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  • 20.06.2013

    Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 22.03.2011 – 4 K 814/08

    1. Das ausbildungssuchende Kind muss zumindest alle drei Monate gegenüber der Ausbildungsvermittlung sein Interesse an einer
    weiteren Vermittlung von Ausbildungsstellen kundtun. Nach Ablauf der Dreimonatsfrist ohne weitere Kontaktaufnahme bei der
    Ausbildungsvermittlung ist zu unterstellen, dass der Ausbildungsuchende die Dienstleistungen des Arbeitsamtes nicht mehr in
    Anspruch nehmen will.


    2. Der Umstand, dass das ausbildungssuchende Kind sich nach Ablauf der Dreimonatsfrist im Mutterschutz befand, führt jedenfalls
    dann, wenn es sich nach Ablauf der Mutterschutzfrist nicht weiter um eine Ausbildungsstelle bemüht hat, nicht dazu, dass das
    Kind weiterhin als ausbildungssuchend gilt.


    Im Namen des Volkes


    Urteil

    In dem Rechtsstreit


    hat der IV. Senat des Thüringer Finanzgerichts … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 22. März 2011 für Recht
    erkannt:


    1. Die Klage wird abgewiesen.


    2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.


    Tatbestand

    Umstritten ist, ob die Aufhebung der Festsetzung des Kindergeldes für die Monate Mai 2005 bis Mai 2006 und von September 2007
    bis März 2008 und die Rückforderung für diese Zeiträume In Höhe von 3.080 Euro zu Recht erfolgt sind.


    Der Kläger ist Vater seiner am 7. Juni 1983 geborenen Tochter N. N lebt seit Juni 2003 in ihrem eigenen Haushalt. Aufgrund
    des Antrags des Klägers setzte die beklagte Familienkasse mit Bescheiden vom 6. Februar 2004 und 2. August 2004 seit Januar
    2004 Kindergeld für N gegenüber dem Kläger fest. In den Bescheiden vom 6. Februar 2004 und 2. August 2004 wurde je weils darauf
    hingewiesen, dass Änderungen in den Verhältnissen der Familienkasse unverzüglich anzuzeigen seien (Blatt 30 und 47 der Kindergeldakte).
    N gebar am 11. Juni 2005 eine Tochter.


    Ausweislich der Kurzübersicht und des Werdegangs im Programm VerBIS (Internes Vermittlungs-, Beratungs- und Informationssystem)
    der Agentur für Arbeit war N unter anderem in der Zeit von Januar 2005 bis 22. April 2005 arbeitslos und bezog ALG II. Ferner
    befand sie sich seit 23. April 2005 in Mutterschutz/Elternzeit, mit dem Vermerk „Mangelnde Verfügbarkeit/Mitwirkung (Blatt
    50 der Kindergeldakte). Nach Auskunft der Agentur für Arbeit sei N vom 23. Januar 2004 bis 22. April 2005 und vom 23. Juni
    2006 bis 12. August 2007 als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet gewesen (Blatt 56 der Kindergeldakte).
    Nach dem Beratungsvermerk vom 6. Juli 2006 hatte N am 6. Juli 2006 ein Gespräch mit Frau X von der Berufsberatung der Agentur
    für Arbeit. Danach sollte sich N unter anderem im Januar 2007 wieder melden (Blatt 75 der Kindergeldakte). Nach der Kundenhistorie
    der Agentur für Arbeit wurde N zum 13. August 2007 als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle abgeme ldet, da keine
    Rückmeldung mehr erfolgt sei (Blatt 81 der Kindergeldakte).


    Auf die Anhörung zur Rückforderung des Kindergeldes für die Monate Mai 2005 bis Mai 2006 und September 2007 bis März 2008
    teilte der Kläger mit, dass N seines Wissens nach für den gesamten Zeitraum als ausbildungssuchend gemeldet gewesen sei. N
    befände sich seit Juni 2005 im Erziehungsurlaub. Zudem habe er und N gemeinsam mit Frau X von der Agentur für Arbeit Gespräche
    geführt. Im letzten Gespräch sei gesagt worden, dass N so lange lehrstellensuchend gemeldet bleibe, bis die Tochter von N
    in einer Kindertageseinrichtung untergebracht werde. Erst danach habe sich N wieder melden sollen.


    Die beklagte Familienkasse hob mit Bescheid vom 30. Mai 2008 die Festsetzung des Kindergeldes von Mai 2005 bis Mai 2006 und
    von September 2007 bis März 2008 auf und forderte das Kindergeld in Höhe von 3.080 Euro zurück. Der Einspruch dagegen blieb
    erfolglos.


    Mit der Klage dagegen macht der jetzt anwaltlich vertretene Kläger im Wesentlichen geltend, dass der Aufhebungsbescheid rechtswi
    drig sei und ihn in seinen Rechten verletze. Voraussetzung für eine Rückforderung nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
    sei, dass die Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet worden sei. Ferner bestimme § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG),
    dass bei einer Veränderung der Verhältnisse, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich seien, die Festsetzung des Kindergeldes
    mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern sei. Selbst wenn man davon ausginge,
    dass § 70 Abs. 2 EStG eine hinreichende Rechtsgrundlage bilden würde, stünde einer Rückforderung jedenfalls der Grundsatz
    von Treu und Glauben entgegen. Dieser stehe der Rückforderung immer dann entgegen, wenn die Behörde trotz Kenntnis der Umstände,
    die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führten, zunächst weiterhin Leistungen erbringe. Erforderlich seien insbesondere Umstände,
    die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erschienen ließen. Dies sei hier der Fall.
    Der Erstattungsbescheid sei daher schon aus diesem Grund rechtswidrig, denn die Behörde habe die Richtigkeit der Zahlung gegenüber
    ihm, dem Kläger, ausdrücklich bestätigt.


    Der Kläger trägt weiter vor, dass er rechtzeitig und vollständig alle Angaben erteilt habe, die für eine rechtmäßige, vollständige
    Berechnung der zustehenden Leistungen erforderlich gewesen seien. Dass letztlich der Familienkasse ein Fehler unterlaufen
    sei, sei ihm nicht zuzurechnen. N erziehe nunmehr ein drei Jahre altes Kind. Im streitgegenzeitlichen Zeitraum habe N beabsichtigt,
    eine Ausbildung über das Bildungswerk Gotha zu absolvieren, und sei weiterhin an einer Ausbildungsstelle interessiert gewesen.
    Die Aufnahme einer Ausbildung sei ihr jedoch aufgrund der Erziehung ihres Kindes nicht möglich gewesen und sei auch nicht
    zumutbar gewesen. In einem Gespräch mit der zuständigen Vermittlerin seiner Tochter N sei vereinbart worden, dass sie zunächst
    ihr Kind in eine Kindertagesstätte geben solle. Erst wenn die Betreuung des Kindes sichergestellt gewesen sei, habe sich N
    erneut bei ihrer zuständigen Arbeitsvermittlerin me lden sollen. Es habe deshalb keine Veränderung in den Verhältnissen vorgelegen,
    welche er, der Kläger, hätte mitteilen müssen. Aus diesem Grunde habe er auch keine Änderung der Verhältnisse angezeigt. Darüber
    hinaus sei N von Mai 2005 bis August 2005 im Mutterschutz gewesen, sodass sie weiterhin als ausbildungssuchend gelte.


    N habe sich auch nicht weiter bewerben können, da die Betreuung ihres Kleinkindes nicht gesichert gewesen sei. Ihr habe im
    Streitzeitraum kein Platz in einer Kindertagesstätte zur Verfügung gestanden. N habe auch gedacht, dass sie im gesamten Zeitraum
    noch als ausbildungssuchend gemeldet gewesen sei. Auch hätte N mitgeteilt werden müssen, dass sie am 13. August 2007 aus der
    Berufsberatung abgemeldet worden sei. Er, der Kläger, habe seine Mitwirkungspflichten vollumfänglich erfüllt.


    Weiter sei noch zu berücksichtigen, dass er ein schutzwürdiges Vertrauen habe. Denn in einem Gespräch mit der Agentur für
    Arbeit habe die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau X, seiner Tochter N auf ausdrückliche Nachfrage die Richtigkeit der Kindergeldfestsetzung
    bestätigt. Er sei daher davon ausgegangen, dass die Zahlung des Kindergeldes seine Richtigkeit habe. Für eine Rückerstattung
    fehle es mithin an einer Rechtsgrundlage.


    Der Kläger beantragt,

    den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 30. Mai 2008 über Kindergeld für Mai 2005 bis Mai 2006 und von September 2007
    bis März 2008 in Höhe von 3.080 Euro in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2008 aufzuheben;


    hilfsweise wird angeregt, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 2 BvR 1395/10 auszusetzen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie verweist auf ihre Einspruchsentscheidung und trägt darüber hinaus im Wesentlichen vor, dass die Tochter des Klägers im
    Streitzeitraum nicht als ausbildungssuchend geführt worden sei und deshalb ein Anspruch auf Kindergeld nicht bestehe. Auch
    könne sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutzgründe berufen. Sofern sich der Kläger darauf berufe, dass bei einem Gespräch
    in der Agentur für Arbeit Frau Ziegler auf ausdrückliche Nachfrage die Richtigkeit der Kindergeldzahlung bestätigt habe, löse
    dies keinen Vertrauensbestand aus. Denn die Berufsberatung der Agentur für Arbeit und die Familienkasse seien unterschiedliche
    Behörden. Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit sei eine rechtlich selbstständige Dienststelle der Agentur für Arbeit.
    Diese sei somit im Verhältnis zur Familienkasse eine Dritte.


    Die Kindergeldakte war beigezogen; auf sie und die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 30. Mai 2008
    und die Einspruchsentscheidung vom 13. August 2008 sind rechtmäßig. Für den streitigen Zeitraum bestand kein Anspruch auf
    Kindergeld.


    Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes (EStG)
    in der in den Streitjahren geltenden Fassung besteht für ein über 18 Jahre altes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
    hat, Anspruch auf Kindergeld, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann.
    Zweck der Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Gleichstellung von Kindern, die noch erfolglos
    einen Ausbildungsplatz suchen, mit solchen Kindern, die bereits einen Ausbildungsplatz gefunden haben, da in typisierender
    Betrachtung davon ausgegangen werden kann, dass dem Kindergeldberechtigten auch in diesen Fällen regelmäßig Unterhaltsaufwendungen
    für das Kind erwachsen (Zum Ganzen: BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen
    des BFH – BFH/NV 2008, 1740, mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung).


    Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Berücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG, dass
    sich dieses ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat (BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 71/99, BFH/NV 2004, 473;
    vom 19. Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.; und vom 17. Juli 2008 III R 109/07, BFH/NV 2009, 391; BFH-Beschlüsse vom 21. Juli
    2005 III S 19/04 (PKH), BFH/NV 2005, 2207, und vom 24. Januar 2008 III B 33/07, BFH/NV 2008, 786). Dabei ist zwar grundsätzlich
    jeder Ausbildungswunsch des Kindes zu berücksichtigen, seine Verwirklichung darf jedoch nicht an den persönlichen Verhältnissen
    scheitern. Ein ernsthaftes Bemühen ist deshalb nicht gegeben, wenn das Kind sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, für den
    es die objektiven Anforderungen nicht erfüllen kann (BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.).


    Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit
    gewesen, habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht oder sei stets beim Arbeitsamt bzw. bei der Agentur für Arbeit
    als ausbildungsuchend gemeldet gewesen, reichen nicht aus. Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegenzuwirken,
    muss sich die Ausbildungsbereitschaft des Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben (BFH-Urteil
    vom 19. Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.).


    Die Nachweise für die Ausbildungswilligkeit des Kindes und für sein Bemühen, einen Ausbildungsplatz zu finden, hat der Kindergeldberechtigte
    beizubringen (BFH-Beschluss vom 24. Januar 2008 III B 33/07 a. a. O.). Die besondere Mitwirkungspflicht unter Einbeziehung
    des über 18 Jahre alten Kindes sieht § 68 Abs. 1 EStG ausdrücklich vor (BFH-Beschluss vom 21. Juli 2005 III S 19/04 a. a.
    O.). Es liegt auch im Einflussbereich des Kindergeldberechtigten, Vorsorge für die Nachweise der Ausbildungswilligkeit des
    Kindes zu treffen (BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.).


    Nachgewiesen werden kann das ernsthafte Bemühen um einen Ausbildungsplatz z. B. durch eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit,
    dass das Kind als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert ist. In diesem Sinne sind auch die Merkblätter
    Kindergeld zu verstehen. Darin ist ausgeführt, dass der Ausbildungsplatzmangel auch hinreichend belegt ist, wenn das Kind
    bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes als Bewerber für einen Ausbildungsplatz oder für eine Bildungsmaßnahme geführt wird.
    Bei der Meldung als Ausbildungsuchender ist zu beachten, dass eine Berücksichtigung mit dem Status „Bewerber” und nicht nur
    „ratsuchend” nachgewiesen werden muss (BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.).


    Die Registrierung beim Arbeitsamt gilt jedoch nicht zeitlich unbeschränkt als Nachweis, sondern ist in ihrer Wirkung auf drei
    Monate beschränkt. Gemäß § 38 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ist die Ausbildungsvermittlung zwar grundsätzlich
    durchzuführen, „bis der Ausbildungssuchende in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit einmündet oder sich die Vermittlung
    anderweitig erledigt hat oder solange der Ausbildungsuchende dies verlangt”. Nach § 38 Abs. 2 SGB III kann die Ausbildungsvermittlung
    jedoch die Vermittlung einstellen, solange der Ausbildungsuchende nicht ausreichend mitwirkt. § 38 Abs. 2 SGB III setzt wegen
    der bestehenden Eigenverantwortung des Ausbildungsuchenden bei der Vermittlung von Ausbildungsstellen auch nicht voraus, dass
    der Betroffene über die Rechtsfolgen fehlender Mitwirkung belehrt wird (BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.).


    Das ausbildungssuchende Kind muss daher zumindest alle drei Monate gegenüber der Ausbildungsvermittlung sein Interesse an
    einer weiteren Vermittlung von Ausbildungsstellen kundtun. Zwar sieht § 38 Abs. 3 SGB III – anders als § 38 Abs. 4 Satz 2
    SGB III für Arbeitsuchende – eine Einstellung durch Zeitablauf nicht ausdrücklich vor. Dennoch ist wegen des offensichtlichen
    Zeitbezugs der Regelung zu vermuten, dass das Kind an der Vermittlung eines Ausbildungsplatzes nicht mehr interessiert ist,
    wenn es sich nach Aufforderung oder für einen längeren Zeitraum nicht mehr beim Arbeitsamt gemeldet hat (BFH-Urteil vom 19.
    Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.). In Anlehnung an die gesetzliche Einstellungsfrist des § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB III bei dem
    vergleichbaren Fall von Arbeitsuchenden ist davon auszugehen, dass sich die Fortwirkung der Registrierung als Ausbildungsuchender
    auf drei Monate beschränkt. Nach Ablauf der Dreimonatsfrist ohne weitere Kontaktaufnahme bei der Ausbildungsvermittlung ist
    zu unterstellen, dass der Ausbildungsuchende die Dienstleistungen des Arbeitsamtes nicht mehr in Anspruch nehmen will (BFH-Urteil
    vom 19. Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.).


    Unterlässt die Agentur für Arbeit eine Eintragung des Kindes als Ausbildungsuchender, obwohl es bei der Ausbildungsvermittlung
    der Agentur vorstellig geworden ist, so gilt diese Meldung aus kindergeldrechtlicher Sicht dennoch für drei Monate fort (BFH-Urteile
    vom 17. Juli 2008 III R 95/07, BFH/NV 2009, 367; und vom 17. Juli 2008 R 106/07, BFH/NV 2009, 368). Nach Ablauf dieser Frist
    muss sich das Kind jedoch erneut als Ausbildungsuchender melden, da sonst der Kindergeldanspruch ab dem Folgemonat entfällt
    (BFH-Urteil vom 17. Juli 2008 III R 95/07 a. a. O.).


    Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz kann außer durch Meldung bei der Arbeitsvermittlung auch glaubhaft gemacht werden durch
    Suchanzeigen in der Zeitung, durch direkte schriftliche Bewerbungen an Ausbildungsstätten und ggf. darauf erhaltene Zwischennachrichten
    oder Absagen (BFH-Beschluss vom 21. Juli 2005 III S 19/04 a. a. O., mit weiteren Nachweisen; Dienstanweisung zur Durchführung
    des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes 63.3.4 Abs. 2 Satz 3, Bundessteuerblatt
    – BStBl – TeiI I 2004, 743, 768). Bewerbungen und Absagen durch E-Mails können ebenfalls zu berücksichtigen sein. Telefonische
    Anfragen können im Einzelfall als Nachweis ausreichen, wenn detailliert und glaubhaft dargelegt wird, mit welchen Firmen,
    Behörden usw. zu welchen Zeitpunkten (erfolglose) Gespräche geführt worden sind (BFH-Urteil vom 17. Juli 2008 III R 95/07
    a. a. O.).


    Auch wenn das Kindergeld monatlich entsteht und deshalb die Anspruchsvoraussetzungen – wie das Bemühen um einen Ausbildungsplatz
    – in jedem Monat gegeben sein müssen, braucht nicht zwingend für jeden Monat ein erneuter Nachweis vorgelegt zu werden, der
    das Bemühen um einen Ausbildungsplatz dokumentiert. Es ist daher nicht erforderlich, dass sich das Kind je den Monat erneut
    um eine Ausbildungsstelle bewirbt, solange über die bisherigen Bewerbungen noch nicht entschieden ist. Hat das Kind aber bis
    zum Ablauf von drei Monaten noch keinen Bescheid über seine Bewerbung(en) erhalten, ist ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich
    eine Parallelbewerbung erforderlich, es sei denn, das Kind kann sich nur zu bestimmten Zeitpunkten bewerben wie z. B. bei
    einem Studium oder wenn Firmen nur zu bestimmten Terminen Auszubildende einstellen. Hat das Kind für einen späteren Termin
    eine feste Zusage für einen Ausbildungsplatz, bedarf es ebenfalls keiner weiteren Bewerbungen, um die Ausbildungswilligkeit
    glaubhaft zu machen (BFH-Urteil vom 17. Juli 2008 III R 95/07 a. a. O.).


    In Anwendung dieser Grundsätze bestand vorliegend für den streitigen Zeitraum kein Anspruch auf Kindergeld. Denn die Tochter
    des Klägers war im streitigen Zeitraum nicht als Bewerber für eine berufliche Ausbildungsstelle registriert. Dies ergibt sich
    aus der Auskunft der Agentur für Arbeit, wonach N nur in der Zeit vom 23. Januar 2004 bis 22. April 2005 und vom 23. Juni
    2006 bis 12. August 2007 als Bewerber für eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet war. Umstände, dass die Agentur für Arbeit
    es unterlassen hätte, N im Streitzeitraum als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle zu führen, liegen nicht vor. Insbesondere
    gilt auch eine Registrierung beim Arbeitsamt nicht zeitlich unbegrenzt, sondern ist in ihrer Wirkung auf drei Monate beschränkt.
    Ein ausbildungsuchendes Kind muss daher zumindest alle drei Monate gegenüber der Ausbildungsvermittlung sein Interesse an
    einer weiteren Vermittlung von Ausbildungsstellen kundtun. Nach Ablauf der Dreimonatsfrist ist nach der Rechtsprechung ohne
    weitere Kontaktaufnahme bei der Ausbildungsvermittlung zu unterstellen, dass der Ausbildungsuchende die Dienstleistungen des
    Arbeitsamtes nicht mehr in Anspruch nehmen will (BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05 a. a. O.). So ist es auch hier.
    Dass N bezogen auf die streitigen Zeiträume alle drei Monate gegenüber der Ausbildungsvermittlung ihr Interesse an einer weiteren
    Vermittlung von Ausbildungsstellen kundgetan hat, ist weder ersichtlich noch wird es vorgetragen. Dass N zum 22. April 2005
    aus der Berufsberatung abgemeldet wurde, ist daher nicht zu beanstanden. Nach ihrer Vorsprache am 6. Juli 2006 ist N auch
    wieder als Ausbildungsplatzsuchende registriert worden. Nach der Kundenhistorie der Agentur für Arbeit ist dann die Abmeldung
    am 13. August 2007 erfolgt, weil sich N nicht mehr gemeldet hat. Auch dies ist nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht
    zu beanstanden.


    Entgegen der Auffassung des Klägers führt auch nicht der Umstand, dass sich N von Mai 2005 bis August 2005 im Mutterschutz
    befand, dazu, dass N in diesem Zeitraum weiterhin als ausbildungssuchend gelte. Zwar besteht nach der Rechtsprechung des BFH
    der anerkannte Ausnahmefall, dass eine Unterbrechung einer Ausbildung wegen Krankheit oder wegen der Schutzfristen nach §
    3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (MuSchG) unschädlich sei (zum Ganzen: vgl.
    BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848; und vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614).
    Jedoch liegt hier ein solcher Fall nicht vor. Denn N hat eben keine Ausbildung unterbrochen. Der vorliegende Streitfall ist
    mit dem von der Rechtsprechung des BFH anerkannten Ausnahmefall auch nicht vergleichbar. Denn N hat sich nach Ablauf der Mutterschutzfrist
    nicht weiter im Sinne der oben dargestellten Grundsätze um eine Ausbildungsstelle bemüht. Eine gleich zu behandelnde „Unterbrechung”
    lag nicht vor. N hat sich nach Ablauf der Schutzfrist vielmehr der Betreuung ihres Kindes gewidmet. Sie war auch nachgehend
    weder ausbildungssuchend gemeldet, noch hat sie sonst das Bemühen um einen Ausbildungsplatz im Streitzeitraum dargelegt oder
    nachgewiesen.


    Die Beklagte war auch berechtigt, die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufzuheben. Denn nach dieser Vorschrift
    ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern, soweit
    in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eingetreten. So war es auch hier. Denn,
    wie oben ausgeführt, lagen die Voraussetzungen für die Festsetzung des Kindergeldes für den streitigen Zeitraum nicht vor.
    Da es sich bei § 70 Abs. 2 EStG um eine gebundene Entscheidung handelt, kommt es auf ein Verschulden des Kindergeldberechtigten
    nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2008 III R 53/05, BStBl II 2009, 564). Bei der Änderung können auch keine Vertrauensgründe
    berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 19. November 2008 III R 108/06, BFH/NV 2009, 357).


    Zu Recht hat die Beklagte auch den Rückforderungsbetrag gegenüber dem Kläger als Leistungsempfänger nach § 37 Abs. 2 AO geltend
    gemacht.


    Der auch im Steuerrecht zu beachtende Grundsatz von Treu und Glauben steht einer Rückforderung nicht entgegen. Hier käme als
    Ausprägung dieses Grundsatzes allein die Verwirkung des Rückforderungsanspruchs der Beklagten in Betracht. Es ist jedoch keine
    Verwirkung eingetreten.


    Verwirkung setzt voraus, dass sich der – hier zur Rückerstattung gemäß § 37 Abs. 2 AO – Verpflichtete nach dem gesamten Verhalten
    des Berechtigten darauf verlassen durfte und verlassen hat, dass dieser das Recht in Zukunft nicht geltend machen werde. Der
    Zeitablauf allein (das sog. Zeitmoment) reicht für die Annahme der Verwirkung eines Rückforderungsanspruchs grundsätzlich
    nicht aus (BFH-Urteile vom 20. Juli 1988 I R 81/84, BFH/NV 1989, 78, 79; vom 24. Juni 1988 III R 177/85, BFH/NV 1989, 351,
    352; vom 8. Oktober 1986 II R 167/84, Bundessteuerblatt – BStBl – Teil II 1987, 12; vom 22. Mai 1984 VIII R 60/79, BStBl II
    1984, 697, vom 29. Juli 1981 I R 62/77, BStBl II 1982, 107; vom 19. Dezember 1979 I R 23/79, BStBl II 1980, 368,). Hinzu kommen
    muss ein Verhalten des Berechtigten, aus dem der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen darf, dass er
    nicht mehr in Anspruch genommen werden solle (Umstandsmo ment oder Vertrauenstatbestand, vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 1988
    V R 97/83, BFH/NV 1989, 356, 359). Schließlich muss der Verpflichtete auch tatsächlich auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs
    vertraut und sich entsprechend eingerichtet haben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01,
    BStBl II 2004, 123 mit we iteren Nachweisen). Dem Grundsatz von Treu und Glauben steht der Rückforderung zu viel gezahlten
    Kindergeldes auch nicht bereits dann entgegen, wenn die Behörde trotz möglicher Kenntnis von Umständen, die zum Wegfall des
    Kindergeldanspruchs führen, zunächst weiterhin Leistungen erbringt. Erforderlich sind vielmehr besondere Umstände, die die
    Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober
    2003 VIII R 56/01, a. a. O.). Solche Umstände liegen im Streitfall nicht vor.


    Die Beklagte hatte schon keine Kenntnis von den Umständen für den Wegfall des Kindergeldanspruchs. Die Kenntnis von Frau X
    muss sich die beklagte Familienkasse nicht zurechnen lassen, obwohl, wie die Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen
    Verhandlung zutreffend ausführte, die Familienkasse und die Berufsberatung der Agentur für Arbeit im Internet gemeinsam unter
    einem „Dach” der Bundesagentur auftreten und letztlich auch in den Briefköpfen der Familienkasse die Bundesagentur für Arbeit
    bezeichnet ist, sodass der Eindruck entstehen kann, es handele sich um eine Behörde bzw. die Oberbehörde, müsse sich das Verhalten
    ihrer Organe zurechnen lassen. Dies sind jedoch keine Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale
    Rechtsausübung erscheinen lassen. Denn es handelt sich jedenfalls bei den Mitarbeitern der Berufsberatung und der Familienkasse
    um unterschiedlich zuständige Mitarbeiter und Dienststellen. Im Steuerrecht ist anerkannt, dass ein zurechenbares Verhalten
    oder eine zurechenbare Zusage eines Mitarbeiters in einer Behörde im Rahmen der Konkretisierung der Grundsätze von Treu und
    Glauben nur erfolgen kann oder bindend ist, wenn die Erklärung der zuständigen Sachbearbeiter oder die zuständige betreffende
    Behörde abgegeben hat. Ein Verhalten unzuständiger Mitarbeiter oder unzuständiger Behörden bindet die zuständige Behörde nicht
    (zum Ganzen: Drüen in Tipke /Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, AO § 4 Rdnr. 151 ff mit Nachweisen der Rechtsprechung).
    So ist es auch hier. Das Verhalten von der nicht zuständigen Frau Ziegler muss sich die beklagte Familienkasse, als zuständige
    Dienststelle, nicht zurechnen lassen. Ebenso nicht den Umstand, dass Frau Ziegler bestätigt haben soll, dass die Kindergeldzahlung
    seine Richtigkeit haben würde.


    Der Kläger kann sich auch nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH findet
    der Grundsatz des Wegfalls der Bereicherung hier keine Anwendung (vgl. BFH-Beschluss vom 27. April 1998 VII B 296/97, BStBl
    II 1998, 499 mit weiteren Nachweisen).


    Der erkennende Senat musste auch weder das Verfahren nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aussetzen oder das Verfahren
    nach § 155 FGO in Verbindung mit § 251 der Zivilprozessordnung (ZPO) ruhend stellen. Denn die gegen das BFH-Urteil vom 24.
    September 2009 III R 79/06 (a. a. O.) eingelegte Verfassungsbeschwerde (Az. beim Bundesverfassungsgericht: 2 BvR 1395/10)
    betrifft einen anderen Sachverhalt und ist nicht entscheidungserheblich. In der Entscheidung des BFH ging es um die Frage,
    ob sich ein volljähriges Kind noch in Berufsausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz Nr. 2 Buchst. a EStG befindet, wenn es
    die Berufsausbildung unterbricht, um das eigene Kind zu betreuten. Ein im Wesentlichen gleichgelagerter Sachverhalt liegt
    hier nicht vor. Denn N befand sich nicht in einer Berufsausbildung. Es ist auch nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen,
    dass Gegenstand der Verfassungsbeschwerde die Verfassungsmäßigkeit einer im Streitfall entscheidungserheblichen Regelung ist.
    Allein die Verfassungsmäßigkeit der Auslegung und Anwendung der Norm rechtfertigen keine Aussetzung (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung,
    7. Aufl. 2010, § 74 Rz. 12, mit Nachweisen der Rechtsprechung). Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens liegen
    damit nicht vor, so dass die Ablehnung der Aussetzung auch ermessensgerecht ist. Die Voraussetzungen für die Anordnung des
    Ruhens des Verfahrens liegen ebenfalls nicht vor. Erforderlich sind zunächst die übereinstimmenden Anträge des Klä gers und
    der Beklagten (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl. 2010, § 74 Rz. 23 mit Nachweisen der Rechtsprechung). Diese liegen
    hier nicht vor. Die Bevollmächtigte der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung einem Ruhen des Verfahrens ausdrücklich
    nicht zugestimmt. Darüber hinaus hält der Senat ein Ruhen des Verfahrens auch nicht für zweckmäßig, da wie bereits oben dargelegt,
    ein im Wesentlichen verglei

    VorschriftenEStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c, EStG § 70 Abs. 2, AO § 37 Abs. 2, SGB III § 38