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  • 22.10.2012

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 08.08.2012 – 2 K 221/11

    Veräußert ein in Belgien ansässiger Mitunternehmer einer Schiffs-KG mit Sitz in Deutschland seinen Mitunternehmeranteil und wird ihm aus diesem Anlass anteilig der auf ihn entfallende Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 EStG Mitunternehmeranteil zugerechnet, steht Deutschland das Besteuerungsrecht zu, und zwar unabhängig davon, ob der Gewinn als laufender oder als Veräußerungsgewinn zu qualifizieren ist.


    Tatbestand

    Streitig ist, ob der Gewinn aus der Hinzurechnung eines Unterschiedsbetrages gem. § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der deutschen Besteuerung unterliegt.

    Die Klägerin hat ihren Wohnsitz seit 1998 in Belgien. Seit 2003 war sie mit einem Kommanditanteil in Höhe von ... EUR an der MS „A” Schiffahrtgesellschaft mbH Co KG, der Beigeladenen, die in den Streitjahren 2006 und 2008 ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in Hamburg hatte, beteiligt. Die Beigeladene betrieb und betreibt ein Seeschiff im internationalen Verkehr, sie verfügt weder über Grundvermögen noch über eine ausländische Betriebsstätte. Mit (Teil-) Übertragungsvertrag vom ... 2006 übertrug die Klägerin per ... 2006 90 % ihrer Beteiligung (... EUR) auf ihren damaligen Ehemann und den verbliebenen Anteil von 10 % (... EUR) per ... 2008 auf die B Holding GmbH Co KG.

    Mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 vom 26.06.2009 und für 2008 vom 17.02.2010 stellte der Beklagte u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Klägerin in 2006 von ... EUR sowie in 2008 von ... EUR fest. Hierin enthalten war jeweils ein nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG hinzuzurechnender Unterschiedsbetrag, und zwar 2006 in Höhe von ... EUR (... EUR betreffend Seeschiff und ./. ... EUR betreffend Fremdwährungsdarlehen) und 2008 in Höhe von ... EUR (... EUR betreffend Seeschiff und ./. ... EUR betreffend Fremdwährungsdarlehen). Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und wurden der C Steuerberatungs GmbH als Empfangsbevollmächtigter der Beigeladenen bekannt gegeben.

    Am 04.05.2010 beantragte die C Steuerberatungs GmbH, den Feststellungsbescheid für 2008 gem. § 164 Abs. 2 AO zu ändern. Der hinzugerechnete Unterschiedsbetrag sei als Veräußerungsgewinn nach Art. 13 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern (DBA Belgien) im Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zu besteuern, dies sei im Falle der Klägerin Belgien. Diesen Antrag lehnte der Beklagte am 31.05.2010 ab, weil kein Veräußerungsgewinn erzielt worden sei. Z. T. beträfen die aufgelösten Unterschiedsbeträge zurückgeführte Fremdwährungsdarlehen, die in keinem Zusammenhang mit der Anteilsübertragung stünden. Im Übrigen falle die Auflösung des Unterschiedsbetrages lediglich zeitlich mit der Anteilsübertragung zusammen, stelle aber sachlich keinen Veräußerungsgewinn dar. Selbst wenn die Auflösung der Unterschiedsbeträge als Veräußerungsgewinn anzusehen sei, stehe Deutschland das Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Art. 22 Abs. 3 DBA Belgien zu.

    Unter dem 29.07.2010 beantragten die jetzigen Verfahrensbevollmächtigten für die Klägerin unter Hinweis auf deren beschränkte Steuerpflicht, die Feststellungsbescheide für 2006 und 2008 zu ändern und den Veräußerungsgewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrages nicht der deutschen Besteuerung zu unterwerfen. Dies lehnte der Beklagte am 06.08.2010 mit der nämlichen Begründung des ablehnenden Bescheides vom 31.05.2010 ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch vom 09.09.2010 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 03.11.2011 zurückgewiesen. Am 07.12.2011 hat die Klägerin Klage erhoben.

    Die Klägerin ist der Auffassung, dass der aufgelöste Unterschiedsbetrag keinen Unternehmensgewinn, sondern einen Veräußerungsgewinn darstelle, dessen Besteuerung nach Art. 13 Abs. 3 DBA Belgien dem Ansässigkeitsstaat der Klägerin, Belgien, gebühre. Unabhängig von der innerstaatlichen rechtlichen Beurteilung, ob der im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters hinzuzurechnende Unterschiedsbetrag einen Veräußerungsgewinn i. S. von §§ 16, 17 EStG darstelle, sei der Unterschiedsbetrag jedenfalls in abkommensrechtlicher Hinsicht als Veräußerungsgewinn i. S. von Art. 13 DBA Belgien zu qualifizieren. Dessen Sinn sei es, alle Besteuerungsformen zu erfassen, durch die stille Reserven einer Besteuerung zugeführt würden. Dies schließe den Unterschiedsbetrag ein, der die historischen, vor dem Übergang zur Besteuerung nach der Tonnage entstandenen stillen Reserven abbilde. Lege man die anlässlich der Veräußerung erfolgende Auflösung des Unterschiedsbetrages nicht als Veräußerungsgewinn im Sinne des Abkommensrechts aus, würden sämtliche Gewinne im Rahmen der deutschen Tonnagebesteuerung als laufende Gewinne behandelt und der abkommensrechtliche Vorrang von Art. 13 Abs. 3 DBA Belgien vor Art. 7 und 8 DBA Belgien umgangen.

    Demgegenüber komme eine Besteuerung entsprechend Art. 13 Abs. 2 DBA Belgien nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift gebühre dem Betriebsstättenstaat Deutschland das Besteuerungsrecht, wenn die Beigeladene der Klägerin durch ihre gesellschaftsrechtliche Beteiligung eine Betriebsstätte in Deutschland vermittle. Dies sei nach Art. 4 Abs. 1 Halbsatz 2 DBA Belgien aber nicht der Fall, weil die Personengesellschaft danach selbst als abkommensberechtigt angesehen werde.

    Die Klägerin beantragt,

    unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung vom 06.08.2010 und der Einspruchsentscheidung vom 03.11.2011 den Beklagten zu verpflichten, die Gewinnfeststellungsbescheide für 2006 vom 26.06.2009 und für 2008 vom 17.02.2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass die hinzugerechneten Unterschiedsbeträge in 2006 von ... EUR und in 2008 von ... EUR außer Ansatz bleiben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass Art. 13 DBA Belgien bereits deshalb nicht eingreife, weil die Auflösung des Unterschiedsbetrages nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht zu einem Veräußerungsgewinn führe. Dies gelte auch aus abkommensrechtlicher Sicht. Da weder das DBA Belgien noch das OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (OECD-MA) eine Definition des Veräußerungsgewinns enthalte, richte sich die Auslegung nach innerstaatlichem Recht. Die Auflösung der in der Vergangenheit gebildeten und in dem Unterschiedsbetrag abgebildeten stillen Reserven stehe nur zeitlich im Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang, stelle aber keine Besteuerung des Veräußerungsvorgangs dar. Folglich seien Art. 7 und Art. 8 DBA Belgien für die Besteuerung laufender Unternehmensgewinne anzuwenden, die das Besteuerungsrecht Deutschland zuwiesen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Sitzungsniederschriften über den Erörterungstermin und die Senatssitzung Bezug genommen.

    Mit Beschluss vom 12.06.2012 ist die MS „A” Schiffahrtsgesellschaft mbH Co KG gem. § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen worden.

    Es haben ein die Klägerin betreffender Auszug aus der Feststellungsakte zu Steuernummer .../.../... nebst Rechtsbehelfsakte und Akte Allgemeines vorgelegen.

    Gründe

    I.

    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin sowohl als ausgeschiedene Gesellschafterin nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als auch als von einer Feststellung persönlich Betroffene gem. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO klagebefugt. Insoweit ist sie auch befugt, Änderungsanträge i. S. von § 164 Abs. 2 AO für diese Feststellungsbescheide zustellen (§ 352 Abs. 1 Nr. 3 und 5 AO; s. a. Buciek in Beermann/Gosch, AO, § 164 Rz. 83 m. w. N.).

    II.

    Die Klage ist aber unbegründet. Die Feststellungsbescheide für 2006 und 2008 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

    1. Bezüglich des Streitjahres 2008 ist das Gericht nicht an einer rechtlichen Prüfung des Änderungsantrages vom 29.07.2010 dadurch gehindert, dass der Beklagte bereits über den ebenfalls auf die beschränkte Steuerpflicht gestützten, offensichtlich namens der Beigeladenen geltend gemachten Änderungsantrag vom 04.05.2010 durch formell bestandskräftigen Bescheid vom 31.05.2010 entschieden hatte. Denn der Feststellungsbescheid 2008 stand weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, der die Klägerin berechtigte, aus eigenem Recht einen Änderungsantrag zu stellen (§ 352 Abs. 1 Nr. 3 und 5 AO, § 48 Abs. 1 Nr. 3 und 5 FGO).

    2. Der Beklagte hat zu Recht in den Streitjahren den aufgelösten anteiligen auf die Klägerin entfallenden - und der Höhe nach nicht streitigen - Unterschiedsbetrag gem. § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet.

    a) Gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind die einkommen- und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte gesondert festzustellen. Hierunter fällt bei den Einkünften einer gewerblich tätigen Personengesellschaft die Summe der Gewinnanteile i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, die in der Person der Mitunternehmer der Personengesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtig sind. Aus dem Gewinn der Personengesellschaft sind deshalb sowohl die in der Bundesrepublik Deutschland nicht steuerbaren als auch die hier steuerfreien Einkünfte auszuscheiden. Nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO können die nach einem DBA steuerfreien Einkünfte zusätzlich gesondert festgestellt werden, wenn sie -- z. B. aus Gründen eines Progressionsvorbehaltes -- bei der Festsetzung der Steuern der beteiligten Mitunternehmer von Bedeutung sind. Als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb” der Gesellschafter einer Personengesellschaft dürfen danach nur die steuerpflichtigen Einkünfte festgestellt werden (s. a. BFH vom 24.02.1988 I R 95/84, BStBl II 1988, 663).

    b) Die Klägerin hat keine nach DBA Belgien steuerfreien von der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen i. S. von § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO auszunehmende Einkünfte bezogen. Die Klägerin hatte ihren Wohnsitz in den Streitjahren in Belgien und war mit ihren Einkünften i. S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG i. V. m. §§ 15 f. EStG in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Ihre gewerblichen Mitunternehmereinkünfte unterliegen der deutschen Besteuerung. Der Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages gem. § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG ist als laufender Unternehmensgewinn i. S. von Art. 7 Abs. 1 DBA Belgien zu qualifizieren (aa). Das Besteuerungsrecht gebührt Deutschland aber ebenfalls, wenn die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages als Veräußerungsgewinn i. S. von Art. 13 DBA Belgien anzusehen ist (bb). Im Ergebnis gilt nichts anderes, wenn statt auf die Klägerin auf die Beigeladene als Unternehmen im abkommensrechtlichen Sinn abgestellt wird (cc).

    aa) Die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages führt zu einem laufenden Unternehmensgewinn i. S. von Art. 7 Abs. 1 DBA Belgien. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA Belgien werden laufende Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates in diesem Staat besteuert, es sei denn, die Tätigkeit wird in dem anderen Vertragsstaat -im Streitfall Deutschland- durch eine dort belegene Betriebsstätte ausgeübt. Das DBA Belgien definiert ebenso wenig wie das OECD MA die Begriffe „Unternehmensgewinn” und „Veräußerungsgewinn”. Entsprechend Art. 3 Abs. 2 DBA Belgien ist daher für die Auslegung der nicht im Abkommen selbst definierten Begriffe auf das nationale Steuerrecht zurückzugreifen, sofern der Abkommenszusammenhang anderes nicht erfordert.

    Nach der nationalen Sichtweise führt die Auflösung und Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages zu laufendem Gewinn und nicht zu einem Veräußerungsgewinn i. S. von § 16 EStG. Mit Urteilen vom 19.07.2011 (IV R 42/10, BStBl II 2011, 878 und IV R 40/08, BFH/NV 2012, 393) hat der BFH entschieden, dass der dem Gewinn des Gesellschafters im Jahr seines Ausscheidens hinzuzurechnende Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 EStG nicht zu einem Veräußerungsgewinn i. S. von § 16 EStG führt. Gestützt wird dies zutreffend darauf, dass der Unterschiedsbetrag die bis zum Übergang vom Betriebsvermögensvergleich zur Tonnagebesteuerung vorhandenen stillen Reserven eines Wirtschaftsguts offenlegt, die erst später, u. a. bei Ausscheiden eines Gesellschafters in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils im Jahr des Ausscheidens besteuert werden. Insoweit handelt es sich um „eingefrorene” bzw historische stille Reserven aus der Zeit des Übergangs zur Tonnagebesteuerung und nicht um die im Zeitpunkt des Ausscheidens/ der Anteilsveräußerung vorhandenen stillen Reserven. Die Anknüpfung an diese historischen stillen Reserven zeigt, dass zwischen der Besteuerung des Unterschiedsbetrages und der Betriebsveräußerung nur ein zeitlicher, aber kein sachlicher Zusammenhang besteht (BFH vom 19.07.2011 IV R 42/10,  . a. O. Rz. 31). Für die Annahme eines -tarifbegünstigten- Betriebsaufgabegewinns stellt die Rechtsprechung aber darauf ab, dass die Gewinne gerade „im Rahmen der Aufgabe des Betriebs” anfallen, d. h. es muss sich um eine Gewinnrealisierung handeln, die sich in den sachlich abgrenzbaren Formen einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe vollzieht (BFH v. 05.07.2005 VIII R 65/02, BStBl II 2006, 160; BFH vom 17.10.2007 I R 96/06, BStBl II 2008, 583).

    Gründe, aus abkommensrechtlicher Sicht von dieser innerstaatlichen Betrachtungsweise abzuweichen, bestehen nicht. Die rechtliche Einordnung als laufender Unternehmensgewinn knüpft nicht daran an, dass in § 5a Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 EStG ausdrücklich angeordnet wird, dass der Tonnagegewinn die Einkünfte nach § 16 EStG umfasst und Tarifermäßigungsvorschriften, u. a. § 34 EStG nicht anzuwenden sind; sie stellt mithin nicht auf Spezifika der Tonnagebesteuerung ab, die abkommensrechtlich zu vernachlässigen wären. Entgegen der Auffassung der Klägerin gebietet auch allein der Umstand, dass es zu einer Besteuerung stiller Reserven kommt, die zeitlich an die Veräußerung des Mitunternehmeranteils anknüpft, nicht die Annahme eines Veräußerungsgewinns i. S. von Art. 13 DBA Belgien. Denn auch aus abkommensrechtlicher Sicht ist bei der Besteuerung von Wertzuwächsen auf das innerstaatliche Recht abzustellen. Nur wenn der Anwenderstaat eine fiktive Veräußerung oder einen Veräußerungstatbestand annimmt, ist die Besteuerung unter Art. 13 DBA Belgien zu subsumieren (vgl. BFH vom 09.12.2010 I R 49/09, BStBl II 2011, 482; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer Art. 13 MA Rz. 31). Dies ist im Streitfall nicht gegeben, die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages ist gerade nicht als Veräußerungsgewinn i. S. von § 16 EStG konzipiert, sondern als eine ergänzende Gewinnkomponente (Hennrichs/Kuntschik in H/S/M, § 5a EStG, E 24).

    bb) Unabhängig davon, ob die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages einen laufenden Gewinn i. S. von Art. 7 Abs. 1 DBA Belgien auslöst, gebührt das Besteuerungsrecht Deutschland auch bei Annahme eines Veräußerungsgewinns i. S. von Art. 13 DBA Belgien.

    Nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA Belgien werden Gewinne aus der Veräußerung beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte darstellt, die ein Unternehmen eines Vertragsstaates in dem anderen Vertragsstaat hat, in dem anderen Staat besteuert. Diese Regelung entspricht exakt der Zuordnungsanordnung in Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA Belgien für die laufenden Unternehmensgewinne. Maßgeblich ist danach in beiden Fällen, dass der gewerbliche Gewinn eines in dem einen Vertragsstaat ansässigen Unternehmens der in dem anderen Vertragsstaat bestehenden Betriebsstätte zuzurechnen ist. Diese Voraussetzungen werden im Streitfall in der Weise erfüllt, dass die Klägerin als in Belgien ansässiges Unternehmen die gewerblichen Gewinne durch ihre in Deutschland bestehende Betriebsstätte erzielt hat.

    Das Abkommensrecht behandelt die Beteiligung eines Mitunternehmers an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft als Unternehmen des Mitunternehmers (z. B. BFH vom 17.10.2007 I R 96/06, BStBl II 2008, 953; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Art. 7 MA Rz. 171, Art. 13 MA Rz 79; Kroppen in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA Kommentar, Art. 7 Rz. 49, Gosch in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA Kommentar, Art. 13 Rz. 62). Die Beigeladenen ist ein gewerbliches Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Hieran ist die Klägerin als in Belgien ansässige (Mit)Unternehmerin beteiligt, sie unterhält damit in Deutschland eine Betriebsstätte.

    Die Beteiligung an der Beigeladenen stellt bewegliches Vermögen dar, das der deutschen Betriebsstätte auch tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. zu Zurechnungsfragen BFH vom 13.02.2008 I R 63/06, BStBl II 2009, 414, 419). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligung funktional einer anderen Betriebsstätte der Klägerin, einer sog. Mitunternehmerbetriebsstätte in ihrem Ansässigkeitsstaat Belgien, zuzurechnen wäre. Derartiges hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht. Allein die bloße „Verwaltung” der Beteiligung am Wohnsitz der Klägerin in Belgien würde zur Begründung einer derartigen Betriebsstätte auch nicht ausreichen (s. a. Kempermann Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Steuerrecht, Rz. 3.36).

    Diese Besteuerungszuordnung gilt unabhängig davon, dass die Beigeladene als eine nach deutschem Recht errichtete KG gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 DBA Belgien auch selbst abkommensberechtigt ist und als eine ansässige Person i. S. von Art. 4 Abs. 1 DBA Belgien gilt. Denn diese Fiktion betrifft nur das Verhältnis zwischen dem Staat der Personengesellschaft -Deutschland-- und dem Quellen- bzw. Belegenheitsstaat und lässt die Besteuerung des Gesellschafters unberührt (BFH vom 17.10.2007 I R 96/06, BStBl II 2008, 953, betreffend das Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 18. Oktober 1989). Um die Zurechnung von Besteuerungssubstrat, das aus der Gewinnerzielung der Beigeladenen resultiert, geht es im Streitfall aber nicht, sondern um die davon zu unterscheidende Gewinnerzielung der Klägerin als Mitunternehmerin aus Anlass ihrer Anteilsveräußerungen. Insoweit ist sie die abkommensberechtigte Person.

    Entgegen der Annahme der Klägerin bleibt danach für die Anwendung von Art. 13 Abs. 3 DBA Belgien kein Raum. Diese Vorschrift weist das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung jedes anderen, in Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 DBA Belgien nicht genannten Vermögens allein dem Vertragsstaat zu, in dem der Veräußerer ansässig ist (im Streitfall Belgien). Diese Auffangvorschrift ist subsidiär gegenüber dem vorrangig anzuwendenden Art. 13 Abs. 2 DAB Belgien. Die abkommensrechtliche Anerkennung der Personengesellschaft als Gesellschaft i. S. von Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 DBA Belgien schlägt insoweit nicht auf den Mitunternehmer durch; der Gewinn aus der Veräußerung eines Kommanditanteil kann nicht mit dem unter Art. 13 Abs. 3 DBA Belgien zu subsumierenden Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gleichgesetzt werden (a. A. Wassermeyer, IStR 2011, 85, der die KG als Betreiber des Unternehmens ansehen will).

    cc) Aber selbst wenn der Auffassung der Klägerin gefolgt würde, dass aus der eigenständigen Abkommensberechtigung der KG nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und 4 DBA Belgien zu schließen sei, dass allein auf die Beigeladene als Unternehmen und auf deren Ansässigkeit i. S. von Art. 4 Abs. 1 DBA Belgien abzustellen sei, hätte die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Denn auch in diesem Fall wäre die Besteuerung des Gewinns unabhängig von der Einordnung als laufender oder Veräußerungsgewinn Deutschland als Geschäftsleitungsstaat zuzuweisen.

    Die abkommensrechtliche Zuordnung von Gewinnen aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr regeln als leges speciales Art. 8 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 13 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 22 Abs. 3 DBA Belgien. Danach werden Gewinne aus dem Betrieb bzw. aus der Veräußerung von Seeschiffen im internationalen Verkehr nur in dem Vertragsstaat besteuert, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Die Beigeladene hat ein Seeschiff im internationalen Verkehr betrieben. Ihre Geschäftsleitung befand sich in Deutschland. Der Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrages wäre bei dieser Betrachtung auch als Gewinn aus der Seeschifffahrt zu qualifizieren. Denn der Unterschiedsbetrag i. S. von § 5a Abs. 4 EStG bildet gerade den Wert (Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert) derjenigen Wirtschaftsgüter beim Übergang zur Tonnagebesteuerung ab, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, § 139 Abs. 4 FGO.

    Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.

    VorschriftenDBA Belgien Art. 7 Abs. 1, DBA Belgien Art. 13 Abs. 2, DBA Belgien Art. 13 Abs. 3, DBA Belgien Art. 22 Abs. 3, EStG § 5a Abs. 4