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  • 31.05.2013

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 20.11.2012 – 13 K 180/11 E

    - Auch Bürgschaftsversprechen für Kontokorrentkredite in der Gründungsphase einer Gesellschaft können eigenkapitalersetzenden
    Charakter haben.




    - Verfügt die GmbH nicht über ausreichende Sicherheiten, um die erforderlichen Kredite zu besichern, und müssen aus diesem
    Grund die Gesellschafter aus ihrem Vermögen Sicherheiten bestellen, weist dies auf die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft
    hin.




    - Ein nominal über dem Betrag des beantragten Kredits liegender Beleihungswert eines Grundstücks der GmbH belegt nicht das
    Bestehen ausreichender Sicherheiten, wenn das zu finanzierende Bauträgervorhaben mit nicht unerheblichen Unwägbarkeiten verbunden
    ist, die zu einer Minderung der Sicherheiten führen können und daher ein erhöhtes Absicherungsbedürfnis gerechtfertigt erscheinen
    lassen.




    - Für die Beurteilung, ob aus der Sicht eines potentiellen Kreditgebers eine Sicherheit im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts
    als ausreichend zu qualifizieren ist, ist eine objektive Betrachtungsweise anhand der marktüblichen Gepflogenheiten geboten.




    - Dabei muss der Umstand außer Betracht bleiben, dass es angesichts des starken Wettbewerbs im Kreditsektor auch Banken gibt,
    die weniger strenge Anforderungen an den Beleihungswert stellen.


    Tatbestand

    Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer
    der am ”...”.1998 gegründeten „S-GmbH” (künftig: „S-GmbH”). Das Stammkapital betrug 50.000 DM (25.564,60 €). Gegenstand des
    Unternehmens war der An- und Verkauf von bebautem und unbebautem Grundbesitz sowie die Errichtung von Wohn- und Geschäftshäusern
    als Bauträger. Im Jahr 1999 erwarb die „S-GmbH” das mit einem Dreifamilienhaus bebaute Grundstück „C-Straße 4” und das unbebaute
    Grundstück „C-Straße 2”, beide belegen in „R-Stadt”. Bis Mai 2000 sollte auf dem Grundstück „C-Straße 2” ein Haus mit sechs
    Wohnungen errichtet werden. Zur Ablösung der über die „I-Bank” erfolgten Vorfinanzierung, die die „I-Bank” nicht hatte fortführen
    wollen, beantragte die „S-GmbH” im Jahr 1999 einen Kredit über 1,5 Mio. DM bei der „T-Bank” „E-Stadt”. Diese gewährte den
    Kredit unter der Bedingung, dass der Kläger eine unbeschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft zur Sicherung aller bestehenden
    und künftigen Verbindlichkeiten der „S-GmbH” gegenüber der „T-Bank” „E-Stadt” übernahm. Am 26.5.1999 wurde ein entsprechender
    Bürgschaftsvertrag, auf den wegen der vertraglichen Einzelheiten Bezug genommen wird, geschlossen. Darüber hinaus standen
    der „T-Bank” „E-Stadt” als Kreditsicherheiten eine Grundschuld von 1 Mio. DM auf den Grundstücken „C-Straße 2” und „4” und
    eine Bürgschaft der „I-Bank” über 500.000 DM zur Verfügung.



    Das Eigenkapital der „S-GmbH” entwickelte sich in den Jahren 1999 und 2000 gemäß der Bilanz auf den 31.12.2000 wie folgt:



     31.12.1999  31.12.2000
     Gezeichnetes Kapital  50.000,00 DM  50.000,00 DM
     Verlustvortrag  3.026,57 DM  119.871,63 DM
     Jahresfehlbetrag  116.845,06 DM  596.560,02 DM
     (Nicht gedeckter Fehlbetrag)  69.871,63 DM  666.431,65 DM


    Im Jahr 2003 geriet die „S-GmbH” in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten. Im Januar 2004 wurde der Kläger erstmals aus der
    Bürgschaft in Anspruch genommen. Am 30.1.2008 wurde die „S-GmbH” schließlich wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.



    Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens für das Streitjahr 2008 beantragte der Kläger die Berücksichtigung eines Verlustes gem.
    § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 366.499 €. Der geltend gemachte Verlust setzte sich wie folgt zusammen:



    Stammkapital  25.564,60 €
     Inanspruchnahme aus Bürgschaft  701.247,36 €
     Anwaltskosten  6.186,00 €
     Verlust  732.997,96 €
     Halbeinkünfteverfahren  366.498,98 €


    Für die Zusammensetzung des Betrags von 701.247,36 € wird auf die der Einkommensteuererklärung beigefügte Anlage „Ermittlung
    des Aufgabeverlustes gem. § 17 EStG” Bezug genommen.



    Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger mit Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 8.2.2010. Den beantragten
    Verlust gem. § 17 Abs. 4 EStG berücksichtigte das FA dabei lediglich in Höhe der Hälfte des Stammkapitals (12.782 €). Aufwendungen
    im Zusammenhang mit der Bürgschaft berücksichtigte es dagegen nicht, da es die Auffassung vertrat, dass es sich um eine vor
    der Krise eingegangene und sodann stehen gelassene Bürgschaft handle, die zwar eigenkapitalersetzenden Charakter habe, aber
    mit einem Wert von 0 € zu bewerten sei.



    Dagegen legten die Kläger fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass die Bürgschaft – wie sich aus den
    für 1999 und 2000 erzielten Verlusten der „S-GmbH” ergebe – in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der bereits eingetretenen
    Krise gestanden habe.



    Am 14.1.2011 haben die Kläger Untätigkeitsklage beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf gem. § 46 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
    erhoben. Im Rahmen des Klageverfahrens hat das FA den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5.5.2011, auf die wegen ihres
    Inhalts Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen.



    Zur Begründung der Klage führen die Kläger aus: Für die Beurteilung des eigenkapitalersetzenden Charakters einer Finanzierungshilfe
    sei maßgebend, zu welchem Zeitpunkt der Gesellschafter seiner Gesellschaft „unter die Arme gegriffen” habe. Habe sich die
    Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits in der Krise befunden, sei bei einer Darlehensgewährung grds. der Nennwert des Darlehens
    als Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Im Gegensatz zum Darlehen gebe es bei einer Bürgschaft allerdings zwei Zeitpunkte,
    nämlich den Zeitpunkt der Bürgschaftsgewährung und den Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft. Da die Bürgschaft
    keine Einlage im Sinne des § 6 EStG darstelle, sei für die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten der Teilwert der Leistung
    an die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Einlage (Inanspruchnahme) maßgeblich. Zwar habe der Gesellschafter einen Ersatzanspruch
    gegen die Gesellschaft gem. § 774 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Sei dieser wertlos, führe die Inanspruchnahme aus der
    Bürgschaft aber dann zu nachträglichen Anschaffungskosten, wenn die Übernahme der Bürgschaft ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis
    habe. In Bezug darauf, dass sich die Gesellschaft bei Eingehung der Bürgschaft in einer Krise befunden habe, werde auf die
    Ausführungen im Einspruchsverfahren Bezug genommen.



    Im Hinblick auf die ab 1999 entstandenen Jahresverluste sei es – entgegen der Auffassung des FA – unmöglich, die Bürgschaft
    nicht als eigenkapitalersetzend einzustufen. Nichts anderes ergebe sich auch aus § 775 BGB. Auch der Hinweis des FA auf die
    Frist zur Kündigung der Bürgschaft von vier Wochen gehe fehl. Denn das FA ignoriere den zweiten Absatz in Nr. 5 der Bürgschaftsurkunde.
    Hieraus ergebe sich, dass der Bürge von seiner Verpflichtung frei werde, wenn er eine gleichwertige Sicherheit stelle. Es
    erscheine realitätsfern, anzunehmen, dass der Kläger von der „T-Bank” ohne Gestellung einer gleichwertigen Sicherheit aus
    der Bürgschaft entlassen worden wäre. Im Übrigen verkenne das FA die typische Art und Weise der Finanzierung einer Bauträgergesellschaft,
    wenn es argumentiere, dass es sich nicht um eine Finanzplanbürgschaft handeln könne, da nur der Kontokorrentkredit abgesichert
    worden sei. Ein Bauträgerunternehmen werde sich hüten, langfristige Kredite mit dem Risiko ständiger Vorfälligkeitsentschädigungen
    aufzunehmen. Es sei für Bauträgerunternehmen typisch, wenn Sicherheiten nur für Kontokorrentschulden gestellt würden. Das
    FA selbst gehe davon aus, dass die geschäftliche Tätigkeit der „S-GmbH” erst in 1999 begonnen habe. Der zeitliche Zusammenhang
    mit der der Höhe nach unbeschränkten Bürgschaft lasse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Schluss zu, dass
    es sich tatsächlich zusätzlich um eine Finanzplanbürgschaft gehandelt habe, da die „S-GmbH” im Zeitpunkt der Eingehung der
    Bürgschaft kreditunwürdig gewesen sei. Dies könne vom Kläger in der mündlichen Verhandlung bezeugt werden.



    Mit Schreiben vom 12.7.2012, auf das Bezug genommen wird, hat der Berichterstatter die Kläger aufgefordert, ergänzende Angaben
    zum Sachverhalt zu machen. Auf das Antwortschreiben der Kläger vom 8.8.2012 wird Bezug genommen.



    Der Höhe nach beantragen die Kläger zuletzt die Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes von 702.741,35 €, für dessen Zusammensetzung
    auf den Schriftsatz der Kläger vom 16.11.2012 Bezug genommen wird. Darüber hinaus vertreten die Kläger die Auffassung, dass
    der Auflösungsverlust auch nicht dem Halbeinkünfteverfahren zu unterwerfen sei, weil die „S-GmbH” weder Dividendenzahlungen
    noch Kapitalrückzahlungen geleistet habe.



    Die Kläger beantragen,



    den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 8.2.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.5.2011 dahingehend abzuändern,
    dass anstelle des bisher berücksichtigten Auflösungsverlustes gem. § 17 Abs. 4 EStG ein solcher von 702.741 € berücksichtigt
    wird.



    Das FA beantragt,



    die Klage abzuweisen.



    Zu Recht habe das FA keinen höheren Verlust als im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung berücksichtigt anerkannt. Die Aufwendungen
    aus der Bürgschaftsinanspruchnahme seien nicht als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Es handle sich um
    eine außerhalb der Krise übernommene Bürgschaft, die bei Eintritt der Krise stehen gelassen worden sei. Diese Bürgschaft habe
    zwar eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt. Sie sei aber mit 0 € zu bewerten, denn maßgeblich sei die Werthaltigkeit zum
    Zeitpunkt des Eintritts der Krise. Aus den Steuerakten der Gesellschaft lasse sich kein Hinweis darauf finden, dass sich die
    „S-GmbH” bereits zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme in der Krise befunden habe. Vielmehr sei anlässlich einer Umsatzsteuersonderprüfung
    im Februar 2000 festgestellt worden, dass die ersten Aktivitäten der Gesellschaft überhaupt erst in 1999 entfaltet worden
    seien. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die „S-GmbH” in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 Fehlbeträge erwirtschaftet
    habe. Die Gesellschaft sei erst im Mai 1998 gegründet worden. Die Tatsache, dass 1999 ein Verlust erwirtschaftet worden sei,
    bedeute nicht automatisch, dass sie sich in der Krise befunden habe. Es handle sich vielmehr um typische Anlaufverluste. Bereits
    das Geschäftsjahr 2001 habe die GmbH nur noch mit einem Fehlbetrag von 153.190 € abgeschlossen, der sich im Jahr 2002 weiter
    auf 53.819 € reduziert habe. Im Geschäftsjahr 2003 sei dann ein Gewinn in Höhe von 180.904 € erzielt worden.



    Die Voraussetzungen einer krisenbestimmten Bürgschaft seien nicht erfüllt. Eine solche setze voraus, dass der Steuerpflichtige
    bei Eingehung der Bürgschaft bindend erkläre, dass er diese auch in der Krise stehen lassen und von seinem Befreiungsanspruch
    aus § 775 BGB keinen Gebrauch machen werde. Hierfür bestünden im Streitfall keine Anhaltspunkte. Nach der Vereinbarung in
    der Bürgschaftsurkunde habe der Kläger die Bürgschaft mit einer Frist von vier Wochen jederzeit kündigen können. Ein Ausschluss
    des Anspruchs aus § 775 BGB sei ebenfalls nicht festzustellen.



    Darüber hinaus handle es sich auch nicht um eine Finanzplanbürgschaft, da diese lediglich der Absicherung des Kontokorrentkontos,
    nicht aber der langfristigen Finanzierung von Investitionen gedient habe.



    Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen „H”. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll
    der Sitzung vom 20.11.2012 Bezug genommen.



    Gründe

    Der Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 8.2.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.5.2011 ist rechtswidrig und
    verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat nachträgliche Anschaffungskosten, die aus der Inanspruchnahme
    des Klägers aus der im Jahr 1999 eingegangenen Bürgschaft resultieren, zu Unrecht nicht in die Berechnung des Auflösungsverlusts
    gem. § 17 Abs. 4 EStG einbezogen (vgl. II.). Darüber hinaus ist der Auflösungsverlust auch nicht dem Halbeinkünfteverfahren
    zu unterwerfen (vgl. III.).



    I. Beide Beteiligte gehen zutreffend davon aus, dass im Streitjahr 2008 ein Auflösungsverlust im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG
    entstanden ist. Entsprechend der Ermittlung eines Auflösungsgewinnes oder -verlustes nach § 17 Abs. 2 EStG ist auch die Gewinnermittlung
    nach § 17 Abs. 4 EStG nicht nach dem Zuflussprinzip des § 11 EStG, sondern nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt
    der Gewinn- oder Verlustrealisierung vorzunehmen (vgl. etwa Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2.10.1984 VIII R 20/84,
    Bundessteuerblatt --BStBl-- II 1985, 428 unter 1.a)). Ein Auflösungsverlust entsteht regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses
    der Liquidation. Das ist der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Auszahlung des Abfindungsguthabens. Der letztmögliche
    Zeitpunkt der Erfassung liegt in dem Jahr, in dem die Abwicklung förmlich abgeschlossen ist, mithin im Jahr der Löschung der
    Kapitalgesellschaft im Handelsregister und ihrem dadurch eintretenden Ende (vgl. BFH-Urteil vom 2.10.1984 VIII R 20/84, BStBl
    II 1985, 428 unter 1.a)). Die „S-GmbH” wurde wegen Vermögenslosigkeit im Januar 2008 im Handelsregister gelöscht und damit
    gem. § 60 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) aufgelöst. Daher ist 2008
    als das zutreffende Jahr der Verlustberücksichtigung anzusehen, denn im Falle der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit
    entfällt die Liquidation; Auflösung und Vollbeendigung fallen hier zusammen.



    II. Bei der Ermittlung der Höhe des Auflösungsverlustes ist – entgegen der Auffassung des FA – der (zwischen den Beteiligten
    der Höhe nach unstreitige) Betrag der Bürgschaftsinanspruchnahme verlusterhöhend zu berücksichtigen.



    1. Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der
    Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten (entsprechend den Veräußerungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz
    1 EStG) sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens
    der Kapitalgesellschaft übersteigen. Der Begriff der Anschaffungskosten in § 17 Abs. 2 EStG ist mit Rücksicht auf das die
    Einkommensbesteuerung bestimmende Nettoprinzip weit auszulegen. Er umfasst nicht nur die zum Erwerb der Beteiligung aufgewendeten
    Kosten, sondern auch nachträgliche Aufwendungen des Anteilseigners, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
    und weder Werbungskosten i.S. der §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten sind. Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des
    § 17 EStG kommen nicht nur Aufwendungen in Betracht, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Nachschüsse (§§ 26 ff.
    GmbHG) oder verdeckte Einlagen zu werten sind, sondern auch Verluste aus Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters. Dazu
    gehören insbesondere auch Leistungen aus einer für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaft, wenn
    die Übernahme der Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und die Rückgriffsforderung gegen die Gesellschaft
    wertlos ist. Aufwendungen, die dem Gesellschafter aus dem Wertverlust einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme
    aus einer zugunsten der Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaft entstehen, sind allerdings nur dann als nachträgliche
    Anschaffungskosten der Beteiligung zu berücksichtigen, wenn das Darlehen oder die Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter
    hatte (vgl. zum vorstehend Dargestellten etwa BFH-Urteil vom 12.12.2000 VIII R 22/92, BStBl II 2001, 385 unter II.).



    2. Eine Bürgschaftsverpflichtung ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) als eigenkapitalersetzend
    anzusehen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft bereits in der sog. Krise befand (sog.
    Krisenbürgschaft) oder wenn die Bürgschaft (auch) für den Fall der Krise bestimmt war (sog. krisenbestimmte Bürgschaft). Darüber
    hinaus ist die Bürgschaft eigenkapitalersetzend, wenn sie im Rahmen eines Finanzplans übernommen wird (sog. Finanzplanbürgschaft).
    In diesen Fällen sind die nachträglichen Anschaffungskosten mit dem Nennwert des Rückgriffsanspruchs aus der Bürgschaft anzusetzen
    (vgl. zu den betreffenden Fallgruppen Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 17 Rz. 171 m.w.N.). Weiterhin kann eine
    Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter erlangen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft
    noch nicht in der Krise befand, sie aber bei Eintritt der Krise stehen gelassen wurde (sog. stehengelassene Bürgschaft). In
    diesem Fall ist für die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten der gemeine Wert des Rückgriffsanspruchs in dem Zeitpunkt
    maßgebend, in dem der Gesellschafter es trotz eingetretener Krise mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis unterließ,
    sein Bürgschaftsengagement zu beenden, obwohl er von der Gesellschaft die Freistellung von seiner Bürgschaftsverpflichtung
    verlangen konnte (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 17 Rz. 171 m.w.N.).



    3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die vom Kläger eingegangene Bürgschaft als eigenkapitalersetzend anzusehen. Zum Zeitpunkt
    der Abgabe des Bürgschaftsversprechens im Jahr 1999 befand sich die „S-GmbH” bereits in einer Krise, so dass es sich vorliegend
    um den Fall einer sog. Krisenbürgschaft handelt.



    a) Als Krise wird in § 32a Abs. 1 GmbHG a.F. der Zeitpunkt definiert, in dem die Gesellschafter der Gesellschaft „als ordentliche
    Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten”. Eine Krise besteht – über die hier nicht einschlägigen Fälle der Überschuldung oder
    Zahlungsunfähigkeit hinaus – i.d.R. dann, wenn die Gesellschaft kreditunwürdig ist (vgl. zu den Fallgruppen Hueck/Fastrich
    in Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Aufl., § 32a Rn. 48). Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Gesellschaft als
    kreditunwürdig anzusehen, wenn sie nicht in der Lage ist, aus eigener Kraft, insbesondere unter Nutzung eigener Vermögenswerte
    als Kreditsicherheit, einen Kredit zu marktüblichen Konditionen zu erhalten (vgl. etwa grundlegend BGH-Urteil vom 24.3.1980
    II ZR 213/77, Entscheidungen des BGH in Zivilsachen --BGHZ-- 76, 326). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der BFH angeschlossen
    (vgl. etwa BFH-Urteil vom 10.11.1998 VIII R 6/96, BStBl II 1999, 348).



    Erhält die Gesellschaft – wie hier – einen Bankkredit zu marktüblichen Konditionen nur unter der Bedingung, dass sich der
    Gesellschafter hierfür persönlich verbürgt, kann allerdings allein aus diesem Umstand nicht darauf geschlossen werden, dass
    die Gesellschaft kreditunwürdig ist. Insoweit bedarf es nach der ganz herrschenden Auffassung im Zivilrecht, der sich der
    Senat anschließt (so auch bereits das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 30.6.2010 15 K 1566/09, Entscheidungen der Finanzgerichte
    --EFG-- 2010, 1502, bestätigt durch BFH-Urteil vom 24.1.2012 IX R 34/10, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 854), einer
    weiteren Abgrenzung. Denn ein solches Verlangen entspricht häufig einer „bankmäßigen Routine”, die darauf abzielt, ein Zeichen
    des Gesellschafters zu erhalten, dass er sich über die übernommene Einlage hinaus mit der Gesellschaft identifiziert (vgl.
    BGH-Urteile vom 9.10.1986 II ZR 58/86, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1987, 1080, vom 28.9.1987 II ZR 28/87, NJW 1988,
    824; Goette, Die GmbH, 2. Aufl., § 4 Rn. 45; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 18. Aufl., § 32a Rn. 48;
    Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl., § 32a Rn. 42). Auch in diesen Fällen kommt es daher maßgeblich
    darauf an, ob die Gesellschaft über ausreichende Sicherheiten verfügt, um sich am Kapitalmarkt zu finanzieren. Solange die
    Gesellschaft selbst über Vermögenswerte verfügt, die im Allgemeinen ein außenstehender Dritter als Sicherheit akzeptieren
    würde, ist das Bestehen einer Kreditunwürdigkeit regelmäßig zu verneinen (vgl. BGH-Urteil vom 28.9.1987 II ZR 28/87, NJW 1988,
    824; Goette, Die GmbH, 2. Aufl., § 4 Rn. 45 Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl., § 32a Rn. 42).
    Verfügt die Gesellschaft dagegen nicht über ausreichende Sicherheiten, um die erforderlichen Kredite zu besichern, und müssen
    aus diesem Grund die Gesellschafter aus ihrem Vermögen Sicherheiten bestellen, weist dies auf die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft
    hin (vgl. Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl., § 32a Rn. 42).



    b) Im Streitfall steht nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände zur Überzeugung des Senats fest, dass der „S-GmbH” im Mai
    1999, als der Kläger die Bürgschaft einging, ausreichende Sicherheiten fehlten und sie deshalb kreditunwürdig und in der Krise
    befindlich war.



    Der Senat würdigt die Aussage des Zeugen „H” dahingehend, dass zwei Ursachen ausschlaggebend dafür waren, dass sich der Kläger
    zum damaligen Zeitpunkt für den Kredit verbürgen musste. Zum einen entsprach diese Vorgehensweise der banküblichen Praxis
    bei der „T-Bank” „E-Stadt”. Der Zeuge „H” hat insoweit ausgesagt, dass es seinerzeit „Standard” gewesen sei, vom Gesellschafter-Geschäftsführer
    einer GmbH die Abgabe eines Bürgschaftsversprechens zu verlangen. Zur Erläuterung hat der Zeuge nachvollziehbar ausgeführt,
    dass dieses Vorgehen in seinem Geschäftsbereich, der Bauträgerfinanzierung, bei allen juristischen Personen allgemein üblich
    gewesen sei, um sicherzugehen, dass der hinter der juristischen Person stehende Gesellschafter selbst von dem Projekt überzeugt
    ist.



    Zum anderen ist der Aussage des Zeugen „H” aber auch zu entnehmen, dass die „T-Bank” „E-Stadt” die Sicherheiten, die die
    „S-GmbH” zu bieten hatte, als nicht ausreichend angesehen hat. Der Zeuge hat insoweit ausgeführt, dass die „T-Bank” einen
    Beleihungswert für beide Objekte in Höhe von 1,7 Mio. DM ermittelt hatte. Zur Absicherung des Kredits über 1,5 Mio. DM habe
    eine Grundschuld auf dem Grundstück in Höhe von 1 Mio. DM und eine Bankbürgschaft der „I-Bank” über 500.000 DM zur Verfügung
    gestanden. Ungeachtet dessen habe die „T-Bank” aber dennoch Bedarf für zusätzliche Sicherheiten gesehen, da bei einem Bauträgervorhaben
    jederzeit noch Ereignisse eintreten könnten, die den Beleihungswert schmälern könnten.



    Der Senat hält die wirtschaftlichen Überlegungen, die der Zeuge „H” nachvollziehbar dargelegt hat, für ausreichend, um daraus
    die Schlussfolgerung ziehen zu können, dass die „S-GmbH” ohne eine Verbürgung des Klägers keinen Kredit zu marktüblichen Zinsen
    am Kapitalmarkt hätte aufnehmen können. Dabei verkennt der Senat nicht, dass in der vorliegenden Konstellation nominal betrachtet
    ein Beleihungswert des Grundstücks ermittelt worden war, der über dem Betrag des von der „S-GmbH” beantragten Kredits lag.
    Aus Sicht des Senats reicht eine solche Nominalbetrachtung aber nicht aus, um vom Bestehen ausreichender Sicherheiten ausgehen
    zu können. Vielmehr ist insoweit dem Umstand Rechnung zu tragen, dass – wovon offenbar auch der Zeuge „H” ausgeht – ein Bauträgervorhaben
    mit nicht unerheblichen Unwägbarkeiten verbunden ist, die zu einer Minderung der Sicherheiten führen können. Aus Sicht der
    „T-Bank” „E-Stadt” als der die Finanzierung übernehmenden Bank waren insoweit mehrere Gesichtspunkte in die Betrachtung einzubeziehen,
    die aus Sicht des Senats ein erhöhtes Absicherungsbedürfnis gerechtfertigt erscheinen ließen. Zunächst verfügte die „S-GmbH”
    zum Zeitpunkt des Kreditantrags nur über eine in Relation zum beantragten Kreditvolumen äußerst geringe Eigenkapitalausstattung
    von 50.000 DM. Darüber hinaus besaß die „S-GmbH” bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Erfahrung und Expertise auf dem Gebiet
    des Wohnungsbaus. Es handelte sich um das erste Projekt einer neu gegründeten Gesellschaft. Für die Bonitätsbeurteilung eines
    Bauträgers ist es jedoch von besonderer Bedeutung, ob dieser schon Geschäftserfahrung gesammelt und sich aus der Abwicklung
    früherer Projekte bereits einen Ruf erarbeitet hat (vgl. Grziwotz/Koeble, Handbuch Bauträgerrecht, 1. Aufl., Rn. 115; Reithmann/Brych/Manhart,
    Kauf vom Bauträger, 4. Aufl., Rn. 171 f.). Im Streitfall kommt hinzu, dass der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer im
    Hauptberuf einer Tätigkeit nachging, die keine irgendwie geartete Nähe zur Baubranche aufwies. Schließlich befand sich die
    „S-GmbH” im Jahr 1999 in einer besonderen Situation. Sie war auf eine schnelle Kreditgewährung angewiesen, da die „I-Bank”
    als die ursprünglich finanzierende Bank – wie vom Kläger glaubhaft dargelegt wurde – plötzlich und ohne Angaben von Gründen
    aus dem Bauprojekt ausgestiegen war. Aus Sicht der „T-Bank” „E-Stadt” musste auch dieser Umstand als ein erhöhtes Risiko gewertet
    werden.



    Ob eine andere Bank der „S-GmbH” in dieser Situation zum damaligen Zeitpunkt einen Kredit zu marktüblichen Konditionen gewährt
    hätte, ohne eine zusätzliche Sicherheit in Gestalt einer Bürgschaft des Gesellschafter-Geschäftsführers zu verlangen, hat
    der Senat nicht aufklären können. Der Zeuge „H” hat auf eine entsprechende Nachfrage keine Antwort zu geben vermocht. Verhandlungen
    mit anderen Banken hat der Kläger nicht geführt. Eine weitere Aufklärung dieser Frage ist daher aus Sicht des Senats bereits
    aus praktischen Gründen nur schwerlich möglich, aber jedenfalls auch nicht geboten. Für die Beurteilung, ob eine Sicherheit
    im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts als ausreichend zu qualifizieren ist, ist auf die Sicht eines potentiellen Kreditgebers
    anhand der jeweiligen Umstände und unter Einbeziehung des individuellen Kreditrisikos im Zeitpunkt der Gewährung der möglicherweise
    eigenkapitalersetzenden Leistung abzustellen (vgl. etwa BGH-Urteil vom 13.7.1992 II ZR 269/91, NJW 1992, 2891). Dabei ist
    jedoch eine objektive Betrachtungsweise geboten. Insbesondere muss nach Auffassung des Senats der Umstand außer Betracht bleiben,
    dass es angesichts des starken Wettbewerbs im Kreditsektor immer auch Banken gab und gibt, die nicht nur bereit sind, risikoreiche
    Geschäfte zu finanzieren, sondern dabei auch weniger strenge Anforderungen an den Beleihungswert stellen. Zwar ist bei der
    Feststellung des Beleihungswerts eines Grundstücks üblicherweise bereits ein Abschlag zum Verkehrswert berücksichtigt. Ungeachtet
    dessen entspricht es marktüblichen Gepflogenheiten, dass eine Finanzierung nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz des Beleihungswerts
    vorgenommen wird. Im Streitfall hat sich die „T-Bank” „E-Stadt” lediglich eine Grundschuld von 1 Mio. DM auf dem Grundstück
    einräumen lassen. Dies entspricht einer Quote von ca. 60% des Beleihungswerts. Eine Quote in dieser Höhe, bis zu der Beleihungen
    vorgenommen werden, sieht der Senat als marktüblich an (vgl. insoweit z.B. die Ausführungen im BGH-Urteil vom 28.9.1987 II
    ZR 28/87, NJW 1988, 824 unter 2.). Das Grundstück, das die „S-GmbH” zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme als Sicherheit stellen
    konnte, ist daher für Sicherungszwecke lediglich mit einem Betrag von ca. 1 Mio. DM zu bewerten. Über weitere Sicherheiten
    verfügte die „S-GmbH” nicht. Die der „T-Bank” „E-Stadt” als Sicherheit dienende Bürgschaft der „I-Bank” über 500.000 DM ist
    nicht der „S-GmbH”, sondern dem Kläger zuzurechnen, der hierfür einen Avalkredit aufgenommen und eine entsprechende Absicherung
    übernommen hatte. Die abgetretenen Kaufpreisforderungen aus den bereits geschlossenen Verkaufsverträgen können nicht als eigenständige
    Sicherheit gewertet werden, da sie sich dem Grunde nach bereits im Beleihungswert widerspiegeln. Hinzu kommt, dass sich mögliche
    Risiken, die sich in der Bauphase hätten realisieren können, etwa das Auftreten von Baumängeln, auch noch mindernd auf die
    Kaufpreise ausgewirkt hätten. Bei objektiver Betrachtungsweise war die „S-GmbH” zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme daher als
    kreditunwürdig zu qualifizieren, da sie den beantragten Kredit lediglich zu 2/3 durch eigene Sicherheiten abdecken konnte.



    Entgegen der Auffassung des FA steht der Annahme einer Krise im Streitfall auch nicht entgegen, dass die „S-GmbH” überhaupt
    erst im Jahr 1999 ihre Geschäfte aufgenommen hat. Eine Gesellschaft kann in jedem Stadium ihrer Existenz als kreditunwürdig
    zu beurteilen sein. Im Extremfall ist sie seit ihrer Gründung kreditunwürdig und damit in der Krise (so zutreffend Fuhrmann/Potsch,
    DStR 2012, 835).



    Ferner kommt es – ebenfalls entgegen der vom FA im Klageverfahren (und offenbar allgemein von der Finanzverwaltung) vertretenen
    Auffassung – für die Frage, ob eine Bürgschaft eigenkapitalersetzend ist, auch nicht darauf an, dass es sich bei einem Teil
    der durch die Bürgschaft abgesicherten Kredite um Kontokorrentkredite handelte. Nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung,
    der sich der Senat anschließt, sind Kontokorrentkredite nicht anders als andere Kredite zu behandeln (vgl. Urteile des Oberlandesgerichts
    -- OLG -- Düsseldorf vom 17.12.1998 6 U 187/97, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht --NZG-- 1999, 668; OLG Celle vom 14.7.1999
    9 U 342/98, NZG 2000, 104; Urteil des OLG Schleswig vom 31.1.2002 5 U 44/01, GmbH-Rundschau 2002, 969; gl.A. auch bereits
    FG Düsseldorf, Urteil vom 30.6.2010 15 K 1566/09 E, EFG 2010, 1502). Der Senat sieht daher keinen Grund dafür, warum Bürgschaftsversprechen
    für Kontokorrentkredite in der Gründungsphase einer Gesellschaft grundsätzlich keinen eigenkapitalersetzenden Charakter haben
    sollten.



    c) Der demnach zu berücksichtigende Gesamtverlust im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG beläuft sich der Höhe nach, was vom Vertreter
    des FA durch die Abgabe einer entsprechenden Erklärung unmittelbar im Anschluss an die mündliche Verhandlung unstreitig gestellt
    worden ist, auf 702.741 €.



    d) Da sich die Berücksichtigung des Verlustes im Streitfall bereits unter dem Gesichtspunkt einer Krisenbürgschaft ergibt,
    bedurfte es keiner Entscheidung, ob die Bürgschaft auch als Finanzplanbürgschaft anzusehen sein könnte.



    III. Das Halbeinkünfteverfahren kommt im Streitfall nicht zur Anwendung. Der Verlust aus der Auflösung einer wesentlichen
    Beteiligung an einer GmbH nach § 17 Abs. 4 EStG unterliegt nicht dem sog. Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, wenn
    seit Geltung des Halbeinkünfteverfahrens keine ganz oder zum Teil steuerfreien Einnahmen aus der Beteiligung an der GmbH erzielt
    wurden (vgl. BFH-Urteil vom 14.7.2009 IX R 8/09, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV--
    2010, 399; BFH-Beschluss vom 18.03.2010 IX B 227/09, BStBl II 2010, 627). Dies ist hier der Fall.



    IV. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Summe der Einkünfte laut dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid
    für 2008 vom 8.2.2010 auf lediglich 63.056 € beläuft, ist die Einkommensteuer auf 0 € herabzusetzen. Denn der zu berücksichtigende
    Verlust gem. § 17 Abs. 4 EStG kann vollständig zum Ausgleich der bislang angesetzten positiven Einkünften (bis auf null) verwendet
    werden.



    V. Die Kosten des Verfahrens werden gem. § 135 Abs. 1 FGO dem FA auferlegt.



    VI. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass er von der
    Rechtsprechung des BGH abweicht. Der BGH hat es in seinem Urteil vom 28.9.1987 II ZR 28/87 (NJW 1988, 824) nicht als ausreichend
    für die Qualifizierung einer Bürgschaft als eigenkapitalersetzend angesehen, dass (allein) die Hausbank einen Kredit nicht
    ohne zusätzliche Verbürgung durch den Gesellschafter vergeben hat, sondern gefordert, dass auch feststehen (und festgestellt
    werden) müsse, dass die Gesellschaft den Kredit von anderen Banken nicht auch ohne Verbürgung durch den Kläger hätte aufnehmen
    können.

    VorschriftenEStG § 17 Abs. 2, EStG § 17 Abs. 4, GmbHG a.F. § 32a Abs. 1