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  • 17.04.2013

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 23.01.2013 – 4 K 3625/09

    Die Jahresrohmiete für öffentlich geförderten Wohnraum i.S.d. WoFG ist im Rahmen einer Nachfeststellung zum 1.1.1964 unter Ansatz der ortsüblichen Miete zu bestimmen.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat der 4. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 23.01.2013 für Recht erkannt:

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Ermittlung der maßgeblichen Jahresrohmiete die Tatsache zu berücksichtigen ist, dass für das Objekt eine Belegungs- und Mietpreisbindung aufgrund einer bewilligten Förderung nach dem Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) besteht.

    Der Kläger errichtete im Jahr 2007 das Mietwohngrundstück A-Straße … in B. In der Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes gab er an, dass sich hierin sechs öffentlich geförderte Wohneinheiten befinden.

    Mit Einheitswertbescheid vom 09.07.2008 und 10.12.2008 stellte der Beklagte den Einheitswert zum 01.01.2008 auf 70.762 EUR (138.400 DM) fest. Dabei schätzte er die Miete anhand eines Mietspiegels auf den 01.01.1964 für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl bis 5000, Nachkriegsbauten, frei finanziert, nicht steuerbegünstigt und bei guter Ausstattung mit 3,40 DM/qm.

    Hiergegen legte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung führte er an, dass die Jahresrohmiete zu hoch angesetzt sei. Es handle sich um im ersten Förderungsweg öffentlich geförderte Wohnungen, bei denen eine geringere Miete anzusetzen sei. Es dürfe höchstens eine Miete von 2,30 – 2,40 DM/qm angesetzt werden. Zum Nachweis der öffentlichen Förderung fügte er einen Bewilligungsbescheid des Kreises C vom 16.01.2007 bei, auf den im Übrigen inhaltlich ergänzend Bezug genommen wird. Hieraus ergibt sich u.a., dass für die geförderten Wohnungen eine Miet- und Belegungsbindung (Zweckbindung) für einen Zeitraum von 15 bzw. 20 Jahren begründet wird. Durch eine freiwillige vorzeitige und vollständige Rückzahlung des Darlehens verkürzt sich die Zweckbindung nicht. Ergänzend verwies der Kläger auf eine Verfügung der OFD Düsseldorf vom 18.07.2003, wonach ab dem 01.01.2002 selbstgenutztes Wohneigentum auf der Grundlage des neuen WoFG gefördert werde. Allerdings – so der Kläger – handele es sich vorliegend um fremd vermieteten Wohnraum. Es sei eine Höchstmiete (Bewilligungsmiete) von 4,55 EUR festgelegt, die nicht überschritten werden dürfe. Bei einer üblichen Vergleichsmiete von 6,00 EUR betrage die festgesetzte Höchstmiete in Höhe von 4,55 EUR rund 75 % der Vergleichsmiete. Bei Ansatz dieses Wertes auf den geschätzten Mietwert ergebe dies einen Wert von 2,55 DM. Unter Berücksichtigung der sonstigen Einschränkungen durch den Bewilligungsbescheid werde eine Jahresrohmiete von 2,30 bis 2,40 DM/qm beantragt.

    Der Beklagte teilte dem Kläger mit, das streitbefangene Objekt werde nach dem seit dem 01.01.2002 geltenden WoFG gefördert. Da dieses Gesetz damit nach dem 01.01.1964 eingeführt worden sei, könne es die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt nicht beeinflussen. Folglich könne dieser Umstand nicht zu einem Ansatz einer Miete für preisgebundenen Wohnraum führen, sondern es sei grundsätzlich die Markmiete für frei finanzierte Nachkriegsbauten anzusetzen. Ferner sei die Verfügung der OFD Düsseldorf durch eine neue Verfügung der OFD Rheinland und Münster vom 09.09.2008 ersetzt worden. Darin sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass für nach dem WoFG geförderten Mietwohnungsbau ab dem 01.01.2003 als Jahresrohmiete stets die Markmiete für frei finanzierte Nachkriegsbauten anzusetzen sei. Aufgrund einer Überprüfung der Ausstattungsmerkmale (Kochnische statt Küche und Warmwasserversorgung über Durchlauferhitzer) schlage er aber eine Jahresrohmiete von 3,00 DM/qm vor.

    Der Kläger stimmte diesem Wert zu, hielt aber seinen Einwand, dass zusätzlich noch der Umstand der öffentlichen Förderung berücksichtigt werden müsse, aufrecht.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 12.10.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, soweit der Kläger eine niedrigere Miete als 3,00 DM/qm beantragt und setzte den Einheitswert auf 62.582 EUR (122.400 DM) fest. Zur Begründung führte er aus, dass gemäß § 27 BewG für das hier zu bewertende im Jahr 2007 bezugsfertig bebaute Grundstück die Wertverhältnisse des Hauptfeststellungszeitpunktes (01.01.1964) zugrunde zu legen seien. Diese seien auch für die Höhe der zu schätzenden Miete maßgebend (§ 79 Abs. 5 BewG). Nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eintretende Änderungen des allgemeinen Wertniveaus sollten keinen Einfluss auf die Bewertung eines später errichteten Hauses haben. Zu den Wertverhältnissen 01.01.1964 gehörte auch das an diesem Stichtag geltende Mietpreisgefüge unter Berücksichtigung der preisrechtlichen Auswirkungen der zu diesem Zeitpunkt bekannten und möglichen Formen der öffentlichen Förderungen und Steuerbegünstigungen von Wohnbauten. Neuregelungen, die durch gesetzliche Änderungen nach dem 01.01.1964 ausgelöst worden seien, müssten deshalb mit Hinweis auf die BFH-Urteile vom 26.07.1989 II R 65/89 (BFHE 158,87; BStBl II 1990, 147) und vom 05.05.1993 II R 71/90 (BFH/NV 1994, 10) außer Betracht bleiben. Das Mietwohngrundstück des Klägers sei gemäß Bescheid (Förderzusage) vom 16.01.2007 der Bewilligungsbehörde nach dem seit dem 01.01.2002 geltenden WoFG gefördert. Die Förderung nach diesem Gesetz sei zwar ebenfalls mit Mietpreis- und Belegungsbindungen verbunden und auch hinsichtlich der Zielgruppen und Einkommensgrenzen mit der alten Förderung im 1. Förderungsweg vergleichbar. Allerdings sei diese neue Fördermaßnahme nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingeführt worden. Sie könne deshalb die Höhe der bei Fortschreibungen oder Nachfeststellungen anzusetzenden üblichen Miete nicht beeinflussen. Danach seien die nach dem WoFG geförderten Wohnungen bewertungsrechtlich wie frei finanzierter (nicht preisgebundener) Wohnraum anzusehen. Für diesen Wohnraum sei am 01.01.1964 die übliche Miete (=Marktmiete) anzusetzen.

    Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Einspruchsbegehren weiter.

    Der Kläger ist der Ansicht, dass die Tatsache, dass bei einer möglichen Marktmiete von 6,00 EUR nur eine preisgebundene Miete von 4,55 EUR erzielt werden könne, bei der Bemessung der Jahresrohmiete berücksichtigt werden müsse. Die vom Beklagten genannten BFH-Urteile seien nicht anwendbar, weil es sich in den dort entschiedenen Fällen um die Bewertung selbstgenutzter Einfamilienhäuser gehandelt habe und nur die Steuerbegünstigung gemäß § 82 II.WoBauG streitig gewesen sei. Vielmehr sei das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 14.01.2009 3 K 2567/04 B (juris) einschlägig. Dort führe das Gericht im 7. Absatz aus:

    „Die für die Bewertung maßgebende Jahresrohmiete ist grundsätzlich das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben (§ 79 Abs. 1 S. 1 BewG). Diese Miete muss auf die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt zurückgeführt werden (§ 27 BewG). Auszugehen ist insoweit von der Miete, die für das Grundstück nach seinem tatsächlichen Zustand (Ausstattung, Lage, Finanzierungsart und dergleichen) im Feststellungszeitpunkt am 01.01.1964 gegolten hätte. Anzusetzen ist daher in der Regel nicht die tatsächliche, sondern die übliche Miete im Hauptfeststellungzeitpunkt. Der Senat hat keine Bedenken gegen die von dem Beklagten vorgenommene Ermittlung im Wege der Schätzung.”

    In seinem Fall müsse also seiner Ansicht nach das Verhältnis der möglichen Marktmiete von 6,00 EUR zur preisgebundenen Miete von 4,55 EUR, also rund 75 % zugrundegelegt werden. Angewandt auf den vom Finanzamt angesetzten Wert von 3,00 DM/qm ergebe sich ein durch die Mietpreisbindung geminderter Wert von 2,25 DM/qm. Unter Berücksichtigung der zusätzlich bestehenden Belegungsbindungen und der Einschränkung der Mieterhöhung und der Mietentwicklung halte er eine Abrundung auf 2,00 DM/qm für gerechtfertigt. Ferner verweise er auf das BFH-Urteil vom 18.11.1998 II R 79/96 (BStBl II 1999, 10) unter 1. a der Entscheidungsgründe. Dort führe der BFH aus, dass zu den wertbestimmenden tatsächlichen Verhältnissen auch die die zulässige Miete beeinflussenden rechtlichen Eigenschaften gehörten. Ausgangspunkt sei damit die tatsächlich gezahlte Miete, die auf den Hauptfeststellungszeitpunkt zurückgerechnet werden müsse. Auf den Mietspiegel müsse erst zurückgegriffen werden, wenn die tatsächliche Miete nicht vorliege oder die Schätzung der üblichen Miete nicht möglich sei. In der Berechnung des letztgenannten Urteils habe das Verhältnis der Miete für öffentlich geförderten Wohnraum von 2,18 DM zu freifinanziertem Wohnraum von 4,00 DM, also 1:1,83 betragen. Angewandt auf den Mietwert von 3,00 DM/qm ergebe sich ein geminderter Mietwert von 1,64 DM/qm. Die Tatsache, dass die preisgebundene Miete bei der Bewertung berücksichtigt werden müsse, sei auch deshalb zu beachten, weil die höhere Grundsteuer über die Nebenkosten wieder die Mieter belaste, die aus sozialpolitischen Gründen entlastet werden sollten. Es widerspreche den Denkgesetzen, dass ein Mietwohngrundstück, das durch die Vergabe öffentlicher Mittel im sozialen Wohnungsbau einer Mietpreisbindung und der Beschränkung der Mieterhöhung unterliege, mit genau der gleichen Jahresrohmiete bewertet werde, wie ein nicht der Mietpreisbindung unterworfenes frei finanziertes Grundstück. Die durch die Mietpreisbindung geminderte Miete im aktuellen Feststellungszeitpunkt müsse daher auf die Werte im Hauptfeststellungszeitpunkt zurückgerechnet werden. Soweit in den OFD-Verfügungen etwas anderes stehe, bedürfe es der Finanzgerichtsbarkeit um diese falsche Einschätzung zu revidieren.

    Der Kläger beantragt,

    den Einheitswertbescheid auf den 01.01.2008 vom 09.07.2008 und 10.12.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.10.2009 dahingehend zu ändern, dass der Einheitswert auf 42.120 EUR (82.400 DM) festgesetzt wird, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung. Die dort genannten BFH-Entscheidungen gälten für alle Arten von Wohngebäuden und nicht nur für selbstgenutzte Einfamilienhäuser. Der Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg führe auch nicht zu einer anderen Ermittlung der Jahresrohmiete. Ferner werde auf den Kommentar Rössler-Troll zu § 79 Abs. 5 BewG verwiesen. Die Zurückführung der Miete auf die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt bedeute gerade nicht, dass dies durch bloße Umrechnung der Miete vom Feststellungzeitpunkt auf die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt erfolgen könne.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der angefochtene Einheitswertbescheid auf den 01.01.2008 für das Grundstück A-Straße … in B ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

    Der Beklagte hat zu Recht den Einheitswert unter Ansatz einer ortsüblichen Miete anstelle der Miete für öffentlich geförderte Wohnungen ermittelt und festgestellt.

    Bei dem Grundstück des Klägers handelt es sich um ein Mietwohngrundstück i.S. des § 75 Abs. 1 Nr. 1 BewG, das nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 BewG im Wege des Ertragswertverfahrens (§§ 78-82 BewG) zu bewerten ist. In diesem Verfahren ergibt sich der Grundstückswert regelmäßig durch die Anwendung eines Vervielfältigers (§ 80 BewG) auf die Jahresrohmiete (§ 79 BewG). In besonderen Fällen sind Zu- und Abschläge vorzunehmen (§§ 81 und 82 BewG). Nach § 27 BewG sind für das hier zu bewertende im Jahr 2007 bezugsfertig bebaute Grundstück die Wertverhältnisse des Hauptfeststellungszeitpunktes (1. Januar 1964) zugrunde zu legen. Sie sind auch für die Höhe der zu schätzenden Miete maßgebend (§ 79 Abs.5 BewG). Die für die Bewertung maßgebende Jahresrohmiete ist grundsätzlich das Gesamtentgelt, das der oder die Mieter aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben (§ 79 Abs. 1 Satz 1 BewG; Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 10. August 1984 III R 18/76, BFHE 142, 297, BStBl II 1985, 200).

    Bei der Einheitsbewertung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus ist nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Abschn. 23 Abs. 1 der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens 1990) und nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 10. August 1984 III R 18/76, BFHE 142, 297, BStBl II 1985, 200, 203) die im Vergleich zum freifinanzierten Wohnungsbau regelmäßig niedrigere, preisrechtlich zulässige Richtsatz- oder Kostenmiete zugrunde zu legen. Bei der Schätzung der üblichen Miete für solchen Wohnraum ist deshalb regelmäßig von der Jahresrohmiete auszugehen, die für öffentlich geförderten Wohnraum gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Diese Handhabung ist aufgrund des – mit den Wohnungen des Grundstücks verknüpften – Umstandes gerechtfertigt, dass sich der Eigentümer/Erwerber von öffentlich gefördertem Wohnraum von den Beschränkungen hinsichtlich Miethöhe und Wohnungsbesetzung nicht kurzfristig befreien kann, sondern selbst bei vollständiger vorzeitiger Rückzahlung der als Darlehen bewilligten öffentlichen Mittel die Wohnungen ihre Eigenschaft als öffentlich gefördert erst nach Ablauf der Zweckbindung verlieren.

    Nach der Rechtsprechung des BFH kann auch außerhalb des Rahmens des öffentlich geförderten Wohnungsbaus bei der Gewährung von Wohnungsfürsorgemitteln öffentlich-rechtlicher Körperschaften von der Jahresrohmiete ausgegangen werden, die für öffentlich geförderten Wohnraum gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird, soweit die Wohnungen den gleichen Beschränkungen unterliegen wie öffentlich geförderte Wohnungen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 142, 297, BStBl II 1985, 200; vom 10. August 1984 III R 82/75, BFHE 142, 303, BStBl II 1985, 234, und III R 41/75, BFHE 142, 289, BStBl II 1985, 36, unter 3. c, sowie vom 5. Mai 1993 II R 71/90, BFH/NV 1994, 10, 11).

    Die vorgenannten Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, gelten einschränkend jedoch nur dann, wenn es die im Streitfall gewährten Förderungen im Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 (§ 27 BewG) schon gab (vgl. BFH-Urteil vom 05.05.1993 II R 71/90, BFH/NV 1994, 10). Nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eintretende Änderungen des allgemeinen Wertniveaus sollen dagegen keinen Einfluss auf die Bewertung eines später errichteten Hauses haben. Entsprechend diesem Sinn und Zweck des Gesetzes zählen zu diesen Wertverhältnissen vor allem die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und Verkehrsverhältnisse, die sich in dem allgemeinen Markt- und Preisniveau des Hauptfeststellungszeitpunktes niedergeschlagen haben (Urteil des BFH vom 12.März 1982 III R 63/79, BFHE 135, 341, BStBl II 1982, 451). Zu den Wertverhältnissen vom Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 gehört auch das an diesem Stichtag geltende Mietpreisgefüge unter Berücksichtigung der preisrechtlichen Auswirkungen der zu diesem Zeitpunkt bekannten und möglichen Formen der öffentlichen Förderungen und Steuerbegünstigungen von Wohnbauten. Neuregelungen, die durch gesetzliche Änderungen nach dem 01.01.1964 ausgelöst wurden, müssen deshalb außer Betracht bleiben (vgl. auch BTDrucks IV/1488 vom 1.Oktober 1963 S.39 zu Art. I Nr.12).

    Die im Streitfall zu beurteilende Förderung des Objektes basiert auf dem WoFG und wurde erst nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt durch das Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 13.09.2001 (BGBl I 2001 Nr. 48 S. 2376 vom 19.09.2001), welches das WoFG u.a. enthält, eingeführt. Die Vorschriften des WoFG konnten daher das allgemeine Markt- und Preisniveau von Wohnungen und somit die Höhe der Miete gemäß § 79 Abs. 5 BewG bei einer Nachfeststellung zum 1. Januar 1964 nicht beeinflussen (vgl. BFH-Urteil vom 26.07.1989 II R 65/86, BFHE 158, 87) und müssen vorliegend nach den allgemeinen Grundsätzen bei der hier streitigen Bewertung außer Betracht bleiben.

    Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass diese sehr starre formale Abstellung – auf im Hauptfeststellungszeitpunkt schon existierende öffentliche Förderungen – aufgrund der Aufhebung des zum 01.01.1964 gültigen WoBauG letztendlich zur Folge hat, dass die Tatsache der öffentlichen Förderung keine Auswirkung auf den Ansatz der maßgeblichen Jahresrohmiete im Rahmen von Nachfeststellungen mehr haben wird. Auch führt die Ermittlung des Einheitswertes unter Ansatz der Miete für frei finanzierte Nachkriegsbauten bei nach WoFG öffentlich geförderten Objekten zum Ansatz eines Marktwerts, der die bestehende Mietpreisbindung nicht berücksichtigt. Diese Vereinfachung ist aber durchaus legitim und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG. Das Ertragswertverfahren ist seiner Struktur nach ein grob pauschalierendes Wertermittlungsverfahren, das sämtliche individuellen Wertunterschiede zwischen den einzelnen Bewertungsobjekten ohnehin nicht ansatzweise erfassen kann. Dieses vereinfachende Verfahren hat das Bundesverfassungsgericht gebilligt (Bundesverfassungsgericht, Urteil des Ersten Senats – 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82 – vom 10. Februar 1987, BStBl. II 1987, 240). Die durch den zeitlichen Abstand zur letzten Hauptfeststellung entstandenen weiteren Unstimmigkeiten stellen lediglich weitere Unschärfen im System der Einheitsbewertung dar. Sie haben für sich noch nicht ein solches Maß und Gewicht gewonnen, dass sie aus dem Rahmen der ohnehin vorhandenen Ungenauigkeiten hinausfallen (vgl. FG Niedersachsen vom 19.05.2003 1 K 201/00, EFG 2003, 1459).

    Ob eine andere rechtliche Beurteilung möglich wäre, wenn das WoFG die Regelungen des bisherigen WoBauG vollständig inhaltlich fortgeführt hätte, es sich also um identische gesetzliche Regelungen handeln würde, die z.B. nur unter einem neuen Gesetzesnamen zusammengefasst wurden, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn das WoBauG und das WoFG unterscheiden sich sowohl in der unterschiedlichen Zielrichtung der jeweiligen Förderungen als auch in ihren inhaltlich abweichenden Regelungen. So sollten – im Gegensatz zur quantitativen Ausrichtung der Förderung nach dem II. WoBauG auf breite Schichten der Bevölkerung – nach dem WoFG nunmehr Haushalte gefördert werden, die sich am Markt ohne staatliche Unterstützung nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können. Desweiteren ist neben der Förderung des Neubaus die Förderung der Modernisierung und (in den neuen Ländern) Instandsetzung bestehenden Wohnraums ausdrücklich Fördergegenstand. Unterschiedliche Förderwege (wie der 1., 2., 3. Förderungsweg, einkommensorientierte Förderung) sind im WoFG ebenfalls nicht mehr vorgesehen (vgl. VV WoFGWoBindG vom 15. Oktober 2002).

    Darüberhinaus sieht sich der Senat in seiner Rechtsauffassung auch dadurch bestätigt, dass im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zur Reform des Wohnungsbaurechts im Rahmen einer Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung ausdrücklich eine Änderung des Bewertungsgesetzes erörtert worden war, die die Berücksichtigung der öffentlichen Wohnungsbauförderung auf der Grundlage eines nach dem 01. Januar 1964 geschaffenen Gesetzes bei der Einheitsbewertung ermöglicht hätte, eine solche Änderung des Bewertungsgesetzes aber letztendlich nicht erfolgt ist. In der dortigen Stellungnahme (BT-Drucksache 14/6145 vom 25.05.2001 zu Drucksache 14/5911) wird ausdrücklich ausgeführt, dass eine öffentliche Förderung, die auf Grundlage eines nach dem 01. Januar 1964 geschaffenen Gesetzes bewilligt worden ist, nicht berücksichtigt werden könne. Der Entwurf des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung setze die Förderung des 1. Förderungsweges des I. und II. Wo-BauG nicht fort. Damit werde künftig verhindert, dass für Wohnungen, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden, bei der Ermittlung der Jahresrohmiete weiter bis zum Stichtag (1. Januar 1964) die zulässige Kostenmiete der Einheitsbewertung zugrunde gelegt werden dürfe. Vielmehr sei die (regelmäßig höhere) Marktmiete zugrunde zu legen. Insofern werde angeregt, dass durch die Schaffung einer gesetzlichen Regelung der alte Rechtszustand beibehalten werden könne. Angesichts der in der unveränderten Beibehaltung der einschlägigen Regeln des Bewertungsgesetzes zum Ausdruck kommenden Konkretisierung des historischen Gesetzgeberwillens verbleibt nach Auffassung des Senats kein Raum für die Annahme einer Regelungslücke, die es gestattete, auch zum Hauptfeststellungszeitpunkt noch nicht existente gesetzliche Regelungen der Wohnungsbauförderung der Bewertung zugrundezulegen.

    Hinsichtlich der Ermittlung des Einheitswerts im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die vom Beklagten vorgenommene Berechnung. Die Beteiligten haben insoweit auch keinerlei weiteren Einwände erhoben.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

    Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Frage, ob die bisherige Rechtsprechung des BFH zu nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingeführten Fördermaßnahmen auch für das II. WoBauG ersetzende Förderungsmaßnahmen – wie z.B. nach dem WoFG – Geltung beansprucht, hat grundsätzliche Bedeutung.

    VorschriftenBewG § 79 Abs 1, BewG § 79 Abs 5, BewG § 27