06.12.2012
Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 26.09.2012 – 3 K 723/12
Auf Antrag des unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers ermittelt das Finanzamt nach § 39 a Abs. 1 Nr. 5 a EStG 2012 die Höhe eines vom Arbeitslohn insgesamt abzuziehenden Freibetrags unter anderen unter Berücksichtigung der Beträge nach den §§ 10 f, 7 i EStG, wie sie nach § 37 Absatz 3 EStG bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu berücksichtigen sind.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte.
Der Kläger wird beim beklagten Finanzamt zur Einkommensteuer veranlagt. Er reichte am 25.11.2011 einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung für 2012 ein. Darin beantragte er die Eintragung eines Freibetrags i.H.v. insgesamt 23.054 €. Die Eintragung sollte in Höhe der voraussichtlichen negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einer Eigentumswohnung erfolgen. Der Kläger hatte diese Eigentumswohnung (49,77/1000 Miteigentumsanteil) in einem unter Denkmalschutz stehenden Mehrfamilienwohnhaus in T, mit notariellem Kaufvertrag vom 02.07. bzw. 10.08.2010 zum Kaufpreis von 246.944,39 € erworben.
Bei den negativen Einkünften wird u.a. eine Absetzung für Abnutzung –AfA– nach § 7i EStG i.H.v. 19.415,51 € geltend gemacht, die mit 9 % aus Modernisierungskosten i.H.v. insgesamt 215.727,88 € ermittelt wurde. Eine Bescheinigung der zuständigen Denkmalbehörde der Stadt T über die Höhe der tatsächlich begünstigten Modernisierungskosten wurde nicht vorgelegt. Der Kläger legte stattdessen eine von der Stadt T erstellte „Vorauskunft zur Anerkennung von Aufwendung für die Bescheinigung gemäß §§ 7i, 10f und 11b EStG” vom 11.08.2010 vor. Hierin bescheinigt die Stadt T der B GmbH & Co. KG, dass die geplanten Arbeiten aufgrund der erteilten Baugenehmigungen grundsätzlich im Sinne der §§ 7i, 10f und 11b EStG nach Art und Umfang zur Erhaltung und zur sinnvollen Nutzung des genannten Objekts erforderlich scheinen. Jedoch sei nach Durchsicht der Unterlagen festzustellen, dass verschiedene Aufwendungen nicht zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich seien. Dies betreffe z.B. Aufwendungen für Dachterrasse und Loggien, Außenanlagen, den Einbau einer Klimaanlage, einer Sauna, einer Videogegensprechanlage und anderer Einrichtungen. Luxusgegenstände bzw. zeitgemäße Nutzungsverhältnisse übersteigende Maßnahmen seien nicht anzuerkennen.
Mit Bescheid über die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte 2012 vom 29.11.2011 berücksichtigte das Finanzamt die Modernisierungskosten lediglich im Wege einer linearen AfA (2 % = 4.314,55 €) und ermittelte einen Freibetrag i.H.v. nur 7.953,19 €. In den Erläuterungen führte das Finanzamt aus, dass die erhöhte Abschreibung gemäß § 7i EStG nicht als Freibetrag eingetragen werden könne, da die erforderliche endgültige Bescheinigung gemäß § 7i Abs. 2 EStG fehle. Eine vorläufige Bescheinigung reiche nicht aus. Statt der genannten AfA i.H.v. 9 % sei daher eine Abschreibung nach § 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG in Höhe von 2 % der Modernisierungskosten als Freibetrag berücksichtigt worden.
Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos.
Im Klageverfahren legte der Prozessbevollmächtigte den Antrag vom 15.06.2012 an die Stadt T auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß §§ 7 i, 10 f und 11 b EStG für Aufwendungen i.H.v. 207.129,77 €, das Abnahmeprotokoll für die Wohnung vom 30.12.2011 sowie den Mietvertrag über die Wohnung vom 01.02.2012 mit Mietbeginn ab dem 01.05.2012 vor.
Im Klageverfahren verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und führt zur Begründung im Wesentlichen aus:
Zwar habe er keine Bescheinigung gemäß § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG eingereicht, die vorgelegte Vorauskunft der Stadt T sei jedoch ausreichend, um die Durchführung des nach § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG erforderlichen Abstimmungsverfahren nachzuweisen. Das Finanzamt habe dann im Wege der Schätzung nach § 155 Abs. 2 i.V.m. § 162 Abs. 5 AO die Besteuerungsgrundlagen anzusetzen. Bei der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG handle es sich um einen Grundlagenbescheid, dessen verbindliche Feststellungen sich auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts beschränken, nämlich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes, sowie darauf, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich seien (vgl. FG Sachsen, Urteil vom 22.02.2012 2 K 42/12; Schmidt/Kulosa, EStG, 31. Aufl., § 7h, Rz. 7, § 7i, Rz. 7 m.w.N.). Der Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 5 AO unterlägen alle in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen und damit sowohl quantitative als auch qualitative Besteuerungsmerkmale. Auch der BFH habe festgestellt, dass das Finanzamt zur Schätzung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7i EStG verpflichtet sei (vgl. BFH-Beschluss vom 20.07.2010 X B 70/10, BFH/NV 2010, 2007).
Die vom Finanzamt zur Begründung der Ablehnung angeführte Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 22.07.2011 (Nichtanwendungserlaß) stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte. Zwar lägen dem BFH unter dem Az. X R 5/12 und X R 7/12 hinsichtlich der streitgegenständlichen Frage weitere Revisionsverfahren vor, jedoch sei es dem Kläger nicht zuzumuten, die nochmalige Bestätigung der BFH-Ansicht abzuwarten.
Der Klägervertreter beantragt, den Bescheid über die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte 2012 vom 29.11.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2012 insoweit aufzuheben, als damit der Eintrag des erhöhten Freibetrags nach § 7i EStG abgelehnt wurde und das Finanzamt zu verpflichten, diesen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte einzutragen.
Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:
Nach der Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 22.07.2011 (S 2198 B. 2.1 – 9/9 St. 32) ist der BFH-Beschluss vom 20.07.2010 (X B 70/10, BFH/NV 2010, 2007) über den entschiedenen Einzelfall nicht anzuwenden, da gemäß BFH-Urteil vom 22.09.2005 (IX R 13/04, BStBl II 2007, 373) die Bescheinigung der zuständigen Behörde gemäß § 7i Abs. 2 EStG materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung ist. Nach Verwaltungsmeinung sei bis zur Vorlage der Bescheinigung nach § 7i EStG ein Anspruch auf eine Steuervergünstigung noch nicht entstanden (§ 38 AO). Liege demnach eine Bescheinigung nicht vor, so könne weder im Rahmen einer Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO, noch bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 AO eine erhöhte Absetzung nach den §§ 7i, 7h EStG erfolgen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung und die dem Gericht vorliegenden Akten verwiesen.
Dem Gericht liegt die Rechtsbehelfsakte des Klägers hinsichtlich des Verfahrens auf den Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte 2012 vor.
Gründe
Die Klage hat zum großen Teil Erfolg.
Für das Lohnsteuerabzugsverfahren für 2012 ist ein Freibetrag bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 19.898 € anzusetzen, da eine Abschreibung nach § 7i Abs. 1 EStG zu berücksichtigen ist. Im Wege der Schätzung setzt der Senat hierbei 90 % der geltend gemachten Modernisierungskosten als Bemessungsgrundlage für den § 7 i EStG Abschreibungsbetrag an.
Auf Antrag des unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers ermittelt das Finanzamt nach § 39 a Abs. 1 Nr. 5 a EStG 2012 die Höhe eines vom Arbeitslohn insgesamt abzuziehenden Freibetrags unter anderen unter Berücksichtigung der Beträge nach den §§ 10 f, 7 i EStG, wie sie nach § 37 Absatz 3 EStG bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu berücksichtigen sind.
Nach § 7i Abs. 1 EStG in der im Streitjahr 2012 geltenden Fassung kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland gelegenen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, abweichend von § 7 Absatz 4 und 5 EStG im Kalenderjahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 % und in den folgenden vier Jahren bis zu 7% der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, absetzen. Der Abzugsbetrag kann nur gewährt werden, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen durch eine Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG nachgewiesen wird.
1. Bei der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, dessen verbindliche Feststellungen sich auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts beschränken, nämlich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes, sowie darauf, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Juli 2010 X B 70/10, BFH/NV 2010, 2007; BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 X R 8/08, BFHE 225, 431, BStBl II 2009, 960; Schmidt/Kulosa, EStG, 31. Auflage, § 7h Rz. 7, § 7i Rz. 7 m.w.N.; Kirchhof/Lambrecht, EStG, § 7 i Rz. 1). Als weitere Voraussetzung verlangt § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG, dass die Durchführung der Baumaßnahmen mit der Denkmalbehörde abgestimmt ist. Diese Fördervoraussetzung kann jedoch nicht nur durch die Bescheinigung im Sinn von § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG, sondern auch durch Schriftverkehr mit der zuständigen Behörde oder in sonstiger Weise belegt werden (BFH-Urteil vom 24. Juni 2009,BStBl II 2009, 960). Den Steuerpflichtigen trifft die objektive Darlegungslast, das heißt er hat alle erforderlichen Nachweise zu erbringen (vgl. Kirchhof/Lambrecht, EStG, § 7 i Rz. 1; Kleeberg in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7 i Rz. C 4a).
2. Im Streitfall hat der Kläger eine „Vorauskunft zur Anerkennung von Aufwendung für die Bescheinigungen gemäß §§ 7i, 10f und 11b EStG” vom 11.08.2010 vorgelegt. Hierin bescheinigt die Stadt T der B GmbH & Co. KG, dass die geplanten Arbeiten grundsätzlich im Sinne der §§ 7i, 10f und 11b EStG nach Art und Umfang zur Erhaltung und zur sinnvollen Nutzung des genannten Objekts erforderlich scheinen. Hiermit wird zwar bescheinigt, dass der Kläger das erforderliche Abstimmungsverfahren nach § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG durchführt. Bei der vorliegenden, sogenannten Vorauskunft handelt es sich jedoch nicht um eine Bescheinigung im Sinne von § 7i Abs. 2 EStG. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der vorgelegten Schreiben des Amts für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt ergibt, wird darin nur der Eingang eines Antrags auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß §§ 7i, 10f und 11b EStG und die grundsätzliche Erforderlichkeit der geplanten Sanierungsmaßnahmen bestätigt, aber noch keine Entscheidung mit verbindlichem Charakter zur Höhe der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen getroffen.
3. Der Kläger konnte die Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG zwar (noch) nicht vorlegen. Das Finanzamt hätte jedoch eine Ermessensentscheidung dahingehend treffen müssen, ob und ggf. in welcher Höhe es einen Abzugsbetrag nach §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO schätzt. Das Finanzamt darf nicht ohne Weiteres den Ansatz des geltend gemachten Abzugsbetrags vollständig unterlassen, sondern es hat den vorläufigen Ansatz eines Abzugsbetrags im Wege der Schätzung nach § 155 Abs. 2 i.V.m. § 162 Abs. 5 AO vorzunehmen.
4. Gemäß § 155 Abs. 2 AO kann ein Steuerbescheid auch dann erteilt werden, wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. Macht das Finanzamt von dieser Möglichkeit Gebrauch und übt sein Ermessen dahingehend aus, dass es vor Ergehen des Grundlagenbescheids aufgrund der Regelung in § 155 Abs. 2 AO – wie im Streitfall – einen Bescheid über die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte erlässt, muss es alle geltend gemachten Besteuerungsgrundlagen (also auch die gesamten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) berücksichtigen und selbst überprüfen (Klein/Rüsken AO, 10. Auflage, § 155 Rz 41 m.w.N.). Dies folgt aus dem Untersuchungsgrundsatz des § 88 Abs. 2 AO, wonach die Finanzbehörde alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen hat. Lassen sich die Besteuerungsgrundlagen nicht ohne Weiteres ermitteln, können die feststellungsbedürftigen Voraussetzungen nach § 162 Abs. 5 AO geschätzt werden.
Zwar können nach Auffassung des BFH (Beschluss vom 20. Juli 2010, BFH/NV 2010, 2007) nach § 162 Abs. 1 und 2 AO nur quantitative Größen, nicht aber qualitative Besteuerungsmerkmale geschätzt werden. Jedoch unterliegen der Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 5 AO alle in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen. Die Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 5 AO knüpft in systematischer Hinsicht nicht an die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 und 2 AO an. Deshalb können die Besteuerungsgrundlagen nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach geschätzt werden. Schätzungsanlass ist also das Fehlen des Grundlagenbescheides (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Juli 2010,BFH/NV 2010, 2007; Klein/Rüsken AO, 10. Auflage, § 162 Rz. 55; Seer bei Tipke/Kruse, AO/FGO, § 162 AO Rz. 87). Die Regelung der §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO soll verhindern, dass ein Steuerpflichtiger wegen Ermittlungsschwierigkeiten beim Grundlagenbescheid auf die Festsetzung des Folgebescheides warten muss (Seer bei Tipke/Kruse, AO/FGO, § 162 AO Rz. 85). Danach besteht eine Schätzungsbefugnis auch dann, wenn noch nicht einmal – wie im Fall des § 180 AO – eine entsprechende Steuererklärung vorliegt. Aus dem vom Finanzamt zur Begründung der Ablehnung angeführten Urteil des BFH vom 22. September 2005 (IX R 13/04, BStBl II 2007, 373) ergibt sich nach Auffassung des Senats nicht, dass das Amt an einer Schätzung bzw. an der Ausübung eines Ermessens wegen der Entscheidung gehindert wäre. Im Übrigen wäre diese Entscheidung dann durch den Beschluss vom 20. Juli 2010 (BFH/NV 2010, 2007) zumindest teilweise überholt. Zudem ist die Schätzungsbefugnis im Streitfall auch deshalb gerechtfertigt, weil die Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte streitig ist. Die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale steht nach § 39 Abs. 1 Satz 4 EStG unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, sodass das Finanzamt spätere Änderungen im Einkommensteuerbescheid vornehmen kann. Gerade weil § 162 Abs. 5 AO auch eine qualitative Schätzung zulässt, hat die Finanzbehörde dann, wenn sie aufgrund des nach § 155 Abs. 2 AO ausgeübten Ermessens vor Ergehen des Grundlagenbescheides den Folgebescheid erlässt, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu schätzen.
5. Das Finanzamt hat bei der Ausübung seines Ermessens alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung bekannt sein konnten. Innerhalb der Schätzungsbefugnis hat die Finanzbehörde daher die Frage zu beantworten, ob sie im Streitfall die gesetzlichen Vorgaben eines Abzugsbetrags nach § 7i EStG vorläufig als gegeben ansieht. Falls sie mit seiner Schätzung von der Steuererklärung abweichen will, muss sie auch insoweit überprüfbar darlegen, aus welchem Grund die Anerkennung versagt werden soll (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 20. Juli 2010, a.a.O.; Urteile des Sächsischen Finanzgerichts vom 22.02.2012 2 K 42/12, EFG 2012, 1001; und vom 11.01.2012 2 K 1416/11, juris; Blümich/Erhard, EStG, § 7 i Rz. 41). Eine solche Schätzung hat der Beklagte nicht vorgenommen, da er der Auffassung ist, dass bis zur Vorlage der Bescheinigung nach § 7i EStG ein Anspruch auf eine Steuervergünstigung noch nicht entstanden sei. Die Entscheidung über die Eintragung eines Freibetrages nach § 39 a Abs. 1 Nr. 5 a i.V.m. § 37 Abs. 3 EStG 2012 ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (Schmidt/Krüger, EStG, § 39 a Rz. 5), die gemäß § 102 FGO (i.V.m. § 121 FGO) zwar grundsätzlich nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegt. Gleichwohl kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zur Berücksichtigung eines § 7 i EStG Abzugsbetrages aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO), wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (vgl. zur Ermessensreduzierung auf Null: BFH-Urteile vom 25. Januar 1996 IV R 91/94, BFHE 180, 61, BStBl II 1996, 289; vom 25. November 1997 IX R 28/96, BFHE 185, 94, BStBl II 1998, 550). Das ist hier der Fall. Nach den Umständen des Streitfalles kommt nur die Berücksichtigung eines § 7 i EStG Abzugsbetrages in Betracht.
6. Das Gericht hat gemäß § 96 Abs. 1 FGO i.V.m. § 162 AO auch selbst die Befugnis zur Schätzung. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die bei der Schätzung von Bedeutung sind.
Im Streitfall sind die wesentlichen Voraussetzungen des § 7i EStG bekannt. Aufgrund des notariellen Kaufvertrages vom 2. Juli 2010, der darin enthaltenen Kaufpreisaufteilung und der Vorauskunft des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt T vom 11. August 2010 steht fest, dass eine Wohnung in einem Denkmal saniert wird und dem Kläger daraus Herstellungskosten für Baumaßnahmen entstanden sind, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. Das Gebäude ist saniert und die Wohnung ab dem 01.05.2012 vermietet worden. Derzeit noch unbekannt ist die genaue Höhe der Aufwendungen, die auf das Baudenkmal im Sinne von § 7i Abs. 1 Satz 1, 2 EStG aufgewendet wurden. Die Obergrenze des Schätzungsrahmens ergibt sich aus dem im Antrag vom 15.06.2012 an die Stadt T auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß §§ 7 i, 10 f und 11 b EStG geltend gemachten Aufwendungen i.H.v. 207.130 €. Davon ist ein angemessener Abschlag zu machen, da weder der Beklagte noch das Gericht über ausreichend Sachkenntnis darüber verfügen, ob alle geltend gemachten Aufwendungen – die zudem in detaillierter Form auch nicht vorgelegt wurden – tatsächlich solche im Sinne von § 7i Abs. 1 EStG sind. Dies ist ja gerade Gegenstand der Prüfung durch die Denkmalbehörde. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die getätigten Aufwendungen für Dach, Fenster, Fassade, Heizung, Sanitär, Treppenhaus etc. notwendig zur zeitgemäßen Nutzung des Gebäudes sind. Es erscheint daher ein Sicherheitsabschlag von 10% gerechtfertigt, um solche Aufwendungen zu erfassen, die möglicherweise nicht die Voraussetzungen des § 7i EStG erfüllen, wie Luxusgegenstände bzw. zeitgemäße Nutzungsverhältnisse übersteigende Maßnahmen (ebenso Urteile des Sächsischen Finanzgerichts vom 22.02.2012 2 K 42/12, EFG 2012, 1001; und vom 11.01.2012 2 K 1416/11, juris).
Berechnung des Freibetrages: | ||
Einnahmen | 7.036 € | |
- AfA nach § 7 i EStG | 16.777 € | |
- Schuldzinsen | 9.500 € | |
- sonstige Werbungskosten | 657 € | |
= Werbungskosten gesamt | 26.934 € | - 26.934 € |
= Einkünfte aus dem Objekt | - 19.898 € |
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage für notwendig erklärt (§ 139 Abs, 3 Satz 3 FGO).