18.04.2013
Finanzgericht Münster: Urteil vom 06.11.2012 – 15 K 767/10 E
1) Ein alleinstehender Sohn unterhält in der Wohnung seines Vaters keinen eigenen Hausstand im Sinne einer doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, wenn ihm zwar in der Wohnung des Vaters ein 12,44 qm großes Kinderzimmer zur Verfügung steht, mit dem Vater aber keine Vereinbarung über ein Entgelt getroffen wurde, er tatsächlich weder Entgelt für die Nutzung geleistet hat, noch sich an den Nebenkosten beteiligt hat, die Räumlichkeiten des Hauses im Wesentlichen mit den Möbeln des Vaters ausgestattet sind und der Vater die Entscheidungen bezüglich des Hauses und des Hausstands alleine trifft.
2) Einer Eingliederung in den Haushalt des Vaters liegt auch dann vor, wenn der Sohn dem Vater übliche familiär bedingte Hilfeleistungen erbringt, etwa am Wochenende kocht und hierfür auch die Kosten trägt, dem Vater im Garten hilft und gelegentlich Wäsche mitwäscht.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 15. Senat in der Besetzung:… auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 06.11.2012 für Recht erkannt:
Tatbestand:
Streitig ist, ob Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.
Der am xx.xx.xxxx geborene Kläger war im Streitjahr beim M. NRW in H. tätig. Seit März 2005 ist er unter der Adresse A-Str. 87 in H mit Nebenwohnsitz gemeldet. Diese Wohnung hat eine Wohnfläche von 75 m², besteht aus 4 Zimmer, Küche und Bad und ist mit Möbeln des Klägers eingerichtet. Unter der Adresse B-Str. 5 in L. ist der Kläger mit Hauptwohnsitz gemeldet. Dort befindet sich ein im Eigentum des Vaters des Klägers stehendes Reihenhaus. Nach den Angaben des Klägers bewohnt er dort sein altes Kinderzimmer (12,44 m²) und nutzt die übrigen Räumlichkeiten gemeinsam mit seinem Vater.
In der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 2008 machte der Kläger Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend. Neben Fahrtkosten für 45 Heimfahrten zwischen H. und L. machte er Kosten für die Wohnung in H. i.H.v. 6.968,79 Euro geltend.
Der Beklagte übersandte dem Kläger daraufhin einen Fragebogen bezüglich der doppelten Haushaltsführung.
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 24.03.2009 mit, dass er im Frühjahr 2005 seinen Nebenwohnsitz von N. nach H. verlegt habe. Die Heimatadresse L. sei seit Jahren als erster Wohnsitz registriert und sei Mittelpunkt seines Lebensinteresses. In L. und Umgebung würden seine Familienangehörigen, Verwandten und Freunde wohnen; bei der Bank L. werde sein Gehaltskonto geführt, dort würden Beratungstermine durchgeführt und an den Wochenenden Aktivitäten entwickelt (Kino, …, Konzertbesuche, Karneval, Beschaffung von Kleidung, Buchung von Urlauben usw.). Darüber hinaus würden die Sommer- bzw. Winterreifen in der heimatlichen Garage aufbewahrt und der Reifenwechsel werde in einer Werkstatt in L.vorgenommen. Er unterhalte in L. einen eigenen Hausstand, der sich in seinem Elternhaus befinde. Für dieses Haus habe er ein uneingeschränktes Nießbrauchsrecht und eine dauerhafte Zugangsberechtigung. Dort lebe sein Vater, der aber häufig über Tage oder bei Urlauben für längere Zeit abwesend sei. Die Kosten des Haushalts an den Wochenenden (Lebensmittel u.a.) würden hauptsächlich von ihm, dem Kläger, getragen, darüber hinaus erledige er maßgeblich häusliche Arbeiten (Kochen, Putzen, Rasen mähen, Reparaturen). Setze man als Verpflegungskosten die Pauschbeträge nach Steuerecht an, so ergebe sich hochgerechnet pro Person bei 111 Tagen (Wochenenden, Feier- und Brückentage) ein Betrag von 5.328,00 Euro. Das Leben in L. werde persönlich und finanziell wesentlich von ihm, dem Kläger, bestritten und bestimmt.
Auf weitere Nachfrage des Beklagte teilte er mit Schreiben vom 14.04.2009 unter Beifügung entsprechender an seinen Vater gerichteter Rechnungen mit, dass in 2008 für die Wohnung in L. Grundbesitzabgaben, Gebäudeversicherung, Gas, Strom und Wasser i.H.v. 3.163,02 Euro gezahlt worden seien. Um diesen Betrag mit den von ihm ermittelten Lebenshaltungskosten vergleichen zu können, sei eine Minderung auf 111/365 vorzunehmen. Der sich ergebende Betrag von 961,60 Euro sei erheblich weniger als die von ihm getragenen Lebenshaltungskosten i.H.v. 5.328,00 Euro.
Im ESt-Bescheid 2008 vom 29.04.2009 berücksichtigte der Beklagte lediglich Fahrtkosten für Fahrten zwischen L. und H. (90 km an 45 Tagen). Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass eine doppelte Haushaltsführung nur vorliege, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhalte, beschäftigt sei und auch dort übernachte. Ein eigener Hausstand setze eine eingerichtete, den Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung des Arbeitnehmers voraus. Die Wohnung müsse grundsätzlich aus eigenem Recht, z.B. als Mieter oder Eigentümer genutzt werden. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer sei zu prüfen, ob er einen eigenen Hausstand unterhalte oder in einen fremden Haushalt eingegliedert sei. Aus den eingereichten Unterlagen sei ersichtlich, dass keine zwei abgeschlossenen Wohnungen vorliegen würden, der Vater alle Kosten für den Unterhalt des Einfamilienhauses trage und der Kläger gegen eine Kostenbeteiligung in den Haushalt des Vaters eingegliedert sei. Es würden lediglich 45 Heimfahrten anerkannt, da die entfernt liegende Wohnung den Mittelpunkt der Lebensinteressen bilde.
Der Kläger legte am 12.05.2009 Einspruch ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen Folgendes vor: Ein eigener Hausstand liege auch dann vor, wenn die Wohnung am ersten Wohnsitz über gemeinsames oder abgeleitetes Recht genutzt werde. Er liege auch dann vor, wenn ein Lebenspartner die Wohnung alleine gemietet habe, wenn man sich mit Duldung des Partners dauerhaft dort aufhalte und wenn man sich finanziell in einem solchen Umfang an der gemeinsamen Haushaltsführung beteilige, dass daraus auf eine gemeinsame Haushaltsführung geschlossen werden könne. Er, der Kläger, habe für sein gesamtes Elternhaus einen uneingeschränkten Nießbrauch und über Melde-, Gewohnheits- und Familienrecht eine uneingeschränkte, dauerhafte Zugangsberechtigung und auch ein gesichertes Verbleiben in diesem Haus. Dass die Kosten des Hauses über das Konto seines Vaters beglichen würden, sei unschädlich. Auch habe er nach dem Tod seiner Mutter gegenüber seinem Vater die Aufgabe der Haushaltsführung übernommen, d.h. Einkaufen der Lebensmittel, Kochen, usw. und er trage maßgeblich die Lebenshaltungskosten für den Haushalt. Es liege eindeutig eine gemeinsame Haushaltsführung und eine vollwertige Mitgliedschaft in dem Haushalt vor. Die behauptete Eingliederung in einen fremden Haushalt sei nicht gegeben. Da sich die gemeinsame Haushaltsführung über das gesamte Haus erstrecke, sei die Forderung nach einer abgeschlossenen Wohnung irrelevant. Da er, der Kläger, aufgrund seines Könnens u.a. für das Zubereiten der Mahlzeiten verantwortlich sei und die Lebenshaltungskosten bestreite, erfülle er die Voraussetzung einer maßgeblichen finanziellen und persönlichen Bestimmung des der Haushaltsführung.
Am 14.01.2010 fand beim Beklagten eine Besprechung mit dem Kläger statt, wegen deren Einzelheiten auf den hierüber gefertigten Vermerk vom 14.01.2010 verwiesen wird.
Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 19.01.2010, auf das verwiesen wird, dem Kläger mitgeteilt hatte, dass seiner Auffassung nach der Einspruch unbegründet sei, nahm der Kläger mit Schreiben vom 4.02.2010 noch einmal Stellung. Er führte aus, dass in L. seine persönlichen Sachen nicht nur in seinem Schlafzimmer aufbewahrt wurden. Seine Skiausrüstung mit den zugehörigen Winterkleidern, Karnevalskleider, Koffer und Tragetaschen würden auf dem Speicher lagern. Weitere Kleider befänden sich in einer Schrankwand im Flur des ersten Obergeschosses. Wertgegenstände befänden sich auch im Schlafzimmer seines Vaters sowie im Arbeitszimmer. Im Schlafzimmer seines Vaters seien die im Bad benutzten Handtücher deponiert. Von ihm verfertigte Kunstgegenstände, die noch aus der Schulzeit stammten, würden ein Bücherregal im Flur, einen Tisch im Wohnzimmer und die dortigen Fensterbretter zieren. Im Vorratsraum lagerten Weinflaschen, die man ihm geschenkt habe. Werkzeug lagere im Heizungsraum. Im Gartenhäuschen lagerten die Sommer- bzw. Winterreifen. Aus den Angaben werde ersichtlich, dass er das gesamte Haus in L. bewohne und uneingeschränkt nutzen könne. Er koche vielfach Mahlzeiten für seinen Vater vor, die portioniert und eingefroren würden. Reinigungsarbeiten würden zwar von einer Putzfrau erledigt, diese komme aber i.d.R. nur einmal pro Woche. In der übrigen Zeit werde die Wohnung durch seinen Vater und durch ihn, den Kläger, sauber gehalten. Da er das Haus im gesamten Jahr 2008 dauerhaft und uneingeschränkt genutzt habe und er über die gesamte Zeit einen Haustürschlüssel gehabt habe, seien die Randbedingungen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.09.2000 VI R 165/97 eindeutig gegeben.
Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 09.02.2010, auf die Bezug genommen wird, wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass zwar aufgrund des Vortrags des Klägers keine Zweifel bestünden, dass der Lebensmittelpunkt sich in L. befinde. Diese führe aber nicht zwangsläufig dazu, dass die Kosten für die Wohnung in H. steuerlich abzugsfähig seien. Lediglich die Fahrten von L. nach H. und zurück seien deswegen steuerlich abzugsfähig, was aber auch bereits berücksichtigt worden sei. Im vorliegenden Fall nutze der Kläger das Zimmer/das Haus in L. nicht aufgrund eigenen Rechts. Es werde das „Kinderzimmer” im 1. OG seit 1964 im Haushalt der Eltern bzw. nunmehr im Haushalt des Vaters genutzt. Auch nach Beendigung der Ausbildung und Antritt einer Stelle außerhalb von L. sei dieses „Kinderzimmer” für Besuche oder Urlaubaufenthalte bereit gehalten worden. Auch wenn sich nach dem Vortrag der Aufenthalt in L. so darstelle, das dieser im Wesentlichen nur unterbrochen werde durch die arbeitsbedingte Abwesenheit und ggf. Urlaubsfahrten, so sei dies noch nicht als Unterhalten eines eigenen Hausstandes zu werten. Der Kläger sei seit Bezug des Hauses in 1964 in den Haushalt der Eltern eingegliedert worden. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass der Vater nicht mehr der grundsätzlich allein bestimmende Teil des Hausstandes sei. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für eine teilweise Anwachsung des Haushalts des Vaters auf den Kläger. Die gelegentliche Mithilfe im Haushalt reiche dazu nicht aus. Demgemäß bestehe aufgrund des fehlenden Mietvertrages oder eines Wohn- oder Nießbrauchsrechtes keine Sicherstellung des Verbleibens in dem Haus des Vaters. Das Zimmer könne rechtlich gesehen, nur solange genutzt werde, wie der Vater damit einverstanden sei. Dieser habe jederzeit die Möglichkeit, die Nutzung des Hauses durch andere Personen zu verweigern und es bestünde dann lediglich ein Herausgabeanspruch betreffend die persönlichen Sachen. Ein eigenes einklagbares durchsetzbares Recht auf Nutzung bzw. Mitbenutzung der Zimmer des Hauses bestehe nicht.
Zum Unterhalten/Führen eines Haushalts gehöre auch, dass der Arbeitnehmer für die Kosten des Haushalts aufkomme. Im vorliegenden Fall trage der Vater sämtliche Kosten für das Haus und trage auch zumindest in der Zeit außerhalb der Wochenenden und Urlaubstagen die Aufwendungen für seine Versorgung. Der Einkauf von Lebensmitteln am Wochenende für die Zubereitung von gemeinsamen Essen reiche für die Annahme einer maßgeblichen finanziellen Beteiligung nicht aus, Diese Aufwendungen seien eher vergleichbar mit der Abgabe von sog. „Kostgeld”: Grundsätzlich reiche es bei einem nicht verheirateten Steuerpflichtigen aus, wenn er sich in der Wohnung des Lebensmittelpunktes, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeitsbedinge Abwesenheit und ggfs. Urlaubsfahrten, aufhalte. Dies könne aber nur dann gelten, wenn er diese Wohnung alleine bewohne. Sofern er nicht alleiniger Eigentümer oder Mieter der Wohnung sei, müsse anhand einer Gesamtbetrachtung der Umstände untersucht werden, ob der Hausstand jedenfalls auch ihm als eigener zugerechnet werden könne. Im vorliegenden Fall werde die Verwaltung und Instandhaltung des Hauses in L. organisatorisch durch den Vater geregelt, so dass sich an der Eingliederung in den Haushalt der Eltern bzw. des Vaters seit Bezug des Hauses nichts geändert habe. Das Mitwaschen von Wäsche in der Waschmaschine des Vaters reiche für eine maßgebliche persönliche Beteiligung am Haushalt nicht aus. Ferner werde auf das Urteil des BFH vom 30.07.2009 VI R 13/08 (BFH/NV 2009, 1986) hingewiesen.
Der Kläger hat am 03.03.2010 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend Folgendes vor: Er habe für das Haus in L. eine uneingeschränkte Zugangs- und Betretungsberechtigung, da er einen Haustür- und Garagenschlüssel besitze. Nach der Rechtsprechung sei wesentlich, dass der Verbleib in der Wohnung sichergestellt sei, was bei ihm bis heute der Fall sei. Die Nebenkosten würden über das Konto des Vaters beglichen. Zusätzlich existiere eine Haushaltskasse. Diese werde von ihm, dem Kläger, jedoch nicht genutzt. Da sein Vater nicht kochen könne, habe er diese Aufgabe übernommen. An den Tagen, an denen er sich in L. aufhalte, gehe er einkaufen und koche. Aufgrund dieser finanziellen Beteiligung, aufgrund der Entscheidungen, was es zu Essen gebe, und aufgrund der weiteren Tätigkeiten im Haushalt wie z.B. Staubsaugen, Putzen, Bad reinigen, Schneeschaufeln im Winter 2010 usw. sei der Hausstand in L. als eigener zu werten. Eine Putzfrau komme zwar i.d.R. einmal pro
Woche, trotzdem sei das Haus die Woche über sauber zu halten. Nebenkosten gehörten i.d.R. zu den Mietkosten. Nach dem Urteil des BFH vom 14.06.2007 VI R 60/05 gehörten Mietkosten aber nicht zu den entscheidungsrelevanten Kosten für oder gegen einen eigenen Hausstand.
Während des Klageverfahrens ist am 04.08.2011 ein geänderter ESt-Bescheid für das Streitjahr ergangen. Dieser ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 04.08.2011 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten i.H.v. 6.969,00 Euro bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist hierzu auf sein bisheriges Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 4.08.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Kosten der Wohnung in H. sind im Streitjahr nicht im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Dies gilt grundsätzlich auch für einen alleinstehenden Arbeitnehmer; auch er kann einen doppelten Haushalt führen (BFH-Urteil vom 21.04.2010 VI R 26/09, BFHE 230, 5, BStBl II 2012, 618, m.w.N.). Ob ein alleinstehender Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG unterhält, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles festzustellen (BFH, Beschluss vom 2.12.2009 VI B 124/08, BFH/NV 2010, 638).
Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Haushalt, den der Arbeitnehmer am Lebensmittelpunkt führt, also sein Erst- oder Haupthaushalt. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich in dem Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält; denn allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung nicht zumindest mitbestimmt, sondern nur in einen fremden Haushalt – etwa in den der Eltern oder als Gast – eingegliedert ist. Dann liegt keine eigene Haushaltsführung vor (BFH-Urteile vom 21.04.2010 VI R 26/09, BFHE 230, 5, BStBl II 2012, 618 und vom 14.06.2007 VI R 60/05, BFHE 218, 229, BStBl II 2007, 890).
Nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 21.04.2010 VI R 26/09, BFHE 230, 5, BStBl II 2012, 618 und vom 14.06.2007 VI R 60/05, BFHE 218, 229, BStBl II 2007, 890) ist insbesondere dann, wenn dem Arbeitnehmer die Wohnung unentgeltlich überlassen wird, zu prüfen, ob der Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand unterhält oder in einen fremden eingegliedert ist. Dabei kommt dem Merkmal der Entgeltlichkeit lediglich – eine gewichtige – Indizfunktion zu, die Entgeltlichkeit ist aber nicht als unerlässliche Voraussetzung (conditio sine qua non) zu betrachten. Dies gilt sowohl für die Überlassung der Wohnung selbst als auch für die Kostentragung im Übrigen. Zwischen dem Unterhalten eines eigenen Haushalts und der Frage, wer die Kosten dafür trägt, ist zu unterscheiden. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein alleinstehender Steuerpflichtiger auch dann einen eigenen Haushalt unterhält, wenn nicht er selbst, sondern Dritte für diese Kosten aufkommen. Denn eine eigene Haushaltsführung des auswärts Beschäftigten ist nicht zwingend ausgeschlossen, wenn sich dessen finanzielle Beteiligung am Haushalt nicht feststellen lässt, wie auch umgekehrt aus einem finanziellen Beitrag allein nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen ist (BFH-Urteil vom 28.03.2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800).
Der Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Erst- oder Haupthaushalt, den der Steuerpflichtige in einer Wohnung innehat. Ob ein Steuerpflichtiger in einer Wohnung einen eigenen Hausstand führt, kann mithin nur unter Berücksichtigung insbesondere der Einrichtung, der Ausstattung und der Größe eben dieser Wohnung entschieden werden. Wird der Haushalt in einer in sich abgeschlossenen Wohnung geführt, die auch nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestattet, wird regelmäßig vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen sein (BFH-Urteil vom 28.03.2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800). Allerdings müssen die dem Arbeitnehmer zur ausschließlichen Nutzung überlassenen Räumlichkeiten nicht den bewertungsrechtlichen Anforderungen an eine Wohnung gerecht werden (BFH-Urteil vom 14.10.2004 VI R 82/02, BFHE 207, 292, BStBl II 2005, 98). Deshalb kann ein eigener Hausstand auch dann unterhalten werden, wenn der Erst- oder Haupthausstand im Rahmen einer Wohngemeinschaft (mit den Eltern) geführt wird.
Weiter sind aber auch die persönlichen Lebensumstände, Alter und Personenstand des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Hatte der Steuerpflichtige schon – etwa im Rahmen einer gefestigten Beziehung oder Ehe – andernorts einen eigenen Hausstand geführt, ist es regelmäßig nicht fernliegend, dass er einen solchen auch dann weiter unterhalten und fortführen wird, wenn er diesen aufgibt und wieder eine Wohnung im Haus seiner Eltern bezieht (BFH-Urteil vom 28.03.2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat nach einer Gesamtbetrachtung aller Umstände der Auffassung, dass der Kläger im Streitjahr in L. keinen eigenen Hausstand unterhielt, sondern vielmehr in den Haushalt seines Vaters eingegliedert war.
Zunächst hatte der Kläger in L. lediglich sein altes nur 12,44 m² großes Kinderzimmer zur ausschließlichen Verfügung. Die weiteren Räume wie Bad, Küche und Wohnzimmer nutzte er nach seinem Vortrag gemeinsam mit seinem Vater. Hinsichtlich der Nutzung der Räume verfügte der Kläger dabei aber weder über einen Mietvertrag noch über ein ihm eingeräumtes Nießbrauchsrecht, so dass ihm sein Vater jederzeit die Nutzung hätte untersagen können.
Für den Senat ist nicht erkennbar, dass der Kläger den Haushalt im Sinne eines eigenen Hausstandes (mit-) bestimmt hätte. Vorliegend bestand zwischen dem Kläger und seinem Vater keinerlei Vereinbarung hinsichtlich einer Kostenbeteiligung, auch hat der Kläger tatsächlich weder ein Entgelt für die Nutzung der Räumlichkeiten geleistet noch hat er sich an den Nebenkosten beteiligt. Sämtliche Nebenkosten wie etwa Grundbesitzabgaben, Kosten für Strom, Gas und Wasser, Kosten der Versicherung, Telefonkosten, Reparaturkosten, Kosten der Reinigungskraft sind von dem Vater getragen worden. Soweit der Kläger hierzu vorgetragen hat, dass er an den Wochenenden Lebensmittel eingekauft habe, so vermag der Senat darin zwar eine finanzielle Beteiligung an den Lebenshaltungskosten sehen, allerdings reicht dies in Anbetracht der gesamten Umstände nicht aus, um das Führen eines Haushalts in L. anzunehmen. Hinsichtlich der von dem Kläger diesbezüglich angeführten angeblichen Höhe seiner Kosten bzw. prozentualen Beteiligung an den Kosten ist dabei anzumerken, dass es sich zum einen auch um die Verpflegungskosten für den Kläger selbst handelt und zum anderen die steuerlich berücksichtigungsfähigen Verpflegungsmehraufwendungen bzw. die vom Bundesverfassungsgericht festgesetzte Höhe des Existenzminimums nicht den tatsächlichen Kosten der Lebenshaltung des Klägers und seines Vaters entsprechen. Bezüglich dieser Lebenshaltungskosten liegt im Übrigen auch ein wechselnder Vortrag des Klägers vor. Denn während der Kläger zunächst mit Schreiben vom 24.03.2009 lediglich vorgetragen hat, die Lebensmittel für das Wochenende auf seine Kosten einzukaufen und am Wochenende zu kochen und zugleich auch vorgetragen hat, dass sein Vater oft längere Zeit abwesend sei, sowie noch beim Besprechungstermin beim Beklagten am 14.01.2010 vorgetragen hat, er kaufe für das Wochenende ein und koche am Wochenende, übriggebliebene Speisen könne sich sein Vater in der Woche aufwärmen und suche ansonsten in der Woche ein Gaststätte auf, hat er erstmals im Schreiben vom 4.02.2010 vorgetragen, dass er bewusst für seinen Vater vorkoche und Mahlzeiten portioniert einfriere.
Soweit der Kläger des Weiteren vorgetragen hat, dass er dadurch, dass er am Wochenende koche und auch entscheide, was gekocht werde, und die Haushaltsführung bestimme, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dies reicht zur Führung eines Haushalts nicht aus. Auch soweit der Kläger auf seine Mithilfe im Garten (Rasen mähen, Schnee schieben, Putzen, gelegentliches Mitwaschen von Wäsche des Vaters) verweist, so handelt es sich dabei nach Auffassung des Senats um eine übliche familiär bedingte Hilfeleistung gegenüber dem Vater, die häufig auch von Kindern, die nicht im Haus ihrer Eltern wohnen, ausgeführt wird. Im Übrigen hat der Kläger selbst angegeben, dass einmal in der Woche eine Putzfrau komme, so dass nicht ersichtlich ist, dass der Kläger überhaupt im nennenswerten Umfang bei der Reinigung des Hauses geholfen hätte.
Gegen einen gemeinsamen Haushalt des Klägers und seines Vaters spricht nach Auffassung des Senats im Übrigen auch, dass der Kläger nach seinem eigenen Bekunden im Besprechungstermin beim Beklagten während der Zeit, in der er sich in H aufhält, zu seinem Vater außer zu besonderen Anlässen (wie etwa Mitteilungen, dass er am Wochenende nicht oder später komme) keinen nennenswerten telefonischen Kontakt hält, und demzufolge die Entscheidungen, die bezüglich des Hauses und des Hausstands in L. zu treffen sind, offenbar vom Vater des Klägers alleine getroffen werden.
Gegen das Unterhalten eines eigenen Hausstandes und für die Eingliederung in den Haushalt des Vaters spricht zudem ferner, dass die Räumlichkeiten des Hauses im Wesentlichen mit den Möbeln des Vaters eingerichtet sind und mithin dieser insoweit bestimmend ist. Dass noch Gegenstände, die nur ein bis zwei mal jährlich benötigt werden, wie die Skiausrüstung oder die Karnevalskleider des Klägers auf dem Speicher gelagert werden bzw. dass die Reifen in der Garage/Gartenhaus gelagert werden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dies ist insbesondere nicht unüblich, wenn Kinder bereits einen eigenen Hausstand an einem anderen Ort gegründet haben. Auch dass der Vater des Klägers noch Erinnerungsstücke an den Kläger in der Wohnung aufgestellt hat, hat keinerlei Aussagekraft hinsichtlich des Führens eines eigenen Hausstandes in L..
Für eine Eingliederung in den Haushalts des Vaters und gegen einen eigenen Hausstand des Klägers spricht nach Auffassung des Senat schließlich auch, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag ständig (seit 1964) sein Kinderzimmer, sowohl während der Zeit, in der in N. arbeitete als auch seit Beginn seiner Tätigkeit in H., weiter genutzt hat, und nicht, nachdem er andernorts einen eigenen Hausstand inne hatte, etwa nach einer Trennung oder um seinen Vater zu versorgen und zu pflegen, zu seinem Vater zurückgezogen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.