08.01.2013
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 19.09.2012 – 4 K 34/12
1. Im Falle einer auf Aufhebung einer verbindlichen Zolltarifauskunft und Verpflichtung zur antragsgemäßen Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft gerichteten Verpflichtungsklage tritt keine Erledigung ein, wenn die erteilte verbindliche Zolltarifauskunft nach Klageerhebung gem. Art. 12 Abs. 5 lit. a) i) Zollkodex ungültig geworden ist. Da sich nur der Anfechtungs-, nicht jedoch der Verpflichtungsteil der Klage erledigt hat, ist die Verpflichtungsklage weiterhin statthaft (anders BFH, Urteil vom 28.04.1998, VII R 83/96).
2. Zu den Anforderungen an Schuhe, die als Sportschuhe in die Warennummer 6403190000 eingereiht werden können.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft.
Die Klägerin führt Schuhe ein, die sie für den Einsatz im Golfsport über den entsprechenden Fachhandel vertreibt. Es handelt sich um Schuhe mit einer Laufsohle aus Kautschuk und einem Oberteil aus Leder, die den Knöchel nicht bedecken. Die Laufsohle verfügt über mehr als 100 auf der gesamten Fläche verteilte Nocken mit einer Länge von 0,3-0,5 cm. Im Bereich der Ferse sind zwei Kunststoffgewinde eingearbeitet, die zum Zeitpunkt der Einfuhr mit Abdeckungen, von der Klägerin als „street caps” bezeichnet, versehen sind, um die Gewinde vor Verschmutzung zu schützen. Über den Fachhandel können unterschiedliche Arten von „Spikes” bezogen werden, die - nach Entfernung der Abdeckungen - in die Gewinde eingeschraubt werden können.
Mit verbindlicher Zolltarifauskunft DE ...-1 vom 15.04.2011 reihte der Beklagte die Schuhe in die Warennummer 6403999396 ein.
Am 11.05.2011 legte die Klägerin dagegen Einspruch ein. Bei den Schuhen handele es sich um spezifische Crossover-Schuhe, die ausschließlich für die Ausübung der Sportart Golf entwickelt und hergestellt würden. Die Schuhe ermöglichten wegen der Nocken einen sehr guten Stand bei Drehung und Schlag auf dem Golfplatz. Zudem verfügten sie über eine spezielle Fersenstütze sowie zwei Gewindevorrichtungen zum Einschrauben von Soft-Spikes und eine Abdeckung für diese Vorrichtungen, den sogenannten „street caps”, die dem Schutz der Gewindevorrichtungen dienten. Die Spikes würden - anders als die vormontierten „street caps” -, nicht mitgeliefert, seien also nicht Gegenstand der Ware. Sie seien in verschiedenen Härtegraden, Formen und Längen verfügbar und müssten zusätzlich erworben werden. Die besondere Ausstattung der Sohlen, die ausschließlich für den Golfsport entwickelt worden seien, führe zu einer Erhöhung der Herstellungskosten je Schuh um ca. 50 %. Zudem seien die Schuhe atmungsaktiv und mit einer wasserfesten Membran ausgerüstet. Der Verkauf erfolge über den Sportfachhandel. Wegen der durch die Sohlenkonstruktion (Nocken) erhöhten Rutschgefahr seien die Schuhe als Straßenschuhe nicht geeignet. Auf dem Karton sei auch ein allgemeiner Warnhinweis im Hinblick auf den zweckbestimmten Gebrauch der Golfschuhe angebracht. Auch als Laufschuhe seien sie wegen des schlechten Abrollverhaltens ungeeignet. Tatsächlich würden die Schuhe von zahlreichen namhaften Profi-Golfspielern getragen. Sofern die Schuhe tatsächlich auch außerhalb des Golfplatzes getragen würden, sei dies für die Einreihung nicht entscheidend.
Auf entsprechende Nachfrage des Beklagten nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung zu dem Einspruch Stellung. Es handele sich nicht um Sportschuhe der Unterposition 64031900, weil die beiden im Fersenbereich eingesetzten sogenannten „street caps” nach Größe und Form keine stollenähnlichen Vorrichtungen, sondern nur eine spezielle Art der Laufsohlenprofilierung darstellten. Nach der Unterpositionsanmerkung 1 zu Kapitel 64 müsse es sich um Vorrichtungen handeln, die dazu dienten, dem Schuh einen besonderen und sicheren Halt bei der Ausübung der speziellen Sportart zu geben. Auch die maximal 5 mm hohen Nocken seien keine „ähnlichen Vorrichtungen” im Sinne dieser Bestimmung, sie stellten lediglich eine starke Profilierung der Sohle dar. Zwar seien die Schuhe für das Anbringen ähnlicher Vorrichtungen im Sinne der Unterpositionsanmerkung 1 a) hergerichtet und könnten insoweit als Sportschuhe angesehen werden, durch das Aufschrauben der „street caps” würde aber lediglich eine Profilergänzung bewirkt, wodurch der Schuh seine Eigenschaft als Sportschuh verliere. Allein die Möglichkeit, den Schuh durch Austausch der „street caps” mit Spikes wieder zu einem Sportschuh zu machen, reiche nicht. Mit speziellen Vorrichtungen, die Schuhe als Sportschuhe kennzeichneten, sei auf normalem Straßenbelag üblicherweise nur eine unbequeme Fortbewegung möglich (z. B. Fußballschuhe). Mit den streitgegenständlichen Multinockensohlen sei jedoch ein Gehen auf normalen Straßenbelägen möglich. Die Klägerin habe ein Vorgängermodell mit den Worten „für la dolce vita auf dem Green und im Büro” beworben. Die Schuhe seien universell verwendbar, mit den beiden dauerhaft fest fixierten und dem Schuhprofil angepassten Abdeckkappen sei ein bequemes Gehen auf normalen Straßenbelägen möglich. Die sonstige Ausstattung der Schuhe und die Vertriebswege seien für die Einreihung unerheblich.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 27.01.2012 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, maßgeblich für die Einreihung sei die Unterpositionsanmerkung 1 a) zu Kapitel 64. Unstreitig seien die Schuhe für die Sportausübung (Golf) geeignet. Die Nocken auf der Laufsohle seien keine „ähnlichen Vorrichtungen” im Sinne dieser Anmerkung, da sie lediglich eine starke Profilierung der Sohle darstellten. Sie ermöglichten auch ein Gehen auf normalen Straßenbelägen. Zwar genüge die Herrichtung der Schuhe für das Anbringen von Dornen, Krampen, Klammern, Stollen oder ähnlichen Vorrichtungen, auch seien die Gewindebohrungen für das Anbringen von Spikes gedacht, jedoch werde diese Vorrichtung durch die dauerhaft mit der Sohle fixierten „street caps” in den Hintergrund gedrängt. Durch die „street caps” besäßen die Schuhe andere, nicht sportschuhartige Vorrichtungen, sie dienten in erster Linie der Fortbewegung außerhalb des Golfplatzes.
Mit ihrer am 28.02.2012 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren und betont, einziger Streitpunkt sei die Frage, ob sich an der Einreihung als Sportschuhe etwas ändere, weil die Gewindebohrungen mit Abdeckkappen bedeckt seien. Entscheidend sei, dass die Schuhe durch die Nocken und die einschraubbaren Spikes - die nach 10-12 gespielten Runden ausgewechselt werden müssten, da sie dann abgelaufen seien - einen besonders festen Stand ermöglichten und hierdurch sowie durch die speziell ausgelegte Fersenstütze, die Wasserdichte und die Atmungsaktivität speziell für den Golfsport ausgestattet seien. Die Abdeckungen zum Schutz der Gewindevorrichtungen könnten mit Hilfe eines frei erhältlichen standardisierten Spike-Schlüssels problemlos in wenigen Sekunden abgenommen und gegen Spikes ausgetauscht werden. Dass man die Schuhe auch als Straßenschuhe nutzen könne, sei unerheblich, zumal sie dafür wegen ihrer rutschigen Sohle nur eingeschränkt geeignet seien.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihr eine verbindliche Zolltarifauskunft zu erteilen, in der die streitgegenständlichen Schuhe in die Unterposition 6403 1900 00 eingereiht werden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.
Im Erörterungstermin vom 31.08.2012 haben die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakte des Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
Der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage steht nicht entgegen, dass die verbindliche Zolltarifauskunft DE ...-1 vom 15.04.2011, deren Aufhebung die Klägerin ursprünglich begehrt hatte, nach Klageerhebung wegen des Wegfalls der Codenummer 6403999398 gem. Art. 12 Abs. 5 lit. a) i) Zollkodex ungültig geworden ist. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung lagen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage vor, insbesondere hatte die Klägerin gem. § 44 FGO ein erfolgloses Vorverfahren durchgeführt. Durch das Ungültigwerden der erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft und die daraus folgende Gegenstandslosigkeit der Einspruchsentscheidung ist keine Erledigung eingetreten. Das Begehren der Klägerin - die antragsgemäße Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft - ist nicht gegenstandslos geworden. Mit der Ungültigkeit der erteilten, nicht antragsgemäßen verbindlichen Zolltarifauskunft hat sich dieses Begehren nicht erledigt, vielmehr lebt der ursprüngliche Antrag wieder auf, der nicht (mehr) beschieden worden ist und an dessen Bescheidung die Klägerin nach wie vor ein rechtliches Interesse hat. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn - wie im Streitfall - der Antrag noch nicht bestandskräftig abgelehnt worden ist, weil gegen den auf den Antrag ergangenen Bescheid nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben worden ist. Nach Wegfall der Entscheidung über den Antrag der Klägerin durch die verbindliche Zolltarifauskunft vom 15.04.2011 ist die verfahrensrechtliche Situation mit der der Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 2 FGO vergleichbar, bei der die Klage zulässig ist, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Im Streitfall hat der Beklagte im Erörterungstermin vom 31.08.2012 erklärt, auch bei einer erneuten Befassung mit dem klägerischen Antrag keine antragsgemäße verbindliche Zolltarifauskunft zu erteilen, sondern die Ware wiederum der Unterposition 64039993 zuzuweisen. Dann erübrigt es sich aus prozessökonomischen Gründen auch, das Verfahren auszusetzen und den Beklagten zur Bescheidung des Antrags aufzufordern. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 28.04.1998 (VII R 83/96) bei einem vergleichbaren Sachverhalt, bei dem ebenfalls die erteilte, nicht antragsgemäße verbindliche Zolltarifauskunft im Laufe des Klageverfahrens ungültig geworden ist, eine Erledigung des klägerischen Begehrens angenommen und eine Fortsetzungsfeststellungsklage als statthaft angesehen hat. Der Auffassung des Bundesfinanzhofs, die - auch aus Sicht des erkennenden Senats gegebene - Erledigung des Anfechtungsbegehrens erfasse auch das Verpflichtungsbegehren, denn mit dem Ungültigwerden der Zolltarifauskunft sei auch die in dieser liegende Weigerung der OFD entfallen, entsprechend den Vorstellungen der Klägerin zu tarifieren, folgt der Senat nicht. Die Weigerung des Beklagten, die streitgegenständlichen Schuhe antragsgemäß einzureihen, ist durch das Ungültigwerden der Zolltarifauskunft gerade nicht entfallen. Er weigert sich vielmehr nach wie vor, wie seiner Einlassung im Erörterungstermin vom 31.08.2012 eindeutig zu entnehmen ist.
II.
Die Verpflichtungsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft, mit der die streitgegenständlichen Schuhe der Warennummer 6403190000 zugewiesen werden, § 101 S. 1 FGO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, Rs. C-121/95, EuGHE 1996, I-3047 Rz. 13; BFH, Urteile vom 18.11.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteile vom 09.12.1997, Rs. C-143/96, EuGHE 1997, I-7039 Rz. 14, und vom 19.05.1994, Rs. C-11/93, EuGHE 1994, I-1945 Rz. 11 und 12). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteile vom 14.11.2000, VII R 83/99, und vom 05.10.1999, VII R 42/98, juris; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02).
Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware sprechen nach Überzeugung des Senats für die Einreihung in die von der Klägerin angenommene Codenummer.
Übereinstimmend und zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass die Schuhe in die Position 6403 einzureihen sind. Die von der Klägerin angenommene Unterposition 6403 1900 bezeichnet andere Sportschuhe. Was darunter zu verstehen ist, ergibt sich insbesondere aus der Unterpositionsanmerkung 1.a) zu Kapitel 64. Danach gelten als Sportschuhe im Sinne der Unterposition 6403 19 nur Schuhe, die entweder für die Ausübung einer Sportart bestimmt und mit Dornen, Krampen, Klammern, Stollen oder ähnlichen Vorrichtungen versehen sind, oder die für deren Anbringung hergerichtet sind.
Dass die streitgegenständlichen Schuhe für die Ausübung der Sportart Golf bestimmt sind, ist unstreitig. Sie verfügen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einfuhr zwar nicht über Dornen, Krampen, Klammern, Stollen oder ähnliche Vorrichtungen, allerdings sind sie für das Anbringen von sog. Softspikes hergerichtet, da sie im Fersenbereich über Gewindebohrungen verfügen, in die derartige Softspikes eingeschraubt werden können. Ein anderer sinnvoller Zweck ist für diese Gewindebohrungen nicht erkennbar. Die Softspikes, die es in verschiedenen Varianten gibt, und die auch von der Klägerin vertrieben werden, haben den ausschließlichen und einzig erkennbaren Zweck, die Sohlen auf weichem Untergrund, wie z. B. Rasen, rutschfest zu machen und so für die - zur Ausübung des Golfsports wichtige - Standfestigkeit zu sorgen. Sie sind daher jedenfalls im Vergleich zu Dornen, Stollen etc. ähnliche Vorrichtungen im Sinne der Unterpositionsanmerkung 1. a) zu Kapitel 64. Dass die Spikes nicht gemeinsam mit der Ware eingeführt werden, ist unerheblich, da es - wie gesagt - ausreicht, dass die Schuhe zum Anbringen der Spikes hergerichtet sind.
Damit liegen die Voraussetzungen für die Einreihung als andere Sportschuhe der Unterposition 6403 1900 vor. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Gewindebohrungen zum Zeitpunkt der Einfuhr mit Abdeckkappen („street caps”) versehen sind, die entfernt werden müssen, um die Softspikes einschrauben zu können. Diese Abdeckkappen dienen, wie die Klägerin nachvollziehbar verdeutlicht hat, dem Schutz der Gewindebohrungen und nehmen diesen, da sie unproblematisch entfernt werden können, nicht den Charakter als Vorrichtungen zum Einschrauben der Softspikes.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Erläuterungen (KN) zu Unterposition 6403 1900, wonach die Erläuterungen zu Unterposition 6402 1900 entsprechend anwendbar sind. Dort ist bei Rn. 11.2 erläutert, dass die Unterpositionsanmerkung 1. a) zu Kapitel 64 nur für Schuhe gilt, die für die Ausübung einer konkreten Sportart bestimmt sind und deren in der Unterpositionsanmerkung genannte abnehmbare oder dauerhaft befestigte Vorrichtung die Verwendung für alle anderen Zwecke, insbesondere das Gehen auf asphaltiertem Straßenbelag, durch Höhe, Steife oder mangelnde Rutschfestigkeit etc. der Vorrichtung erschweren. Die streitgegenständlichen Schuhe sind für die Ausübung der Sportart Golf bestimmt; die Softspikes - eine abnehmbare Vorrichtung im vorbezeichneten Sinne - erschwert das Gehen und damit eine Verwendung für andere Zwecke. Das als Warenprobe vorgelegte Schuhpaar hat die für den Berichterstatter passende Größe und konnte daher von ihm anprobiert werden. Beim Gehen stellte sich heraus, dass die eingeschraubten Spikes im Fersenbereich unangenehm drücken, so dass das Gehen insoweit erschwert wird und man diese Schuhe jedenfalls mit eingeschraubten Spikes - und hierauf kommt es nach dem Wortlaut der Erläuterung an - normalerweise nicht als Straßenschuhe verwenden würde.
Ohne eingeschraubte Spikes sind die Schuhe indes ohne weiteres als Straßenschuhe nutzbar. Es mag sein, dass die Rutschfestigkeit auf glattem und feuchtem Untergrund gering ist, dieses Problem kann jedoch - je nach Sohlenprofil - auch bei „normalen” Straßenschuhen auftauchen. Letztlich ist dies jedoch unerheblich. Weder der Wortlaut der Position noch der Wortlaut der heranzuziehenden Anmerkungen und Erläuterungen verlangen, dass der Schuh ausschließlich für die betreffende Sportart genutzt werden kann, dass also jede andersartige Nutzung nicht in Betracht kommt. Im Gegenteil spricht die Unterpositionsanmerkung 1. a) zu Kapitel 64 gerade gegen eine solche Beschränkung. Wenn es für die Einreihung als anderer Sportschuh ausreicht, dass die Schuhe für die Anbringung einer bestimmten Vorrichtung hergerichtet sind, ist das Vorhandensein dieser für die bestimmte Sportart erforderlichen Vorrichtung also gerade nicht erforderlich und es liegt nahe, dass ein Schuh ohne die das Gehen auf Straßen erschwerende Vorrichtung dann eben unproblematisch auch abseits des Sportgeländes getragen werden kann. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die Grenze zwischen Sport, sonstiger Freizeit und Beruf in Bezug auf die Kleidung - einschließlich der Schuhe - zunehmend verwischt. Sportschuhe werden auch unter Inkaufnahme von Einschränkungen beim Gehkomfort zunehmend bei nicht sportlich motivierten Freizeitaktivitäten oder sogar im Beruf getragen. Auch dies spricht dafür, dass es für die hier zu entscheidende Einreihungsfrage nicht entscheidend sein kann, dass die Schuhe ohne Spikes und mit Abdeckkappe auch als Straßenschuhe zum Einsatz kommen können.
Schließlich ist unerheblich, dass die Spikes nicht mit den Schuhen eingeführt werden, sondern von den Käufern der Schuhe im Fachhandel gesondert gekauft werden müssen. Abgesehen davon, dass es sich bei den Spikes um ein in vielen verschiedenen Varianten verfügbares Zubehör handelt, ist nach der Unterpositionsanmerkung 1. a) zu Kapitel 64 die Herrichtung der Schuhe für diese Vorrichtungen ausreichend. Dass diese Vorrichtungen der Ware anliegen müssen, ergibt sich daraus nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage wegen grundsätzlicher Bedeutung, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, sowie im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.04.1998 (VII R 83/96) wegen Divergenz, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, zuzulassen.