er die Aufwendungen des Kl. für die Promotion nicht als Wk berücksichtigte. In einer Anlage zum Bescheid wies er darauf hin, dass ein Wk-Abzug nur dann möglich sei, wenn ein Promotionsarbeitsverhältnis vorliege.

    Der Kl. reichte daraufhin eine Bestätigung seines Arbeitgebers vom 30.08.2001 ein, in dem dieser bestätigte, die Verpflichtung zur Promotion sei ein wesentlicher Vertragsbestandteil bei der Einstellung gewesen. Diese Verpflichtung sei nicht in den schriftlichen Arbeitsvertrag aufgenommen worden.

    Der Bekl. hob mit Bescheid vom 31.10.2000 den Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) hinsichtlich der ESt-Festsetzung 1999 auf und berücksichtigte damit die streitbefangenen Aufwendungen endgültig nicht.

    Die Kl. legten am 3.11.2000 Einspruch gegen den ESt-Bescheid 1999 ein. Der Einspruch richtete sich gegen die Nichtanerkennung der Kosten für die Dissertation als Wk.

    Der Bekl. wies den Einspruch der Kl. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 14.05.2001 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, Wk i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) seien nur Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst seien. Dissertationskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit seien nur dann beruflich veranlasst, wenn der Steuerpflichtige durch das Dienstverhältnis zur Promotion verpflichtet werde und somit die Verpflichtung zur Promotion alleiniger oder ganz wesentlicher Vertragsgegenstand des Arbeitsvertrages sei. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die EE Bezug genommen.

    Mit der am 15.06.2001 erhobenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Zur Begründung führen sie aus, die Kosten für das Promotionsverfahren an der staatlichen ausländischen Universität in U seien ausschließlich durch die berufliche Tätigkeit des Kl. veranlasst. Der Kl., der einen Abschluss im Fachbereich Elektrotechnik einer deutschen Fachhochschule habe, strebe eine herausgehobene Führungsposition im Software-Bereich an. Seine Karriere werde durch einen persönlichen Personalberater gemanagt. Dieser habe ihm bereits im Jahre 1998 angeraten, zu promovieren, da es für das Erreichen der von ihm angestrebten beruflichen Position unabdingbar sei, dass er einen Doktortitel vorweisen könne. Die hohen Kosten für die Promotion enstünden vorrangig dadurch, dass ein Honorar für die Q Gesellschaft mbH gezahlt werde. Bereits auf Grund der Höhe dieses Honorares sei es abwegig, davon auszugehen, dass die Aufwendungen privat mitveranlasst gewesen seien. Im Übrigen habe der Kl. im September 2000 seinen Arbeitsplatz gewechselt. Er habe seitdem als Vertriebsleiter für die Firma V gearbeitet, die mit ca. 2500 Mitarbeitern weltweit tätig sei. Der Kl. sei in dieser neuen Firma Vertriebsleiter für Zentral- und Westeuropa und Mitglied der Geschäftsleitung gewesen. Auf Grund seiner herausgehobenen Stellung und der Vertretung der Firma nach außen sei im Rahmen der Einstellung vorausgesetzt worden, dass er das Promotionsverfahren erfolgreich abschließe. Mittlerweile sei er selbstständig als Unternehmensberater tätig. Auch in dieser Stellung sei eine abgeschlossene Promotion von Vorteil.

    Wegen der Klagebegründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Kl. vom 18.07.2001, das Protokoll des Erörterungstermins vom 07.03.2003, den Schriftsatz vom 11.03.2003 sowie die mit Schriftsatz vom 27. 06. 2003 überreichten Unterlagen Bezug genommen.

    Die Kl. beantragen

    den ESt-Bescheid vom 07.08.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.05.2001 sowie des Änderungsbescheides vom 24. 03.2003 dergestalt zu ändern, dass Promotionsaufwendungen i.H.v. 48.206 DM Steuer mindernd als Werbungskosten berücksichtigt werden.

    Der Bekl. beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Klage ist nicht begründet.

    Die der Höhe nach unstreitigen Kosten des Kl. für sein Promotionsstudium sind keine Werbungskosten i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

    Nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind Werbungskosten bei der Einkunftsart „nichtselbständiger Arbeit” alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind. Ihre berufliche Veranlassung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und sie subjektiv zur Förderung des Berufes getätigt werden. Diese Voraussetzungen liegen bei Fort- und Weiterbildungskosten vor. Sie dienen dazu, in einem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Dazu gehören nach der bisherigen Auffassung des BFH auch solche Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger macht, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden um so – ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart – besser voranzukommen (vgl. BFH, Urteil vom 06.11.1992, VI R 12/90, BFHE 169 436, BStBl. II 1993, 108 m.w.N.).

    Bei der Beurteilung der Kosten für ein Fachhochschul- oder Universitätsstudium hat der BFH in der Vergangenheit wie folgt typisiert: Ein erstmaliges Studium wurde stets der Berufsausbildung und damit der privaten Sphäre des Steuerpflichtigen zugerechnet. Dabei war es unerheblich, ob das Studium sofort im Anschluss an die allgemein bildenden Schulen oder nach langjähriger Berufstätigkeit berufsbegleitend absolviert wurde.

    Die Berücksichtigung derartiger Aufwendungen macht der Kl. vorliegend nicht geltend.

    Aufwendungen für ein Promotionsstudium einschließlich der Kosten für die Anfertigung und Vervielfältigung der Dissertation fielen nach ständiger Rechtsprechung des BFH ebenfalls nicht unter die bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 S.1 Nr. 1 EStG) berücksichtigungsfähigen Werbungskosten, es sei denn, es handelte sich um den Fall eines Promotionsarbeitsverhältnisses, bei dem die Verpflichtung zur Promotion alleiniger oder ganz wesentlicher Vertragsinhalt ist (vgl. BFH, Urteil vom 07.08.1987, VI R 60/84, BFHE 150, 435, BStBl. II 1987, 780, vom 09.10.1993 VI R 176/88, BFHE 1969, 193, BStBl. II 1993, 115, vom 18.04.1996 VI R 54/95, BFH/NV 1996, 740 sowie BFH-Beschluss vom 22.11.2000 VI B 174/00, BFH/NV 2001, 451).

    Ein derartiges Promotionsarbeitsverhältnis hat zwischen dem Kl. und der Firma T GmbH im Streitjahr 1999 nicht bestanden. Ausweislich des im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.06.1999 war der Kl. als Regionalleiter angestellt. Die Durchführung einer Promotion war nicht alleiniger oder wesentlicher Vertragsinhalt dieses schriftlichen Vertrages. Unterstellt man insoweit zu Gunsten des Kl., dass eine Verpflichtung seinerseits als mündliche Nebenabrede zu diesem Vertrag bestand, um beruflich voranzukommen und möglicherweise Mitglied der Geschäftsleitung zu werden, macht dies aus dem Anstellungsverhältnis noch kein Promotionsarbeitsverhältnis i.S.d. o.a. Rechtsprechung. Dies ist letztlich zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig.

    Mit Urteil vom 07.12.2002 (Az. VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl. II 2003, 407) hat der BFH jedoch seine typisierende Behandlung der Aufwendungen eines Fachhochschul- oder Hochschulstudiums aufgegeben und erstmals entschieden, dass Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium Werbungskosten sein könnten. Er hat dabei in den Vordergrund gestellt, dass der nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG erforderliche und ausreichende Veranlassungszusammenhang bei jedweder berufsbzogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein kann, zumal in § 9 EStG keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten enthalten ist.

    Ob mit der angeführten Rechtsprechungsänderung auch die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Promotionsstudium außerhalb eines Promotionsarbeits-verhältnisses nicht mehr wie in der Vergangenheit typisierend als Ausbildungskosten einzuordnen sind, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Der Senat muss diese Frage im Streitfall aber nicht abschließend entscheiden.

    Bei den Aufwendungen für ein Promotions- oder Hochschulstudium geht es in diesem Zusammenhang dem Grunde nach um die Berücksichtigung von WK für eine berufsbezogene Bildungsmaßnahme. Eine derartige Maßnahme ist nach Auffassung des Senates dadurch gekennzeichnet, dass der Steuerpflichtige durch eigene Bemühungen oder Leistungen Kenntnisse oder Fertigkeiten für seine Berufstätigkeit erstmalig erwirbt oder vertieft und er dies ggf. durch eine entsprechenden Abschluss nachweist. Hierdurch entstehende Aufwendungen sind steuerlich gesehen entweder Ausbildungs- oder Werbungskosten. Derartige Aufwendungen sind dem Kl. im Streitfall aber nicht entstanden.

    Zweifel hieran ergeben sich zum einen bereits daraus, dass der Kl. nach einem Fachhochschulstudium im Fachbereich Elektrotechnik neben seiner sich unmittelbar daran anschließenden Berufstätigkeit persönlich ohne Durchführung eines entsprechenden Grundstudiums eine Dissertation im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich getätigt haben will.

    Diese Zweifel werden zum anderen dadurch vertieft, dass die vom Kl. eingeschaltete Q Gesellschaft mbH, der von dieser Gesellschaft vermittelte Doktorvater Universitätsprofessor Dr. Dr. habil. F und letztlich auch die Technische Universität von U auf einheitlichem Briefpapier mit nahezu identischem Briefkopf firmieren.

    Entscheidungserheblich tritt dabei letztlich jedoch in den Vordergrund, dass die angeführte Q Gesellschaft dem Kl. für das Promotionsverfahren an der staatlichen ausländischen Universität einen Betrag von 34.800 DM, mithin den wesentlichen Anteil der geltend gemachten Aufwendungen, für Vorbereitung auf die Seminare, für Forschungsarbeit, für das Erstellen einer Themenliste sowie für die Erstellung des Konzeptes (Manuskript), sowie weitere Dienstleistungen in Rechnung gestellt hat. Diese Kostenstruktur belegt zur Überzeugung des Senats, dass bei dem beabsichtigten Erwerb des Doktortitels durch den Kl. die Zahlung des vereinbarten Entgeltes und nicht eine eigene wissenschaftliche Studienleistung im Vordergrund stand. Derartige Aufwendungen sind keine berufsbezogenen Aus- oder Fortbildungskosten und damit auch keine Werbungskosten.

    Der Senat ist darüber hinaus der Auffassung, dass ein derartiger Erwerb eines universitären Titels unter keinem Gesichtspunkt ausschließlich beruflich veranlasst sein kann. Nach § 119 Abs. 5 des Hochschulgesetzes (HG) dürfen im Bereich der Bundesrepublik Deutschland akademische Grade nicht gegen Entgelt vermittelt und gegen Entgelt erworbene Grade nicht geführt werden. Ein so erworbener Titel ist objektiv nicht geeignet, das berufliche Fortkommen zu begünstigen. Überdies ist das Führen eines solchen Titels nach Auffassung des Gerichts überdies durch persönliche Motive eines Steuerpflichtigen zumindest mitbeeinflusst, die im privaten Bereich wurzeln. Eine derartige private Mitveranlassung i.S.v. § 12 EStG schliesst die Steuer mindernde Berücksichtigung von Werbungskosten in jedem Fall aus.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    VorschriftenEStG § 9 Abs. 1, EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, EStG § 9

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