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  • 14.02.2013

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 04.04.2012 – 4 K 2938/11 VBr

    - Kann der Inhaber eines offenen Branntweinlagers im Inland nicht nachweisen, dass der im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren an einen Steuerlagerinhaber in Schweden versandte Alkohol am Bestimmungsort angelangt ist, weil die Unterzeichner der Empfangsbestätigungen nicht zur Vertretung dieses lediglich vorgetäuschten Bestellers befugt waren, wird der Alkohol aus dem Verfahren der Steueraussetzung entzogen.


    - Die Branntweinsteuer ist im Abgangsmitgliedstaat von dem Versender zu erheben, wenn der tatsächliche Ort der Entnahmehandlung nicht festgestellt werden kann.


    - Für die Steuerschuldnerschaft kommt es nicht darauf an, ob der Versender erkannt hat oder erkennen konnte, dass der Branntwein nicht in das Steuerlager des vorgetäuschten Empfängers geliefert werden sollte.


    - Der Umstand, dass Auskünfte der schwedischen Finanzverwaltung lediglich in elektronischer Form erteilt worden sind, steht ihrer Verwertbarkeit nicht entgegen.


    Tatbestand

    Das beklagte Hauptzollamt erteilte dem Kläger mit Bescheid vom 31. Mai 2007 die Erlaubnis zum Betrieb eines offenen Branntweinlagers. Mit Bescheid vom 5. Juni 2007 setzte das beklagte Hauptzollamt die hierfür zu leistende Sicherheit auf 3.500 EUR fest. Ferner setzte es die für das innergemeinschaftliche Steuerversandverfahren zu leistende Sicherheit auf 36.500 EUR fest. Die B-Bank übernahm zugunsten des Klägers eine Bürgschaft über 3.500 EUR als Sicherheitsleistung unter anderem für aus dem Steuerlager entnommene verbrauchsteuerpflichtige Waren und für den Versand verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung in andere Mitgliedstaaten.

    Der Kläger versandte am 3. Juli 2007 mit einem begleitenden Verwaltungsdokument aus seinem Steuerlager entnommene 12.552 Flaschen Whisky (3.514,5 Liter Alkohol) zu der in Z-Stadt/Schweden ansässigen Firma C AB. Der C AB war in Z-Stadt ein Steuerlager bewilligt worden. Als Ort der Lieferung wurde in dem begleitenden Verwaltungsdokument eine Anschrift in Y-Stadt/Schweden angegeben. Ausweislich des ausgestellten Frachtbriefs sollte der Whisky von der Spedition D nach Y-Stadt befördert. Das begleitende Verwaltungsdokument wurde unter dem 4. Juli 2007 mit einer von E im Namen der C AB unterzeichneten Empfangsbescheinigung versehen.

    Auf ein in elektronischer Form versandtes und an die schwedische Finanzverwaltung gerichtetes Auskunftsersuchen vom 9. August 2007 erhielt das beklagte Hauptzollamt am 14. August 2007 eine Antwort in elektronischer Form, nach welcher die C AB den Empfang des am 3. Juli 2007 versandten Alkohols nicht bestätigt habe. Sie habe die Warensendung weder bestellt noch erhalten.

    Der Kläger versandte am 5. Oktober 2007 mit einem begleitenden Verwaltungsdokument aus seinem Steuerlager entnommene 12.600 Flaschen Wodka (3.528 Liter Alkohol) zu der C AB. Als Ort der Lieferung wurde in dem begleitenden Verwaltungsdokument die Anschrift der C AB in Z-Stadt angegeben. Das begleitende Verwaltungsdokument wurde unter dem 6. Oktober 2007 mit einer von F im Namen der C AB unterzeichneten Empfangsbescheinigung versehen.

    Auf ein in elektronischer Form versandtes und an die schwedische Finanzverwaltung gerichtetes Auskunftsersuchen vom 6. Dezember 2007 erhielt das beklagte Hauptzollamt eine Antwort in elektronischer Form, nach welcher die C AB den Empfang des am 5. Oktober 2007 versandten Alkohols nicht bestätigt habe. Sie habe die Warensendung weder bestellt noch erhalten.

    Der Kläger versandte am 7. November 2007 mit einem begleitenden Verwaltungsdokument aus seinem Steuerlager entnommene 16.800 Flaschen Wodka (4.704 Liter Alkohol) zu der C AB. Als Ort der Lieferung wurde in dem begleitenden Verwaltungsdokument die Anschrift der C AB in Z-Stadt angegeben. Ausweislich des ausgestellten Frachtbriefs sollte der Whisky von der Spedition D nach Y-Stadt befördert. Das begleitende Verwaltungsdokument wurde unter dem 7. November 2007 mit einer von F im Namen der C AB unterzeichneten Empfangsbescheinigung versehen.

    Am 8. November 2007 wurde dem Kläger vom beklagten Hauptzollamt an Amtsstelle mitgeteilt, dass die C AB den von ihm am 3. Juli 2007 versandten Branntwein nicht empfangen habe.

    Das beklagte Hauptzollamt stellte sich zunächst auf den Standpunkt, dass der Kläger das Steuerversandverfahren nicht wirksam eröffnet habe, weil er die geforderte Sicherheitsleistung nicht erbracht habe. Deshalb setzte es gegen den Kläger für die Lieferung vom 3. Juli 2007 mit Bescheid vom 8. November 2007 45.793,94 EUR Branntweinsteuer fest. Für die Lieferung vom 5. Oktober 2007 setzte das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 gegen den Kläger 45.969,84 EUR Branntweinsteuer fest. Für die Lieferung vom 7. November 2007 setzte es gegen den Kläger mit Bescheid vom 13. März 2008 61.293,12 EUR Branntweinsteuer fest.

    Der Kläger legte gegen die drei Steuerbescheide Einsprüche ein. Er trug vor: Ihm könne nicht vorgeworfen werden, Branntweinsteuer hinterzogen zu haben. Auf Grund der ihm vorliegenden Unterlagen habe die C AB den Alkohol bestellt und erhalten. Die C AB habe den Empfang des Alkohols bescheinigt. Ferner habe sie die von ihm ausgestellten Rechnungen erhalten und beglichen. Allein die in elektronischer Form übermittelte Auskunft der schwedischen Finanzverwaltung könne den Vorwurf einer Hinterziehung der Branntweinsteuer nicht begründen. Er habe sich bei der Eröffnung der Steuerversandverfahren durch den Sachbearbeiter des beklagten Hauptzollamts, Herrn G, unterstützen lassen. Da er diesem die ihm mitgeteilte Verbrauchsteuernummer der C AB genannt habe, habe er keinen Anlass gehabt, an der Empfangsberechtigung der C AB zu zweifeln. Er habe auch nicht annehmen müssen, dass der Alkohol durch nicht zur Vertretung der C AB berechtigte Personen bestellt worden sei. Der Alkohol sei jedenfalls in Schweden angekommen. Falls der Alkohol dort von in krimineller Absicht handelnden Personen entgegen genommen worden sei, sei er dafür nicht verantwortlich. Die Zuwiderhandlung sei in Schweden begangen worden, so dass das beklagte Hauptzollamt nicht befugt sei, die Steuer zu erheben.

    Auf Ersuchen des beklagten Hauptzollamts teilte die schwedische Finanzverwaltung mit Schreiben vom 25. März 2009 mit, dass die C AB die in den begleitenden Verwaltungsdokumenten genannten Waren weder bestellt noch erhalten habe. Die C AB habe niemals mit dem Kläger in Geschäftsverbindung gestanden. Der von der C AB verwendete Firmenstempel habe ein anderes Erscheinungsbild als die Stempel, die auf den begleitenden Verwaltungsdokumenten angebracht worden seien. Ein F und ein E arbeiteten nicht für die C AB. Die C AB unterhalte in Y-Stadt kein Steuerlager.

    Ferner teilte die schwedische Finanzverwaltung dem Zollfahndungsamt mit Schreiben vom 22. Oktober 2010 mit, den wahren Empfänger des mit den begleitenden Verwaltungsdokumenten beförderten Alkohols nicht ausfindig gemacht zu haben. Die schwedische Finanzverwaltung übersandte ein Protokoll über die Vernehmung des bei der C AB tätigen H vom 24. Mai 2010. Dieser erklärte: Er kenne weder E noch I. Auch F kenne er nicht. Diese Personen hätten niemals etwas mit der C AB zu tun gehabt. Die in den begleitenden Verwaltungsdokumenten eingetragene Verbrauchsteuernummer sei nicht diejenige, die der C AB zugeteilt worden sei.

    Das beklagte Hauptzollamt wies die Einsprüche mit Entscheidung vom 21. Juli 2011 zurück und führte aus: Die Steuer sei jedenfalls dadurch entstanden, dass der Alkohol während der Beförderung im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren diesem Verfahren entzogen worden sei. Durch die Fälschungen der Stempelabdrucke auf den begleitenden Verwaltungsdokumenten sei ein ordnungsgemäßer Bezug des Alkohols in einem Steuerlager in Schweden vorgetäuscht worden sei. Der vom Kläger gelieferte Alkohol sei nicht von der C AB, sondern von Dritten empfangen worden. Für die Steuerschuldnerschaft des Klägers als Versender sei es unerheblich, ob ihm bekannt gewesen sei, dass von vornherein nicht beabsichtigt gewesen sei, den Alkohol an die C AB auszuliefern. Da der Kläger auch nicht nachgewiesen habe, dass der Alkohol am Bestimmungsort angelangt sei oder auf Grund einer außerhalb des Steuergebiets begangenen Unregelmäßigkeit dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden sei, sei die Bundesrepublik Deutschland für die Erhebung der Steuer zuständig. Anderslautende Äußerungen des Beamten des Zollfahndungsamts seien unzutreffend und würden durch die Ermittlungsergebnisse nicht bestätigt.

    Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: Der Alkohol sei am Bestimmungsort in Schweden angekommen. Dies stehe auf Grund der begleitenden Verwaltungsdokumente, der Frachtbriefe und der im Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse fest. Jedenfalls sei die Bundesrepublik Deutschland nicht befugt, die Steuer zu erheben. Diese Ansicht vertrete auch der Ermittlungsbeamte des Zollfahndungsamts.

    Der Kläger beantragt,

    die Steuerbescheide vom 29. Oktober und 8. November 2007 sowie vom 13. März 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2011 aufzuheben.

    Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung trägt es vor: Der Alkohol sei nicht bei der C AB angekommen. Die Empfangsbestätigungen seien von nicht bei der C AB beschäftigten Personen abgegeben worden. Die tatsächlichen Empfänger des Alkohols hätten auch nicht durch die Ermittlungen in Schweden festgestellt werden können.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet. Die Steuerbescheide vom 29. Oktober und 8. November 2007 sowie vom 13. März 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Hauptzollamt hat die Branntweinsteuer zu Recht gegen den Kläger zu Recht festgesetzt.

    Werden Erzeugnisse während der Beförderung nach § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über das Branntweinmonopol in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2006 (BGBl I, 1594) (BranntwMonG) im Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen, entsteht die Steuer, es sei denn, dass sie nachweislich untergegangen oder an Personen im Steuergebiet abgegeben worden sind, die zum Bezug von Erzeugnissen unter Steueraussetzung berechtigt sind (§ 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG). Sind Erzeugnisse im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren aus einem Steuerlager im Steuergebiet an ein Steuerlager oder einen berechtigten Empfänger in einem anderen Mitgliedstaat versandt worden und führt der Versender nicht innerhalb einer Frist von vier Monaten ab dem Tag des Versandbeginns den Nachweis, dass die Erzeugnisse am Bestimmungsort angelangt oder untergegangen oder auf Grund einer außerhalb des Steuergebiets eingetretenen oder als eingetreten geltenden Unregelmäßigkeit nicht am Bestimmungsort angelangt sind, gelten sie als im Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen (§ 143 Abs. 3 BranntwMonG). Diese Regelung entspricht Art. 20 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG (Richtlinie 92/12) des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl EG Nr. L 76/1).

    Im Streitfall ist der Alkohol aus dem Steuerlager des Klägers an das Steuerlager der C AB in Schweden versandt worden. Da der C AB ein Steuerlager bewilligt worden war, sind die innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren wirksam eröffnet worden (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 10. November 2009 VII R 39/08, BFHE 227, 546, 552).

    Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass der von ihm versandte Alkohol am Bestimmungsort, nämlich bei der C AB in Z-Stadt, angelangt ist. Dabei kann zu seinen Gunsten davon ausgegangen werden, dass die Nachweisfrist von vier Monaten des § 143 Abs. 3 BranntwMonG und des Art. 20 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 92/12 hinsichtlich der ersten Lieferung vom 3. Juli 2007 erst ab dem 8. November 2007 zu laufen begann, weil er erst an diesem Tage davon Kenntnis erlangt hat, dass das von ihm eröffnete Steuerversandverfahren nach den Erkenntnissen des beklagten Hauptzollamts nicht ordnungsgemäß beendet worden ist (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 12. Dezember 2002 Rs. C-395/00, Slg. 2002, 11877 Rdnr. 52). Ferner kann zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass die Nachweisfrist bezüglich der übrigen zwei Lieferungen Branntwein vom 5. Oktober und 7. November 2007 frühestens mit der Bekanntgabe der Steuerbescheide vom 29. Oktober 2007 und 13. März 2008 zu laufen begann. Gleichwohl hat der Kläger einen Nachweis für die Auslieferung des Alkohols an die C AB für sämtliche drei Lieferungen bis zum Ergehen der Einspruchsentscheidung nicht erbracht. Die Empfangsbestätigungen, die von einem E und einem F unterzeichnet worden sind, sowie die vom Kläger in dem Verfahren 4 V 4599/07 A (VBr) mit Schriftsatz vom 14. Februar 2008 vorgelegte eidesstattliche Versicherung können nach den von der schwedischen Finanzverwaltung getroffenen Feststellungen keinen Nachweis für die tatsächliche Auslieferung des Alkohols an die C AB erbringen. Denn hiernach waren die Personen, die den Empfang des Branntweins im Namen der C AB bestätigt haben, zu einer Vertretung der C AB nicht befugt.

    Die Feststellungen des beklagten Hauptzollamts sprechen im Gegenteil dafür, dass der vom Kläger versandte Branntwein nicht am Bestimmungsort eingetroffen ist. Nach den in elektronischer Form eingeholten Auskünften der schwedischen Finanzverwaltung hat die C AB den am 3. Juli und 5. Oktober 2007 an sie versandten Alkohol weder bestellt noch erhalten. Der Umstand, dass diese Auskünfte lediglich in elektronischer Form erteilt worden sind, steht ihrer Verwertbarkeit nicht entgegen. Nach Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2004 des Rates vom 16. November 2004 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern (ABl EU Nr. L 359/1) erfolgt die Informationsübermittlung im Rahmen dieser Verordnung soweit möglich auf elektronischem Weg.

    Die schwedische Finanzverwaltung hat darüber hinaus mit Schreiben vom 25. März 2009 mitgeteilt, dass die C AB die in den begleitenden Verwaltungsdokumenten genannten Waren weder bestellt noch erhalten habe. Die C AB habe niemals mit dem Kläger in einer Geschäftsverbindung gestanden. Die schwedische Finanzverwaltung hat mit ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2010 nochmals mitgeteilt, dass die C AB den Alkohol nicht empfangen habe. Nichts anderes ergibt sich aus dem übersandten Protokoll über die Vernehmung des für die C AB tätigen H vom 24. Mai 2010.

    Das beklagte Hauptzollamt war auch befugt, die Branntweinsteuer gegen den Kläger festzusetzen. Der Kläger ist als Versender des Alkohols nach § 143 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BranntwMonG Steuerschuldner geworden. Unerheblich für seine Steuerschuldnerschaft ist es, ob er selbst eine Steuerstraftat begangen hat. Ferner kommt es für die Steuerschuldnerschaft des Klägers nicht darauf an, ob er erkannt hat oder erkennen konnte, dass der Branntwein nicht in das Steuerlager der C AB geliefert werden sollte.

    Die Bundesrepublik Deutschland ist auch befugt, die Branntweinsteuer vom Kläger zu erheben. Nach Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 92/12, welcher der einzelstaatlichen Regelung des § 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG entspricht, wird die Verbrauchsteuer in dem Mitgliedstaat erhoben, in dem eine Unregelmäßigkeit oder eine Zuwiderhandlung begangen wurde, wenn während des Verfahrens der Steueraussetzung auf Grund dieser Zuwiderhandlung oder Unregelmäßigkeit die Verbrauchsteuer entstanden ist.

    Nach Auffassung des Senats ist der am 3. Juli und 7. November 2007 vom Kläger versandte Branntwein im deutschen Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden. Ein Erzeugnis wird dem Steueraussetzungsverfahren durch jede Unregelmäßigkeit entzogen, die der steuerlichen Regelung der Beförderung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung zuwiderläuft und zur Folge hat, dass die Ware als in den steuerrechtlich freien Verkehr entnommen anzusehen ist (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 2002 VII R 48/01, BFHE 200, 66). Zwar führt die bloße Absicht, eine im Verfahren der Steueraussetzung befindliche Ware zu einem späteren Zeitpunkt nach einem anderen Ort als dem Bestimmungsort zu verbringen, noch nicht zur Entnahme der Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung (vgl. BFH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2004 VII B 293/03, BFH/NV 2005, 1018 sowie vom 30. September 2010 VII B 21/10, BFH/NV 2011, 207). Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich der Lieferungen vom 3. Juli und 7. November 2007. Als Ort der Lieferung vom 3. Juli 2007 wurde in dem begleitenden Verwaltungsdokument und in dem ausgestellten Frachtbrief eine Anschrift in Y-Stadt angegeben. Ausweislich des hierüber ausgestellten Frachtbriefs sollte auch der am 7. November 2007 versandte Branntwein nach Y-Stadt befördert werden. Der Spedition D wurde daher bereits im deutschen Steuergebiet der Frachtauftrag erteilt, die Lieferungen vom 3. Juli und 7. November 2007 nach Y-Stadt zu befördern. In Y-Stadt unterhielt die C AB indes kein Steuerlager, so dass schon bei der Versendung des Branntweins in Deutschland feststand, dass er nach den erteilten Frachtaufträgen nicht in das Steuerlager eines Berechtigten in einem anderen Mitgliedstaat gelangen sollte.

    Unbeschadet dessen hat der Kläger bezüglich aller in Rede stehenden drei Lieferungen den Ort der Zuwiderhandlungen oder Unregelmäßigkeiten auch nicht nachgewiesen, so dass der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 20 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 92/12 und § 143 Abs. 3 BranntwMonG die Erhebungskompetenz zusteht. Nach Art. 20 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 92/12 ist den Fällen, in denen die verbrauchsteuerpflichtigen Waren nicht am Bestimmungsort eintreffen und in denen der Ort der Zuwiderhandlung oder Unregelmäßigkeit nicht festgestellt werden kann, die Steuer im Abgangsmitgliedstaat zu erheben (BFH-Urteil vom 30. November 2004 VII R 25/01, BFHE 208, 334; BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2006 VII B 302/05, BFH/NV 2007, 210). Ausreichend für den Eintritt der in Art. 20 Abs. 3 der Richtlinie 92/12 angeordneten Fiktion ist der Umstand, dass die verbrauchsteuerpflichtigen Waren nicht am Bestimmungsort angekommen sind und dass der tatsächliche Ort der Entnahmehandlung unbekannt ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 210).

    Hinsichtlich der fraglichen Lieferungen vom 3. Juli, 5. Oktober und 7. November 2007 kann nicht festgestellt werden, wo die Zuwiderhandlungen oder Unregelmäßigkeiten im Steueraussetzungsverfahren tatsächlich begangen wurden. Die schwedische Finanzverwaltung hat dem Zollfahndungsamt mit Schreiben vom 22. Oktober 2010 mitgeteilt, den wahren Empfänger des mit den begleitenden Verwaltungsdokumenten beförderten Alkohols nicht ausfindig gemacht zu haben.

    Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung in Ablichtung vier Rechnungen über Fährtransporte von LKW von W-Stadt nach V-Stadt vorgelegt hat, kann sie hiermit einen Nachweis des tatsächlichen Ortes der Zuwiderhandlungen schon deshalb nicht mehr führen, weil die Frist des Art. 20 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 92/12 mittlerweile abgelaufen ist. Unbeschadet dessen stimmen die in diesen Rechnungen angegebenen Daten der Fährverbindungen nicht mit den Daten der Versendung des Branntweins durch den Kläger am 3. Juli, 5. Oktober und 7. November 2007 überein. Der Senat muss daher nicht entscheiden, ob die Angaben in diesen Rechnungen überhaupt geeignet sind, den tatsächlichen Ort der Zuwiderhandlungen nachzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    VorschriftenBranntwMonG § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, BranntwMonG § 143 Abs. 1 Satz 1, BranntwMonG § 143 Abs. 3, BranntwMonG § 143 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, WG Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 1, WG Art. 20 Abs. 3, EG) Nr. 2073/2004 Art. 28