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  • 05.02.2016 · IWW-Abrufnummer 146316

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 23.10.2013 – 2 K 349/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Hamburg

    Urt. v. 23.10.2013

    Az.: 2 K 349/12

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerliche Behandlung von Laborleistungen, die die Klägerin an externe Ärzte und Kliniken erbringt.

    Die Klägerin ist eine aus sieben Gesellschaftern bestehende ärztliche Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie betreibt ein eigenes Labor zur Analyse und Befundung von Gewebeproben und erbringt Leistungen im Bereich der Dermatologie, Allergologie, operativen Dermatologie, Gefäßchirurgie sowie dermatologischen und allergologischen Labordiagnostik einschließlich der Histopathologie. Sie verfügt über keine vertragsärztliche Zulassung. Das Labor wird von zwei der sieben Gesellschafter operativ betrieben. Beide sind Fachärzte für Dermatologie und verfügen über eine histopathologische Zusatzausbildung. Die Laboruntersuchungen werden aufgrund ärztlicher Anordnung durchgeführt und dienen der Erkennung von Krankheiten. Die Gewebeproben werden bei Eingang von einem der beiden verantwortlichen Gesellschafter gesichtet, nach Fragestellung und Dringlichkeit vorsortiert. Anschließend wird das vom Patienten gewonnene Gewebe vom nichtärztlichen Personal aufbereitet. Das vorbereitete Gewebe wird sodann von den Ärzten untersucht und befundet. Das Ergebnis der Begutachtung wird schließlich dem einsendenden Arzt oder der Klinik mitgeteilt.

    In dem Labor der Klägerin werden zum einen Gewebeproben von eigenen (Privat-) Patienten des ... untersucht. Hinsichtlich dieser Leistungen besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen, dass insoweit eine unselbstständige Nebenleistung zur Heilbehandlung vorliegt, die von der Umsatzsteuer befreit ist. Zum anderen analysiert und befundet die Klägerin Gewebeproben anderer niedergelassener oder privatärztlich tätiger Ärzte und Kliniken (sogenannte Fremdhistologien). Die Fremdhistologien werden entweder gegenüber dem Einsender, einem niedergelassenen Arzt oder einer Klinik, abgerechnet oder direkt gegenüber dem Patienten, wenn es sich um Privatpatienten oder um Selbstzahler handelt.

    Mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2012 meldete die Klägerin Umsatzsteuer in Höhe von 12.065,83 EUR an. Sie erklärte darin alle Laborumsätze, auch die aus Fremdhistologien als umsatzsteuerfrei. Ergänzend schlüsselte sie die Einnahmen auf und wies die aus der Fremdhistologie gesondert aus.

    Mit Bescheid vom 24.05.2012 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für März 2012 abweichend fest, weil er die Auffassung vertrat, dass die Laborleistungen der Klägerin, die gegenüber anderen Ärzten und Kliniken erbracht werden, nicht unter die Regelung des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) fielen.

    Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 31.05.2012 Einspruch ein. Ergänzend wies sie darauf hin, dass bei einer teilweisen Steuerpflicht der Laborumsätze eine höhere Vorsteuer zu berücksichtigen sei. Der Beklagte änderte daraufhin am 15.06.2012 den Vorauszahlungsbescheid für März 2012 und setzte die Umsatzsteuer auf 18.690,01 EUR fest. Im Übrigen wies er mit Einspruchsentscheidung vom 14.11.2012 den Einspruch als unbegründet zurück.

    Dagegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 17.12.2012 erhobenen Klage. Zur Begründung führt sie aus, dass auch die Umsätze aus Fremdhistologien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei seien. Sie erbringe Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen der Tätigkeit als Arzt, denn auch Laborleistungen gehörten dazu, auch soweit solche Leistungen von anderen Ärzten verordnet und durch ein externes Labor erbracht würden. Es sei nicht erforderlich, dass die Heilbehandlungsleistung unmittelbar gegenüber dem Patienten erbracht werde. Entgegen der Ansicht des Beklagten erfordere die Steuerbefreiung für Laborleistungen nicht ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Ein solches Verständnis ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Regelung noch aus der Systematik. Die Abgrenzung zwischen den beiden Befreiungstatbeständen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a und b UStG erfolge nach dem Ort der Leistungserbringung. Leistungen, die nicht in einer der in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG genannten Einrichtungen erbracht würden, sondern in den Praxisräumen des behandelnden Arztes, in den Wohnungen des Patienten oder an einem anderen Ort, seien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei, auch soweit es sich dabei um extern erbrachte Laborleistungen handle. Soweit der Beklagte sich für seine Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in Sachen Dornier (vom 06.11.2003 - C-45/01) berufe, verkenne er, dass dort die Formulierung "im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung" lediglich zur Umschreibung von Heilbehandlungsleistungen, die außerhalb von Krankenhäusern erbracht werden, verwendet worden sei. Dass es sich dabei nicht um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal handeln solle, ergebe sich aus der nachfolgenden Rechtsprechung des EuGH, in der das "persönliche Vertrauensverhältnis" nicht mehr zur Abgrenzung der Befreiungstatbestände genutzt werde. In der Entscheidung des EuGH in Sachen Verigen (vom 18.11.2010 - C-156/09) werde ausdrücklich festgestellt, dass auch die Bearbeitung von Biopsaten in einem Labor eine Heilbehandlung sei. Wenn es auf das von dem Beklagten angeführte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des persönlichen Vertrauensverhältnisses ankäme, hätte der EuGH in diesem Urteil die Steuerbefreiung verneinen müssen. Der Bundesfinanzhof (BFH) stelle in dem nachfolgenden Urteil ausdrücklich fest, dass ein persönliches Vertrauensverhältnis des Arztes zum Patienten nicht stets Voraussetzung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sei (BFH-Urteil vom 29.06.2011 XI R 52/07). Aber selbst wenn ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient Voraussetzung für die Anwendung des § 4 Abs. 14 Buchst. a UStG sein sollte, so werde dieser Tatbestand von ihr, der Klägerin, auch in den Fällen der Fremdhistologien erfüllt. Denn in den Bereichen der Dermatologie und Histopathologie sei der Laborarzt gleichsam in das Vertrauensverhältnis zum Patienten mit einbezogen, weil die Befundung, die Grundlage für die Diagnose und Behandlung sei, häufig differenzierte Wertungen und Einschätzungen erfordere, die eine enge Kommunikation mit dem behandelnden Arzt beinhalteten und auch Hinweise und Behandlungsempfehlungen des Laborarztes mit umfassen könnten. Im Übrigen würde die Sichtweise des Beklagten auch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer verletzen. Denn Ärzte, die Laborleistungen anbieten und an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, könnten ihre Laborleistung umsatzsteuerfrei anbieten, während andere Ärzte, die wie sie, die Klägerin, nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, dieselben Leistungen zu versteuern hätten.

    Die Klägerin beantragt,

    den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für März 2012 vom 15.06.2012 und die Einspruchsentscheidung vom 14.11.2012 in der Weise zu ändern, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlung auf 12.065,83 EUR festgesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass die Umsätze der Klägerin aus Fremdhistologien umsatzsteuerpflichtig seien und nimmt Bezug auf 4.14.1 Abs. 1 des Umsatzsteueranwendungserlasses. Die streitigen Laborleistungen seien weder nach dem Steuerbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG noch nach dem des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG komme nicht in Betracht, da zwischen dem Laborarzt und dem betroffenen Patienten kein persönliches Vertrauensverhältnis bestehe. Das Merkmal des "persönlichen Vertrauensverhältnisses" ergebe sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes, es folge aber aus der Rechtsprechung des EuGH in Sachen Dornier (C-45/01) und Kommission/Vereinigtes Königreich (C-353/85). Dem stehe auch nicht das Urteil des BFH vom 29.06.2011 (XI R 52/07) entgegen, denn dieses Urteil sei zu der Rechtslage vor dem 01.01.2009 ergangen, so dass dessen Inhalt für den hier streitigen Zeitraum nicht herangezogen werden könne. Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG oder § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG.

    Dem Gericht hat die Rechtsbehelfsakte des Beklagten zu der Steuer-Nr. .../.../... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akte sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage hat Erfolg. Der Bescheid über die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für März 2012 vom 15.06.2012 und die Einspruchsentscheidung vom 14.11.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit für die Umsätze aus Fremdhistologien die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG versagt wurde.

    Die Umsätze der Klägerin unterliegen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht der Umsatzsteuer, soweit sie Laborleistungen für andere Ärzte und Kliniken erbringt. Auch insoweit handelt es sich um Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin (1.), die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt werden (2.). Eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bedarf es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht (3.).

    Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG in der seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung sind Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, steuerfrei. Die Regelung dient der Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL). Danach befreien die Mitgliedstaaten die Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufe durchgeführt werden, von der Steuer.

    1. Die Klägerin erbringt Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin. Heilbehandlungen sind nach der Rechtsprechung des EuGH, der der Senat folgt, Tätigkeiten, die zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Dabei muss das Hauptziel der Leistungen im Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit bestehen (EuGH, Urteil vom 20.11.2003 - C-212/01 - Unterpertinger, Umsatzsteuer Rundschau - UR - 2004, 70; Urteil vom 06.11.2003 - C-45/01 - Christoph-Dornier-Stiftung für klinische Psychologie, UR 2003, 584 [EuGH 06.11.2003 - C 45/01]). Unter den Begriff der Heilbehandlung fallen auch die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung der Patienten dienenden medizinischen Analysen, die von einem in privatrechtlicher Form organisierten Labor außerhalb einer Heilbehandlungseinrichtung auf Anordnung praktischer Ärzte durchgeführt werden. Denn auch medizinische Analysen können zur Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit beitragen, da sie ebenso wie jede vorbeugend erbrachte ärztliche Leistung darauf abzielen, die Beobachtung und Untersuchung der Patienten zu ermöglichen, noch bevor es erforderlich wird, eine etwaige Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen (EuGH, Urteil vom 08.06.2006 - C-106/05 - L. u. P., Slg. 2006, I-5123). Diese Auslegung des Begriffes "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" des EuGH ist zwar zu Art. 13 A Abs. 1 Buchst. c der sechsten Richtlinie (77/388/EWG) zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Umsatzsteuern (6. EG-Richtlinie) ergangen. Die Norm hat jedoch den gleichen Wortlaut wie Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, so dass die zu der vorherigen Regelung ergangene Rechtsprechung in vollem Umfang zur Auslegung des geltenden Rechts herangezogen werden kann (vgl. Urteil vom 18.11.2010 - C-156/09, Verigen Transplantation Service International Slg. 2010, I-11733, Rz. 27).

    Bei der von der Klägerin auf Anordnung von Ärzten oder auch Kliniken durchgeführten Analyse von Gewebeproben handelt es sich danach um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, denn sie dienen der Diagnose, Behandlung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Die histologischen Untersuchungen indizieren nach der unbestrittenen Darstellung der Klägerin unter anderem die Art der Behandlung und dienen damit der Vorbereitung und Unterstützung der Heilbehandlung durch die einsendenden Ärzte und Kliniken.

    2. Die Heilbehandlungen werden auch im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt. Die histologischen Untersuchungen werden durch zwei Gesellschafter der Klägerin vorgenommen, die Fachärzte für Dermatologie sind und über eine Zusatzqualifikation als Histopathologe verfügen. Ohne Bedeutung ist dabei der Umstand, dass die Gewebeproben vom Laborpersonal, das nicht aus qualifizierten Ärzten besteht, präpariert werden. Es ist nicht notwendig, dass jeder Aspekt einer therapeutischen Behandlung von medizinischem Personal durchgeführt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 18.11.2010 - C-156/09, Verigen Transplantation Service International, Slg. 2010, I-11733; Urteil vom 08.06.2006 - C-106/05 - L. u. P., Slg. 2006, I-5123). Die Steuerbefreiung ist grundsätzlich auch bei einer entsprechenden beruflichen Qualifikation der Mitarbeiter zu gewähren (vgl. BFH-Urteil vom 29.06.2011 XI R 52/07, BFH/NV 2011, 1806). Die entscheidenden Arbeitsschritte der Untersuchung und Befundung werden bei der Klägerin von den beiden Fachärzten vorgenommen und lassen schon deshalb keinen Zweifel an dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung aufkommen.

    3. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfordert im vorliegenden Fall kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.

    Nach Auffassung des Beklagten, der sich auf Tz. 4.14.1. und Tz. 4.14.5. Abs. 9 des Umsatzsteueranwendungserlasses sowie das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.06.2009 (IV B 9 - S7170/08/1009, BGBl. I 2009, 756) stützt, sind Leistungen von Laborärzten, die nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zum Patienten beruhen, nicht von der Umsatzsteuer befreit. In Abgrenzung zu den Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG seien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit, die außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Behandelndem, z.B. in Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort erbracht werden. Dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG kann das Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient nicht entnommen werden. Ebenso wenig ergibt sich diese Voraussetzungen aus dem Wortlaut des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, dessen Umsetzung in das nationale Steuerrecht durch § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfolgt ist.

    Auch handelt es sich dabei nicht um ein Kriterium, das systematisch zur Abgrenzung von § 4 Nr. 14 a UStG zu § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG heranzuziehen ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das Kriterium für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der beiden Befreiungstatbestände in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL (wortgleich Art. 13 A Abs. 1 Buchst. b und c der 6. EG-Richtlinie) weniger die Art der Leistung als vielmehr der Ort ihrer Erbringung. Zwar hat der EuGH in der Rechtsache Dornier (C-45/01 mit Hinweis auf das Urteil vom 23.02.1988 - C-353/85 - Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1988, 817, Rz. 33) noch ausgeführt, dass solche Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. der EG-Richtlinie zu befreien seien, die aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung wie der eines Schutzes der menschlichen Gesundheit bestehen, während Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie auf Leistungen anwendbar sei, die außerhalb von Krankenhäusern im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem erbracht würden. Das Kriterium des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem wird in späteren Entscheidungen des EuGH zur Abgrenzung der beiden Befreiungstatbestände aber nicht mehr herangezogen. Vielmehr wird allein auf den Ort der Leistungserbringung abgestellt (vgl. Urteil vom 08.06.2006 - C-106/05 - L. u. P., Slg. 2006, I-5123, Rz. 22; Urteil vom 18.11.2010 - C-156/09, Verigen Transplantation Service International, Slg. 2010, I-11733; Urteil vom 21.03.2013 - C-91/12 - PFC Clinic AB, UR 2013, 335 [EuGH 21.03.2013 - Rs. C-91/12]), nämlich außerhalb von Krankenhäusern, "sei es in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort". Der EuGH nimmt in den neueren Entscheidungen wiederum Bezug auf seine Urteile in den Rechtssachen Kommission/Vereinigtes Königreich (C-353/85) und Dornier (C-45/01). Daraus folgt, dass der EuGH die nunmehr vorgenommene Abgrenzung der beiden Befreiungstatbestände als Fortführung seiner Rechtsprechung ansieht und auf den Ort der Leistungserbringung als das maßgebliche Abgrenzungskriterium abstellt. Es ist danach nicht erkennbar, dass dem Kriterium des "Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem" eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Auslegung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (oder Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie) zukommt. Andernfalls hätte der EuGH in den Rechtssachen Verigen (C-156/09) und L. u. P. (C-106/05), in denen ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen den Patienten und den die Leistung erbringenden Laboren gerade nicht bestand, anders entscheiden müssen. Der EuGH entscheidet vielmehr in der Rechtssache Verigen, dass die Laborleistungen des Herauslösens von Gelenkknorpelzellen und ihrer anschließenden Vermehrung zur Reimplantation aus therapeutischen Zwecken unter den Begriff der "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" im Sinne von Art. 13 Teil A Buchst. c der 6. der EG-Richtlinie fallen. In diesem Zusammenhang weist der EuGH darauf hin, dass die Steuerbefreiungstatbestände grundsätzlich eng auszulegen sind, aber dies nicht dazu führen darf, dass der Befreiungsregelung dadurch ihre Wirkung genommen wird (vgl. Rs Verigen C-156/09). Zweck des Befreiungstatbestands des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (oder Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie) und damit des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ist es jedoch, die Kosten von Heilbehandlungen zu senken (vgl. Rs. Dornier C-45/01; Rs. L. u. P. C-106/05). Diesem Zweck wird mit einer Auslegung, die Laborleistungen der hier vorliegenden Art in die Befreiungsregelung einbezieht, gerade Rechnung getragen.

    Auch nach der Rechtsprechung des BFH ist für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht erforderlich. In dem Urteil vom 29.06.2011 (XI R 52/07, BFH/NV 2011, 1806), das im Anschluss an das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Verigen (C-156/09) ergangen ist, stellt der BFH fest, dass ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht ausnahmslos Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung ist. Diese Rechtsprechung wird vom BFH in einer Entscheidung über infektionshygienische Leistungen eines Arztes fortgeführt (BFH-Urt. vom 18.08.2011 V R 27/10, BFH/NV 2011, 2214). Entgegen der Auffassung des Beklagten ist diese Rechtsprechung, die zu § 4 Nr. 14 UStG in der bis Ende 2008 geltenden Fassung ergangen ist, auf § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG in der seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung übertragbar. Mit § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG wurde die bisherige Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a.F. unter Übernahme der Terminologie des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL fortgeführt (BT-Drs. 16/10189 S. 74; Hölzer in Rau/Dürrwächter, UStG § 4 Nr. 14 Rn. 26, 28). Darüber hinaus diente § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a.F. der Umsetzung des Art. 13 Teil A Buchst. c der 6. EG-Richtlinie, die wortgleich in Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL übertragen wurde. Die hierzu ergangene Rechtsprechung ist damit in gleicher Weise für die Auslegung von § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a.F. wie auch von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG heranzuziehen.

    Ist danach das Vorliegen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient nicht grundsätzlich Voraussetzung für die Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, kann es dahinstehen, ob die Laborärzte der Klägerin auf Grund der Besonderheiten der von ihnen erbrachten Leistungen von einem solchen Vertrauensverhältnis mit umfasst sind.

    Die von der Klägerin getätigten Laborumsätze sind danach auch von der Umsatzsteuer befreit, soweit die Leistungen für andere Ärzte oder Kliniken erbracht werden. Der Höhe nach sind die Umsätze und die zu berücksichtigende Vorsteuer zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für März 2012 ist danach - wie von der Klägerin angemeldet - auf 12.065,83 EUR festzusetzen.

    4. Der Beklagte hat nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Kosten des Verfahrens zu tragen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

    Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

    Rechtskraft: Rev., Az.: XI R 48/13

    RechtsgebietUStGVorschriften§ 4 Nr. 14 Buchst. a) UStG

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