11.10.2013
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 17.11.2011 – 2 K 3036/10
- Stillhalterprämien, die an einen Altgesellschafter für dessen Verpflichtung gezahlt werden, seine Aktien innerhalb einer
bestimmten Periode nicht zu veräußern, sind als Veräußerungskosten i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG im Verhältnis der veräußerten
zu den zurückbehaltenen einbringungsgeborenen Aktien beim Börsengang steuerlich abzugsfähig.
- Das von dem Gesellschafter einer KG bei dieser aufgenommene persönliche Darlehen zum Zwecke der Durchführung einer Kapitalerhöhung
ist passives Sonderbetriebsvermögen II. Wird der Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, ist dieses
Darlehen dem Privatvermögen zuzuordnen mit der Maßgabe, dass die Schuldzinsen nur zur Hälfte steuerlich abzugsfähig sind,
wenn dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 erzielt werden.
Tatbestand
Der Kläger war zusammen mit 6 weiteren Personen Kommanditist der AB GmbH + Co. KG und auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH.
Die 7 Kommanditisten der AB GmbH +Co.KG
beschlossen im Jahr 2005 den Börsengang von AB .
Als geeignetes Rechtskleid für den geplanten Börsengang wurde die Rechtsform einer englischen PLC (Kapitalgesellschaft) identifiziert.
Zur Herstellung der Kapitalmarktfähigkeit der AB GmbH +Co.KG sollten daher folgende Reorganisationsschritte vorgenommen werden:
Schritt 1: Gründung einer Aktiengesellschaft englischen Rechts (AB PLC), welche in Deutschland eine Zweigniederlassung und
den Ort ihrer Geschäftsleitung begründen sollte.
Schritt 2: Einbringung der Kommanditanteile an der AB GmbH +Co.KG sowie der Beteiligungen an der Komplementär-GmbH zu Buchwerten
und gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach § 20 des UmwStG in jeweils gesonderte (eigene) GmbHs mit Wirkung zum 31.12.2005.
Schritt 3: Einbringung der vorgenannten GmbH-Anteile zu Buchwerten und gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach § 23
Abs. 4 des UmwStG in die AB PLC ebenfalls mit Wirkung zum 31.12.2005.
Des Weiteren wurden im Vorfeld des Börsenganges zahlreiche Maßnahmen beschlossen, um den Börsengang von AB überhaupt erst
zu ermöglichen und den angestrebten Kapitalzufluss zu gewährleisten. Zu diesen Maßnahmen gehörten nach Vorstellung der den
Börsengang begleitenden Banken zum einen die Verbesserung der Eigenkapitalsituation der AB GmbH +Co.KG und zum anderen der
anteilige Verbleib von Altgesellschaftern der AB GmbH +Co.KG in dem notierten Unternehmen innerhalb eines bei Börsengängen
üblichen Zeitraums (sogenannte „Lock-up-Periode”).
Die Gesellschafterversammlung der AB GmbH +Co.KG beschloss am 18.10.2005, das Eigenkapital der GmbH und Co. KG vor dem Börsengang
um 130.000.000 € zu erhöhen. Nach Empfehlung der den Börsengang begleitenden Banken sollten die Gesellschafter der AB GmbH
+Co.KG jeweils persönlich Darlehen bei der D-Bank aufnehmen und diese Mittel als Eigenkapital in die GmbH und Co. KG einlegen.
Hierbei sollte es sich um eine übliche Brückenfinanzierung bis zum Börsengang handeln, d.h. die Rückzahlung der Darlehen sollten
die Gesellschafter aus den Erlösen aus der teilweisen Veräußerung ihrer Aktien an der AB PLC leisten.
Für den Zweck der Eigenkapitalerhöhung wurden am 7.12.2005 Darlehensverträge zwischen den Gesellschaftern der AB GmbH +Co.KG
und der D-Bank über insgesamt 130.000.000 € unterzeichnet.
Der Kläger persönlich nahm für die Finanzierung seines Beitrags im Rahmen der Eigenkapitalerhöhung ein Darlehen in Höhe von
32.500.000 € auf.
Ebenfalls am 7.12.2005 verpflichtete sich der Kläger (wie auch die übrigen Gesellschafter) dazu, an die D-Bank neben den vereinbarten
Zinsen und Gebühren eine Strafgebühr (drop dead fee) in Höhe von 3 % der netto Darlehenssumme zu entrichten, falls es aus
einem von den Gesellschaftern zu vertretenden Grund nicht zu einem Börsengang komme.
Darüber hinaus wurde von den Gesellschaftern eine Erklärung unterzeichnet, nach der jeder Gesellschafter verpflichtet sei,
alle Maßnahmen für einen Börsengang der AB zu unterstützen, bis zu 50 % seiner Beteiligung an der AB PLC zum Verkauf im Rahmen
des Börsengangs anzubieten und Entnahmen aus der AB KG zu begrenzen.
Nach der Eigenkapitalerhöhung bei der AB KG brachten die 7 Altgesellschafter mit Wirkung zum 31.12.2005 (steuerlicher Übertragungsstichtag)
ihre jeweiligen Kommanditanteile an der AB GmbH +Co.KG und ihre jeweiligen Anteile an der Komplementär-GmbH zu Buchwerten
und gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in 7 GmbHs ein. Der Kläger brachte seinen Mitunternehmeranteil zu Buchwerten
gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die C-GmbH ein. Diese GmbH-Anteile wurden ebenfalls mit Wirkung zum 31.12.2005
zu Buchwerten und
gegen Gewährung von neuen Anteilen in die AB PLC eingebracht. Der Kläger erwarb auf diesem Weg 10 Millionen Aktien (einbringungsgeborene
Anteile) an der AB PLC mit einem Stückwert von 0,25 €.
Im weiteren Verlauf der Vorbereitungen des Börsengangs erklärten Vertreter der D-Bank und von E. in ihrer Eigenschaft als
Konsortialführer und Koordinatoren des Börsengangs, dass es für eine erfolgreiche Durchführung des Börsengangs unabdingbar
sei, dass einer der Altgesellschafter, Herr F., während einer Lock up-Periode von 18 Monaten keine Aktien an der AB PLC veräußert.
Dagegen mussten die übrigen Altgesellschafter eine Lock up-Periode von 6 Monaten in Bezug auf den nach dem Börsengang verbleibenden
Aktienbestand beachten.
Hintergrund dieser Forderung war, dass Herr F. in seiner Funktion als Mitbegründer und CEO (Geschäftsführer) der AB sowie
aufgrund seiner dominanten und kulturbildenden Rollen in der Führung des Unternehmens für die potentiellen Investoren ein
zentrales Argument war, in AB zu investieren. Aufgrund dessen sollte jedwedes Signal, dass das Vertrauen auf Kontinuität und
Bekenntnis zu AB gefährdet hätte, vermieden werden.
Am 7.3.2006 wurde in einer Gesellschafterversammlung der AB PLC eingehend der geplante Börsengang beraten. Dabei erläuterte
Herr F., dass er aufgrund der Petition der begleitenden Banken, beim Börsengang keine Aktien zu veräußern, einen wirtschaftlichen
Nachteil erleiden würde, da er auch ohne Liquiditätszufluss zur Tilgung des von ihm bei D-Bank aufgenommenen Darlehens zur
Finanzierung der Eigenkapitalerhöhung der AB GmbH +Co.KG zuzüglich Zinsen verpflichtet sei. Aufgrund des wirtschaftlichen
Drucks, dem auch die übrigen Altgesellschafter im Fall eines Scheiterns des Börsengangs ausgesetzt worden wären (Verpflichtung
zur Rückzahlung des Darlehens zuzüglich Zinsen, Gebühren und drop dead fee) wurde vereinbart, Herrn F. so zu stellen, als
hätte er im gleichen Maße wie die anderen Gesellschafter die Möglichkeit besessen, Aktien an der AB PLC im Rahmen des Börsengangs
zu veräußern und hieraus das Bankdarlehen zurückzuführen.
Zu diesem Zweck beschlossen die Gesellschafter, anlässlich des Börsengangs an Herrn F. eine Zahlung in Höhe von ca. 13.000.000
€ zu leisten.
Mit Vertrag vom 18.4.2006 verpflichteten sich die Gesellschafter zur Leistung einer Zahlung in Höhe von insgesamt 12.338.000
€ an Herrn F.. Der Kläger wurde verpflichtet, einen Anteil von ca. 26,32 % = 3.246.842 € zu entrichten.
Mit weiterem Vertrag vom 20.4.2006 verpflichtete sich nunmehr Herr F. gegenüber den begleitenden Banken zur Beachtung einer
18 monatigen Lock up-Periode.
Am 15.5.2006 veräußerte der Kläger im Rahmen des Börsengangs 4.576.659 seiner Aktien an der AB PLC. Der Veräußerungserlös
in Höhe von 54.919.908 € (12 € je Aktie) abzüglich der Platzierungprovision in Höhe von 1.510.297 € wurde am 15.5.2006 auf
seinem Konto bei der D-Bank gutgeschrieben.
Der Veräußerungserlös wurde zum einen unmittelbar zur vollständigen Tilgung des von ihm aufgenommenen Darlehens bei der D-Bank
in Höhe von 32.500.000 € zuzüglich 1.848.284 € Zinsen verwendet. Hierzu war der Kläger gem. Klausel 5 des Darlehensvertrages
verpflichtet. Zum anderen wurde der erzielte Veräußerungserlös verwendet, um die Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber
Herrn F. in Höhe von 3.246.842 € zu erfüllen.
Weitere Aktien (Aktienpakete) an der AB PLC hat der Kläger nach seinem Vortrag in der Folgezeit bis zum heutigen Tag nicht
veräußert.
Der Kläger hat in seiner Einkommensteuererklärung für 2006 die Zahlung an Herrn F. in Höhe von 3.246.842 € bei der Ermittlung
des Gewinns aus den im Rahmen des Börsengangs veräußerten einbringungsgeborenen Anteilen vollumfänglich als Veräußerungskosten
zum Abzug gebracht.
Darüber hinaus wurde von dem Gesamtbetrag der Zinsen in Höhe von 1.848.284,01 € ein Betrag von 1.664.742 € bei der Ermittlung
des
Veräußerungsgewinns zum Abzug gebracht. Der Differenzbetrag in Höhe
von 183.562 € wurde als Sonderbetriebsausgaben in Zusammenhang mit den Beteiligungseinkünften des Klägers aus der AB KG im
Veranlagungszeitraum 2005 steuerlich deklariert.
Demgegenüber vertrat der Beklagte im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Auffassung, dass es sich bei der Zahlung an Herrn
F. zwar um Veräußerungskosten handele, diese jedoch nur anteilig im Verhältnis der veräußerten zu den zurückbehaltenen Aktien
(45,766 %) abzuziehen seien.
Darüber hinaus vertrat der Beklagte die Auffassung, dass es sich bei den Zinszahlungen auf das Darlehen um Werbungskosten
im Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes handele,
soweit sie auf den Zeitraum nach der Einbringung des Mitunternehmeranteils entfielen (= 1.664.722 €). Aus diesem Grund seien
die Zinsen nur hälftig als vorweggenommene Werbungskosten im Zusammenhang mit den Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes zu berücksichtigen.
Der Beklagte hat am 22.3.2010 einen geänderten Bescheid für 2006 über Einkommensteuer sowie einen geänderten Bescheid zum
31.12.2006 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer gegen den Kläger ergehen
lassen.
Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben.
Dabei vertritt der Kläger folgende Ansicht:
1. Zahlung an Herrn F. in Höhe von 3.246.842 € (Stillhalteprämie)
Bei der Zahlung an Herrn F. handele es sich um Veräußerungskosten im Sinn des §§ 21 Abs. 1 des UmwStG, die vollständig bei
der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile im Rahmen des Börsengangs im Mai 2006 vom
Veräußerungserlös abzuziehen seien.
Maßgebender Bestimmungsgrund für die an Herrn F. geleistete Zahlung sei ausschließlich die Veräußerung der Aktien im Rahmen
des Börsengangs der AB PLC gewesen.
Zweck der Zahlung sei es gewesen, die Veräußerung der Aktien im Rahmen des Börsengangs überhaupt erst zu ermöglichen. Ohne
diese Zahlung wäre eine erfolgreiche Durchführung des Börsengangs nicht möglich gewesen, da Herr F. zur Rückführung des Darlehens
ansonsten einen Teil seines Aktienbestandes hätte veräußern müssen.
Eine solche Anteilsveräußerung hätte die Durchführung des Börsengangs nach Einschätzung der begleitenden Banken insgesamt
gefährdet, da Herr F. aufgrund seiner dominanten Rolle in der Führung der Gesellschaft in der Öffentlichkeit als zentrale
Figur des Unternehmens angesehen wurde und der
Erfolg der AB in der Öffentlichkeit in untrennbaren Zusammenhang mit seiner Person gestanden habe.
Wie die den Börsengangs begleitenden Banken bestätigt haben, hätte ein Verkauf von Aktien durch Herrn F. die falschen Signale
an die Investoren gesendet und bei diesen zu einem Vertrauensverlust geführt. Dies hätte unweigerlich zu bedeutenden Bewertungsabschlägen
geführt und den Erfolg des Börsengangs insgesamt gefährdet.
Die Motivation des Klägers zur Entrichtung der Stillhalteprämie habe u.a.
darin gelegen, größeren wirtschaftlichen Schaden von sich zu weisen, indem er sicherstellte, die erforderlichen Mittel für
die Erfüllung seiner eigenen Verpflichtungen aus seinem eigenen Darlehensvertrag zu generieren und den weiteren eingegangenen
Verpflichtungen durch die Veräußerung von Aktien beim Börsengang gerecht werden zu können.
Die Zahlung der Stillhalteprämie habe dagegen keiner dauerhaften Wertsteigerung oder Wertsicherung aller Anteile an der AB
gedient.
Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung einer Lock-up-Periode lediglich als ein den Emissionspreis bestimmender
Faktor gesehen werden müsse. In jedem Fall habe sich ein womöglich aus der Zahlung ergebender Vorteil spätestens mit Ablauf
der Lock-up-Periode von 18 Monaten erschöpft.
Eine greifbare effektive Kursabsicherung für alle Anteile des Klägers, der ein wirtschaftlicher Wert beigemessen werden könnte,
sei nicht gegeben gewesen.
Die Zahlung der Stillhalteprämie habe daher zu keinem dauerhaften Anstieg des inneren Werts der einbringungsgeborenen Anteile,
weder der veräußerten noch der verbliebenen Anteile, geführt.
2. Schuldzinsen
Die Klägerseite verweist zunächst darauf, es bestehe Einigkeit zwischen den Streitparteien darüber, dass das vom Kläger im
Rahmen der Kapitalerhöhung aufgenommene Darlehen in Höhe von 32.500.000 € bis zur Einbringung des Mitunternehmeranteils in
die C-GmbH als passives Sonderbetriebsvermögen II des Klägers bei der AB GmbH +Co.KG zu qualifizieren gewesen sei, da die
Darlehensmittel in vollem Umfang zur Erhöhung der Kommanditeinlage des Klägers bei der AB GmbH +Co.KG verwendet worden seien
und somit der Stärkung der Beteiligung an der GmbH und Co. KG gedient hätten.
Zinszahlungen auf dieses Darlehen hätten Sonderbetriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 15 Abs.
1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes dargestellt.
Nicht zutreffend sei jedoch die Auffassung des Beklagten, dass die Darlehensverbindlichkeit infolge der Einbringung des Mitunternehmeranteils
an der AB GmbH +Co.KG in die C-GmbH und den anschließenden Anteilstausch mit der AB PLC automatisch als in das Privatvermögen
überführt gelte und aufgrund dessen die nach der Einbringung aufgelaufenen Zinsen nur als Werbungskosten bei den Einkünften
i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (Kapitalvermögen) geltend gemacht werden könnten.
Diese Auffassung verkenne, dass sich der Veranlassungszusammenhang der Darlehensaufnahme, nämlich die Ermöglichung des Börsengangs
und somit die Erzielung eines gewerblichen Veräußerungsgewinns, durch die Einbringung der Anteile in die C-GmbH und die weitere
Einbringung in die AB PLC nicht geändert habe. Des Weiteren bleibe unberücksichtigt, dass vom Einbringenden zurückbehaltene
Betriebsschulden als sogenanntes „Restbetriebsvermögen” anzusehen und die hierauf bis zur Tilgung anfallenden Zinsen als nachträgliche
Betriebsausgaben im Sinn des §§ 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes zu werten seien.
Im vorliegenden Fall begründe der wirtschaftliche Gehalt der Transaktionen einen unmittelbaren Zusammenhang des Darlehens
mit der Erzielung gewerblicher Einkünfte, so dass die Voraussetzungen der Behandlung als Restbetriebsvermögen erfüllt seien.
Zudem sei die Darlehensaufnahme durch die Erzielung des gewerblichen Veräußerungsgewinns unmittelbar bedingt gewesen. Insbesondere
sei der bei der Aufnahme des Darlehens eindeutig vorhandene betriebliche Veranlassungszusammenhang durch die Einbringung nicht
zu einem privaten Veranlassungszusammenhang geworden.
Hilfsweise weist die Klägerseite darauf hin, dass das hälftige Abzugsverbot nach § 3 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes
im vorliegenden Fall selbst dann nicht greifen würde, wenn die infrage stehenden Zinsen -entgegen der vom Kläger vertretenen
Auffassung- nicht als Veräußerungskosten, sondern als Werbungskosten im Zusammenhang mit Dividendeneinkünften i.S. des § 20
Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes qualifiziert würden.
Die Abzugsbeschränkung nach § 3 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes
setze voraus, dass nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes begünstigte Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen tatsächlich
anfallen müssten. Nach dem Gesetzeszweck des § 3 c des Einkommensteuergesetzes solle vermieden werden, dass bei zur Hälfte
steuerfreien Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen durch den zusätzlichen Abzug von in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden
Ausgaben ein doppelter steuerlicher Vorteil erzielt werde. Fallen jedoch keine nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes
steuerbefreiten Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, komme
§ 3 c Abs. 2 S. 1 des Einkommensteuergesetzes nicht zur Anwendung, mithin seien dann mit einer nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes
begünstigten Beteiligung im Zusammenhang stehende Ausgaben in vollem Umfang abziehbar.
Der vorgenannte Grundsatz sei in letzter Zeit wiederholt durch den Bundes-finanzhof in Bezug auf Erwerbsaufwendungen in Zusammenhang
mit den Einkünften aus § 17 des Einkommensteuergesetzes bestätigt worden.
Vor diesem Hintergrund sei im vorliegenden Fall dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger bis dato keine nach § 3 Nr.
40 des Einkommensteuergesetzes steuerbefreiten Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus seiner Beteiligung im Sinn des
§§ 17 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes an der AB PLC erzielt habe.
Hierbei sei wiederum zu betonen, dass die Zinsen ausschließlich mit den im Rahmen des Börsengangs veräußerten Aktien, und
nicht mit sämtlichen Aktien an der AB PLC, in wirtschaftlichem Zusammenhang gestanden hätten.
Aber selbst dann, wenn man dieser Auffassung nicht folgte, würde § 3 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes nur anteilig im
Verhältnis der nicht veräußerten Aktien zu sämtlichen erworbenen Aktien Anwendung finden.
Denn nur hinsichtlich dieses Teils der Aktien könne nicht ausgeschlossen werden, dass dem Kläger zukünftig nach § 3 Nr. 40
des Einkommensteuergesetzes begünstigte Einnahmen zufließen. Hinsichtlich der veräußerten Aktien sei dagegen die Erzielung
begünstigter Einnahmen ausgeschlossen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 25. November
2010, 17. Februar 2011 und 9. Juni 2011 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den angefochtenen geänderten Einkommensteuerbescheid 2006 vom 22.3.2010 und den angefochtenen geänderten Bescheid über die
gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2006 vom 22.3.2010 unter Aufhebung
der Einspruchsentscheidung vom 3.11.2010 dahingehend abzuändern, dass die streitbefangene Stillhalteprämie in vollem Umfang
in Höhe von 3.246.842 € im Veranlagungsjahre 2006 zum Abzug gebracht wird, ferner, dass die streitbefangenen Schuldzinsen
ebenfalls in vollem Umfang in Höhe von 1.664.742 € bei der Einkommensteuerveranlagung für 2006 abgezogen werden und die Feststellung
des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2006 entsprechend den Veränderungen im Einkommensteuerbescheid
2006 angepasst wird.
Hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zu der an den Altgesellschafter Herr F. gezahlten Stillhalteprämie führt der Beklagte aus, sie stelle Veräußerungskosten dar,
weil sie aufgewendet worden sei, um die negativen Wirkungen auf den Aktienkurs durch etwaige Anteilsveräußerungen eines namhaften
Gesellschafters zu vermeiden.
Jedoch sei die Stillhalteprämie zur Werterhaltung aller Aktien aufgewendet worden, so dass diese anteilig auf jede erhaltene
Aktie aufzuteilen sei.
Die Argumentation der Klägerseite, die Stillhalteprämie wäre nur zur Erlangung eines höheren Veräußerungserlöses der tatsächlich
verkauften Aktien geleistet worden, sei nicht stichhaltig, da der Werterhalt aller Aktien durch die Zahlung erreicht worden
sei.
Auch das Vorbringen des Klägers, dass er selbst sowie alle anderen Altgesellschafter (außer Herrn F.) eine eigene sogen. Lock-up-Periode
von 6 Monaten einzuhalten hatten, in der er den verbleibenden Aktienbestand von mindestens 50 % nicht habe veräußern dürfen,
ändere die rechtliche Beurteilung der Abzugsfähigkeit die Stillhalteprämie nicht. Auch diese Regelung diente letztlich dem
Werterhalt aller Aktien.
Dass die Altgesellschafter im Rahmen eines Börsengangs einer Kapitalgesellschaft ihre Aktien nicht sogleich zu 100 % veräußern
sollten, ergebe sich schon aus der Überlegung, dass in einem solchen Fall die Neuanleger kein Vertrauen in den Wert und den
Werterhalt der Gesellschaft aufbauen könnten, weil sie den Eindruck vermittelt bekämen, dass die Altgesellschafter nicht mit
anhaltenden Gewinnen bzw. Dividenden rechneten.
Die Vereinbarung einer bestimmten Zeitspanne, während der die Altgesellschafter Anteile in festgelegter Höhe nicht veräußern,
ergebe sich im Rahmen eines Börsengangs daher aus wirtschaftlichen Überlegungen im eigenen Interesse der Altgesellschafter.
Dafür spreche auch die Tatsache, dass die Altgesellschafter -außer Herrn F.- für das Einhalten der sogenannten Lock-up-Periode
von 6 Monaten keinerlei Rückvergütung seitens der Gesellschaft erhalten hätten.
Hätte der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der mit Herrn F. vereinbarten Lock-up-Periode von 18 Monaten weitere
Aktien veräußert, wäre der Veräußerungspreis dieser Aktien ebenfalls zumindest nach der Intention der Altgesellschafter durch
den Veräußerungsverzicht des Herrn F. höher ausgefallen. Die Stillhalteprämie habe somit Auswirkungen auf den möglichen Veräußerungspreis
aller Aktien, nicht nur der tatsächlich veräußerten Anteile gehabt.
Zudem führe der Kläger selbst aus, dass ohne die Zahlung einer Stillhalteprämie ein Börsengang der AB nicht möglich gewesen
wäre. Daraus folge, dass die Aufwendungen der Stillhalteprämie zum Erhalt aller Aktien getätigt worden seien und demnach auch
auf alle Aktien entfielen.
Hinsichtlich der streitgegenständlichen Schuldzinsen ist der Beklagte der Ansicht, dass die vom Kläger aufgenommene Darlehensverbindlichkeit
(32.500.000 €) ab dem Zeitpunkt der Einbringung der Anteile an der KG in die AB PLC (über den Zwischenschritt einer C-GmbH
) kein Betriebsvermögen, sondern Privatvermögen des Klägers darstellten, weil sie zur Finanzierung der Aktien gedient hätten,
die im Privatvermögen des Klägers gehalten werden.
Im Fall der Beendigung einer gewerblichen Tätigkeit blieben nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zurückbehaltene,
von der Veräußerung ausgenommene Betriebsschulden nur dann „Restbetriebsvermögen” und dementsprechend könnten die fortan anfallenden
Zinsen auf diese Schulden nur dann nachträgliche Betriebsausgaben sein, wenn der Veräußerungserlös zur Tilgung der zurückbehaltenen
Schulden nicht ausreiche. Der Kläger müsse sich hier so behandeln lassen, als ob er die erhaltenen Gegenwerte zunächst zur
Schuldentilgung verwandt hätte und in der Folge keine Schuldzinsen mehr angefallen wären.
Das vom Kläger aufgenommene Darlehen in Höhe von 32.500.000 € habe im Ergebnis der Finanzierung der Anteile an der AB PLC
gedient, aus denen dem Grunde nach laufende Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes erzielt würden.
Diese Einnahmen unterliegen gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d des Einkommensteuergesetzes dem Halbeinkünfteverfahren, so dass die
damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden laufenden Werbungskosten gemäß § 3 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes ebenfalls
nur entsprechend anteilig berücksichtigt werden könnten.
Abweichend von diesen Grundsätzen komme nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine volle Abzugsfähigkeit von Werbungskosten
nur in
Betracht, wenn keinerlei durch die Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt würden; dies sei hier nicht der Fall. Wegen weiterer
Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 1.12.2010 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2006 vom 22.3.2010 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2006 sind rechtmäßig.
1. Der Beklagte hat in dem Einkommensteuerbescheid 2006 zu Recht die an den Altgesellschafter Herr F. gezahlte Stillhalteprämie
als Veräußerungskosten im Sinn von § 21 Abs. 1 S. 1 des UmwStG behandelt und diese Prämie anteilig auf jede erhaltene Aktie
aufgeteilt. Demzufolge war die Stillhalteprämie nur im Verhältnis der veräußerten zu den zurückbehaltenen Aktien
(45,766 %) steuerlich abzugsfähig.
Wie sich aus dem Vortrag der Klägerseite ergibt, hatte Herr F. als Mitgründer und Geschäftsführer von der ersten Stunde an
eine dominante und kulturbildende Rolle in der Führung der vormaligen AB Gmbh + Co.KG (und nachfolgend der AB PLC) inne. Von
den den Börsengang begleitenden Banken wurde dies als zentrales Argument für Investoren gewertet, beim Börsengang und nachfolgend
in das Unternehmen zu investieren. Der Verkauf der an die Börse gebrachten Aktien und damit der Erfolg des Börsengangs insgesamt
hing in einem wesentlichen Umfang vom Verhalten des Herrn F. als zentraler Unternehmensfigur vor, während und nach dem Börsengang
ab.
Dabei hätte der Verkauf von eigenen Aktien durch Herrn F. ein Signal an die potentiellen Investoren gesandt, das -nach dem
Vortrag der Klägerseite- den Börsengang insgesamt gefährdet hätte, mindestens jedoch zu signifikanten Bewertungsabschlägen
geführt hätte.
Die vor diesem Hintergrund mit Herrn F. vereinbarte Stillhalteprämie stand nach alledem in einem kausalen Veranlassungszusammenhang
nicht nur
mit den vom Kläger anlässlich des Börsengangs veräußerten Aktien (45,766 %),
sondern hatte einen kausalen Bezug zu sämtlichen dem Kläger zugeteilten Aktien.
Dieses Ergebnis wird allein schon durch die Tatsache verdeutlicht, dass die
beteiligten Anwälte in einem Schriftwechsel vor dem Börsengang ausdrücklich betont hatten, dass der Börsengang nicht würde
durchgeführt werden können, wenn Herr F. nicht einer 18 monatigen Lock-up-Periode gegen Zahlung einer Stillhalteprämie zustimmen
würde (Bl. 100 der Gerichtsakten).
Ein Fehlschlag bzw. Abbruch des geplanten Börsengangs hätte dabei nicht nur bedeutet, dass dem Kläger die Veräußerung eines
Aktienteilpakets anlässlich des Börsengangs unmöglich wird, sondern die Umwandlung der vormaligen AB GmbH +Co.KG in eine Aktiengesellschaft
wäre obsolet geworden mit der Folge, dass das gesamte dem Kläger zugeteilte Aktienpaket einen wesentlichen Teil seines Werts
eingebüßt hätte oder aber der gesamte Umwandlungsvorgang in eine Kapitalgesellschaft rückabgewickelt worden wäre. Mithin wäre
von dieser negativen Entwicklung das gesamte dem Kläger zugeteilte Aktienpaket betroffen gewesen.
Dieses Ergebnis wird im Übrigen bestätigt durch die Tatsache, dass der Kläger die Möglichkeit besaß, nach Ablauf der ihn betreffenden
Lock-up-Periode von 6 Monaten, aber vor Ablauf der Herrn F. betreffenden Lock-up-Periode von 18 Monaten, weitere Teile seines
Aktienpakets zu veräußern. In diesem Fall hätte sich der Veräußerungsverzicht von Herrn F. auch auf den Veräußerungspreis
dieser Aktien positiv ausgewirkt.
Nach alledem hatte die an Herrn F. gezahlte Stillhalteprämie kausale Bezugspunkte zu sämtlichen dem Kläger zugeteilten Aktien.
2. Der Beklagte hat zu Recht die Schuldzinsen in Höhe von 1.664.742 € im
Zusammenhang mit dem vom Kläger aufgenommenen Darlehen nur hälftig als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
steuerlich berücksichtigt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit
§ 3 Nr. 40 S. 3, § 3 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes).
Der Kläger hatte auf Empfehlung der den Börsengang begleitenden Banken und zum Zwecke der Durchführung einer Kapitalerhöhung
bei der vormaligen GmbH und Co. KG um 130.000.000 € persönliches Darlehen in Höhe von 32.500.000 DM aufgenommen. Dieses im
Rahmen der Kapitalerhöhung aufgenommene Darlehen war bis zur Einbringung des Mitunternehmeranteils des Klägers in die C-GmbH
als passives Sonderbetriebsvermögen II des Klägers zu qualifizieren (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.9.2007 IV R 68/05,
BStBl II 2008, 483, Textziffer 19, mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; Ludwig Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar,
30. Auflage, § 15, Textziffer 522).
Nach der Einbringung der Gesellschaftsanteile an der GmbH und Co. KG in die verschiedenen C-Gmbhs unterhielt die Gesamthand
jedoch keinen gewerblichen Betrieb mehr. Dies hatte zur Folge, dass das vom Kläger aufgenommene Darlehen in Höhe von 32.500.000
€ zwangsläufig ab diesem Zeitpunkt fortlaufend dem Privatvermögen des Klägers zuzuordnen war (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 11.9.1991 XI R 15/90, BStBl II 1992,404).
Dabei steht der Tatsache, dass die vom Kläger erlangten einbringungsgeborenen Anteile (zunächst GmbH-Anteile, später Aktien)
zu seinem Privatvermögen gehörten, nicht entgegen, dass bei ihrer Veräußerung gem. § 21 Abs. 1 des UmwStG ein zu den gewerblichen
Einkünften aus Gewerbebetrieb zählender Veräußerungsgewinn entstehen konnte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.9.1991
XI R 15/90, a.a.O.).
Aus diesen dem Privatvermögen zuzuordnenden einbringungsgeborenen
Anteilen konnte der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinn von § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes erzielen,
die gem. § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes dem Halbeinkünfteverfahren unterlagen. Folglich konnten die damit im Zusammenhang
stehenden Schuldzinsen steuerlich auch nur hälftig berücksichtigt werden (§ 3 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes).
Die Loslösung des vom Kläger aufgenommenen Darlehens aus dem betrieblichen Veranlassungszusammenhang und dessen Zuordnung
zu den im Privatbereich angesiedelten Einkünften aus Privatvermögen ergibt sich im Übrigen auch aus der Tatsache, dass die
Darlehensaufnahme auf Anraten der beratenden Banken allein im Hinblick auf den beabsichtigten Börsengang erfolgte und die
durch die Darlehensgewährung bewirkte verbesserte Eigenkapitalsituation überhaupt erst die Börsenmarktfähigkeit des bis dahin
schlecht kapitalisierten Unternehmens herstellen sollte.
Wäre die Gesellschaftsstruktur der AB unverändert geblieben, d.h. ohne die beabsichtigte Umwandlung der GmbH und Co. KG in
eine börsenmarktfähige Aktiengesellschaft, wäre es zu einer Erhöhung des Eigenkapitals um 130.000.000 € durch eine entsprechende
Darlehensaufnahme der Gesellschafter nicht gekommen.
Im Übrigen ergibt sich eine Verknüpfung zwischen der Darlehensaufnahme einerseits und dem nachfolgend geplanten Börsengangs
andererseits aus dem Inhalt des zwischen dem Kläger und der den Börsengang begleitenden D-Bank geschlossenen Darlehensvertrags
inklusive der Nebenabreden. So hätte der Kläger eine Strafgebühr in Höhe von 3 % der Nettodarlehenssumme zu entrichten gehabt,
falls es aus einem von den Gesellschaftern zu vertretenden Grund nicht zu einem Börsengang gekommen wäre. Darüber hinaus wurde
der Kläger verpflichtet, alle Maßnahmen für einen Börsengang der AB zu unterstützen, bis zu 50 % seiner Beteiligung an der
AB PLC zum Verkauf im Rahmen des Börsengangs anzubieten und Entnahmen aus der GmbH und Co. KG zu begrenzen.
Des Weiteren wurde der Kläger zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens im Fall der Durchführung des Börsengangs verpflichtet
sowie den im Rahmen des Börsengangs erlangten Nettoerlös zur Tilgung des Darlehens einzusetzen (§ 5 Abs. 5 des Darlehensvertrags
vom 7.12.2005).
Dieser Wertung kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er bis dato aus dem ihm verbliebenen Aktienbestand keine
Dividenden bezogen hat und aufgrund der wirtschaftlichen Lage der AB auch in absehbarer Zeit nicht beziehen wird. Für die
Begründung eines Veranlassungszusammenhangs zwischen der Darlehensaufnahme und den Einkünften aus Kapitalvermögen reicht es
aus, dass der Kläger potenziell in die Lage versetzt wurde, aus den von ihm durch die gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung
erlangten Aktien Dividendenerlöse zu erzielen.
Im Übrigen ist der aktuellen Wirtschaftspresse zu entnehmen, dass für die AB PLC -ungeachtet ihrer derzeitigen wirtschaftlichen
Verfassung- durch die Eröffnung des neuen Flughafens eine wesentliche Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Ertragskraft zu
erwarten ist und zudem ausländische Investoren ihr Interesse an diesem Unternehmen bekundet haben.
Angesichts dessen kann nicht davon gesprochen werden, dass der Kläger auf Dauer keine Dividendenerträge aus seinem Aktienpaket
würde erzielen können.
Eine fortbestehende Zuordnung des vom Kläger aufgenommenen Darlehens zu einem Betriebsvermögen wäre nur dann möglich gewesen,
wenn die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum sogenannten „Restbetriebsvermögen” im Streitfall Anwendung finden könnte;
dies ist jedoch entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht der Fall.
Im Fall der Beendigung einer gewerblichen Tätigkeit (hier: Der AB GmbH +Co.KG) können zurückgehaltene Betriebsschulden nur
insoweit Restbetriebsvermögen bleiben und dementsprechend die fortan anfallenden Zinsen auf diese Schulden nachträgliche Betriebsausgaben
sein, als die den Schuldzinsen zu Grunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen
beglichen werden können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 7.7.1998 VIII R 5/96, BStBl II 1999,209; Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 19. August 1998 X R 96/95, BStBl II 1999,353; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.3.2007 X R 15/04, BStBl II 2007,642).
Im Streitfall war die bei der AB GmbH +Co.KG durchgeführte Kapitalerhöhung und damit auch das vom Kläger in diesem Zusammenhang
aufgenommene Darlehen in Höhe von 32.500.000 € ein notwendiger Zwischenschritt zur Durchführung des geplanten Börsengangs.
Ebenso war die Umwandlung der GmbH und Co. KG in eine Kapitalgesellschaft englischen Rechts unabdingbare Vorraussetzung für
die angestrebte Platzierung von Unternehmensanteilen (Aktien) an der Börse.
Da der Kläger aus der Veräußerung seines (Teil-) Aktienpakets im Rahmen des nachfolgend realisierten Börsengangs einen Veräußerungserlös
von ca. 50.000.000 € realisierte, waren durch diesen Einnahmenzufluss die vom Kläger zuvor aufgenommenen Darlehensverbindlichkeiten
vollständig abgedeckt. Aus diesem Grund scheidet eine Zuordnung des Darlehens zum sogenannten „Restbetriebsvermögen” der AB
GmbH +Co.KG aus.
Soweit die Klägerseite im Übrigen die Auffassung vertritt, dem hälftigen Abzugsverbot der Schuldzinsen nach § 3 c Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes stehe vorliegend entgegen, dass der Kläger bis dato keine nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes
steuerbefreiten Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus seiner Beteiligung an der AB PLC erzielt habe, geht dies fehl.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist Erwerbsaufwand (Werbungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs.
1 und Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes nicht nach § 3 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes nur begrenzt, sondern in vollem
Umfang abziehbar, wenn dem Steuerpflichtigen keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen zugehen.
Dies ist hier angesichts des vom Kläger im Streitjahr erzielten Gewinns aus der Veräußerung eines Teils seiner Beteiligung
nicht der Fall. Zudem ist völlig ungewiss, ob der Kläger nicht auch aus dem ihm verbliebenen Aktienpaket in Zukunft Dividendeneinkünfte
erzielen wird. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass § 3 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 3
Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes für Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen unabhängig davon gilt, in welchem Veranlagungszeitraum
die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen (Anmerkung der Bundesrichterin Prof. Dr. Monika Jachmann zum Urteil
des Bundesfinanzhofs vom 6.4.2011 IX R 40/10, juris Dokumentation).
Nach alledem war der Klage der Erfolg zu versagen.
Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen
(§ 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung).
Die Revision wird zugelassen (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung).