14.06.2013
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 20.12.2012 – 14 K 1455/11 E
- Die bloße Vermögensverwaltung durch einen Elternteil in Gestalt der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen sowie aus
privaten Veräußerungsgeschäften stellt keine Erwerbstätigkeit i.S.d. § 4f EStG dar.
- Die gesetzlichen Vorschriften zur Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten im Jahr 2008 genügten den verfassungsrechtlichen
Anforderungen (Anschluss an BFH-Urteil vom 05.07.2012 III R 80/09, BStBl II 2012, 816).
- Eine „größere Zahl minderjähriger Kinder” i.S.d. BFH-Urteils vom 05.07.2012 III R 80/09, BStBl II 2012, 816, die eine steuerliche
Berücksichtigung der Betreuungskosten zwingend erforderlich machen würde, ist bei einer Anzahl von drei Kindern mangels einer
untypischen besonderen Betreuungssituation noch nicht erreicht.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Abzugsfähigkeit von Betreuungskosten für die unter dreijährigen Kinder der Kläger.
Die Kläger sind Eheleute, die im Veranlagungszeitraum 2008 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind.
Der Kläger erzielte im Streitjahr als Rechtsanwalt und Steuerberater Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Die Klägerin, eine
ausgebildete Ärztin, war im Streitjahr nicht erwerbstätig. Beide Kläger erzielten im Streitjahr Einnahmen aus Kapitalvermögen,
die unterhalb des Sparerfreibetrags lagen, sowie negative Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2008 machten die Kläger für ihre Kinder „A” (geboren 10.12.2004), „B” (geboren am 29.06.2006)
und „C” (geboren am 15.12.2007) Kinderbetreuungskosten i.H.v. insgesamt 6.828,52 Euro geltend, die sich wie folgt zusammensetzten:
| Kindergartenbeitrag für „A” (01-07/2008) | 1.400 Euro |
| Kindergartenbeitrag für „A” (08-12/2008) | 925,00 Euro |
| Privater Vorschulkindergarten | 661,50 Euro |
| Kosten Au-Pair | 3.842,02 Euro |
| Die Kosten für das Au-Pair setzten sich wiederum wie folgt zusammen: | |
| Barvergütung laut Vertrag | 980,00 Euro |
| Sachbezug für Unterkunft | 668,10 Euro |
| Kosten für Verpflegung | 810,80 Euro |
| Übernahme der Fahrtkosten des Au-Pairs | 136,22 Euro |
| Versicherung | 124,00 Euro |
| Vermittlungsgebühr | 560,00 Euro |
| E-Mail-Anschluss etc. | 393,40 Euro |
| Sprachkurs | 115,00 Euro |
| Erteilung Aufenthaltserlaubnis | 50,00 Euro |
| Parkhaus Flughafen | 4,50 Euro |
Au-Pair für Hausarbeit/Kinderbetreuung bei freier Verpflegung aufzunehmen, ihr für die Dauer des 12-monatigen Aufenthalts
ein Taschengeld i.H.v. 260 Euro pro Monat zu zahlen, für sie eine Krankenversicherung abzuschließen, die Kosten der Verlängerung
des Visums sowie für einen Sprachkurs und die Fahrtkosten dorthin zu tragen.
Mit Bescheid vom 28.08.2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2008 auf 49.222 Euro fest. Dabei berücksichtigte er als
Sonderausgaben Kinderbetreuungskosten i.H.v. 1.550 Euro. Zur Begründung führte er aus, dass für Kinder, die das dritte Lebensjahr
nicht vollendet haben, Kinderbetreuungskosten nicht anerkannt werden könnten. Auch eine Berücksichtigung der Aufwendungen
als außergewöhnliche Belastung komme nicht in Betracht, weil die Kläger Kindergeld beziehen würden.
Die Kläger legten am 21.09.2009 Einspruch ein, mit dem sie u.a. den Abzug der erklärten Kinderbetreuungskosten begehrten.
Mit Schreiben vom 08.10.2009 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass nur „A” die gesetzlichen Anforderungen an das Alter
des betreuten Kindes erfülle, so dass nur die auf ihn entfallenden Kinderbetreuungskosten, also die Kindergartenbeiträge,
berücksichtigt werden könnten. Die Aufwendungen für den privaten Vorschulkindergarten und die Au-Pair-Kraft seien auf die
anderen Kinder zu verteilen und folglich nicht abzugsfähig, weil die anderen beiden Kinder wegen ihres Alters nicht die gesetzlichen
Voraussetzungen erfüllen würden. Außerdem könnten die Aufwendungen für die Au-Pair-Kraft nur zur Hälfte berücksichtigt werden,
weil die Leistungen laut Vertrag für Hausarbeit und Betreuung gezahlt würden.
Daraufhin trugen die Kläger vor, dass die Vorschrift über die Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten bei Kindern unter
drei Jahren verfassungswidrig sei. Ein erwerbstätiges Ehepaar, das beispielsweise zu 20 % und zu 40 % – zusammen also zu 60
% – erwerbstätig sei, könne die Kinderbetreuungskosten voll steuerlich geltend machen. Bei einem Ehepaar, bei denen ein Ehepartner
zu 100 % und der andere Ehepartner gar nicht erwerbstätig sei, sei hingegen keine Berücksichtigung möglich. Insofern fehle
es an einer sachgerechten Differenzierung.
Des Weiteren habe ihr Au-Pair keine Hausarbeit verrichtet. Die Kinderbetreuung durch das Au-Pair dürfte bei sachgerechter
Schätzung auf alle Kinder zu verteilen sein, weil sie die Klägerin im Wesentlichen bei der Kinderbetreuung unterstützt habe.
„A” habe den Kindergarten regelmäßig von 09:00 Uhr bis 12:00 Uhr besucht.
Unter dem 18.11.2010 erließ der Beklagte einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung – AO – geänderten Bescheid,
mit dem er die Einkommensteuer auf 47.757 Euro reduzierte. Neben anderen Änderungen, die vorliegend nicht streitig sind, erhöhte
er die als Sonderausgaben abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten auf 2.845 Euro. Zur Begründung führte er aus, dass er nunmehr
folgende Kinderbetreuungskosten berücksichtigt habe: KiGa 1.400 Euro + 925 Euro + 66 Euro = 2.987 Euro sowie 1/3 der Au-Pair-Kosten,
also 1/3 von 3.842 Euro = 1.280 Euro, weil diese Kosten auf alle drei Kinder aufgeteilt worden seien. Von dem Gesamtbetrag
von 4.267 Euro seien 2/3, also 2.844 Euro, berücksichtigt worden.
In dem Bescheid wurde weiterhin eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen i.H.v. 600 Euro steuermindernd berücksichtigt.
Mit einem weiteren nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid vom 03.01.2011 setzte der Beklagte
die Einkommensteuer auf 47.276 Euro fest. Dabei berücksichtigte er wie zuvor Sonderausgaben für Kinderbetreuungskosten i.H.v.
2.845 Euro.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.03.2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er
aus, dass die Kinderbetreuungskosten für die unter drei Jahre alten Kinder steuerlich nicht abzugsfähig seien. Nach § 10 Abs.
1 Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung – EStG – seien Kinderbetreuungskosten für Kinder
unter drei Jahren nur abzugsfähig, wenn beide Elternteile erwerbstätig seien, was vorliegend nicht der Fall sei. Auch eine
Berücksichtigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG scheide aus, weil „B” und „C” im Streitjahr ihr drittes Lebensjahr noch nicht
vollendet gehabt hätten.
Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 10.11.1998 ausführlich zu der Verfassungsmäßigkeit der Kinderbetreuungskosten
Stellung genommen. Dabei habe es ausdrücklich an seiner Rechtsprechung festgehalten, dass es dem Gesetzgeber grundsätzlich
freistehe, erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten wegen ihrer Veranlassung durch die Erwerbstätigkeit den Werbungskosten,
Betriebsausgaben oder Sonderausgaben zuzuordnen oder stattdessen auch die private (Mit-)Veranlassung systematisch in den Vordergrund
zu stellen.
Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, Betreuungskosten für Kinder unter drei Jahren nur zum Abzug zuzulassen, wenn
beide Elternteile berufstätig sind, da unter diesen Umständen für die Zeit der Erwerbstätigkeit eine Betreuung des Kindes
durch Dritte erforderlich sei. Soweit die Kläger die Ausgestaltung der Vorschrift bei Kindern unter drei Jahren für verfassungswidrig
halten würden, werde darauf hingewiesen, dass der Gleichheitssatz keine immer mehr individualisierende und spezialisierende
Steuergesetzgebung fordere, sondern die Regelung eines allgemein verständlichen und möglichst unausweichlichen Belastungsgrundes.
Deshalb dürfte der Gesetzgeber einen steuererheblichen Vorgang um der materiellen Gleichheit willen im typischen Lebensvorgang
erfassen und individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen.
Mit ihrer am 26.04.2011 erhobenen Klage begehren die Kläger den steuermindernden Abzug weiterer Kinderbetreuungskosten i.H.v.
2/3 von 2.561 Euro = 1.707 Euro. Hierzu wiederholen und vertiefen sie ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend tragen sie vor,
dass am 27.05.2009 und am 04.01.2011 zwei weitere gemeinsame Kinder geboren worden seien. Die Klägerin habe seit ihrer letzten
beruflichen Tätigkeit als Klinikärztin bis zum 31.03.2005 bedingt durch die Schwangerschaften, Geburten und anschließenden
Stillzeiten ihrer Berufstätigkeit bis heute nicht mehr nachgehen können.
Sie sind der Auffassung, dass die gesetzliche Regelung verfassungswidrig sei, soweit bei der Betreuung von Kindern unter
drei Jahren maßgeblich sei, dass beide Elternteile einer Berufstätigkeit nachgehen. Unabhängig davon, dass die Regelung in
Art. 6 des Grundgesetzes – GG – eingreife, fehle es an der sachlich gebotenen Differenzierung hinsichtlich des Umfangs der
Berufstätigkeit.
Darüber hinaus seien die Schwangerschaft und die Stillzeit bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes dem Tatbestandsmerkmal
„Krankheit” gleichzustellen.
Mit Urteil vom 05.07.2012 entschied der Bundesfinanzhof – BFH - in dem Verfahren III R 80/09 (Bundessteuerblatt Teil II –
BStBl II – 2012, 816), dass es verfassungsgemäß sei, den Abzug von Kinderbetreuungskosten vom Vorliegen bestimmter persönlicher
Anspruchsvoraussetzungen, wie z.B. der Erwerbstätigkeit, abhängig zu machen und dass eine Schwangerschaft keine Krankheit
darstelle und daher nicht zum Abzug von Kinderbetreuungskosten berechtige.
Daraufhin haben die Kläger ihren Vortrag ergänzt. Der Sachverhalt, der dem Urteil vom 05.07.2012 zugrunde gelegen habe, unterscheide
sich wesentlich vom vorliegenden Fall. Der BFH habe Zweifel geäußert, ob nicht weitere Zwangsläufigkeitsgründe einbezogen
werden müssten. Dabei habe er ausgeführt, dass ein Bedarf an Fremdbetreuung insbesondere auch dann unabweisbar bestehen könne,
wenn bei Erwerbstätigkeit des einen Elternteils eine größere Zahl minderjähriger Kinder zu betreuen sei. Diese Situation sei
vorliegend gegeben. Zu Beginn des Veranlagungszeitraums 2008 seien ihre Kinder drei Jahre, ein Jahr und 16 Tage alt gewesen.
Zum Ende des Streitjahres seien sie vier, zwei und ein Jahr alt gewesen, so dass ein Bedarf an Fremdbetreuung unmittelbar
und unabweisbar gegeben gewesen sei.
Ergänzend weisen sie darauf hin, dass am 19.10.2012 das sechste gemeinsame Kind geboren worden sei.
Weiterhin tragen sie vor, dass es ein privater Vorkindergarten sei, den ihre Tochter „B” im Streitjahr besucht habe.
Die Kläger sind mit Postzustellungsurkunden vom 15.11.2012 zur mündlichen Verhandlung am 20.12.2012 geladen und darauf hingewiesen
worden, dass auch beim Ausbleiben eines Beteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
– FGO – ). In der mündlichen Verhandlung ist für die Kläger niemand erschienen.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid vom 28.08.2009, zuletzt geändert durch den Bescheid vom 03.01.2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 23.03.2011 dahingehend zu ändern, dass die Steuerfestsetzung auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens von 135.815
Euro statt bisher 137.522 Euro erfolgt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass die Schwangerschaft und Stillzeit keine Krankheit
sei, weil die Lebensumstände andere und dem gesetzlichen Sachverhalt nicht „gleich” im Sinne des Art. 3 GG seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie
auf den Inhalt der hinzugezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
Der Senat konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2012 entscheiden, obwohl für die Kläger niemand erschienen
ist. Die Kläger sind mit Postzustellungsurkunden vom 15.11.2012 ordnungsgemäß geladen worden. In der Ladung sind sie darauf
hingewiesen worden, dass auch bei Ausbleiben eines Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ohne ihn verhandelt und entschieden
werden kann (§ 91 Abs. 2 FGO).
II.
Die Klage ist unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid vom 28.08.2009, zuletzt geändert durch den Bescheid vom 03.01.2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 23.03.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Der Beklagte hat in dem Änderungsbescheid vom 18.11.2010 bei den Sonderausgaben Kinderbetreuungskosten i.H.v. 2.845 Euro
steuermindernd berücksichtigt. Seine Erläuterungen in dem Änderungsbescheid sind dahingehend zu verstehen, dass er die Kindergartenbeiträge
für „A” i.H.v. insgesamt 2.325 Euro, die Beiträge zum privaten Vorschulkindergarten für „B” i.H.v. 661,50 Euro sowie 1/3 der
Kosten für das Au-Pair-Mädchen, insgesamt also Kinderbetreuungskosten i.H.v. 4.267,17 Euro dem Grunde nach anerkannt hat.
Die verbleibenden 2/3 der Aufwendungen für das Au-Pair-Mädchen, die auf „B” und „C” entfallen i.H.v. 2.561,35 Euro hat der
Beklagte zu Recht nicht als steuerlich anzuerkennende Kinderbetreuungskosten berücksichtigt. Der von dem Kläger allein noch
begehrte steuermindernde Abzug weiterer Aufwendungen i.H.v. 2/3 dieser Aufwendungen = 1.707 Euro kommt nicht in Betracht.
Im Streitfall ist kein Tatbestand des EStG, der den Abzug von Kinderbetreuungskosten ermöglicht, erfüllt.
1.
Ein Abzug der Kinderbetreuungskosten als Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit gemäß
§ 4f Satz 1 EStG kommt nicht in Betracht. Nach dieser Regelung konnten Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines
zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG, die wegen einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen
anfallen, bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres
eingetretenen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, i.H.v. 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro
je Kind, bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit wie Betriebsausgaben
abgezogen werden. Dies galt nach § 4f Satz 2 EStG im Falle des Zusammenlebens der Elternteile nur, wenn beide Elternteile
erwerbstätig waren.
Die Klägerin war im Streitjahr nicht erwerbstätig. Eine Erwerbstätigkeit der Klägerin käme allein im Hinblick auf das Erzielen
von Einnahmen aus Kapitalvermögen sowie negativer Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Betracht. Dies genügt aber
im Bereich des § 4f EStG nicht, weil es sich dabei um eine bloße Vermögensverwaltung handelt, die keine Erwerbstätigkeit darstellt
(Loschelder in Schmidt, EStG, 27. Aufl. 2008, § 4f Rn. 8).
2.
Die Aufwendungen sind auch nicht als Werbungskosten bei den Überschusseinkünften gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4f Satz
1 EStG abzugsfähig. Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG galt § 4f EStG im Bereich der Überschusseinkünfte sinngemäß. Ein Abzug der
Aufwendungen als Werbungskosten nach § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4f Satz 2 EStG scheidet vorliegend aus, weil – wie bereits
ausgeführt – nicht beide Kläger erwerbstätig waren.
3.
Der Beklagte hat auch einen Abzug der Aufwendungen als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG zutreffend abgelehnt.
Nach dieser Vorschrift waren 2/3 der Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen
gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor
Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, höchstens 4.000 Euro
je Kind abzugsfähig, wenn der Steuerpflichtige sich in Ausbildung befindet, behindert oder krank ist. Sofern die Aufwendungen
wegen Krankheit des Steuerpflichtigen erwuchsen, musste die Krankheit grundsätzlich innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums
von mindestens drei Monaten bestanden haben. Bei zusammenlebenden Eltern kam die Regelung nur dann zur Anwendung, wenn bei
beiden Elternteilen die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 EStG vorlagen oder ein Elternteil erwerbstätig war und
der andere Elternteil sich in Ausbildung befand, behindert oder krank war.
Die persönlichen Abzugsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG lagen im Streitjahr nur beim erwerbstätigen Kläger, nicht
aber bei der Klägerin vor. Entgegen der Ansicht der Kläger war die Klägerin nicht wegen einer Schwangerschaft oder Stillzeit
krank. Der Begriff der Krankheit setzt einen anormalen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand voraus, der den Betroffenen
in der Ausübung normaler psychischer oder körperlicher Funktionen derart beeinträchtigt, dass er einer medizinischen Behandlung
bedarf (BFH-Urteil vom 05.07.2012 III R 80/09, BStBl II 2012, 816). Eine Schwangerschaft als solche ist demnach keine Krankheit.
Anormal ist der körperliche Zustand einer Frau nicht, wenn sie schwanger wird, sondern dann, wenn sie nicht schwanger werden
kann (BFH-Urteil vom 05.07.2012 III R 80/09, BStBl II 2012, 816). Krank i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG ist eine Schwangere
nur in solchen Fällen, in denen während der Schwangerschaft länger als drei Monate andauernde gesundheitliche Komplikationen
auftreten (BFH, a.a.O). Gleiches gilt auch für eine sich an die Schwangerschaft anschließende Stillzeit.
Dass die Klägerin – abgesehen von der Schwangerschaft und Stillzeit – im Streitjahr mehrmonatig krank gewesen ist, haben
die Kläger nicht dargetan.
4.
Die weiteren Kinderbetreuungskosten waren auch nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG als Sonderausgaben zum Abzug zuzulassen.
Nach dieser Vorschrift waren 2/3 der Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen
gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG, welches das dritte Lebensjahr vollendet, das sechste Lebensjahr aber noch
nicht vollendet, höchstens 4.000 Euro je Kind, als Sonderausgaben abzugsfähig. Von den drei Kindern der Kläger erfüllte im
Streitjahr nur „A” diese Altersvoraussetzungen, weshalb ein Abzug der Aufwendungen, die auf „B” und „C” entfallen, nach dieser
Vorschrift ausscheidet.
5.
Die bislang nicht berücksichtigten Aufwendungen für das Au-Pair sind auch nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen i.S.d.
§ 35a Abs. 2 Satz 1 EStG zu berücksichtigen. Nach dieser Regelung kann für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen,
die nicht Dienstleistungen nach Satz 2 sind und in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden
Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, eine Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden. Hiernach ermäßigt sich
die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens um 600 Euro. Eine
Berücksichtigung scheidet bereits deshalb aus, weil den Klägern schon der Höchstbetrag der Steuerermäßigung von 600 Euro gewährt
worden ist. Außerdem haben die Kläger keinen entsprechenden Antrag gestellt.
6.
Die im EStG vorgesehenen Einschränkungen für den Abzug von Kinderbetreuungskosten verstoßen nicht gegen Grundrechte der Kläger.
Nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, genügten die gesetzlichen Vorschritten zur Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs
im Jahr 2006, die den Vorschriften im Jahr 2008 entsprachen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen (BFH-Urteil vom 05.07.2012
III R 80/09, BStBl II 2012, 816). Demnach waren die in §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG enthaltenen Beschränkungen
des Abzugs dem Grunde nach – und damit der Ausschluss der Kläger von den über den Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder
Ausbildung gemäß § 32 Abs. 6 EStG hinausgehenden Entlastungen – verfassungsrechtlich noch hinnehmbar.
Die Kläger können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der BFH in seinem Urteil vom 05.07.2012 Zweifel geäußert hat,
ob ein Bedarf an Fremdbetreuung auch dann unabweisbar entstehen könne und eine steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten
daher geboten sei, wenn bei Erwerbstätigkeit des einen Elternteils eine „größere Zahl minderjähriger Kinder” zu betreuen ist.
Eine solche Situation hat der BFH in dem entschiedenen Fall, in dem die Kläger zwei unter dreijährige Kinder hatten, verneint.
Zwar hatten die Kläger im Streitjahr drei Kinder, von denen keines älter als drei Jahre war, so dass sich der vorliegende
Fall von dem vom BFH entschiedenen Fall unterscheidet. Allerdings hatten die Kläger nach Ansicht des erkennenden Senats im
Streitjahr keine „größere Zahl minderjähriger Kinder” zu betreuen.
Auch wenn heutzutage die Geburtenrate in Deutschland, die nach aktuellen Werten bei 1,36 Kindern pro Frau liegt, kontinuierlich
sinkt und weit überwiegend ein oder zwei Kinder von Frauen geboren werden, erachtet der Senat die Anzahl von drei Kindern
nicht als derart untypisch, dass eine besondere Betreuungssituation vorliegen würde, die eine steuerliche Berücksichtigung
der Betreuungskosten zwingend erforderlich machen würde. Daher ist nach Auffassung des erkennenden Senats die Grenze einer
größeren Zahl von Kindern bei drei Kindern noch nicht erreicht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, um dem BFH Gelegenheit zu geben, klarzustellen, wann eine größere
Zahl minderjähriger Kinder einen Betreuungsbedarf zwangsläufig erscheinen lässt, so dass die diesbezüglichen Betreuungskosten
steuerlich zu berücksichtigen sind.
Der Zulassung der Revision steht nicht entgegen, dass es sich bei den im Streitjahr 2008 geltenden Regelungen zum Abzug für
Kinderbetreuungskosten um ausgelaufenes Recht handelt. Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 01.11.2011 (Bundesgesetzblatt
Teil I 2011, 2131) ist § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG dahingehend geändert worden, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2012 Kinderbetreuungskosten
unabhängig von persönlichen Anspruchsvoraussetzungen der Eltern als Sonderausgaben abzugsfähig sind (vgl. Heinicke in Schmidt,
EStG, 31. Aufl. 2012, § 10 Rn. 104). Der Senat geht aber davon aus, dass sich die Rechtsfrage in absehbarer Zukunft bei einer
nicht ganz uner-
heblichen Zahl noch anhängiger Verfahren stellen wird, weshalb die höchstrichterliche Entscheidung zur Wahrung der Rechtseinheit
erforderlich ist (Ruban in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 115 Rn. 35).