07.05.2013
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 30.01.2013 – 12 K 12227/10
1. Der regelmäßige Erdienenszeitraum für Versorgungszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer beträgt zehn Jahre;
das gilt nicht nur für erstmalig erteilte Pensionszusagen, sondern in gleicher Weise auch für spätere Zusagen, durch die die
zunächst zugesagte Pension erhöht wird.
2. Hat eine GmbH der namentlich benannten Ehefrau des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers eine Hinterbliebenenversorgung
zugesagt und verstirbt die begünstigte Ehefrau vor Eintritt des Versorgungsfalls, so entfällt die Zusage der Hinterbliebenenversorgung
ersatzlos. Wird die Zusage später dahin „ergänzt”, dass nunmehr die neue Lebensgefährtin des Gesellschafter-Geschäftsführers
zu unveränderten inhaltlichen und betraglichen Konditionen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente haben soll, so ist das steuerlich
nicht als eine den geänderten Verhältnissen angepasste Wiederherstellung der bisherigen Zusage, sondern als Neuzusage zu werten,
die bei Nichteinhaltung des zehnjährigen Erdienenszeitraums zum Zeitpunkt der Neuzusage zu einer vGA führt.
3. § 6a Abs. 4 S. 2 EStG soll lediglich verhindern, dass sich ein Zuführungsmehrbetrag, der sich aus der erstmaligen Anwendung
einer geänderten biometrischen Rechnungsgrundlage ergibt, in geballter Form im ersten Jahr der geänderten Bewertung auswirkt,
und ist daher nicht anwendbar, wenn durch geänderte Berechnungsgrundlagen im Streitjahr kein Zuführungsmehr-, sondern im Gegenteil
ein Zuführungsminderbetrag entsteht.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 12. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. Januar 2013 durch den Präsidenten
des Finanzgerichts …, den Richter am Finanzgericht … und den Richter am Finanzgericht … und sowie die ehrenamtlichen Richterinnen
… und …
für Recht erkannt:
Die Bescheide für 2005 über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag werden abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben,
die geänderten Steuerfestsetzungen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner der Klägerin das Ergebnis dieser Berechnungen
unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 90 % der Klägerin und zu 10 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit von Rückstellungen für eine dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin
zugesagte Witwenpension.
Die im November 1986 errichtete Klägerin ist im Bauhauptgewerbe tätig. Alleiniger Gesellschafter und von Beginn an einziger
Geschäftsführer der Klägerin ist der am 24. April 1943 geborene Herr B.. Nach den Regelungen des am 26. November 1986 abgeschlossenen
und zum 01. Januar 1994 neu gefassten Arbeitsvertrages war das Arbeitsverhältnis mit B. als Geschäftsführer auf unbestimmte
Zeit abgeschlossen; die Kündigungsfrist betrug für beide Vertragsparteien sechs Monate zum Ende des Kalenderjahres.
Am 01. Dezember 1989 erteilte die Klägerin ihrem Geschäftsführer eine Pensionszusage; danach sollte B. bei seinem Ausscheiden
aus den Diensten der Klägerin nach seinem vollendeten 65. Lebensjahr eine monatliche Pension in Höhe von 4.500 DM erhalten.
Bei einem Ausscheiden in den Ruhestand nach Vollendung des 60. Lebensjahres sollte B. die betriebliche Altersrente bereits
von diesem Zeitpunkt an – in gekürzter Höhe – verlangen können. Bestandteil der Zusage war unter deren Nr. 3 ferner eine Hinterbliebenenversorgung
für die damalige Ehefrau des B., die am 08. Januar 1946 geborene Frau C., über eine monatliche Pension von 3.600 DM, zahlbar
längstens bis zu einer Wiederverheiratung. Die Zusage auf Hinterbliebenenrente sollte im Fall einer rechtskräftigen Scheidung
der Ehe erlöschen.
C. verstarb am 06. November 1997. In der Folgezeit begründete B. mit der am 28. März 1951 geborenen Frau D. eine Lebensgemeinschaft.
Am 23. Juni 1999 erklärte die Klägerin in einer „Ergänzung zur Pensionszusage”, der Vertrag vom 01. Dezember 1989 werde in
seiner Nr. 3 insoweit „geändert”, als nunmehr eine Hinterbliebenenrente zugunsten von D. zugesagt werde. Inhaltlich und betraglich
entsprach diese Zusage derjenigen, die zuvor zugunsten von C. gegolten hatte.
B. und D. heirateten am 16. Juni 2000; die Ehe besteht bis heute fort.
Nach Durchführung einer die Jahre 2003 bis 2005 (Streitjahre) umfassenden Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung,
dass die Zuführungen zur Pensionsrückstellung der Klägerin insoweit, als es die Hinterbliebenenversorgung für D. betreffe,
nicht anerkannt werden könnten. Diese Zuführungen seien durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und stellten verdeckte
Gewinnausschüttungen (vGA) dar, da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Klägerin die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung
zugunsten von D. nicht erteilt hätte. Es sei bereits fraglich, ob eine Versorgungszusage gegenüber nichtehelichen Lebensgefährten
steuerlich überhaupt anerkannt werden könne. Jedenfalls aber fehle es im Streitfall an der Erdienbarkeit der Versorgung, da
zwischen deren Zusage (23. Juni 1999) und dem Eintritt des B. in den Ruhestand ein Zeitraum von weniger als zehn Jahren (nämlich
lediglich rund acht Jahre und zehn Monate) liege.
Die als vGA hinzuzurechnenden Beträge bezifferte der Prüfer mit 4.603 EUR (2003), 4.870 EUR (2004) bzw. 4.340 EUR (2005).
Für die Streitjahre 2003 und 2004 waren die Beträge identisch mit der von einem Fachprüfer errechneten Differenz zwischen
den Teilwerten der Hinterbliebenenrente zum Ende des Jahres und zum Ende des Vorjahres. Für das Jahr 2005 wich der Prüfer
jedoch von dieser Handhabung ab: Nach der bis 2004 anwendbaren Sterbetafel hätte sich der Teilwert der Hinterbliebenenrente
zum 31. Dezember 2005 von 68.341 EUR (31. Dezember 2004) um 5.231 EUR auf 73.572 EUR erhöht. Aufgrund der erstmaligen Anwendbarkeit
neuer Sterbetafeln in 2005 hatte der Fachprüfer zum 31. Dezember 2005 jedoch einen Teilwert von lediglich 70.899 EUR errechnet,
mithin eine Differenz zum Vorjahr in Höhe von lediglich 2.558 EUR. Der Betriebsprüfer erhöhte den Betrag von 2.558 EUR in
Anwendung der Übergangsregelung des § 6a Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) um zwei Drittel des Unterschiedsbetrages,
der sich aus der Anwendung der neuen Sterbetafeln ergab (Unterschiedsbetrag: 2.673 EUR; davon zwei Drittel: 1.782 EUR) und
gelangte so für 2005 zu einer vGA im Betrag von (2.558 EUR + 1.782 EUR =) 4.340 EUR.
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 02. und 03. Juli 2008 entsprechend geänderte Bescheide zur
Körperschaft- und Gewerbesteuer der Streitjahre einschließlich der jeweiligen Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge.
Die Klägerin erhob hiergegen am 24. Juli 2008 Einspruch und trug vor, der Beklagte verkenne, dass die steuerliche Anerkennungsfähigkeit
einer Hinterbliebenenzusage stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen sei. Insoweit sei zu berücksichtigen,
dass die Eheleute B. und C. bereits seit den achtziger Jahren mit D. befreundet gewesen seien. Zu Beginn der neunziger Jahre
seien dann sowohl C. als auch D. an Krebs erkrankt. 1993 hätten B. und C. nach dem Tod ihrer Tochter – diese sei Opfer eines
Kapitalverbrechens geworden – das Sorgerecht für ihre damals neun Jahre alte Enkeltochter übertragen bekommen. 1997 sei dann
bei C. erneut Krebs diagnostiziert worden, der innerhalb von zwei Wochen zum Tod geführt habe. In dieser Zeit habe D., die
eigentlich in E. gelebt habe und dort auch berufstätig gewesen sei, sehr viel Zeit in F. verbracht, sich bei B. „um Haus und
Hof” gekümmert und auch die Beerdigung von C. organisiert. In der Folgezeit habe D. sich intensiv um die Enkelin des B., insbesondere
deren Schulausbildung, gekümmert. Sie selbst sei hierfür beruflich kürzer getreten, um mehr Zeit für B. und dessen Enkelin
zu haben. Zwischen B. und D. habe somit bereits seit Anfang 1998 eine krisenerprobte Lebensgemeinschaft bestanden. B. und
D. seien sich auch bereits im Laufe des Jahres 1998 darüber einig gewesen, heiraten zu wollen. Einigkeit habe auch darüber
bestanden, dass – sollte B. etwas zustoßen – D. sich um die Erziehung der Enkelin kümmern werde. Um D. hierzu finanziell in
die Lage zu versetzen und um einen gewissen Ausgleich für die (auch finanziellen) Opfer, die D. gegenüber der Familie B. erbracht
habe, zu schaffen, sei sodann die ursprünglich C. erteilte Versorgungszusage von ihr, der Klägerin, gegenüber D. erneut zugesagt
worden. Insgesamt – so die Klägerin – ergebe sich daraus, dass die Zusage der Hinterbliebenenversorgung trotz des Umstands,
dass D. zum Zeitpunkt der Zusage noch nicht mit B. verheiratet gewesen sei, einem Fremdvergleich standhalte.
Zur Frage der Erdienbarkeit der Versorgung müsse berücksichtigt werden, dass es sich im Streitfall nicht um eine Neuzusage,
sondern um die Wiederherstellung einer ursprünglichen Zusage, lediglich unter Austausch der Begünstigten, handele. Da D. lediglich
fünf Jahre jünger sei als C., könne sie, die Klägerin, durch die 1999 erteilte Zusage wirtschaftlich nicht anders belastet
sein als durch die 1989 gegenüber C. eingegangene Zusage. Ergänzend wies die Klägerin darauf hin, dass nach der Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) die Zehnjahresfrist – mangels eindeutiger gesetzlicher Vorgaben – nicht im Sinne einer zwingenden
Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung zu verstehen sei.
Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 03. September 2010 teils als unzulässig (Bescheide
über den Solidaritätszuschlag als Folgebescheide) und im Übrigen als unbegründet zurück. Die Klägerin hat daraufhin am 30.
September 2010 Klage erhoben.
Nach Auffassung der Klägerin hält die gegenüber D. erteilte Versorgungszusage einem Fremdvergleich stand; sie sei nicht durch
das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, so dass die Zuführungen zur Pensionsrückstellung keine vGA darstellen könnten. Unter
den im Einspruchsverfahren geschilderten Umständen habe ein berechtigtes Interesse ihres, der Klägerin, Geschäftsführers bestanden,
D. für den Fall seines eigenen Ablebens wirtschaftlich abzusichern. Diesem berechtigten Wunsch hätte sie, die Klägerin, auch
gegenüber einem Fremdgeschäftsführer entsprochen.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer 2003 bis 2005 und über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags
zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2003, 2004 und 2005, jeweils vom 02. Juli 2008, und die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag
für 2003 bis 2005 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31. Dezember 2003, 2004
und 2005, jeweils vom 03. Juli 2008, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03. September 2010, mit der Maßgabe
zu ändern, dass die Zuführung zur Pensionsrückstellung in Höhe von weiteren 4.603 EUR (2003), 4.870 EUR (2004) bzw. 4.340
EUR (2005) keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt,
sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass im Jahre 2005 die Regelung in § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG keine Anwendung findet.
Er bekräftigt seine Auffassung, dass es sich bei der D. erteilten Zusage um eine Neuzusage (und nicht lediglich um die Wiederherstellung
einer früheren Zusage) handele und dass es angesichts eines Erdienenszeitraums von weniger als neun Jahren an einer Erdienbarkeit
der neu zugesagten Versorgung fehle. Die Klägerin habe auch nicht dargetan, dass ausnahmsweise aus besonderen einzelfallbezogenen
Gründen sichergestellt gewesen sein könnte, dass die Pensionszusage und die künftige Arbeitsleistung einander trotz des geringen
Zeitraums gleichwohl würden entsprechen können.
Ergänzend weist der Beklagte darauf hin, dass der Einspruch der Klägerin möglicherweise hätte Erfolg haben können, wenn die
wirtschaftlich-versicherungsmathematische Mehrbelastung, die der Klägerin durch den Austausch der Berechtigten erwuchs, sich
als nur geringfügig erwiesen hätte. Hierzu habe er, der Beklagte, die Klägerin im Einspruchsverfahren um Auskünfte gebeten.
Aus dem vorgelegten Versicherungsschein ergebe sich insoweit jedoch keine Erkenntnis, da die Witwenpension nicht rückgedeckt
gewesen sei. Vorsorglich bestreite er, der Beklagte, dass die wirtschaftlich-versicherungsmathematische Mehrbelastung der
Klägerin nur geringfügig gewesen sei.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage betreffend die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2003 und 2004 ist mangels Klagebefugnis
unzulässig. Diese Bescheide setzen eine Steuer bzw. einen Messbetrag von 0 EUR fest und beschweren die Klägerin deshalb nicht
(ständige Rechtsprechung; vgl. nur BFH, Beschluss vom 23. Februar 2007 – VIII B 106/06, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
[BFH/NV] 2007, 1164, mit weiteren Nachweisen). Unzulässig ist die Klage ferner im Hinblick auf die Bescheide über die gesonderte
Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer und des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.
Dezember 2005. Hierbei handelt es sich um Folgebescheide der (zulässig angefochtenen) Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide;
als solche können sie gemäß § 351 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) nicht eigenständig angegriffen werden.
II. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber ganz überwiegend unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und
verletzen die Klägerin nicht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) in ihren Rechten, soweit der Beklagte die
Zuführungen zur Pensionsrückstellung, die anteilig auf die Hinterbliebenenversorgung entfielen, als vGA behandelt hat.
1. Die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung kann aus steuerlicher Sicht eine vGA darstellen, die gemäß § 8 Abs. 3 Satz
2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) das Einkommen der verpflichteten Gesellschaft nicht mindern darf. Dies ist der Fall, wenn
die Pensionsverpflichtung nicht (ausschließlich) durch das Dienstverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Begünstigten,
sondern zumindest auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Eine solche Veranlassung ist anzunehmen, wenn die
Gesellschaft einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Umständen keine entsprechende Zusage
erteilt hätte (vgl. BFH, Urteile vom 20. Dezember 2000 – I R 15/00, Bundessteuerblatt [BStBl.] II 2005, 657; vom 07. November
2001 – I R 79/00, BStBl. II 2005, 659; vom 23. September 2008 – I R 62/07, BFH/NV 2009, 297).
a) Bei der Prüfung, ob eine Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-) veranlasst ist, sind alle Umstände des
jeweiligen Einzelfalls zu würdigen. Eine Pensionszusage muss grundsätzlich dazu bestimmt sein, die künftige Arbeitsleistung
des Berechtigten – und nicht seine bislang für das Unternehmen erworbenen Verdienste – abzugelten. Nach der Rechtsprechung
des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist deshalb insbesondere zu prüfen, ob der durch die Zusage Begünstigte
den Versorgungsanspruch noch erdienen kann. Liegt zwischen der Erteilung der Zusage und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand
nur noch eine kurze Zeitspanne, in der der Versorgungsanspruch nicht mehr erdient werden kann, ist prinzipiell davon auszugehen,
dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der Erteilung der Pensionszusage
abgesehen hätte; es liegt dann regelmäßig eine vGA vor (BFH, Beschluss vom 28. Juni 2005 – I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252; Urteil
vom 23. September 2008 – I R 62/07, a.a.O.).
Wird die Pensionszusage einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt, so ist diese nach den vom BFH entwickelten
Grundsätzen im Regelfall nur dann erdienbar, wenn die vorgenannte Zeitspanne mindestens zehn Jahre beträgt. Zwar kann diese
Frist – was auch der Beklagte in der angefochtenen Entscheidung zutreffend beachtet hat – mangels entsprechender gesetzlicher
Vorgaben nicht im Sinne einer allgemein gültigen zwingenden Voraussetzung verstanden werden; wird die Frist unterschritten,
kann aber eine Mitveranlassung der Zusageerteilung durch das Gesellschaftsverhältnis nur dann ausgeschlossen werden, wenn
aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles anderweitig sichergestellt ist, dass mit der Zusage die künftige Arbeitsleistung
des Geschäftsführers abgegolten werden soll (BFH, Beschluss vom 28. Juni 2005 – I R 25/04, a.a.O.; Urteil vom 23. September
2008 – I R 62/07, a.a.O.).
b) Der Senat folgt der Rechtsprechung des BFH auch insoweit, als die Verkürzung der arbeitsrechtlichen Unverfallbarkeitsfristen
für betriebliche Versorgungszusagen durch Einfügung des § 1b Abs. 1 Satz 1 BetrAVG von zehn auf fünf Jahre nicht zu einer
grundsätzlichen Verkürzung des Erdienenszeitraums für Versorgungszusagen führt (vgl. BFH, Beschluss vom 19. November 2008
– I B 108/08, BFH/NV 2009, 608 mit weiteren Nachweisen); die Bezugnahme auf die früher geltenden Unverfallbarkeitsfristen
diente ausschließlich dem Ziel, eine Leitlinie für die rein steuerrechtliche Beurteilung der Erdienbarkeit zu gewinnen und
bedeutete keine auch nur mittelbare Anwendung des für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer gerade nicht geltenden
BetrAVG auf diese.
c) Die vorstehend wiedergegebenen Grundsätze gelten nicht nur für erstmalig erteilte Pensionszusagen, sondern in gleicher
Weise auch für spätere Zusagen, durch die die zunächst zugesagte Pension erhöht wird. Erstzusage und nachträgliche Zusagen
sind auseinander zu halten und jeweils eigenständig nach den vorgenannten Maßstäben auf ihre Erdienbarkeit zu prüfen (BFH,
Urteil vom 23. September 2008 – I R 62/07, a.a.O.).
2. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe erweist sich die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung, die die Klägerin am 23.
Juni 1999 zugunsten der D. erteilt hat, maßgeblich als durch das Gesellschaftsverhältnis zu B. veranlasst. Ein ordentlicher
und gewissenhafter Geschäftsleiter der Klägerin wäre eine derartige Verpflichtung unter sonst gleichen Umständen zu diesem
Zeitpunkt nicht eingegangen.
a) Der Senat geht bei seiner Beurteilung zunächst davon aus, dass die fragliche Zusage entgegen der Auffassung der Klägerin
für steuerliche Zwecke nicht lediglich als „Wiederherstellung” der ursprünglichen Zusage unter Anpassung an geänderte Verhältnisse
verstanden werden kann, sondern vielmehr eine eigenständig zu beurteilende Neuzusage darstellt, durch die sich der Umfang
der die Klägerin aus der Versorgungszusage insgesamt treffenden Verpflichtung gegenüber dem unmittelbar zuvor geltenden Zustand
erhöht hat. Hierbei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Schilderung der für ihren Gesellschafter-Geschäftsführer
tragischen Lebensumstände – insbesondere den aufeinander folgenden Tod der Tochter und der Ehefrau sowie die Sorgerechtsübernahme
für die Enkeltochter – ebenso zutrifft wie die Schilderung der umfassenden und nachhaltigen Unterstützungsleistungen der D.
für die Familie B. einschließlich der durch sie selbst getragenen finanziellen Einbußen. Unter Berücksichtigung dessen mag
es aus der persönlichen Sicht des Gesellschafter-Geschäftsführers B. durchaus naheliegen, seine neue Lebensgefährtin und spätere
Ehefrau D. für die Frage der betrieblichen Altersversorgung als an die Stelle der C. getretene Ersatz-Bezugsperson und die
Einbeziehung der D. in die betriebliche Versorgungszusage als eine der „Wiederherstellung” eines früheren Zustands möglichst
nahe kommende Gestaltung anzusehen. Dies kann jedoch für die rechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend sein. Maßgeblich
ist insoweit vielmehr, dass die Klägerin nach dem Tod der C. von ihrer vertraglichen Zusage einer Hinterbliebenenversorgung
frei geworden war. Somit stand es der Klägerin in rechtlicher Hinsicht im Juni 1999 auch frei, zugunsten der D. eine neue
Hinterbliebenenversorgung zuzusagen oder hiervon abzusehen. Dass die Klägerin und B. möglicherweise bereits von Beginn an
in steuerlich anzuerkennender Weise anstelle der konkret auf C. bezogenen Hinterbliebenenversorgung eine solche zugunsten
einer (nicht namentlich benannten) künftigen Witwe des Geschäftsführers hätten vereinbaren können, kann ebenfalls nicht zugunsten
der Klägerin ins Gewicht fallen. Der Beurteilung zugrunde zu legen war nicht eine fiktive, sondern vielmehr die konkret erteilte
Zusage, die sich in der Frage der Witwenversorgung zunächst ausschließlich auf C. bezog und nach deren Tod ersatzlos entfallen
war. Hiervon ausgehend stellte die der D. erteilte Versorgungszusage eine Erweiterung der im Juni 1999 bestehenden Zusage
dar.
Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass D. zwar nicht erheblich, aber doch immerhin mehr als fünf Jahre später geboren ist
als C., somit nach der statistischen Lebenserwartung eine mehr als fünf Jahre längere Zahlungsverpflichtung der Klägerin aus
einer künftigen Witwenversorgung zu erwarten ist. Auch dies spricht dagegen, die am 23. Juni 1999 erteilte Zusage als bloße
„Wiederherstellung” eines früheren Zustands zu werten.
Der Senat sieht sich in seiner vorgenannten Auffassung auch nicht im Widerspruch zu der im Urteil des BFH vom 30. Januar 2002
(I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055) zum Ausdruck kommenden Rechtsprechung. Soweit der BFH in dieser Entscheidung eine eineinhalbjährige
„Unterbrechung” der Geschäftsführertätigkeit sowie die erneute Erteilung einer Pensionszusage mit Wiederaufnahme der Tätigkeit
weniger als zehn Jahre vor dem beabsichtigten Eintritt in den Ruhestand für unschädlich gehalten und für die Beurteilung der
Erdienbarkeit der Versorgungszusage stattdessen auf die erstmalige Zusageerteilung (vor der Unterbrechung) abgestellt hat,
könnte man zwar den Streitfall für ähnlich gelagert halten; denn auch im Fall der Klägerin war – aus deren Sicht – die Zusagekomponente
der Hinterbliebenenversorgung zwischen dem Tod der ersten Ehefrau des B. im November 1997 und der „Wiederherstellung” der
Hinterbliebenenversorgung im Juni 1999 „unterbrochen”. In seiner vorgenannten Entscheidung hat der BFH jedoch maßgeblich darauf
abgestellt, dass zum einen die Unterbrechung der Geschäftsführertätigkeit betrieblich bedingt gewesen war und zum anderen
die Zusagebeteiligten offenkundig auch während der „Unterbrechensphase” von einer Aufrechterhaltung der bereits erreichten
Versorgungsanwartschaft ausgegangen waren. Beide Erwägungen treffen auf den Streitfall nicht zu.
b) Die somit eigenständig zu beurteilende Erhöhung der Versorgungszusage vom 23. Juni 1999 war bis zum vorgesehenen Eintritt
des Versorgungsfalls nicht mehr erdienbar. Bereits bei einem vollständigen Ausschöpfen der Zeitspanne bis zur Vollendung des
65. Lebensjahres konnte B. im Mai 2008 und mithin nicht zehn Jahre, sondern bereits acht Jahre und zehn Monate nach der erteilten
Zusage in den Ruhestand treten. Hinzu kommt im Streitfall jedoch, dass B. nach der getroffenen Versorgungsvereinbarung das
Recht zustand, den Ruhestand bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres anzutreten. Dem stand auch keine abweichende arbeitsvertragliche
Regelung entgegen; denn der Anstellungsvertrag sah kein Ausscheiden erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres vor, sondern
war vielmehr jederzeit kündbar. Im Ergebnis konnte B. die Versorgung, wenn auch mit Abschlägen, somit bereits nach Ablauf
von weniger als vier Jahren nach Erteilung der Zusage vom 23. Juni 1999 beanspruchen.
Eine derartige vertraglich eingeräumte Möglichkeit des vorzeitigen Ausscheidens kann nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss
vom 28. Juni 2005 – I R 25/04, a.a.O., unter II.5. der Gründe) bei der Beurteilung der Erdienbarkeit einer Versorgung berücksichtigt
werden. Der Senat folgt dem jedenfalls für solche Fälle, in denen – wie im Streitfall – zum Zeitpunkt der Zusageerteilung
keine gewichtigen Anhaltspunkte zu der Annahme veranlassen, der Geschäftsführer werde die ihm vertraglich zustehenden Möglichkeiten
zu einem vorzeitigen (bezahlten) Ausscheiden nicht zu seinen Gunsten nutzen. Die Klägerin hat auf entsprechende Nachfrage
eingeräumt, dass es zwischen ihr und B. keine den Anstellungsvertrag überlagernde oder ergänzende Vereinbarung über eine Fortsetzung
der Geschäftsführertätigkeit jedenfalls bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres – oder gar darüber hinaus bis zum Ablauf von
zehn Jahren nach der Zusageerteilung – gegeben hat, obgleich solches ohne weiteres möglich gewesen wäre. Ohne eine derartige
vertragliche Bindung des B. an das klägerische Unternehmen konnte die Klägerin aber eine solche Fortsetzung der Tätigkeit
des B. über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus nicht ohne weiteres unterstellen. Auch und gerade bei einem nicht zu den
Gesellschaftern zählenden (Fremd-)Geschäftsführer – und damit in dem hier zur Beurteilung der gesellschaftlichen Veranlassung
heranzuziehenden Drittvergleichsfall – muss eine Gesellschaft damit rechnen, dass dieser Geschäftsführer die ihm gegebenen
rechtlichen Möglichkeiten, das Arbeitsverhältnis frühzeitig zugunsten eines bezahlten Ruhestandes zu beenden, auch Gebrauch
macht (ebenso Finanzgericht [FG] München, Urteil vom 09. Dezember 1999 – 15 K 4568/96, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG],
2000, 853).
Nach Auffassung des Senats war im Streitfall auch nicht aufgrund sonstiger Gegebenheiten anderweitig sichergestellt, dass
mit der Zusage der Hinterbliebenenversorgung die künftige Arbeitsleistung des Geschäftsführers abgegolten werden sollte. Die
insoweit vom BFH herangezogenen Fallgestaltungen betreffen solche Zusagen, bei denen es um das Schließen von Lücken in der
Altersversorgung des Geschäftsführers geht, die beispielsweise durch die Besonderheiten des Wirtschaftssystems in der DDR
entstanden waren (vgl. BFH, Urteil vom 24. April 2002 – I R 43/01, BStBl. II 2003, 416; offen gelassen im Urteil vom 21. Dezember
1994 – I R 98/93, BStBl. II 1995, 419). So lagen die Dinge im Streitfall nicht. Vielmehr standen weder in der Person des Geschäftsführers
B. noch in der Person der D. objektive Hinderungsgründe einer fortlaufenden Teilnahme an einem gesetzlichen bzw. betrieblichen
System der Altersversorgungssicherung entgegen.
c) Nicht entscheidungserheblich war für den Senat damit die – lediglich in der Betriebsprüfung aufgeworfene und dort offen
gelassene – Frage, ob die Hinterbliebenenversorgung zugesagt werden durfte, obgleich die (nichteheliche) Lebensgemeinschaft
zwischen B. und D. erst seit vergleichsweise kurzer Zeit bestand.
III. Begründet ist die Klage hinsichtlich der Bescheide für 2005 über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag allerdings
insoweit, als der Beklagte den Betrag der vGA, ausgehend von dem Unterschiedsbetrag der Teilwerte der Hinterbliebenenrente
zum 31. Dezember 2004 und zum 31. Dezember 2005, nach § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG um zwei Drittel des Betrages erhöht hat, um
den der Teilwert bei Weitergeltung der alten Sterbetafeln 1998 höher gewesen wäre als bei Anwendung der nun geltenden Sterbetafeln
2005. § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG ist auf diesen Fall nicht anwendbar. Die Norm soll nämlich lediglich verhindern, dass sich ein
Zuführungsmehrbetrag, der sich aus der erstmaligen Anwendung einer geänderten biometrischen Rechnungsgrundlage ergibt, in
geballter Form im ersten Jahr der geänderten Bewertung auswirkt (vgl. FG Brandenburg, Urteil vom 23. August 2006 – 2 K 2012/03,
EFG 2007, 140). Im Streitfall entstand durch die geänderten Rechnungsgrundlagen für 2005 aber kein Zuführungsmehr –, sondern
im Gegenteil ein – minderbetrag. Eine Verteilung dieser Minderung auf drei Jahre durch entsprechende Erhöhung des Zuführungsbetrages
in den ersten beiden Jahren widerspräche indes nicht nur dem Regelungszweck des § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG, sondern auch dem
klaren Wortlaut des § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG, wonach eine Pensionsrückstellung höchstens um den Unterschiedsbetrag der Teilwerte
zum Schluss des Wirtschaftsjahres und des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhöht werden darf.
Mithin ist für das Streitjahr 2005 von einer vGA in Höhe von lediglich 2.558 EUR auszugehen.
IV. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Frage, ob die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung, die
nach dem Tode des ersten Ehegatten des Zusageempfängers in betrags- und inhaltsgleicher Form nunmehr in Bezug auf dessen neuen
Lebenspartner erteilt wird, für die steuerliche Beurteilung als Neuzusage oder als eine den geänderten Verhältnissen angepasste
Wiederherstellung der bisherigen Zusage anzusehen ist, ist – soweit ersichtlich – bislang nicht abschließend höchstrichterlich
geklärt; in diesem Zusammenhang spielt auch die Abgrenzung des Streitfalls von dem im Urteil des BFH vom 30. Januar 2002 (I
R 56/01) behandelten „Unterbrechensfall” eine gewichtige Rolle.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt
aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).