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  • 08.05.2012

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 18.10.2011 – 8 K 8184/08

    Die Übertragung des vollständigen Kassenvermögens einer Unterstützungskasse auf einen Pensionsfonds ohne Satzungsänderung kann nicht zu einer Beendigung der Steuerbefreiung führen, die es rechtfertigen würde, eine Beurteilung der Überdotierung auf einen abweichenden Zeitraum im Sinne von § 13 Abs. 2 KStG vorzunehmen.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 8. Senat – ohne mündliche Verhandlung am 18. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … und die Richterin am Finanzgericht … sowie den ehrenamtlichen Richter Herr … und die ehrenamtliche Richterin Frau …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

    Tatbestand:

    Der Kläger ist ein im Jahr 1992 gegründeter eingetragener Verein, der nach seinem Satzungszweck auf das Betreiben einer Unterstützungskasse gerichtet war. Mit Wirkung zum 1. Dezember 2006 übertrug der Kläger nahezu sein gesamtes Vermögen auf die PB AG. Diese übernahm die Verpflichtung des Klägers aus den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Eine Beschlussfassung über die Übertragung des Vermögens erfolgte nicht. Auch die Satzung wurde aufgrund dieser Handlung nicht geändert.

    Nachdem der Kläger keine Steuererklärung für das Streitjahr (2006) abgeben hatte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte dabei einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 70.000,00 EUR an. Gegen den Bescheid erhob der Kläger Einspruch und reichte zur Begründung Steuererklärungen und den Jahresabschluss ein. In der Erklärung führte der Kläger aus, der gemeine Wert des Vermögens habe am 31. Dezember 2006 4.022,36 EUR und das zulässige Kassenvermögen der Unterstützungskasse 0,00 EUR betragen. Daraus ermittle sich eine Überdotierung in Höhe von 100 vom Hundert. Zugleich erklärte der Kläger steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 9.515,22 EUR.

    Auf Nachfrage des Beklagten erklärte der Kläger, die als sonstige betrieblichen Aufwendungen geltend gemachten Betriebsausgaben beinhalteten im Wesentlichen eine Rückstellung in Höhe von 25.000,00 EUR für die angefallenen Verwaltungskosten hinsichtlich der Übertragung des Vermögens der Unterstützungskasse auf den Pensionsfond. Die sonstigen Kosten in Höhe von 12.000,00 EUR seien durch eine Rückstellung für die Kosten der Abwicklung der Unterstützungskasse abgebildet. Zum 1. Dezember 2006 sei ein Kassenvermögen in Höhe von 1.021.580,94 EUR übertragen worden. Auf den Hinweis des Beklagten, er beabsichtige, die Verwaltungs- und Abwicklungskosten in Höhe von 37.000,00 EUR nicht zum Abzug zuzulassen, teilte der Kläger mit, er habe keinen anderen Zweck als den ideellen Zweck verfolgt. Sämtliche Kosten würden mit der satzungsmäßigen Beendigung des Vereins zusammen hängen. Es würden keine Kosten anfallen, die nicht mit einem begünstigten Zweck im Zusammenhang stünden, daher seien die Verwaltungs- und Abwicklungskosten zum Abzug zuzulassen.

    Im September 2008 wies der Beklagte den Einspruch zurück und setzte die Steuer auf 10.715,00 EUR fest. Dabei ermittelte er die steuerpflichtigen Einkünfte mit 48.065,00 EUR, weil er den erklärten Gewinn um die Rückstellungen in Höhe von 37.000,00 EUR erhöhte. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger sei zum Ende des Wirtschaftsjahres zu 100 vom Hundert überdotiert gewesen und somit nicht von der Körperschaftsteuer befreit. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen ermittelten sich durch die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten. Dabei seien nur die Aufwendungen abzugsfähig, die in unmittelbaren Zusammenhang mit Einnahmen stünden. Darunter fielen nicht die Aufwendungen für die Auflösung und Abwicklung des Steuerpflichtigen.

    In seiner Klage trägt der Kläger vor, seit der Übertragung seines gesamten Vermögens zum 1. Dezember 2006 sei er keine Unterstützungskasse mehr. Daher sei er ab dem 1. Dezember 2006 in vollem Umfang steuerpflichtig. Das Wirtschaftsjahr der Unterstützungskasse habe bereits zum 30. November 2006 geendet. Zu diesem Zeitpunkt sei die Unterstützungskasse nicht überdotiert gewesen und daher komme insoweit keine partielle Steuerpflicht in Betracht. Das Wirtschaftsjahr der Unterstützungskasse sei faktisch ein Rumpfwirtschaftsjahr und ende zum 30. November 2006, weil zu diesem Zeitpunkt die steuerbefreite Tätigkeit beendet worden sei. Aus § 13 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz – KStG – ergebe sich, dass zu diesem Zeitpunkt eine Eröffnungsbilanz aufzustellen sei, weil nun die Steuerbefreiung ende. Diese Regelung müsse auch für den vorliegenden Fall gelten. Er sei jedoch nicht verpflichtet, eine Bilanz zu erstellen. Schließlich hätte er bereits von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und bereits zuvor seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Die volle Steuerpflicht bestehe daher nur für einen Monat. An der Steuererklärung, in der er eine Überdotierung in Höhe von 100 vom Hundert ermittelt habe, halte er nicht mehr fest. Aus der zwischenzeitlich erstellten Bilanz zum 30. November 2006 ergebe sich nun, dass zu diesem Zeitpunkt keine Überdotierung vorgelegen habe. Die Steuer betrage 892,92 EUR, da die Körperschaftsteuerfestsetzung nur für den Monat Dezember, also ausgehend von 1/12 von 10.715,00 EUR ermittelt werden müsse.

    Der Kläger beantragt,

    der Körperschaftsteuerbescheid vom 26. März 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. September 2008 wird aufgehoben. Die Körperschaftsteuer wird in Höhe von 892,92 EUR neu festgesetzt.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er trägt vor, das Wirtschaftsjahr des Klägers sei das Kalenderjahr. Eine Umstellung auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum 30. November 2006 komme nicht in Betracht. Auch wenn der Kläger zum 31. Dezember 2006 seine Leistungen eingestellt habe, sei er zu diesem Zeitpunkt noch eine Unterstützungskasse gewesen. § 13 Abs. 2 und 5 KStG finde keine Anwendung. Zweck dieser Vorschrift sei es, bei einem Erlöschen der Steuerbefreiung stille Reserven erfassen zu können, daher sei bei Eintritt in die Steuerpflicht eine Anfangsbilanz aufzustellen. Diese Sachverhaltskonstellation liege nicht vor. Der Kläger war bereits vor dem 30. November 2006 partiell steuerpflichtig.

    Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Entscheidungsgründe:

    Der Senat durfte gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zutreffend eine Steuerpflicht zum 31. Dezember 2006 angenommen und die im Jahr 2006 erzielten Einkünfte in vollem Umfang der Besteuerung unterworfen.

    Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG sind unter anderem rechtsfähige Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren unter weiteren Voraussetzungen steuerfrei. Erforderlich ist unter anderem, dass vorbehaltlich des § 6 KStG die ausschließliche und unmittelbare Verwendung des Vermögens und der Einkünfte der Kasse nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung für die Zwecke der Kasse dauernd gesichert ist und dass am Schluss des Wirtschaftsjahres das Vermögen ohne Berücksichtigung künftiger Versorgungsleistungen nicht höher ist als das um 25 Prozent erhöhte zulässige Kassenvermögen. Für die Ermittlung des tatsächlichen und zulässigen Kassenvermögens gilt § 4d des Einkommensteuergesetz – EStG –. Übersteigt das Vermögen der Kasse den in Satz 1 der Vorschrift bezeichneten Betrag, so ist die Kasse nach § 6 Abs. 5 (KStG) steuerpflichtig. Diese Steuerpflicht besteht insofern, als das Einkommen der Kasse anteilig auf das übersteigende Vermögen entfällt.

    Vor diesem Hintergrund hat der Kläger zunächst zutreffend in seiner Steuererklärung eine so genannte Überdotierung seines Kapitals von 100 Prozent auf den 31. Dezember 2006 festgestellt. Daraus ergibt sich eine Besteuerung der Einkünfte des gesamten Jahres 2006 in voller Höhe. Der Beklagte hat zutreffend das Einkommen ohne Minderung der als Rückstellungen geltend gemachten Aufwendungen für Auflösung und Abwicklung des Vereines berücksichtigt. Denn diese Aufwendungen, die weder dem Grunde noch der Höhe nach ausreichend präzisiert sind, entfallen auf Vorgänge, die im Wesentlichen nicht dem steuerpflichtigen Bereich des Vereines zuzuordnen sind. Denn sie sind Folgekosten der grundsätzlich steuerbefreiten Unterstützungskasse, die nach § 3c EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG nicht abzugsfähig sind. Da der Kläger trotz Nachfrage des Gerichts nicht näher erläutert hat, wie sich die Kosten im Einzelnen zusammensetzen, kommt auch ein teilweiser anteiliger Abzug der Kosten, sofern er sich auf die steuerpflichtige Betätigung der Kasse beziehen sollte, nicht in Betracht. Zudem ist der Antrag des Klägers, mit dem er eine anteilige Besteuerung ausgehend von der Gewinnermittlung des Beklagten begehrt, dahingehend auszulegen, dass er sich nicht mehr gegen die Versagung des Betriebsausgabenabzuges in Höhe der Rückstellungen wendet.

    Die Ermittlung der Überdotierung der Kasse ist vom Beklagten zutreffend auf den 31. Dezember 2006 vorgenommen worden. Nach dem Wortlaut des Gesetzes hat diese Prüfung zum Ende des Wirtschaftsjahres zu erfolgen. Dieses ist nach der Satzung des Klägers das Kalenderjahr. Ein davon abweichendes Wirtschaftsjahr auf den 30. November 2006 kommt nicht in Betracht. Dieses ergibt sich mangels Zustimmung des Beklagten weder aus § 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG noch aus dem Rechtsgedanken des § 13 Abs. 2 KStG.

    Nach § 13 Abs. 2 und 5 KStG hat eine von der Körperschaftsteuer (nach Abs. 5 auch nur teilweise) befreite Körperschaft, die steuerpflichtig wird und ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, auf den Zeitpunkt, in dem die Steuerpflicht beginnt, eine Anfangsbilanz aufzustellen. Hintergrund der Regelung ist, dass stille Reserven, die während der Steuerfreiheit angesammelt worden sind, trotz nachfolgender Steuerpflicht, auch künftig steuerfrei belassen werden (siehe Heger in Gosch, Kommentar zur Körperschaftsteuer, 2. Auflage 2009, § 13 Rz. 1).

    Ob diese Sonderregelung, die vordergründig nur eine Abgrenzung und Zuordnung von Wirtschaftsgütern vornehmen will, dazu führen könnte, dass eine abweichende Bewertung der Überdotierung auf einen anderen Stichtag bzw. für einen Veranlagungszeitraum auf zwei Stichtage vorzunehmen wäre, kann der Senat dahingestellt lassen. Denn nach Auffassung des Senats liegt kein Fall des § 13 Abs. 2 bzw. 5 KStG vor. Der Kläger hat in seiner Satzung seinen Zweck nicht geändert. Er hat weder vor Übertragung des Vermögens einen Beschluss seiner Mitglieder im Hinblick auf eine Auflösung des Vereines herbeigeführt, noch hat er seine Satzung geändert. Der Unternehmensgegenstand blieb unverändert bestehen und ermöglichte dem Kläger weiterhin, die Ansammlung begünstigten Kassenvermögens im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG. Zwar ergibt sich aus den nachfolgenden Verfahrenshandlungen des Klägers, dass offensichtlich die Auflösung des Vereines und eine steuerlich begünstigte vollständige Übertragung des Kassenvermögens beabsichtigt waren. Nach Außen hat sich diese Intention aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen nach Überzeugung des Senats im Jahr 2006 nicht manifestiert. Eine formelle Beendigung der partiellen Steuerbefreiung der Unterstützungskasse lässt sich daher nach Auffassung des Senats nicht herleiten.

    Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Bisher ist nicht geklärt, ob die Übertragung des vollständigen Kassenvermögens einer Unterstützungskasse – ohne Satzungsänderung – zu einer Beendigung der Steuerbefreiung führen kann, die es rechtfertigen würde, eine Beurteilung der Überdotierung auf einen abweichenden Zeitraum im Sinne von § 13 Abs. 2 KStG vorzunehmen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –.

    VorschriftenKStG § 5 Abs. 1 Nr. 3, KStG § 13 Abs. 2, KStG § 13 Abs. 5, KStG § 6 Abs. 5, EStG § 3c, EStG § 4d