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  • 01.11.2005 | Steuerplanung

    Gestaltungshürden des „Seeling-Modells“ bei umsatzsteuerbefreiten Freiberuflern

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Wer eine im Unternehmensgebäude befindliche Wohnung privat genutzt hatte, konnte die Vorsteuer für die auf den privaten Anteil entfallenden Kosten zur Gebäudeerrichtung nicht absetzen – so der Rechtsstand vor dem EuGH-Urteil vom 8.5.03 (UR 03, 288). Seit dieser Entscheidung ist die private Wohnnutzung jedoch als steuerpflichtiger Umsatz zu werten, womit sich für den Unternehmer ein zusätzliches Vorsteuerpotenzial aus den Gebäudeerrichtungskosten ergibt. So sehen sich Steuerberater häufig mit der Frage konfrontiert, inwieweit sich das aus der EuGH-Rechtsprechung ergebende „Seeling-Modell“ auch auf umsatzsteuerfrei agierende Unternehmer – insbesondere Ärzte – übertragen lässt. Der nachfolgende Beitrag setzt sich nach einleitender Kurzdarstellung der aktuellen Rechtslage zur „Seeling-Problematik“ mit dieser Fragestellung auseinander und geht dabei auch auf Gestaltungshürden und -risiken sowie Folgefragen ein. 

    1. Ausgangslage

    Bei Unternehmern mit umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen ergibt sich derzeit für den Grundfall des „Seeling-Modells“ folgender Rechtsstand: 

     

    Beispiel 1: Umsatzsteuerpflichtige Umsätzen

    Sachverhalt 

    U unterhält bislang ein Blumeneinzelhandelsgeschäft in angemieteten Räumlichkeiten. Zur Erweiterung seiner Verkaufsflächen plant er Anfang 2005 auf eigenem Grundstück die Errichtung eines Betriebsgebäudes, welches zugleich Raum für die privat genutzte Wohnung bieten soll. Nach den Planungen soll von einem Bauunternehmer für 500.000 EUR zuzüglich 80.000 EUR USt ein zweigeschossiges Gebäude schlüsselfertig erstellt werden, in dessen EG (120 qm) das Ladenlokal und im OG (120 qm) die Privatwohnung untergebracht werden wird. 

     

    Alternativen 

    Ordnet U nur die unternehmerisch genutzten Gebäudeteile (EG) seinem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen zu, so ergibt sich hieraus ein Vorsteuerabzug von 40.000 EUR; zu einer Umsatzbesteuerung der privaten Wohnnutzung kommt es nicht. Wählt er hingegen das „Seeling-Modell“ und nimmt eine vollumfängliche Gebäudezuordnung zum Unternehmensvermögen vor, so verdoppelt sich sein Vorsteuerabzug auf 80.000 EUR. 

     

    Folge: Beim „Seeling-Modell“ entsteht für U grundsätzlich ein Liquiditätsvorteil. Diesem steht aber der sukzessive Steuernachteil in Form der Umsatzbesteuerung der privaten Wohnnutzung gegenüber, sodass faktisch ein unverzinstes Darlehen des Fiskus an U vorliegt. Zur Bemessungsgrundlage dieses „Privatnutzungsumsatzes“ gehören nur vorsteuerbehaftete Kosten (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG), d.h., neben den anteiligen Gebäudeunterhaltungskosten auch die fiktive Absetzung für Abnutzung auf die Herstellungskosten der Privatwohnung. Hierbei ist die Höhe des unterstellten AfA-Prozentsatzes entscheidend. Denn je niedriger der AfA-Prozentsatz ist, umso länger streckt sich der Rückzahlungszeitraum der in der Bauphase erlangten Vorsteuer.  

     

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