09.08.2013
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 17.12.2012 – 5 K 2052/10
Der Mülllwagenabstellplatz auf dem Gelände
- Betriebshof - eines Kunden des Arbeitgebers ist die regelmäßige
Arbeitsstätte eines Müllwagenfahrers, wenn der
Arbeitgeber aufgrund des Subunternehmervertrages berechtigt ist,
Sozialeinrichtungen, Tankstelle und Werkstatt gegen Kostenerstattung
mitzubenutzen.
Für die Fahrten zu dem Abstellplatz für das
Müllfahrzeug kann nur die Entfernungspauschale angesetzt
werden; Verpflegungsmehraufwand ist nicht abzugsfähig.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger
für die Fahrten zwischen Wohnung und dem Betriebshof in
M, auf dem er das Müllfahrzeug seines Arbeitgebers nach
jedem Arbeitstag abstellt, die Entfernungspauschale oder die tatsächlich
angefallenen Fahrtkosten geltend machen kann.
Die Kläger wurden in den Streitjahren 2008 und 2009
zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte
in den Streitjahren 2008 und 2009 als Müllwagenfahrer der
Fa. Kreislaufwirtschaft ... GmbH & Co. KG - im Folgenden:
K - in 2008 und der Fa. R in 2009 Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit
in Höhe von 27.739,00 € (2008) und in Höhe
von 31.809,00 € (2009). In der Einkommensteuererklärung
für 2008 vom 26. Januar 2009 machte der Kläger
Fahrtkosten in Höhe von 5.221,20 € (= 76
km x 229 Tage x 0,30 €) und in der für 2009 vom
29. März 2010 Fahrtkosten in Höhe von 5.426,40 € (= 76
km x 238 Tage x 0,30 €) geltend.
Zusammengefasst bezeichnete er diese Aufwendungen als „Reisekosten
bei Auswärtstätigkeit”. In der Anlage „Auswärtstätigkeit” bei
der Fa. K als Müllwagenfahrer wurde ausgeführt,
dass der Kläger ein Müllfahrzeug der Fa. K führe.
Dieses Fahrzeug werde aus organisatorischen Gründen auf
einem Gelände des Landkreises Abfallwirtschaftsbetrieb
- im Folgenden: LAB - abgestellt. Hier stehe es als einziges Fremdfahrzeug.
Der Ort der Fahrzeugübernahme sei mangels betrieblicher
Einrichtung des Arbeitgebers keine regelmäßige
Arbeitsstätte. Die Fahrten zur Übernahmestelle
würden deshalb mit der Reisekostenpauschale abgerechnet.
Im Jahr 2008 fuhr der Kläger von seiner Wohnung in der
G-Straße in PLZ K und im Jahr 2009 von seiner Wohnung in
der H-Straße in PLZ K zum Betriebshof nach M. Diesen durfte
sein jeweiliger Arbeitgeber, d. h. im Jahr 2008 die Fa. K - vormals
die Fa. S Umweltdienste GmbH & Co. KG - und im Jahr 2009 die
Fa. R aufgrund der im „Subunternehmervertrag” vom
27. November 2006 mit dem Subunternehmer LAB, B-Straße
Hausnummer in PLZ M, vertraglich eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten
nutzen. In § 8 des „Subunternehmervertrages” wurden
dem Arbeitgeber des Klägers als Hauptauftragnehmer Nutzungsmöglichkeiten
auf dem Betriebshof der LAB gewährt. Hierbei handelte es sich
um die Nutzung eines offenen Abstellplatzes für das von
ihm eingesetzte Fahrzeug, die Mitbenutzung der Sozialeinrichtungen
durch dessen Mitarbeiter, die Mitbenutzung der Tankstelle gegen
Selbstkostenersatz laut jeweiligem Einkaufspreis des Subunternehmers
für Dieselkraftstoff und die Nutzung der Werkstatteinrichtungen
gegen Kostenersatz.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 12. Februar
2009 setzte der Beklagte Einkommensteuer in Höhe von 508,00 € fest.
Hierbei ging er im Jahr 2008 von Einkünften des Klägers
aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 23.858,00 € aus.
Vom Bruttoarbeitslohn des Klägers in Höhe von
27.739,00 € brachte er die Entfernungspauschale in Höhe
von 2.611,00 € (= 229 Tage x 38 km x 0,30 €),
Aufwendungen für Arbeitsmittel in Höhe von 102,00 €,
Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 1.050,00 € und übrige
Werbungskosten in Höhe von 118,00 € - insgesamt
3.881,00 € - in Abzug. In den Erläuterungen zum
Einkommensteuerbescheid für 2008 führte der Beklagte aus,
dass auf der Bescheinigung des Arbeitgebers der Abstellort des Fahrzeuges als
Nebenstelle der Firma bezeichnet werde; somit sei die Fahrt nach
M als regelmäßige Arbeitsstätte zu werten
und Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte seien mit
der Entfernungspauschale zu berücksichtigen.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und begründete
dies damit, dass der Abstellort des Fahrzeugs keine regelmäßige
Arbeitsstätte sei. Für eine regelmäßige
Arbeitsstelle sei es grundsätzlich erforderlich, dass sich
dort „betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers” befänden.
Deshalb sei z. B. eine Bushaltestelle oder eine Schiffsanlagestelle
keine Arbeitsstätte eines Arbeitnehmers des Verkehrsbetriebes.
Ein bloßer Parkplatz könne somit auch keine Arbeitsstätte sein.
Betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers befänden sich
nicht auf dem Parkplatz. Der Parkplatz gehöre der LAB.
Das Fahrzeug seines Arbeitgebers stehe im Freien. Sie beantragten,
die Fahrten zur Übernahmestelle mit der Reisekostenpauschale
abzurechnen.
Mit
Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 15. April
2010
setzte der Beklagte Einkommensteuer in Höhe
von 1.143,00 € fest. Im Jahr 2009 setzte er Einkünfte
des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe
von 27.529,00 € an. Vom Bruttoarbeitslohn des Klägers
in Höhe von 31.809,00 € brachte er die Entfernungspauschale
in Höhe von 2.714,00 € (= 238 Tage x
38 km x 0,30 €), Aufwendungen für Arbeitsmittel
in Höhe von 110,00 €, Mehraufwendungen für Verpflegung
in Höhe von 1.338,00 € und übrige Werbungskosten
in Höhe von 118,00 € - insgesamt 4.280,00 € -
in Abzug. In den Erläuterungen für 2009 führte
der Beklagte aus, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (LKW
Abstellplatz) bereits im Einkommensteuerbescheid 2008 erläutert
worden seien.
Auch hiergegen erhoben die Kläger aus den hinsichtlich
des Jahres 2008 aufgeführten Gründen Einspruch.
Mit gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
AO geändertem
Einkommensteuerbescheid für
2008 vom 16. April 2010
setzte der Beklagte Einkommensteuer
in Höhe von 530,00 € fest. Im Vergleich zum Vorbescheid
ging der Beklagte anstelle von gezahlter Kirchensteuer in Höhe
von 278,00 € nur noch von gezahlter Kirchensteuer in Höhe
von 60,00 € aus, brachte die erstattete Kirchensteuer in
Höhe von 92,00 € in Abzug und setzte die Summe
der unbeschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben
anstelle des Betrages von 186,00 € mit 0,00 € an.
Nachdem der Beklagte den Subunternehmervertrag zwischen dem Arbeitgeber des
Klägers und der LAB vom 27. November 2006 erhalten hatte,
den Klägern mit Schreiben vom 12. Mai 2010 nochmals Gelegenheit
zur Stellungnahme gegeben und diese mit Schreiben vom 18. Mai 2010
auf die BFH-Urteile vom 10. Juli 2008 in dem Verfahren VI R 21/07 und vom
9. Juli 2009 in dem Verfahren VI R 21/08 hingewiesen hatten,
wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger mit
Einspruchsentscheidungen
vom 9. Juli 2010
als unbegründet zurück.
Mit ihrer bei Gericht am 10. August 2010 eingegangenen Klage
machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass der Müllwagenabstellplatz
auf dem Gelände eines Kunden des Arbeitgebers des Klägers,
d. h. der LAB, keine regelmäßige Arbeitsstätte
im Sinne der Rechtsprechung des BFH mit der Folge darstelle, dass
die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Müllwagenabstellplatz nicht
je vollem Entfernungskilometer, sondern je gefahrenem Kilometer
als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers
aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen
seien.
Der BFH habe in den Verfahren VI R 21/07 und VI R 21/08 entschieden,
dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers
keine regelmäßige Arbeitsstätte eines dort
- ggf. auch längerfristig - eingesetzten Arbeitnehmers
sei. Nachdem das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom
21. Dezember 2012 erklärt habe, diese Rechtsprechung grundsätzlich
anzuwenden, könne die Einspruchsentscheidung des Beklagten
keinen Bestand mehr haben. Im Streitfall liege auch keiner der drei
im BMF-Schreiben angeführten Ausnahmefälle vor, in
denen dieses davon ausgegangen sei, dass auch eine außerbetriebliche
Einrichtung die regelmäßige Arbeitsstätte
des dort eingesetzten Arbeitnehmers sein könne. Vielmehr
sei er - der Kläger - schlicht Mitarbeiter einer Fremdfirma,
die zur Ausführung des seinem Arbeitgeber erteilten Entsorgungsauftrages
aus auftragsbezogenen, organisatorischen Gründen einen
LKW-Abstellplatz beim Auftraggeber nutzen könne und solle.
Von den vorgenannten Ausnahmen abgesehen habe sogar ein Arbeitnehmer,
der für seinen Arbeitgeber zur Abwicklung eines Auftrags über
Jahre ganztägig in den Geschäftsräumen des
Kunden tätig sei, dort keine regelmäßige
Arbeitsstätte. Dann könne aber das bloße
- auch über längere Zeit wiederholte - An- und
Abfahren eines vom Kunden gestellten Stellplatzes für das
Müllfahrzeug erst recht keine regelmäßige
Arbeitsstätte begründen. Eine regelmäßige
Arbeitsstätte ergebe sich auch nicht aus den weiteren Möglichkeiten,
Einrichtungen der LAB zu nutzen:
Die Berechtigung die Sozialeinrichtungen
der LAB zu nutzen, sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Denn auch der Mitarbeiter einer Fremdfirma, der ganztägig
im Büro des Kunden arbeite, werde dessen Toiletten und
Pausenräume nutzen dürfen. Im Übrigen
nutze er - der Kläger - diese aber nicht, da er sich täglich
nur wenige Minuten auf dem Gelände aufhalte.
Die Mitbenutzung der Tankstelle und der Werkstatteinrichtungen
sei schon deshalb völlig bedeutungslos, weil die dabei
entstehenden Kosten seinen Arbeitgebern weiterberechnet worden seien.
Schließlich sehe er nicht, was der in der Einspruchsentscheidung
ausführlich dargestellte Subunternehmervertrag mit dem
Streitfall zu tun haben solle. Es möge zwar sein, dass
seine Arbeitgeber den Zuschlag zur Erfassung von Leichtverpackungen
für den gesamten Westerwaldkreis erhalten hätten.
Sie hätten jedoch 70% der Arbeiten an die LAB
weitergegeben. Seine Arbeitgeber müssten aber immer noch
ca. 30% des Sammelgebietes abdecken, womit er - der Kläger
- betraut sei.
Er habe weder auf dem Gelände der LAB noch sonst wo
eine regelmäßige Arbeitsstätte (die Betriebsstätte
seines Arbeitgebers in Siegen suche er auch nur gelegentlich auf).
Demnach führe er ausschließlich eine Fahrtätigkeit
aus, die arbeitstäglich mit dem Verlassen seiner Wohnung
beginne und mit der Rückkehr dorthin ende. Die Fahrten
zwischen der Wohnung und dem Müllwagenstellplatz in M seien
daher mit den tatsächlichen Kosten oder pauschal mit 0,30 € je
gefahrenem Kilometer als Werbungskosten bei seinen Lohneinkünften
zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den geänderten
Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 16. April 2010 und den
Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 15. April 2010 sowie
die Einspruchsentscheidungen vom 9. Juli 2010 dahin gehend zu ändern,
dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger
Arbeit weitere Fahrtkosten im Jahr 2008 in Höhe von 2.611,00 € und
im Jahr 2009 in Höhe von 2.533,00 € berücksichtigt
werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte tritt der Klage entgegen und trägt vor,
dass die von den Klägern angesprochenen BFH-Urteile VI R 21/07 und VI R 21/08 auf
den Streitfall nicht zuträfen, weil es sich bei der regelmäßigen
Arbeitsstätte des Klägers nicht um eine betriebliche Einrichtung
eines Kunden des Arbeitgebers gehandelt habe. Im Übrigen
verweise er auf die Einspruchsentscheidung.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für
2008 und 2009 sowie die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen
sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht
in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Beklagte
hat in den beiden Streitjahren 2008 und 2009 für die Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu Recht die Entfernungspauschale
und nicht die tatsächlich entstandenen Kosten für
die Hin- und Rückfahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
angesetzt. Bei dem Betriebshof in M, den seine Arbeitgeber als offenen
Abstellplatz des vom Kläger geführten Müllfahrzeuges
zu nutzen berechtigt gewesen sind, deren Sozialeinrichtungen der
Kläger zudem hat nutzen dürfen und deren Tankstelle
und Werkstatt seine Arbeitgeber gegen Kostenerstattung haben nutzen
dürfen, hat es sich nämlich um betriebliche Einrichtungen
seiner beiden Arbeitgeber und nicht um solche eines Kunden seiner
Arbeitgeber gehandelt. Der Betriebshof in M ist hiernach die regelmäßige
Arbeitsstätte des Klägers gewesen.
I.
Fahrten zwischen Wohnung und wechselnden Tätigkeitsstätten
sind gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG mit den
tatsächlichen Kosten als Werbungskosten zu berücksichtigen,
während die Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
EStG, die nur Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger
Arbeitsstätte erfasst, in diesen Fällen nicht
in Betracht kommt.
Liegt aber eine regelmäßige Arbeitsstätte
vor, ist der Abzug der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
auf die Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs.
1 S. 3 Nr. 4 EStG beschränkt.
Regelmäßige Arbeitsstätte i. S. des § 9
Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG ist nur der (ortsgebundene) Mittelpunkt der
dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers
(vgl. BFH-Urteile vom 11. Mai 2005, VI R 25/04, BStBl II 2005,
791; VI
R 15/04, BStBl II 2005, 788 und vom 14. September
2005, VI R 93/04, BFH/NV
2006, 53) und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine
aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu
erbringen hat (BFH-Urteile vom 7. Juni 2002, VI R 53/01, BStBl II 2002,
878 und vom 11. Mai 2005, VI R 25/04, a. a. O. und vom
14. September 2005, VI
R 93/04 a. a. O.). Dies ist im Regelfall der Betrieb
oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer
zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer
gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht
(BFH-Urteil vom 22. September 2010, VI R 54/09, BStBl II 2011,
127).
Der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit
des Arbeitnehmers kann nur an einem Ort liegen. Nur insoweit kann
sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und
so (etwa durch Fahrgemeinschaften, öffentliche Verkehrsmittel
oder eine zielgerichtete Wohnsitznahme in der Nähe der
regelmäßigen Arbeitsstätte) auf eine
Minderung der Wegekosten hinwirken. Damit stellt sich § 9
Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG auch nur insoweit als sachgerechte und folgerichtige
Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip dar. Übt der Arbeitnehmer
hingegen an mehreren betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers seinen
Beruf aus, ist es ihm regelmäßig nicht möglich,
die anfallenden Wegekosten durch derartige Maßnahmen gering
zu halten. Denn die unter Umständen nicht verlässlich
vorhersehbare Notwendigkeit, verschiedene Tätigkeitsstätten
aufsuchen zu müssen, erlaubt es dem Arbeitnehmer nicht,
sich immer auf die gleichen Wege einzustellen. In einem solchen
Fall lässt sich die Einschränkung der Steuererheblichkeit
von Wegekosten durch die Entfernungspauschale nach § 9
Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG nicht rechtfertigen.
Ist der Arbeitnehmer in mehreren betrieblichen Einrichtungen
des Arbeitgebers tätig, sind deshalb die Umstände
des Einzelfalles zu würdigen und der ortsgebundene Mittelpunkt
der beruflichen Tätigkeit zu bestimmen. Hierbei ist insbesondere
zu berücksichtigen, welcher Tätigkeitsstätte
der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugeordnet worden ist, welche Tätigkeit
er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrnimmt
oder wahrzunehmen hat und welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit
zukommt. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer eine Tätigkeitsstätte
im zeitlichen Abstand immer wieder aufsucht, reicht für
die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte
jedenfalls dann nicht aus, wenn der Steuerpflichtige fortdauernd
und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers
aufsucht. Der regelmäßigen Arbeitsstätte
muss vielmehr hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber
den weiteren Tätigkeitsorten zukommen (BFH-Urteil vom 4.
April 2008, VI
R 85/04, BStBl II 2008, 887).
Keine regelmäßige Arbeitsstätte liegt
hingegen vor, wenn der Arbeitnehmer die betriebliche Einrichtung
eines Kunden seines Arbeitgebers aufsucht. Dies gilt selbst dann,
wenn er dort ggf. längerfristig eingesetzt wird (BFH-Urteile
vom 10. Juli 2008, VI
R 21/07, BStBl II 2009, 818 und vom 9. Juli
2009, VI R 21/08, BStBl II 2009,
822).
II.
Unter Zugrundelegung dieser von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze hat der Kläger
in den Streitjahren 2008 und 2009 den Betriebshof der LAB in M an
jedem Arbeitstag als seine regelmäßige Arbeitsstätte
aufgesucht, um von dort aus seine Arbeit aufzunehmen und sodann
in den beiden Streitjahren für seine Arbeitgeber auf den
ihm vorgegebenen Touren die gebrauchten Verkaufspackungen einzusammeln,
zu befördern und der Entsorgungsstelle zuzuführen.
Entgegen der Auffassung des Klägers befanden sich in
M auch betriebliche Einrichtungen der Arbeitgeber des Klägers.
Zu den betrieblichen Einrichtungen zählt hierbei - was
die Kläger übersehen - der offene Abstellplatz
für den Müllwagen. Überdies ist den Arbeitgebern
des Klägers und ihm als Arbeitnehmer aufgrund des zwischen
seinen Arbeitgebern und der LAB abgeschlossenen Subunternehmervertrages
auch gestattet gewesen, die auf dem Betriebshof in M befindlichen
Sozialeinrichtungen, die Tankstelle gegen Selbstkostenersatz und die
vorhandenen Werkstatteinrichtungen gegen Kostenersatz zu nutzen.
Diese aufgrund des Subunternehmervertrages eingeräumten
Nutzungsbefugnisse führen im Streitfall dazu, dass die
Arbeitgeber des Klägers entgegen seiner Auffassung in M
sehr wohl über ortsfeste Einrichtungen verfügt
und dort eben auch jeweils eine Betriebsstätte unterhalten
haben. Das Gericht hält zudem auch die eingeräumte
Mitbenutzung der Tankstelle sowie der Werkstatt - entgegen der Auffassung
der Kläger - nicht für völlig bedeutungslos.
Denn sie eröffnet dem Arbeitgeber des Klägers
einmal die Möglichkeit, den Müllwagen ohne Umwegfahrten
und soweit erforderlich vor Arbeitsbeginn und überdies
zum Einkaufspreis zu betanken. Zum anderen kann er erforderliche
Wartungs- und Reparaturarbeiten außerhalb der Einsatzzeiten
des Müllwagens an seinem Abstellort durchführen.
Allein diese Vorteile sind schon wirtschaftlich nicht unbedeutend.
Dem stehen auch die beiden BFH-Urteile vom 10. Juli 2008 in dem
Verfahren VI R
21/07 und vom 9. Juli 2009 in dem Verfahren VI R 21/08 nicht
entgegen (VI R
21/07, BStBl II 2009, 818 und VI R 21/08, BStBl II 2009,
822). Die Kläger verkennen insoweit nämlich schon,
dass der Sachverhalt des Streitfalles nicht mit den dort entschiedenen Sachverhalten
vergleichbar ist. Während der BFH in den beiden Verfahren VI R 21/07 und VI R 21/08 darüber
zu befinden hatte, ob eine betriebliche Einrichtung eines Kunden des
Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte
seines Arbeitnehmers sein kann und dies auch bei einem längeren
Einsatz des Arbeitnehmers bei einem Kunden seines Arbeitgebers verneint
hat, liegt im Streitfall bereits ein anderer Sachverhalt vor. Denn
vorliegend haben die beiden Arbeitgeber des Klägers keine
betriebliche Einrichtung eines ihrer Kunden genutzt und den Kläger
als ihren Arbeitnehmer dort längerfristig eingesetzt. Vielmehr
haben sie den Betriebshof aufgrund des mit der LAB am 27. November
2006 geschlossenen Subunternehmervertrages und der ihnen in diesem
unter § 8 zur Verfügung gestellten Nutzungsmöglichkeiten
nicht als betriebliche Einrichtungen ihres Kunden, sondern als eigene
betriebliche Einrichtungen nutzen können. Ihnen stand hiernach
nämlich die Nutzung des offenen Abstellplatzes auf dem Betriebshof,
der Sozialeinrichtungen, der Tankstelle gegen Selbstkostenersatz und
der Werkstatteinrichtungen gegen Kostenersatz im Rahmen des mit
der LAB geschlossenen Subunternehmervertrages zu.
In diesem Zusammenhang übersehen die Kläger
des Weiteren, dass die LAB im Sinne der BFH-Urteile vom 10. Juli
2008 und vom 9. Juli 2009 auch nicht Kunde der Arbeitgeber des Klägers
gewesen ist. Vielmehr ist die LAB im Rahmen des zwischen den Arbeitgebern
des Klägers als Hauptauftragnehmer mit der DSD GmbH abgeschlossenen
Vertrages für den Landkreis W über die Erfassung,
Sammlung und Beförderung gebrauchter Verkaufspackungen
Subunternehmer gewesen. Auf dieser Grundlage haben die Arbeitgeber
des Klägers mit den ihnen in § 8 des Subunternehmervertrages
geregelten Nutzungsmöglichkeiten im Sinne der beiden oben
angeführten BFH-Urteile keine Einrichtungen eines Kunden
im Sinne eines Auftraggebers seiner Arbeitgeber, sondern des LAB
als Subunternehmer seiner Arbeitgeber mit diesen auf dem Betriebshof
in M vertraglich eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten
genutzt.
Diese Nutzungsmöglichkeiten haben für den Kläger
im Streitfall aber eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung
seiner beiden Arbeitgeber im Jahr 2008 und 2009 begründet,
die er nicht nur gelegentlich, sondern fortdauernd und immer wieder
aufgesucht hat. Mithin stellt der Betriebshof in M für
den Kläger eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte
regelmäßige Arbeitsstätte dar, auf die
er sich in den Streitjahren hat einstellen und so seine Wegkosten
hat mindern können. Hat hiernach im Streitfall aber eine
auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige
Arbeitsstätte vorgelegen, ist es nicht gerechtfertigt, die
Fahrtkosten des Klägers gemäß § 9
Abs. 1 S. 1 EStG uneingeschränkt im tatsächlich
entstandenen Umfang für Hin- und Rückfahrt - wie
es die Kläger begehren - anzuerkennen, sondern die dem
Kläger entstandenen Fahrtkosten sind nur nach Maßgabe
der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs.
1 S. 3 Nr. 4 S. 2 ff. EStG zum Werbungskostenabzug zuzulassen gewesen.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 135
Abs. 1 FGO abzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zulassung
der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO). Das Gericht
hat gemäß § 90 Abs. 2 FGO entschieden.