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  • 20.07.2012 · IWW-Abrufnummer 140148

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 29.05.2012 – 3 K 1954/11

    Die rückwirkende Gesetzesänderung, die die Besteuerung von Erstattungszinsen (§ 233a AO) als Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG anordnet, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.


    Tatbestand
    Streitig ist die Steuerpflicht von Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen.
    Der Kläger erzielte im Jahr 2007 Einkünfte aus selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen sowie sonstige Einkünfte. Für das Streitjahr wurde er auf der Grundlage seiner Einkommensteuer­erklärung mit Bescheid vom 16.04.2009 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Der Einkommensteuerbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigte der Beklagte im Jahr 2007 gemäß § 233a AO erstattete Zinsen in Höhe von 47.792 € als Einnahmen aus Kapitalvermögen.
    Diese Zinsen resultierten aus einer Einkommensteuererstattung für das Jahr 1998. Eine Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 2000 kam zu dem Ergebnis, dass im Jahr 1998 die Übertragung von Geschäftsanteilen durch den Kläger auf die D Familienstiftung wegen fehlender Mitunternehmerschaft der Stiftung eine Entnahme darstellte, die zu einer Besteuerung der freigelegten stillen Reserven führte.
    Die Sozietät der Klägervertreter betreute steuerlich die Gründung und Ausstattung der Stiftung mit den Geschäftsanteilen im Jahr 1998. Aufgrund der Prüfungsfeststellungen und der zu erwartenden Steuernachzahlung trafen der Kläger und die Sozietät am 07.09.2004 eine Vereinbarung, aufgrund der die Sozietät - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - die nach zu entrichtenden Steuern einschließlich Zinsen in Höhe von insgesamt 466.747,28 € an den Kläger bezahlte. Dieser beglich damit die mit geändertem Einkommensteuerbescheid 1998 vom 12.08.2004 nachzuzahlenden Steuern sowie die Nachzahlungszinsen in Höhe von 88.537 €. Ferner wurde zwischen dem Kläger und der Sozietät vereinbart, dass im Fall des tatsächlichen Nichteintretens eines Haftpflichtfalls der Kläger den Betrag an die Sozietät zurück zu zahlen hat. Ausweislich Ziffer 4 der Vereinbarung vom 07.09.2004 erhöht sich der Rückzahlungsbetrag um die eventuell nach der Abgabenordnung angefallenen gesetzlichen Zinsen, wenn die Finanzverwaltung diese auf die zurückzuzahlende Steuer schuldet. Zudem enthält die Vereinbarung unter Ziffer 5 eine Abtretungsvereinbarung, nach der der Kläger die nach gegebenenfalls erfolgreichem Abschluss des Rechtsmittelverfahrens entstehenden Erstattungsansprüche auf Rückzahlung der gezahlten Steuer, Zinsen, einschließlich der Erstattungszinsen nach der Abgabenordnung an die diese Abtretung annehmenden Gesellschafter der Sozietät abtritt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 07.09.2004 (Band X der ESt-Akten, Bl.47) verwiesen.
    Im Jahr 2007 wurde hinsichtlich der vorgenannten Feststellungen der Betriebsprüfung zugunsten des Klägers entschieden. Der Beklagte änderte daher den Einkommensteuerbescheid 1998 und setzte zunächst mit Bescheid vom 21.03.2007 Erstattungszinsen in Höhe von 135.234 € sowie mit geändertem Bescheid vom 01.10.2007 weitere Erstattungszinsen von 1.095 €, mithin Erstattungszinsen von insgesamt 136.329 € fest. Die Steuererstattung einschließlich der Erstattungszinsen von insgesamt 511.606,44 € zahlte der Kläger sodann an die Sozietät zurück.
    Der Beklagte setzte die mit den Nachzahlungszinsen von 88.537 € verrechneten Er­stattungszinsen im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2007 als Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 47.792 € an.
    Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Dieser richtet sich gegen die Besteuerung der Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Zudem trug der Kläger vor, dass bei ihm aufgrund der wirksamen Vereinbarung mit der Sozietät vom 07.09.2004 zu keinem Zeitpunkt eine wirtschaftliche Begünstigung oder Benachteiligung durch die Zinsen vorgelegen habe.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 28.06.2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. In seiner Begründung verweist er auf die Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010. Gemäß § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG n. F. sei diese Regelung in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Da der betroffene Bescheid nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sei, sei der Streitfall noch offen. Die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Sozietät sei zwar zivilrechtlich wirksam, steuerrechtlich habe sie jedoch keine Auswirkung, weil der Kläger als Steuerpflichtiger zugleich Schuldner und Gläubiger der Einkommensteuer sei. Es sei somit unerheblich, ob der Kläger überhaupt belastet oder begünstigt gewesen sei. Die reine Möglichkeit der Kapitalnutzung reiche bereits aus.
    Der Beklagte hat zwischenzeitlich den angefochtenen Bescheid, zuletzt am 29.07.2011, aus nicht streitigen Gründen geändert.
    Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, zu den Werbungskosten gehörten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch Schuldzinsen. Die Vereinbarung zwischen der Sozietät und dem Kläger, aufgrund der die Erstattungszinsen seitens des Klägers abzuführen gewesen seien, betreffe derartige Schuldzinsen. Zur weiteren Begründung verweist er auf das Urteil des BFH vom 24.05.2011 - VIII R 3/09 -, in juris. Dort habe der BFH entschieden, dass zivilrechtliche Verzugs- oder Prozesszinsen bei steuerlicher Betrachtung Entgelte für die unfreiwillige Vorenthaltung von Kapital und damit Kapitalerträge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG seien. Fordere aber ein Schuldner den in Erfüllung einer vermeintlichen privaten Schuld geleisteten Geldbetrag erfolgreich zurück, so seien die neben der Rückzahlung geleisteten Verzugszinsen nicht der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn ihnen Zinsen in übersteigender Höhe gegenüberstünden, die durch die Refinanzierung der ursprünglichen Zahlung veranlasst gewesen seien. Es fehle dann an der Einkünfteerzielungsabsicht.
    Zudem ist der Kläger unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 15.06.2010 - VIII R 33/07 -, BFHE 230, 109 der Ansicht, dass Erstattungszinsen überhaupt keine steuerpflichtigen Einkünfte darstellten. Hierzu führt er im Wesentlichen aus: Der BFH sei - wie auch in seinen früheren Entscheidungen - davon ausgegangen, dass Erstattungszinsen Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG darstellten. Er habe aber § 12 Nr. 3 EStG als generell vorrangig bewerten und deshalb diese Art der Zinsen dem Anwendungsbereich des § 20 EStG entzogen. Im Urteil des BFH heiße es, § 12 Nr. 3 EStG weise die dort genannten Steuern schlechthin dem nichtsteuerbaren Bereich zu. Deshalb könne die Einführung des zusätzlichen Satzes 3 in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht als Rechtsänderung verstanden werden.
    Ferner könnten nach Ansicht des Klägers Erstattungszinsen nicht steuererhöhend wirken, wenn Zinsen für die Nachzahlung - ohne jede Ausnahme - nicht steuermindernd seien. Der Auslegung des Finanzgerichts Münster in seiner Entscheidung vom 16.12.2010 – 5 K 3626/03 E -, EFG 2011, 649 könne daher nicht gefolgt werden. Zur weiteren Be­gründung verweist der Kläger auf die Entscheidungen des Finanzgerichts Düsseldorf vom 05.09.2011 – 1 V 2325/11 A (E) –, in juris und des Finanzgerichts Münster vom 27.10.2011 – 2 V 913/11 E -, in juris, welche ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkend angeordneten Besteuerung von Erstattungszinsen bejaht hätten.
    Der Kläger beantragt,
    den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 29.07.2011 dahin­gehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um die Erstattungszinsen von 47.792 € verringert werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise das Ruhen des Verfahrens bis zum Ergehen einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Verfahren VIII R 1/11 anzuordnen.
    Der Beklagte nimmt Bezug auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2011. Ergänzend verweist er auf die Entscheidungen des Finanzgerichts Münster vom 16.12.2010 - 5 K 3626/03 E -, EFG 2011, 649 und des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 01.06.2011 - 2 V 35/11 -, EFG 2011, 1687, die die Besteuerung von Zinsen auf Steuererstattungen als verfassungsgemäß angesehen haben.
    Ergänzend trägt er vor: Dem weiteren Begehren des Klägers, die Erstattungszinsen aufgrund der besonderen Vereinbarung des Klägers mit der Sozietät der Klägervertreter vom 07.09.2004 als Werbungskosten (Schuldzinsen) zu berücksichtigen, könne nicht entsprochen werden. Die Weiterleitung sei aufgrund der unter Ziffer 5 der Vereinbarung enthaltenen Abtretung erfolgt. Ein Darlehensverhältnis mit entsprechender Zinsvereinbarung sei hierdurch nicht begründet worden. Ob der Kläger durch die Erstattungszinsen wirtschaftlich begünstigt oder durch die Weiterleitung an die Sozietät wirtschaftlich belastet gewesen sei, sei hier nicht von Bedeutung. Die Kapitaleinkünfte seien zuzurechnen, unabhängig davon, wie die Einnahmen letztlich verwendet worden seien. Durch diese Mittelverwendung könnten aber keine Werbungskosten begründet werden.
    Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl.28 und 61 der Prozessakte).
    Gründe
    I.
    Die Klage, über die das Gericht gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber unbegründet.
    1. Die Klage ist zulässig.
    Ihr fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Klärung der Verfassungsmäßigkeit hinsichtlich der Steuerpflicht von Erstattungszinsen gemäß § 20 Nr. 7 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG).
    Denn der angefochtene Steuerbescheid ist nicht schon in dem verfassungsrechtlichen Streitpunkt vorläufig ergangen; zudem ist noch kein Musterverfahren zu dieser verfassungsrechtlichen Streitfrage beim Bundesverfassungsgericht anhängig (vgl. BFH, Urteil vom 13.04.2000 - XI R 3, 4/99, XI R 3/99. XI R 4/99 -, BFH/NV 2001, 41; BFH, Beschluss vom 22.03.1996 - III B 173/95 -, BFHE 180, 217, BStBl. II 1996, 506).
    2. Die Klage hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
    a) Der Ansatz von Erstattungszinsen gemäß § 233a Abgabenordnung (AO) als Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist rechtmäßig.
    Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der durch Art. 1 Nr. 16 Buchstabe a) Doppelbuchstabe aa) Jahressteuergesetz (JStG) 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I 2010, S. 1768) geänderten Fassung stellen Erstattungszinsen nach § 233a AO, die dem Kläger hier im Jahr 2007 zugeflossen sind, Erträge aus Kapitalforderungen im Sinne des Satzes 1 des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar, die wiederum zu den Einnahmen aus Kapital­vermögen gehören. Die Gesetzesänderung ist gemäß § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG in der Fassung des JStG 2010 in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer - wie hier - noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Diese Gesetzesänderungen sind am Tag nach der Verkündung des JStG, also am 14. Dezember 2010 in Kraft getreten.
    Die Frage, ob im Veranlagungszeitraum 2007 zugeflossene Erstattungszinsen nach § 233a AO als Einnahmen aus Kapitalvermögen entsprechend § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des JStG 2010 zu erfassen sind, wird in der finanzgericht­lichen Rechtsprechung und auch im Schrifttum kontrovers diskutiert. Der BFH hat hierüber bisher noch nicht entschieden. Die zu dieser Problematik beim BFH anhängigen Revisionsverfahren VIII R 1/11 (Vorinstanz FG Münster, Urteil vom 16.12.2010 - 5 K 3626/03 E -, EFG 2011, 649) und VIII R 36/10 (Vorinstanz FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.01.2010 - 10 K 2720/09 -, EFG 2010, 723) sind noch offen. Der BFH hat lediglich in mehreren Beschwerdeverfahren - allerdings ohne dem Hauptverfahren vorbehaltene inhaltliche Auseinandersetzung - ernstliche Zweifel an der Erfassung von Erstattungszinsen im Sinne von § 233a AO nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des JStG 2010 bejaht (vgl. BFH, Beschlüsse vom 22.12.2011 - VIII B 146/11 - und vom 09.01.2012 - VIII B 95/11 -, beide in juris).
    Wie bereits dargelegt, sind zu dieser Frage die Meinungen in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum geteilt. Gegen die durch das JStG 2010 eingefügte Neufassung des Gesetzes werden sowohl einfachrechtliche als auch verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot, erhoben (vgl. FG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2011 - 1 V 2325/11 A(E) -, EFG 2012, 120, dazu Büchter-Hole EFG 2012, 122; FG Münster, Beschluss vom 27.10.2011 – 2 V 913/11 E -, EFG 2012, 118; Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 27.01.2012 – 1 V 226/11 - in juris; ähnlich Zimmermann EFG 2011, 651). Demgegenüber wird die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung und die Rechtmäßigkeit von deren Erstreckung auf noch „offene Altfälle” von Teilen der Rechtsprechung und des Schrifttums bejaht (vgl. Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 01.06.2011 – 2 V 35/11 -, EFG 2011, 1687, Beschwerde hiergegen begründet, BFH, Beschluss vom 09.01.2012 aaO; außerdem FG Münster, Urteil vom 16.12.2010 aaO; FG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.2011 – 6 K 703/08 K,G, in juris; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.01.2010 aaO; Mitschke FR 2011, 706).
    Das Finanzgericht Münster hat sich zur Verfassungsmäßigkeit der neu geschaffenen Norm des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in seinem Urteil vom 16.12.2010 wie folgt ge­äußert:
    Die gesetzlichen Neuregelungen in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 und § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG verstoßen nicht gegen Verfassungsrecht. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des GG) folgende Rückwirkungsverbot vor. Durch das JStG 2010 ist zwar eine echte Rückwirkung angeordnet worden, da die Gesetzesänderung auf alle noch offenen und damit auch auf bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume anwendbar ist. Diese Rückwirkung ist jedoch ausnahmsweise zulässig, da der Gesetzgeber lediglich eine Gesetzeslage geschaffen hat, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprach. Die im Streitfall einschlägige Gesetzesänderung beruht auf der Rechtsprechungsänderung des BFH mit Urteil vom 15. Juni 2010 (VIII R 33/07, BFHE 230, 109, BStBl. II 2011, 503). Danach stellten unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtslage Erstattungszinsen gemäß § 233a AO keine Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar, soweit sie auf Einkommensteuererstattungen entfielen. Aus dem in § 12 Nr. 3 EStG geregelten Abzugsverbot für die Einkommensteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen ergab sich eine gesetzgeberische Zuweisung zum nichtsteuerbaren Bereich, die auch auf die Erstattungszinsen ausstrahlte. Mit dieser Rechtsprechung hat der BFH seine bisherige ständige Rechtsprechung aufgegeben, nach der Erstattungszinsen nach § 233a AO Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellten.
    Die nunmehr eindeutig geregelte gesetzgeberische Entscheidung, Erstattungszinsen einerseits als Kapitaleinkünfte zu behandeln und Nachzahlungszinsen andererseits nicht zum Abzug zuzulassen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Finanzgericht Münster, Urteil vom 16.12.2010 aaO).
    Das Gericht schließt sich dieser Auffassung des Finanzgerichts Münster an. Die rück­wirkende Gesetzesänderung ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Durch das JStG 2010 hat der Gesetzgeber lediglich die alte Gesetzeslage wiederhergestellt, so dass kein Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen in eine von der - bis zum Ergehen des BFH-Urteils vom 15.06.2010 - gefestigten Rechtsprechung und der ihr folgenden Verwaltungspraxis abweichenden Rechtslage besteht.
    Der Senat folgt auch der Ansicht des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts, das der neu geschaffenen Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG einen Anwendungs­vorrang vor § 12 Nr. 3 EStG einräumt. Zur Begründung, die sich der Senat zu eigen macht, hat das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht ausgeführt:
    Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO sind trotz der geänderten Rechtsprechung des BFH durch sein Urteil vom 15. Juni 2010 - VIII R 33/07 - (BFH/NV 2010, 1917) gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen, da die Neuregelung eine vorrangige Spezialregelung gegenüber § 12 Nr. 3 EStG darstellt. Das ergibt sich zwar nicht aus der Stellung der neu geschaffenen Vorschrift im Gesetz, jedoch aus ihrer Entstehungsgeschichte und insbesondere dem erklärten Zweck (BT-Drs. 17/3549, S. 17). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst werden, um eine Ungleichbehandlung mit demjenigen zu vermeiden, der seine vor Beginn des Zinslaufes nach § 233a AO erhaltene Einkommensteuererstattung Zins bringend bei seiner Bank anlegt. Diese schon bei Schaffung des § 233a AO zum Ausdruck gekommene Absicht sollte nach dem BFH-Urteil vom 15. Juni 2010 klarstellend gesetzlich geregelt werden (BT-Drs. 17/3549, S. 17). Dieser Zweck kann durch die Neuregelung jedoch nur erreicht werden, wenn man ihr – unter Zurückstellung etwaiger systematischer Bedenken – Vorrang vor § 12 Nr. 3 EStG einräumt, da der BFH auch bei Zuordnung der Einkommensteuererstattungszinsen zum nichtsteuerbaren Bereich nach § 12 Nr. 3 EStG weiterhin der Auffassung ist, dass die Erstattungszinsen als sonstige Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu qualifizieren sind. Der Gesetzgeber wollte jedoch nicht nur klarstellen, dass Erstattungszinsen nach § 233a AO Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen sind, sondern meint auch, dass „die Steuerbarkeit sachlich zutreffend sei” (BT-Drs. 17/3549, S. 17), d.h. er wollte eine Ausnahmeregelung zu § 12 Nr. 3 EStG schaffen. Nach Auffassung des Senats ist der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers insoweit von entscheidender Bedeutung (vgl. Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 01.06.2011 - 2 V 35/11 -, EFG 2011, 1687).
    Nach alledem sind die Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen.
    b) Soweit sich der Kläger unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 24.05.2011 – VIII R 3/09 - (in juris) auf eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht beruft, weil die Er­stattungszinsen aufgrund der Vereinbarung mit der Sozietät der Klägervertreter vom 07.09.2004 an diese abzuführen waren und somit zugleich auch Werbungskosten - Schuldzinsen - darstellen würden, kann er nicht durchdringen. In der vom Kläger angeführten Entscheidung hält der BFH an den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur steuerrechtlichen Beurteilung erzwungener Kapitalüberlassungen in den Fällen von Verzugs- und Prozesszinsen fest. Hiernach kann bei wirtschaftlicher Betrachtung auch die vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen. Bei der Besteuerung von Zinsen aufgrund unfreiwilliger Kapitalüberlassung, zu denen neben den Verzugs- und Prozesszinsen auch Erstattungszinsen nach § 233a AO gehören, kommt es nur auf den objektiven Tatbestand einer Steigerung der Leistungsfähigkeit an, eine diesbezügliche Einkunftserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen ist hingegen nicht erforderlich (vgl. auch BFH, Beschluss vom 30.06.2009 - VIII B 8/09 -, BFH/NV 2009, 1977; Urteil vom 08.11.2005 - VIII R 105/03 -, BFH/NV 2006, 527).
    In der vom Kläger dargelegten BFH-Entscheidung gelangt der BFH lediglich deshalb zu dem Ergebnis einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht, weil in dem entschiedenen Fall ein Werbungskostenüberschuss durch höhere Refinanzierungskosten vorlag, die der dortige Kläger aufgrund der für seine ungerechtfertigte Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft aufgenommenen Darlehen zu entrichten hatte. Dieser Sachverhalt ist jedoch mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Vorliegend fehlt es bereits an einem Darlehenverhältnis bzw. einer vergleichbaren Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und der Sozietät der Klägervertreter, durch die Kreditkosten für den Kläger entstanden sind. Wie der Vereinbarung vom 07.09.2004 zu entnehmen ist, wurde dem Kläger das Geld zur Zahlung der letztlich ungerechtfertigten Steuernachzahlung aufgrund eines - in der Vereinbarung zwar nicht ausdrücklich anerkannten - möglichen Haftpflichtfalls der Steuerberater überlassen. Eine darlehensweise Überlassung des Geldes zu einem Zinssatz war nicht vereinbart. Wäre die Steuernachzahlung rechtmäßig gewesen und wäre tatsächlich ein Haftpflichtfall eingetreten, wäre der Kläger von der Rückzahlung des überlassenen Kapitals befreit gewesen.
    Zudem wurden durch die Abtretung der Steuererstattungsansprüche nebst der streitbefangenen Erstattungszinsen sowie ihre Weiterleitung an die Klägervertreter - anders als der Kläger meint - keine Werbungskosten in Form von Schuldzinsen begründet. Hierbei handelt sich vielmehr um eine bloße Verwendung der Mittel.
    II.
    Das Verfahren war nicht nach § 155 FGO in Verbindung mit § 251 Zivilprozessordnung (ZPO) zum Ruhen zu bringen oder nach § 74 FGO auszusetzen.
    Eine Verfahrensruhe schied aus, weil der Kläger einem Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt hat.
    Die Voraussetzungen des § 74 FGO lagen ebenfalls nicht vor. Ein beim BFH anhängiger Rechtsstreit, der eine vergleichbare Rechtslage wie im Streitfall betrifft, stellt keinen Aussetzungsgrund nach § 74 FGO dar. Wie bereits unter I. Ziffer 2 a) dargelegt, hält der Senat auch die hier anzuwendende Vorschrift nicht für verfassungswidrig, so dass eine Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht in Betracht kam.
    III.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zu­zulassen. Zudem sind zu der hier streitigen Rechtsfrage Verfahren beim BFH anhängig (VIII R 36/10 und VIII R 1/11).

    Vorschriften§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG, § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG, § 233a AO