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  • 09.08.2013

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 17.12.2012 – 5 K 2052/10

    Der Mülllwagenabstellplatz auf dem Gelände
    - Betriebshof - eines Kunden des Arbeitgebers ist die regelmäßige
    Arbeitsstätte eines Müllwagenfahrers, wenn der
    Arbeitgeber aufgrund des Subunternehmervertrages berechtigt ist,
    Sozialeinrichtungen, Tankstelle und Werkstatt gegen Kostenerstattung
    mitzubenutzen.


    Für die Fahrten zu dem Abstellplatz für das
    Müllfahrzeug kann nur die Entfernungspauschale angesetzt
    werden; Verpflegungsmehraufwand ist nicht abzugsfähig.


    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger
    für die Fahrten zwischen Wohnung und dem Betriebshof in
    M, auf dem er das Müllfahrzeug seines Arbeitgebers nach
    jedem Arbeitstag abstellt, die Entfernungspauschale oder die tatsächlich
    angefallenen Fahrtkosten geltend machen kann.


    Die Kläger wurden in den Streitjahren 2008 und 2009
    zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte
    in den Streitjahren 2008 und 2009 als Müllwagenfahrer der
    Fa. Kreislaufwirtschaft ... GmbH & Co. KG - im Folgenden:
    K - in 2008 und der Fa. R in 2009 Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit
    in Höhe von 27.739,00 € (2008) und in Höhe
    von 31.809,00 € (2009). In der Einkommensteuererklärung
    für 2008 vom 26. Januar 2009 machte der Kläger
    Fahrtkosten in Höhe von 5.221,20 € (= 76
    km x 229 Tage x 0,30 €) und in der für 2009 vom
    29. März 2010 Fahrtkosten in Höhe von 5.426,40 € (= 76
    km x 238 Tage x 0,30 €) geltend.


    Zusammengefasst bezeichnete er diese Aufwendungen als „Reisekosten
    bei Auswärtstätigkeit”. In der Anlage „Auswärtstätigkeit” bei
    der Fa. K als Müllwagenfahrer wurde ausgeführt,
    dass der Kläger ein Müllfahrzeug der Fa. K führe.
    Dieses Fahrzeug werde aus organisatorischen Gründen auf
    einem Gelände des Landkreises Abfallwirtschaftsbetrieb
    - im Folgenden: LAB - abgestellt. Hier stehe es als einziges Fremdfahrzeug.
    Der Ort der Fahrzeugübernahme sei mangels betrieblicher
    Einrichtung des Arbeitgebers keine regelmäßige
    Arbeitsstätte. Die Fahrten zur Übernahmestelle
    würden deshalb mit der Reisekostenpauschale abgerechnet.


    Im Jahr 2008 fuhr der Kläger von seiner Wohnung in der
    G-Straße in PLZ K und im Jahr 2009 von seiner Wohnung in
    der H-Straße in PLZ K zum Betriebshof nach M. Diesen durfte
    sein jeweiliger Arbeitgeber, d. h. im Jahr 2008 die Fa. K - vormals
    die Fa. S Umweltdienste GmbH & Co. KG - und im Jahr 2009 die
    Fa. R aufgrund der im „Subunternehmervertrag” vom
    27. November 2006 mit dem Subunternehmer LAB, B-Straße
    Hausnummer in PLZ M, vertraglich eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten
    nutzen. In § 8 des „Subunternehmervertrages” wurden
    dem Arbeitgeber des Klägers als Hauptauftragnehmer Nutzungsmöglichkeiten
    auf dem Betriebshof der LAB gewährt. Hierbei handelte es sich
    um die Nutzung eines offenen Abstellplatzes für das von
    ihm eingesetzte Fahrzeug, die Mitbenutzung der Sozialeinrichtungen
    durch dessen Mitarbeiter, die Mitbenutzung der Tankstelle gegen
    Selbstkostenersatz laut jeweiligem Einkaufspreis des Subunternehmers
    für Dieselkraftstoff und die Nutzung der Werkstatteinrichtungen
    gegen Kostenersatz.


    Mit Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 12. Februar
    2009 setzte der Beklagte Einkommensteuer in Höhe von 508,00 € fest.
    Hierbei ging er im Jahr 2008 von Einkünften des Klägers
    aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 23.858,00 € aus.
    Vom Bruttoarbeitslohn des Klägers in Höhe von
    27.739,00 € brachte er die Entfernungspauschale in Höhe
    von 2.611,00 € (= 229 Tage x 38 km x 0,30 €),
    Aufwendungen für Arbeitsmittel in Höhe von 102,00 €,
    Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 1.050,00 € und übrige
    Werbungskosten in Höhe von 118,00 € - insgesamt
    3.881,00 € - in Abzug. In den Erläuterungen zum
    Einkommensteuerbescheid für 2008 führte der Beklagte aus,
    dass auf der Bescheinigung des Arbeitgebers der Abstellort des Fahrzeuges als
    Nebenstelle der Firma bezeichnet werde; somit sei die Fahrt nach
    M als regelmäßige Arbeitsstätte zu werten
    und Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte seien mit
    der Entfernungspauschale zu berücksichtigen.


    Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und begründete
    dies damit, dass der Abstellort des Fahrzeugs keine regelmäßige
    Arbeitsstätte sei. Für eine regelmäßige
    Arbeitsstelle sei es grundsätzlich erforderlich, dass sich
    dort „betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers” befänden.
    Deshalb sei z. B. eine Bushaltestelle oder eine Schiffsanlagestelle
    keine Arbeitsstätte eines Arbeitnehmers des Verkehrsbetriebes.
    Ein bloßer Parkplatz könne somit auch keine Arbeitsstätte sein.
    Betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers befänden sich
    nicht auf dem Parkplatz. Der Parkplatz gehöre der LAB.
    Das Fahrzeug seines Arbeitgebers stehe im Freien. Sie beantragten,
    die Fahrten zur Übernahmestelle mit der Reisekostenpauschale
    abzurechnen.


    Mit
    Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 15. April
    2010

    setzte der Beklagte Einkommensteuer in Höhe
    von 1.143,00 € fest. Im Jahr 2009 setzte er Einkünfte
    des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe
    von 27.529,00 € an. Vom Bruttoarbeitslohn des Klägers
    in Höhe von 31.809,00 € brachte er die Entfernungspauschale
    in Höhe von 2.714,00 € (= 238 Tage x
    38 km x 0,30 €), Aufwendungen für Arbeitsmittel
    in Höhe von 110,00 €, Mehraufwendungen für Verpflegung
    in Höhe von 1.338,00 € und übrige Werbungskosten
    in Höhe von 118,00 € - insgesamt 4.280,00 € -
    in Abzug. In den Erläuterungen für 2009 führte
    der Beklagte aus, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (LKW
    Abstellplatz) bereits im Einkommensteuerbescheid 2008 erläutert
    worden seien.


    Auch hiergegen erhoben die Kläger aus den hinsichtlich
    des Jahres 2008 aufgeführten Gründen Einspruch.


    Mit gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
    AO geändertem
    Einkommensteuerbescheid für
    2008 vom 16. April 2010

    setzte der Beklagte Einkommensteuer
    in Höhe von 530,00 € fest. Im Vergleich zum Vorbescheid
    ging der Beklagte anstelle von gezahlter Kirchensteuer in Höhe
    von 278,00 € nur noch von gezahlter Kirchensteuer in Höhe
    von 60,00 € aus, brachte die erstattete Kirchensteuer in
    Höhe von 92,00 € in Abzug und setzte die Summe
    der unbeschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben
    anstelle des Betrages von 186,00 € mit 0,00 € an.


    Nachdem der Beklagte den Subunternehmervertrag zwischen dem Arbeitgeber des
    Klägers und der LAB vom 27. November 2006 erhalten hatte,
    den Klägern mit Schreiben vom 12. Mai 2010 nochmals Gelegenheit
    zur Stellungnahme gegeben und diese mit Schreiben vom 18. Mai 2010
    auf die BFH-Urteile vom 10. Juli 2008 in dem Verfahren VI R 21/07 und vom
    9. Juli 2009 in dem Verfahren VI R 21/08 hingewiesen hatten,
    wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger mit
    Einspruchsentscheidungen
    vom 9. Juli 2010

    als unbegründet zurück.


    Mit ihrer bei Gericht am 10. August 2010 eingegangenen Klage
    machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass der Müllwagenabstellplatz
    auf dem Gelände eines Kunden des Arbeitgebers des Klägers,
    d. h. der LAB, keine regelmäßige Arbeitsstätte
    im Sinne der Rechtsprechung des BFH mit der Folge darstelle, dass
    die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Müllwagenabstellplatz nicht
    je vollem Entfernungskilometer, sondern je gefahrenem Kilometer
    als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers
    aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen
    seien.


    Der BFH habe in den Verfahren VI R 21/07 und VI R 21/08 entschieden,
    dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers
    keine regelmäßige Arbeitsstätte eines dort
    - ggf. auch längerfristig - eingesetzten Arbeitnehmers
    sei. Nachdem das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom
    21. Dezember 2012 erklärt habe, diese Rechtsprechung grundsätzlich
    anzuwenden, könne die Einspruchsentscheidung des Beklagten
    keinen Bestand mehr haben. Im Streitfall liege auch keiner der drei
    im BMF-Schreiben angeführten Ausnahmefälle vor, in
    denen dieses davon ausgegangen sei, dass auch eine außerbetriebliche
    Einrichtung die regelmäßige Arbeitsstätte
    des dort eingesetzten Arbeitnehmers sein könne. Vielmehr
    sei er - der Kläger - schlicht Mitarbeiter einer Fremdfirma,
    die zur Ausführung des seinem Arbeitgeber erteilten Entsorgungsauftrages
    aus auftragsbezogenen, organisatorischen Gründen einen
    LKW-Abstellplatz beim Auftraggeber nutzen könne und solle.
    Von den vorgenannten Ausnahmen abgesehen habe sogar ein Arbeitnehmer,
    der für seinen Arbeitgeber zur Abwicklung eines Auftrags über
    Jahre ganztägig in den Geschäftsräumen des
    Kunden tätig sei, dort keine regelmäßige
    Arbeitsstätte. Dann könne aber das bloße
    - auch über längere Zeit wiederholte - An- und
    Abfahren eines vom Kunden gestellten Stellplatzes für das
    Müllfahrzeug erst recht keine regelmäßige
    Arbeitsstätte begründen. Eine regelmäßige
    Arbeitsstätte ergebe sich auch nicht aus den weiteren Möglichkeiten,
    Einrichtungen der LAB zu nutzen:


    Die Berechtigung die Sozialeinrichtungen
    der LAB zu nutzen, sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
    Denn auch der Mitarbeiter einer Fremdfirma, der ganztägig
    im Büro des Kunden arbeite, werde dessen Toiletten und
    Pausenräume nutzen dürfen. Im Übrigen
    nutze er - der Kläger - diese aber nicht, da er sich täglich
    nur wenige Minuten auf dem Gelände aufhalte.


    Die Mitbenutzung der Tankstelle und der Werkstatteinrichtungen
    sei schon deshalb völlig bedeutungslos, weil die dabei
    entstehenden Kosten seinen Arbeitgebern weiterberechnet worden seien.


    Schließlich sehe er nicht, was der in der Einspruchsentscheidung
    ausführlich dargestellte Subunternehmervertrag mit dem
    Streitfall zu tun haben solle. Es möge zwar sein, dass
    seine Arbeitgeber den Zuschlag zur Erfassung von Leichtverpackungen
    für den gesamten Westerwaldkreis erhalten hätten.
    Sie hätten jedoch 70% der Arbeiten an die LAB
    weitergegeben. Seine Arbeitgeber müssten aber immer noch
    ca. 30% des Sammelgebietes abdecken, womit er - der Kläger
    - betraut sei.


    Er habe weder auf dem Gelände der LAB noch sonst wo
    eine regelmäßige Arbeitsstätte (die Betriebsstätte
    seines Arbeitgebers in Siegen suche er auch nur gelegentlich auf).
    Demnach führe er ausschließlich eine Fahrtätigkeit
    aus, die arbeitstäglich mit dem Verlassen seiner Wohnung
    beginne und mit der Rückkehr dorthin ende. Die Fahrten
    zwischen der Wohnung und dem Müllwagenstellplatz in M seien
    daher mit den tatsächlichen Kosten oder pauschal mit 0,30 € je
    gefahrenem Kilometer als Werbungskosten bei seinen Lohneinkünften
    zu berücksichtigen.


    Die Kläger beantragen sinngemäß,

    den geänderten
    Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 16. April 2010 und den
    Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 15. April 2010 sowie
    die Einspruchsentscheidungen vom 9. Juli 2010 dahin gehend zu ändern,
    dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger
    Arbeit weitere Fahrtkosten im Jahr 2008 in Höhe von 2.611,00 € und
    im Jahr 2009 in Höhe von 2.533,00 € berücksichtigt
    werden.


    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte tritt der Klage entgegen und trägt vor,
    dass die von den Klägern angesprochenen BFH-Urteile VI R 21/07 und VI R 21/08 auf
    den Streitfall nicht zuträfen, weil es sich bei der regelmäßigen
    Arbeitsstätte des Klägers nicht um eine betriebliche Einrichtung
    eines Kunden des Arbeitgebers gehandelt habe. Im Übrigen
    verweise er auf die Einspruchsentscheidung.


    Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Gründe

    Die Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für
    2008 und 2009 sowie die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen
    sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht
    in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Beklagte
    hat in den beiden Streitjahren 2008 und 2009 für die Fahrten
    zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu Recht die Entfernungspauschale
    und nicht die tatsächlich entstandenen Kosten für
    die Hin- und Rückfahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
    angesetzt. Bei dem Betriebshof in M, den seine Arbeitgeber als offenen
    Abstellplatz des vom Kläger geführten Müllfahrzeuges
    zu nutzen berechtigt gewesen sind, deren Sozialeinrichtungen der
    Kläger zudem hat nutzen dürfen und deren Tankstelle
    und Werkstatt seine Arbeitgeber gegen Kostenerstattung haben nutzen
    dürfen, hat es sich nämlich um betriebliche Einrichtungen
    seiner beiden Arbeitgeber und nicht um solche eines Kunden seiner
    Arbeitgeber gehandelt. Der Betriebshof in M ist hiernach die regelmäßige
    Arbeitsstätte des Klägers gewesen.


    I.

    Fahrten zwischen Wohnung und wechselnden Tätigkeitsstätten
    sind gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG mit den
    tatsächlichen Kosten als Werbungskosten zu berücksichtigen,
    während die Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
    EStG, die nur Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger
    Arbeitsstätte erfasst, in diesen Fällen nicht
    in Betracht kommt.


    Liegt aber eine regelmäßige Arbeitsstätte
    vor, ist der Abzug der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
    auf die Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs.
    1 S. 3 Nr. 4 EStG beschränkt.


    Regelmäßige Arbeitsstätte i. S. des § 9
    Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG ist nur der (ortsgebundene) Mittelpunkt der
    dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers
    (vgl. BFH-Urteile vom 11. Mai 2005, VI R 25/04, BStBl II 2005,
    791; VI
    R 15/04, BStBl II 2005, 788 und vom 14. September
    2005, VI R 93/04, BFH/NV
    2006, 53) und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine
    aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu
    erbringen hat (BFH-Urteile vom 7. Juni 2002, VI R 53/01, BStBl II 2002,
    878 und vom 11. Mai 2005, VI R 25/04, a. a. O. und vom
    14. September 2005, VI
    R 93/04 a. a. O.). Dies ist im Regelfall der Betrieb
    oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer
    zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer
    gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht
    (BFH-Urteil vom 22. September 2010, VI R 54/09, BStBl II 2011,
    127).


    Der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit
    des Arbeitnehmers kann nur an einem Ort liegen. Nur insoweit kann
    sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und
    so (etwa durch Fahrgemeinschaften, öffentliche Verkehrsmittel
    oder eine zielgerichtete Wohnsitznahme in der Nähe der
    regelmäßigen Arbeitsstätte) auf eine
    Minderung der Wegekosten hinwirken. Damit stellt sich § 9
    Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG auch nur insoweit als sachgerechte und folgerichtige
    Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip dar. Übt der Arbeitnehmer
    hingegen an mehreren betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers seinen
    Beruf aus, ist es ihm regelmäßig nicht möglich,
    die anfallenden Wegekosten durch derartige Maßnahmen gering
    zu halten. Denn die unter Umständen nicht verlässlich
    vorhersehbare Notwendigkeit, verschiedene Tätigkeitsstätten
    aufsuchen zu müssen, erlaubt es dem Arbeitnehmer nicht,
    sich immer auf die gleichen Wege einzustellen. In einem solchen
    Fall lässt sich die Einschränkung der Steuererheblichkeit
    von Wegekosten durch die Entfernungspauschale nach § 9
    Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG nicht rechtfertigen.


    Ist der Arbeitnehmer in mehreren betrieblichen Einrichtungen
    des Arbeitgebers tätig, sind deshalb die Umstände
    des Einzelfalles zu würdigen und der ortsgebundene Mittelpunkt
    der beruflichen Tätigkeit zu bestimmen. Hierbei ist insbesondere
    zu berücksichtigen, welcher Tätigkeitsstätte
    der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugeordnet worden ist, welche Tätigkeit
    er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrnimmt
    oder wahrzunehmen hat und welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit
    zukommt. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer eine Tätigkeitsstätte
    im zeitlichen Abstand immer wieder aufsucht, reicht für
    die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte
    jedenfalls dann nicht aus, wenn der Steuerpflichtige fortdauernd
    und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers
    aufsucht. Der regelmäßigen Arbeitsstätte
    muss vielmehr hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber
    den weiteren Tätigkeitsorten zukommen (BFH-Urteil vom 4.
    April 2008, VI
    R 85/04, BStBl II 2008, 887).


    Keine regelmäßige Arbeitsstätte liegt
    hingegen vor, wenn der Arbeitnehmer die betriebliche Einrichtung
    eines Kunden seines Arbeitgebers aufsucht. Dies gilt selbst dann,
    wenn er dort ggf. längerfristig eingesetzt wird (BFH-Urteile
    vom 10. Juli 2008, VI
    R 21/07, BStBl II 2009, 818 und vom 9. Juli
    2009, VI R 21/08, BStBl II 2009,
    822).


    II.

    Unter Zugrundelegung dieser von der höchstrichterlichen
    Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze hat der Kläger
    in den Streitjahren 2008 und 2009 den Betriebshof der LAB in M an
    jedem Arbeitstag als seine regelmäßige Arbeitsstätte
    aufgesucht, um von dort aus seine Arbeit aufzunehmen und sodann
    in den beiden Streitjahren für seine Arbeitgeber auf den
    ihm vorgegebenen Touren die gebrauchten Verkaufspackungen einzusammeln,
    zu befördern und der Entsorgungsstelle zuzuführen.


    Entgegen der Auffassung des Klägers befanden sich in
    M auch betriebliche Einrichtungen der Arbeitgeber des Klägers.
    Zu den betrieblichen Einrichtungen zählt hierbei - was
    die Kläger übersehen - der offene Abstellplatz
    für den Müllwagen. Überdies ist den Arbeitgebern
    des Klägers und ihm als Arbeitnehmer aufgrund des zwischen
    seinen Arbeitgebern und der LAB abgeschlossenen Subunternehmervertrages
    auch gestattet gewesen, die auf dem Betriebshof in M befindlichen
    Sozialeinrichtungen, die Tankstelle gegen Selbstkostenersatz und die
    vorhandenen Werkstatteinrichtungen gegen Kostenersatz zu nutzen.
    Diese aufgrund des Subunternehmervertrages eingeräumten
    Nutzungsbefugnisse führen im Streitfall dazu, dass die
    Arbeitgeber des Klägers entgegen seiner Auffassung in M
    sehr wohl über ortsfeste Einrichtungen verfügt
    und dort eben auch jeweils eine Betriebsstätte unterhalten
    haben. Das Gericht hält zudem auch die eingeräumte
    Mitbenutzung der Tankstelle sowie der Werkstatt - entgegen der Auffassung
    der Kläger - nicht für völlig bedeutungslos.
    Denn sie eröffnet dem Arbeitgeber des Klägers
    einmal die Möglichkeit, den Müllwagen ohne Umwegfahrten
    und soweit erforderlich vor Arbeitsbeginn und überdies
    zum Einkaufspreis zu betanken. Zum anderen kann er erforderliche
    Wartungs- und Reparaturarbeiten außerhalb der Einsatzzeiten
    des Müllwagens an seinem Abstellort durchführen.
    Allein diese Vorteile sind schon wirtschaftlich nicht unbedeutend.


    Dem stehen auch die beiden BFH-Urteile vom 10. Juli 2008 in dem
    Verfahren VI R
    21/07 und vom 9. Juli 2009 in dem Verfahren VI R 21/08 nicht
    entgegen (VI R
    21/07, BStBl II 2009, 818 und VI R 21/08, BStBl II 2009,
    822). Die Kläger verkennen insoweit nämlich schon,
    dass der Sachverhalt des Streitfalles nicht mit den dort entschiedenen Sachverhalten
    vergleichbar ist. Während der BFH in den beiden Verfahren VI R 21/07 und VI R 21/08 darüber
    zu befinden hatte, ob eine betriebliche Einrichtung eines Kunden des
    Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte
    seines Arbeitnehmers sein kann und dies auch bei einem längeren
    Einsatz des Arbeitnehmers bei einem Kunden seines Arbeitgebers verneint
    hat, liegt im Streitfall bereits ein anderer Sachverhalt vor. Denn
    vorliegend haben die beiden Arbeitgeber des Klägers keine
    betriebliche Einrichtung eines ihrer Kunden genutzt und den Kläger
    als ihren Arbeitnehmer dort längerfristig eingesetzt. Vielmehr
    haben sie den Betriebshof aufgrund des mit der LAB am 27. November
    2006 geschlossenen Subunternehmervertrages und der ihnen in diesem
    unter § 8 zur Verfügung gestellten Nutzungsmöglichkeiten
    nicht als betriebliche Einrichtungen ihres Kunden, sondern als eigene
    betriebliche Einrichtungen nutzen können. Ihnen stand hiernach
    nämlich die Nutzung des offenen Abstellplatzes auf dem Betriebshof,
    der Sozialeinrichtungen, der Tankstelle gegen Selbstkostenersatz und
    der Werkstatteinrichtungen gegen Kostenersatz im Rahmen des mit
    der LAB geschlossenen Subunternehmervertrages zu.


    In diesem Zusammenhang übersehen die Kläger
    des Weiteren, dass die LAB im Sinne der BFH-Urteile vom 10. Juli
    2008 und vom 9. Juli 2009 auch nicht Kunde der Arbeitgeber des Klägers
    gewesen ist. Vielmehr ist die LAB im Rahmen des zwischen den Arbeitgebern
    des Klägers als Hauptauftragnehmer mit der DSD GmbH abgeschlossenen
    Vertrages für den Landkreis W über die Erfassung,
    Sammlung und Beförderung gebrauchter Verkaufspackungen
    Subunternehmer gewesen. Auf dieser Grundlage haben die Arbeitgeber
    des Klägers mit den ihnen in § 8 des Subunternehmervertrages
    geregelten Nutzungsmöglichkeiten im Sinne der beiden oben
    angeführten BFH-Urteile keine Einrichtungen eines Kunden
    im Sinne eines Auftraggebers seiner Arbeitgeber, sondern des LAB
    als Subunternehmer seiner Arbeitgeber mit diesen auf dem Betriebshof
    in M vertraglich eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten
    genutzt.


    Diese Nutzungsmöglichkeiten haben für den Kläger
    im Streitfall aber eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung
    seiner beiden Arbeitgeber im Jahr 2008 und 2009 begründet,
    die er nicht nur gelegentlich, sondern fortdauernd und immer wieder
    aufgesucht hat. Mithin stellt der Betriebshof in M für
    den Kläger eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte
    regelmäßige Arbeitsstätte dar, auf die
    er sich in den Streitjahren hat einstellen und so seine Wegkosten
    hat mindern können. Hat hiernach im Streitfall aber eine
    auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige
    Arbeitsstätte vorgelegen, ist es nicht gerechtfertigt, die
    Fahrtkosten des Klägers gemäß § 9
    Abs. 1 S. 1 EStG uneingeschränkt im tatsächlich
    entstandenen Umfang für Hin- und Rückfahrt - wie
    es die Kläger begehren - anzuerkennen, sondern die dem
    Kläger entstandenen Fahrtkosten sind nur nach Maßgabe
    der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs.
    1 S. 3 Nr. 4 S. 2 ff. EStG zum Werbungskostenabzug zuzulassen gewesen.


    Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 135
    Abs. 1 FGO abzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zulassung
    der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO). Das Gericht
    hat gemäß § 90 Abs. 2 FGO entschieden.

    VorschriftenEStG § 9 Abs. 1 Satz 1, EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4