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  • 23.12.2009 | Arbeitszimmer

    Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots

    von Dipl.-Finanzw. Dr. Volker Kreft, RiFG, Bielefeld

    Seit dem VZ 2007 ist streitig, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer trotz des in § 9 Abs. 5 S. 1 i.V. mit § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG geregelten Abzugsverbots im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren zu berücksichtigen sind. Nunmehr hat der BFH in einem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz die vorläufige Berücksichtigung der Arbeitszimmerkosten im Ermäßigungsverfahren wieder zugelassen. Nach Auffassung des BFH ist ernstlich zweifelhaft, ob das geltende Abzugsverbot jedenfalls in den Fällen, in denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, verfassungsgemäß ist (BFH 25.8.09, VI B 69/09, BStBl II 09, 826; Vorinstanz: FG Niedersachsen 2.6.09, 7 V 76/09).

     

    Anmerkung

    Der BFH hat die Entscheidung allein auf die kontroverse Diskussion dieses Problems im Schrifttum und die unterschiedlichen Entscheidungen der FG gestützt, ohne seine eigene Auffassung zur Verfassungsmäßigkeit preiszugeben. Dies bleibt offensichtlich dem bereits anhängigen Verfahren BFH VI R 13/09 vorbehalten. Hier behält sich der BFH neben einer Vorlage zum BVerfG auch die Prüfung vor, ob ggf. eine verfassungskonforme Auslegung und eine neue Definition des Begriffs „Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung“ in Betracht kommt (vgl. Bergkemper, jurisPR-SteuerR 44/2009, Anm. 2). Bereits Drenseck hatte darauf hingewiesen, dass die bisherige Definition nur auf der Grundlage des früheren abgestuften Systems in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG verständlich sei (DStR 09, 1877 m.w.N.). Das FG Münster (8.5.09, 1 K 2872/08 E, PFB 09, 232) hatte in einem mit dem Streitfall vergleichbaren Klageverfahren § 9 Abs. 5 S. 1 i.V. mit § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG n.F. als verfassungswidrig angesehen und nach Art. 100 Abs. 1 GG die Frage bereits zuvor dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt (BVerfG, 2 BvL 13/09).  

     

    Praxishinweise

    Als Folge des BFH-Beschlusses können nun wieder alle Steuerpflichtigen, denen kein anderer Arbeitsplatz für ihre ausgeübte Tätigkeit zur Verfügung steht, die vorläufige Eintragung der Arbeitszimmerkosten auf der Lohnsteuerkarte erreichen. Darüber hinaus hat die Entscheidung all denjenigen Mut gemacht, die eine Rechtslage wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Norm auch vorläufig nicht hinnehmen wollen. Ihnen bleibt der Weg des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung offen, denn der BFH hat - wie schon bei der Pendlerpauschale - klargestellt, dass der Anspruch der Antragsteller auf effektiven Rechtsschutz nicht hinter das öffentliche Interesse an einer geordneten öffentlichen Haushaltswirtschaft zurücktritt. An dieser Hürde waren in früheren Zeiten häufig Anträge auch bei verfassungsrechtlichen Zweifeln gescheitert.  

     

    In den Steuerbescheiden ab dem VZ 2007 wird von den FÄ ein Abzug der Arbeitszimmerkosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben weiterhin entsprechend der derzeitigen Gesetzeslage - mit Ausnahme der Mittelpunktfälle - nicht berücksichtigt. Es sollte darauf geachtet werden, dass der entsprechende Steuerfall vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO ist. Für einen entsprechenden Einspruch allein aus diesem Grund wird dann in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Problematisch könnte aber der Umfang des Vorläufigkeitsvermerkes sein. Enthält dieser nicht ausdrücklich die mögliche Verfassungswidrigkeit des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG, sollte der steuerliche Berater Einspruch einlegen und entweder eine Klarstellung der Finanzbehörde erbitten oder hinsichtlich der anhängigen Musterverfahren das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen (vgl. Lühn, BB 09, 2241; Lühn/Tepper, BB 09, 591 ff.).  

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