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  • 23.08.2012

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 15.02.2012 – 7 K 4708/09 E

    - Veräußerungsgewinne unterliegen nach § 32c Abs. 1 S. 4 EStG auch dann nicht der Tarifbegrenzung für Gewinneinkünfte (Entlastungsbetrag), wenn sie wegen Überschreitung der Höchstgrenze des § 34 Abs. 3 EStG von 5 Mio. EUR tatsächlich nicht ermäßigt besteuert werden.


    32c EStG stellt keine allgemeine Tarifvorschrift i.S.d. § 34 Abs. 3 EStG dar.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um die Gewährung der Tarifbegrenzung bei Gewinneinkünften nach § 32c EStG für Veräußerungsgewinne im Veranlagungszeitraum 2007.

    Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

    Im Jahr 2007 veräußerten beide ihren Anteil an der „I-”GmbH & Co. KG und erzielten jeweils einen Veräußerungsgewinn i.H.v. EUR 6.615.877,17. Dieser wurde mit Feststellungsbescheid vom 9.10.2008 durch das Finanzamt „J-Stadt” unter der Steuernummer „XXX/XXXX/XXX1” einheitlich und gesondert festgestellt.

    Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2007 beantragten beide Kläger die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG für ihren Veräußerungsgewinn. Dem Antrag wurde im Einkommensteuerbescheid vom 23.3.2009 entsprochen. Die Veräußerungsgewinne wurden unter Berücksichtigung des Höchstbetrages von jeweils EUR 5.000.000 ermäßigt besteuert.

    Der darüberhinausgehende Betrag des Veräußerungsgewinns wurde dem Regelsteuersatz nach § 32a EStG unter Anwendung des Splittingtarifes unterworfen.

    Das zu versteuernde Einkommen ohne Berücksichtigung des ermäßigt besteuerten Veräußerungsgewinnes von insgesamt EUR 10.000.000 betrug EUR 3.942.121, so dass der EUR 250.000 übersteigende Betrag der sog. „Reichensteuer”, d.h. dem Spitzensteuersatz von 45% nach § 32a Abs. 1 Nr. 5 EStG unterfiel.

    Gegen den Bescheid wandten sich die Kläger mit Einspruch vom 2.4.2009 und begehrten die Gewährung des Entlastungsbetrages nach § 32c EStG auf den Veräußerungsgewinn, soweit er jeweils EUR 5.000.000 übersteigt.

    Der Beklage wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3.12.2009 als unbegründet zurück.

    Hiergegen haben die Kläger am 28.12.2009 Klage erhoben.

    Sie verfolgen ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter.

    Zur Begründung tragen sie vor, bereits aus dem Wortlaut der Norm des § 32c Abs. 1 S. 4 EStG folge, dass nur Einkünfte, die ermäßigt besteuert werden , nicht als Gewinneinkünfte gelten.

    Der Gesetzgeber unterscheide gerade nicht dem Grunde und der Höhe nach sondern lediglich unter dem Gesichtspunkt des Ausschlusses einer Doppelbegünstigung.

    Dies ergebe sich auch aus der Historie der Gesetzesentstehung.

    Die ursprünglich vorgesehene Entlastung für Gewinneinkünfte habe noch keinen Ausschluss der tarifbegünstigten Einkünfte vorgesehen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens sei jedoch klar geworden, dass dies zu einer überproportionalen Entlastung führe. Dies habe zu einer Ergänzung des Gesetzentwurfes geführt mit dem Ziel, die Gewinneinkünfte dergestalt zu besteuern als habe es den Zuschlag auf die Einkommensteuer für Spitzenverdiener nicht gegeben (Vgl. BT-Drs. 16/2028).

    Dies ergebe sich sowohl aus der Stellungnahme des Bundesrates, der darum gebeten habe im Fall des Zusammentreffens von Steuerermäßigung und Tarifbegrenzung, die Regelungen so auszugestalten, dass Gewinneinkünfte in vollem Umfang von der Tariferhöhung ausgenommen würden und die Steuerbelastung nicht unter das für das Jahr 2006 geltende Niveau sinke.

    In der Begründung des Finanzausschusses (BT-Drs. 16/2028) werde ausgeführt, es käme durch die Überlagerung der verschiedenen Tarifsysteme zu einer überproportionalen Entlastung und die Einkommensteuer würde dann die Höhe unterschreiten, die sich ohne den Zuschlag für Spitzenverdiener ergebe. Auch hieraus werde deutlich, dass die geänderte Gesetzesformulierung lediglich eine Besserstellung der Gewinneinkünfte gegenüber dem Tarif 2006 ausschließen solle.

    In den Fällen des § 34 Abs. 1 EStG habe die Finanzverwaltung mittlerweile anerkannt, dass § 32c EStG Anwendung finde, wenn sich aus der Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG keine Entlastung ergebe.

    Für die Fälle des § 34 Abs. 3 EStG könne für den den Höchstbetrag überschreitenden Betrag nichts anderes gelten. Denn für diesen Betrag käme es grundsätzlich zunächst zur Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG mit der Folge, dass auch insoweit der Entlastungsbetrag nach § 32c EStG zu gewähren sei, wenn sich aus der Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG keine Entlastung ergebe.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 20.12.2011 dahingehend zu ändern, dass für den Veräußerungsgewinn, der jeweils EUR 5.000.000 übersteigt, der Entlastungsbetrag für Gewinneinkünfte nach § 32c EStG gewährt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung trägt er vor, die Tarifermäßigung für Gewinneinkünfte nach § 32c EStG sei nicht anwendbar, da nach § 32c Abs. 1 S. 4 EStG Einkünfte, die nach den §§ 34, 34b EStG ermäßigt besteuert werden, nicht als Gewinneinkünfte im Sinne der Sätze 1 und 2 gelten würden.

    Da der Veräußerungsgewinn antragsgemäß nach § 34 Abs. 3 EStG ermäßigt besteuert worden sei, könnten die Steuerpflichtigen für den Veräußerungsgewinn keine Steuerermäßigung mehr beanspruchen.

    Grundsätzlich sei der gesamte Veräußerungsgewinn nach § 34 Abs. 3 EStG begünstigt. Durch die Deckelung beschränke der Gesetzgeber die Begünstigung lediglich der Höhe und nicht dem Grunde nach. Aufgrund der Deckelung falle die Ermäßigung für den gesamten Gewinn geringer aus.

    Ergänzend verweist er auf ein zwischenzeitlich ergangenes Urteil des FG Nürnberg vom 21.9.2011 (3 K 1208/10, juris), welches seine Rechtsauffassung bestätigen würde.

    Der Einkommensteuerbescheid 2007 wurde in der Folgezeit aus anderen Gründen mehrfach geändert, zuletzt mit Bescheid vom 20.12.2011, in welchem das zu versteuernde Einkommen EUR 13.916.205 betrug, wovon EUR 10.000.000 nach § 34 Abs. 3 EStG ermäßigt besteuert wurden. Der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG betrug 25,0759 v.H.

    Gründe

    Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

    Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 20.12.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

    Der Beklagte hat zu Recht für den EUR 5.000.000 übersteigenden Teil des Veräußerungsgewinns nicht die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG gewährt, da der Veräußerungsgewinn der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG unterlag.

    Nach § 32c Abs. 1 EStG 2007 S. 1 ist von der tariflichen Einkommensteuer nach § 32a EStG ein Entlastungsbetrag für in dem zu versteuernden Einkommen enthaltenen Anteil an Gewinneinkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG abzuziehen.

    Dieser Anteil bemisst sich nach dem Verhältnis der Gewinneinkünfte zur Summe der Einkünfte. Einkünfte, die nach den §§ 34, 34b EStG ermäßigt besteuert werden, gelten nicht als Gewinneinkünfte im Sinne der Sätze 1 und 2 (§ 32c Abs. 1 S. 4 EStG 2007).

    Ermäßigt besteuert nach § 34 EStG werden außerordentliche Einkünfte, zu denen gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG auch Veräußerungsgewinne im Sinne des § 16 EStG gehören.

    Nach § 34 Abs. 3 S. 1 EStG kann unter bestimmten - im Streitfall unstreitig vorliegenden - Voraussetzungen auf Antrag des Steuerpflichtigen für solche Veräußerungsgewinne, die auf den Teil der außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer, der den Betrag von insgesamt EUR 5.000.000 nicht übersteigt, nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden. Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56% des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zu bemessen wäre.

    Auf das um die ermäßigt zu besteuernden Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen sind vorbehaltlich der Ermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden (§ 34 Abs. 3 S. 3 EStG).

    Das Verhältnis von § 32c EStG und § 34 Abs. 3 EStG ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und auch die Gesetzesmaterialien nehmen hierzu nicht explizit Stellung.

    Durch Auslegung des § 32c EStG 2007 - insbesondere Abs .1 S. 4 der Norm - ergibt sich jedoch, dass für den übersteigenden Teil des Veräußerungsgewinns nach § 34 Abs. 3 EStG kein Entlastungsbetrag nach § 32c EStG zu gewähren ist.

    Maßgebend für die Auslegung einer Norm ist der in der Vorschrift zum Ausdruck gekommene Zweck der Regelung, so wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und aus dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (BFH vom 14.10.1998 - X R 56/96, BStBl II 1999, 89)

    Steuerbegünstigungsvorschriften sind zwar unter sinnvoller Würdigung des mit ihnen verfolgten Regelungszweckes auszulegen; es darf aber kein durch das Gesetz nicht belegter Begünstigungstatbestand geschaffen werden (BFH vom 14.10.1998 - X R 56/96, BStBl II 1999, 89).

    Bereits aus dem Wortlaut des § 32c Abs. 1 S. 4 EStG und des § 34 Abs. 3 S. 3 EStG folgt, dass die Tarifbegrenzung des § 32c EStG auf den EUR 5.000.000 übersteigenden Teil des Veräußerungsgewinns nicht anwendbar ist.

    Dem Wortlaut nach sind „Einkünfte, die nach § 34…EStG ermäßigt besteuert werden” keine Gewinneinkünfte im Sinne des § 32c EStG.

    Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass die Wortwahl zwar zunächst darauf hindeutet, dass tatsächlich eine ermäßigte Besteuerung stattgefunden haben muss. Im Fall des § 34 Abs. 1 EStG ist dies auch unproblematisch, da dort die außerordentlichen Einkünfte stets in voller Höhe dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Im Fall des § 34 Abs. 3 EStG ist hingegen der ermäßigte Steuersatz i.H.v. 56% des Durchschnittssteuersatzes auf einen Veräußerungsgewinn i.H.v. EUR 5.000.000 beschränkt.

    Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 3 S. 3 EStG, auf den § 32c EStG Bezug nimmt, sind auf das verbleibende zu versteuernde Einkommen, d.h. das um den ermäßigt besteuerten Veräußerungsgewinn (max. EUR 5.000.000) vorbehaltlich des § 34 Abs. 1 EStG die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden. Damit ist auf den übersteigenden Teil qua Gesetz die Ermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden (Lindberg in: Blümich, EStG/KStG/GewStG § 34 EStG Rz. 16; Horn in: Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG § 34 EStG Rz. 85; FG Nürnberg vom 21.9.2011 - 3 K 1208/10, juris), so dass der ganze Veräußerungsgewinn tatsächlich ermäßigt besteuert wird und § 32c Abs. 1 S. 4 EStG erfüllt ist.

    Zudem ist in § 34 Abs. 3 S. 3 EStG kein Verweis auf § 32c EStG enthalten.

    Schließlich enthält § 32c Abs. 1 S. 4 EStG keine Einschränkung, dass Einkünfte im Fall des § 34 Abs. 3 EStG nur dann nicht als Gewinneinkünfte gelten, soweit sie ermäßigt besteuert werden. Dies wäre eine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers im Fall des § 34 Abs. 3 EStG, eine Beschränkung auf die EUR 5.000.000 vorzunehmen (So FG Nürnberg vom 21.9.2011 - 3 K 1208/10, juris).

    Auch nach der Gesetzessystematik von § 32c und § 34 EStG ist der Entlastungsbetrag für gewerbliche Einkünfte für den übersteigenden Teil des Veräußerungsgewinnes nicht zu gewähren.

    Der Gesetzgeber hat neben den beiden ermäßigten Steuersätzen in § 34 Abs.1 und § 34 Abs. 3 EStG für außerordentlichen Einkünfte eine Tarifermäßigung nach § 32c EStG für Gewinneinkünfte eingeführt. Aufgrund von Überschneidungen der Anwendungsbereiche außerordentliche Einkünfte und Gewinneinkünfte u.a. im Bereich der Veräußerungsgewinne, kann es zur Kollision der Vorschriften kommen.

    Diese Kollision hat der Gesetzgeber innerhalb des § 34 EStG in erster Linie durch die Ausgestaltung des § 34 Abs. 3 EStG als Wahlrecht des Steuerpflichtigen gelöst, so dass bis zu einer Höhe von EUR 5.000.000 nur eine der Ermäßigungen in Betracht kommt. Für den für den übersteigenden Teil des Veräußerungsgewinns wird durch den expliziten Verweis auf § 34 Abs. 1 EStG in § 34 Abs. 3 S. 3 EStG eine ermäßigte Besteuerung ermöglicht.

    § 34 Abs. 3 S. 3 EStG verweist daneben ausdrücklich auf die allgemeinen Tarifvorschriften. § 32c EStG ist zwar im Teil der Regelungen über den Tarif enthalten, stellt jedoch keine allgemeine Tarifvorschrift i.S.d. § 34 Abs. 3 EStG dar.

    Allgemeine Tarifvorschriften sind die Tarifvorschriften des § 32a EStG sowie die in § 32a S. 2 EStG 2007 ausdrücklich in Bezug genommenen §§ 32b, 34, 34b und 34c EStG (FG Nürnberg vom 21.9.2011 - 3 K 1208/10, juris; Horn in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 34 EStG Rz. 85). Nach diesen Normen ermittelt sich die tarifliche Einkommensteuer; in dieser Aufzählung ist § 32c EStG jedoch nicht enthalten.

    Dieses Ergebnis wird auch durch § 2 Abs. 6 EStG 2007 bestätigt, wonach die tarifliche Einkommensteuer u.a. um den Entlastungsbetrag nach § 32c EStG zu vermindern ist zur Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer (FG Nürnberg vom 21.9.2011 - 3 K 1208/10, juris).

    Während § 32b, 34, 34b und 34c EStG besondere Steuersätze enthalten, die den allgemeinen Steuersatz des § 32a EStG verdrängen, enthält § 32c EStG bereits seinem Wortlaut nach einen Entlastungsbetrag, der den allgemeinen Einkommensteuertarif nach § 32a EStG weiterhin anwendbar lässt und die tarifliche Einkommensteuer lediglich vermindert (vgl. Loschelder in: Schmidt, EStG 30. Aufl., § 32a Rz. 4).

    Somit beeinflusst der Entlastungsbetrag die tarifliche Einkommensteuer nicht (Schiffers, DStZ 2006, 755, 756).

    § 32c EStG regelt die Konkurrenz zu § 34 EStG in § 32c Abs. 1 S. 4 EStG mit einem Ausschluss der Tarifbegrenzung, wenn die Einkünfte nach § 34 EStG ermäßigt besteuert werden.

    Der EUR 5.000.000 übersteigende Teil des Veräußerungsgewinns wird entgegen der Ansicht des Klägers ebenfalls ermäßigt besteuert (s.o. zur Wortlautauslegung). Denn § 34 Abs. 3 S. 1 EStG verweist auf den ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG für das verbleibende zu versteuernde Einkommen. Da in diesem auch der übersteigende Teil des Veräußerungsgewinns enthalten ist, wird dieser damit nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt besteuert.

    Im konkreten Fall hat der Beklagte zwar mit Billigung der Kläger von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1 EStG abgesehen, da dieser im Vergleich zur Anwendung des Regeltarifes zu einer höheren Steuer geführt hätte.

    Hierbei handelt es sich um eine teleologische Einschränkung des § 34 Abs. 1 EStG, der eine solche Günstigerprüfung nicht vorsieht, zugunsten des Steuerpflichtigen. Denn der Steuerpflichtige soll durch eine Tarifermäßigung nicht höher belastet werden als durch den Regeltarif.

    Hieraus kann der Kläger jedoch keinen Anspruch herleiten, statt dessen eine andere Begünstigung in Form der Tarifbegrenzung des § 32c EStG zu erhalten.

    Dass die Finanzverwaltung in den Fällen, in denen bei Vorliegen außerordentlicher Einkünfte ausschließlich der ermäßigte Tarif des § 34 Abs. 1 EStG zur Anwendung kommt,

    auf Antrag eine Günstigerprüfung durchführt, ob § 34 Abs. 1 EStG oder der Regeltarif unter Berücksichtigung des § 32c EStG zu einem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis führt (vgl. Verfügung des FinMin Schleswig-Holstein vom 4.8.2010 - VI 305 - S 2283 a - 003, juris; OFD Münster vom 24.8.2010, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 14/2009 n.v.; Drenseck in: Schmidt, EStG § 34 Rz. 57), bedeutet entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls nicht, dass auch bei der im Fall des § 34 Abs. 3 EStG durchgeführten Günstigerprüfung für den EUR 5 Mio. übersteigenden Teil zusätzlich die Tarifermäßigung des § 32c EStG zu gewähren wäre.

    Denn in den Fällen des § 34 Abs. 1 EStG werden die Gewinneinkünfte i.S.d. § 32c EStG im Fall der Günstigerprüfung zu Gunsten des § 32c EStG tatsächlich nicht nach § 34 EStG ermäßigt besteuert, sondern in voller Höhe dem Regeltarif unterworfen, wohingegen bei Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG immer noch eine ermäßigte Besteuerung erfolgt.

    Diese Auslegung führt auch nicht zu einer unangemessenen, systemwidrigen Benachteiligung der Steuerpflichtigen.

    Denn im Gegensatz zu § 34 Abs. 1 EStG stellt der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen dar, da er nur auf Antrag gewährt wird.

    Stellt der Steuerpflichtige diesen Antrag nicht, wird für den Veräußerungsgewinn qua Gesetz der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG gewährt, was nach § 32c Abs. 1 S. 4 EStG die Anwendung der Tarifbegrenzung zwar ausschließt. Aufgrund der von der Finanzverwaltung anerkannten Günstigerprüfung besteht jedoch die Möglichkeit, sofern die Anwendung des § 32c EStG auf den gesamten Veräußerungsgewinn für den Steuerpflichtigen zu einer niedrigeren Steuer führen würde, die Tarifbegrenzung des § 32c EStG an Stelle des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1 EStG in Anspruch zu nehmen.

    Schließlich folgt auch aus dem Sinn und Zweck der Tarifbegrenzung, wie er sich aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ergibt, dass die Tarifbegrenzung des § 32c EStG für den EUR 5.000.000 übersteigenden Betrag nicht anwendbar ist.

    Der Gesetzgeber wollte die verschiedenen Tarifsysteme des ermäßigten Steuersatzes einerseits und des Entlastungsbetrages auf die tarifliche Einkommensteuer andererseits voneinander trennen und die Begünstigung nur nach einer der beiden Vorschriften gewähren.

    § 32c Abs. 1-3 EStG wurde durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19.7.2006 (BGBl I 2006, 1652) in das Gesetz eingeführt. Mit dieser Norm sollte die Einführung der sog. Reichensteuer, d.h. die Erhöhung des Spitzensteuersatz von 42 v.H. auf 45 v.H. ab einem zu versteuernden Einkommen von EUR 250.001 an, für Gewinneinkünfte kompensiert werden, weil diese Einkunftsarten nach der Gesetzesbegründung mit einem speziellen unternehmerischen Risiko behaftet sind (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Steueränderungesetzes vom 18.5.2006, BT-Drs. 16/1545, S. 15). § 32c Abs. 1 S. 4 EStG war in dem ursprünglichen Gesetzesentwurf noch nicht enthalten (BT-Drs. 16/1545, S. 4). Erst auf Anregung des Bundesrates, der darauf hinwies, es könne im Fall des Zusammentreffens von Gewinneinkünften mit tarifermäßigt zu besteuernden Einkünften nach § 34 EStG dazu kommen, dass der Entlastungsbetrag nach § 32c EStG gewährt werde, auch wenn der Steuersatz wegen der Tarifermäßigung die 42 v.H. Grenze nicht überschreite (BT-Drs. 16/1859, S. 6), wurde § 32c Abs. 1 S. 4 EStG eingefügt.

    Durch die Überlagerung der verschiedenen Tarifsysteme kommt es ansonsten zu einer überproportionalen Entlastung. Die Einkommensteuer würde die Höhe der Einkommensteuer unterschritten, die sich ohne die Reichensteuer ergäbe. Außerordentliche Einkünfte werden daher bei der Ermittlung des Entlastungsbetrages nicht berücksichtigt. Sie werden ausschließlich nach den für sie geltenden ermäßigten Tarifen besteuert (so ausdrücklich BT-Drs. 16/2028, S. 10; Tausch/Plenker, DB 2006, 1512, 1518; Debus in: Bordewin/Brandt, EStG, § 32c Rz. 26; FG Nürnberg vom 21.9.2011 - 3 K 1208/10, juris).

    Im vorliegenden Fall überschreitet der auf den Veräußerungsgewinn anzuwendende Steuersatz nicht die 42 v.H. Grenze.

    Durch Gewährung des ermäßigten Steuersatzes - im Streitfall 25,0759 v.H. - für EUR 10.000.000 wird die Anwendung des Spitzensteuersatzes von 45 v.H. auf den übersteigenden Teil des Veräußerungsgewinnes kompensiert.

    Sollte diese Kompensation nicht eintreten, bestünde die Möglichkeit, durch eine entsprechende Ausübung des Wahlrechts den Veräußerungsgewinn insgesamt der Tarifbegrenzung nach § 32c EStG zu unterwerfen, falls nicht § 34 Abs. 1 EStG noch günstiger sein sollte.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

    Die Rechtsfrage betrifft zwar ausgelaufenes Recht; aufgrund der existierenden Verwaltungsanweisungen aus dem Jahr 2010 und dem jüngst ergangenen Urteil des FG Baden-Württemberg ist jedoch davon auszugehen, dass es eine Vielzahl von Fällen gibt, bei denen das Verhältnis von § 34 Abs. 3 EStG und § 32c EStG entscheidungserheblich sein kann.

    VorschriftenEStG § 16, EStG § 32c Abs. 1 Satz 1, EStG § 32c Abs. 1 Satz 4, EStG § 34 Abs. 1, EStG § 34 Abs. 3 Satz 1, EStG § 34 Abs. 3 Satz 3