Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 23.08.2012

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Gerichtsbescheid vom 16.02.2012 – 8 K 8236/09

    1. Im Falle des Übergangs eines Teilbetriebs durch Abspaltung entsteht ein Übernahmegewinn bzw. Übernahmeverlust nur, wenn die übernehmende Körperschaft Anteile an der übertragenden Körperschaft im Betriebsvermögen gehalten hat. § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG kann nicht entsprechend angewendet werden, wenn es an einer Beteiligung im vorgenannten Sinne fehlt.

    2. Ein Gerichtsbescheid ist nicht vorläufig vollstreckbar.


    IM NAMEN DES VOLKES

    GERICHTSBESCHEID

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 8. Senat – am 16. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … und die Richterin am Finanzgericht …

    für Recht erkannt:

    Der Körperschaftsteuerbescheid 2006, der Bescheid für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag, der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2006 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006, alle vom 23. Dezember 2008, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2009 werden dahingehend geändert, dass ein Übernahmegewinn in Höhe von 784.289,76 EUR unberücksichtigt bleibt.

    Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

    Tatbestand:

    Der Gesellschafter A., war an der X. GmbH zu 50 % beteiligt. Weiterer Gesellschafter war Herr B.. Die Gesellschafter vereinbarten im März 2006 die Aufteilung des Unternehmens in zwei Teilbetriebe (Teilbetrieb „B.” und Teilbetrieb „A.”) und legten rückwirkend zum 1. Januar 2006 für beide Teilbetriebe einen separaten Buchungskreis an. Zudem wurde für jeden Teilbetrieb zum 31. Dezember 2006 ein separater Jahresabschluss gefertigt.

    Am 24. April 2007 schlossen die Gesellschafter einen notariell beurkundeten Spaltungsund Übernahmevertrag nach §§ 123 Abs. 2 Nr. 1, 124 ff. Umwandlungsgesetz – UmwG – Danach übertrug die X. GmbH den Teilbetrieb „A.” im Wege der Abspaltung zur Aufnahme als Gesamtheit auf die Klägerin. Als Ausgleich dafür gewährte die Klägerin ihrem Gesellschafter A. einen Geschäftsanteil zum Nennwert von 5.000 EUR. Als Spaltungsstichtag wurde der 31. Dezember 2006 vereinbart. Die Klägerin führte die auf sie übergehenden Teile des Vermögens der X. GmbH mit den Buchwerten fort.

    Der Beklagte führte für das Streitjahr 2006 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Dabei stellte er fest, dass die Klägerin die Übernahme des Vermögens nicht in der Bilanz für 2006 erfasst hatte. Nach den unbestrittenen Ausführungen des Betriebsprüfungsberichts sind im Zusammenhang mit der Abspaltung Kosten i.H.v. 158.344,32 EUR entstanden, von denen 79.118,59 EUR auf den Teilbetrieb „A.” entfallen. Die in diesem Zusammenhang eingeschaltete Prüferin des Finanzamtes für Körperschaften III vertrat die Auffassung, dass tatsächlich zwei Teilbetriebe vorgelegen hätten und der Vorgang deshalb grundsätzlich nach § 15 Umwandlungssteuergesetz – UmwStG – zu beurteilen sei. Nach der Abspaltungsbilanz der übertragenden Rechtsträgerin sei als steuerlicher Übertragungsstichtag der 31. Dezember 2006 anzunehmen, so dass der Spaltungsvorgang dem Streitjahr zuzuordnen sei. Den Gewinn aus dem Vermögensübergang ermittelte sie dergestalt, dass sie das auf den Teilbetrieb „A.” entfallende Eigenkapital in Höhe von 789.289,76 EUR um den Nennwert des für die Übertragung gewährten Geschäftsanteil verminderte. Der demnach in Höhe von 784.289,76 EUR entstandene Übernahmegewinn sei außerbilanziell zu korrigieren. Allerdings betrage der steuerfreie Gewinn nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG nur 748.206,71 EUR. Die dem Teilbetrieb „A.” zuzurechnenden Umwandlungskosten i.H.v. 79.118,59 EUR seien nämlich abzuziehen, weshalb sich unter Berücksichtigung eines Anpassungsbetrages aus den Vorprüfungen i.H.v. 43.035,54 EUR der steuerfreie Übernahmegewinn in der genannten Höhe ergäbe.

    Die Beklagte erließ daraufhin am 23. September 2008 geänderte Steuerbescheide, gegen die die Klägerin Einspruch einlegte. Sie führte aus, dass nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG der Übernahmegewinn als Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert der untergehenden Anteile an der übertragenden Gesellschaft und dem Wert des übernehmenden Vermögens der übertragenden Gesellschaft zu ermitteln sei. Da die Norm zwingend eine Beteiligung der übernehmenden Gesellschaft an der übertragenden Gesellschaft voraussetze und sich die Anwendung des § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG auf den Übernahmegewinn abzüglich der Kosten des Vermögensübergangs beschränke, soweit dieser dem Anteil der übernehmenden Gesellschaft an der übertragenden Gesellschaft entspreche, sei § 12 UmwStG nicht anwendbar, wenn keine Beteiligung der übernehmenden Gesellschaft an der übertragenden Gesellschaft bestehe. Sie, die Klägerin, sei nicht an der X. GmbH beteiligt gewesen. Ein Übernahmegewinn sei demzufolge gar nicht entstanden.

    Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Er wies darauf hin, dass nach § 15 UmwStG die Vorschrift des § 12 UmwStG nur entsprechend anzuwenden sei. Aus der Vorschrift des § 12 UmwStG gehe erkennbar hervor, dass nur der aus der Umwandlung resultierende, um die Kosten geminderte Gewinn steuerfrei sein solle. Dies müsse entsprechend für die Abspaltung gelten, auch wenn die Klägerin nicht an der übertragenden Gesellschaft beteiligt gewesen sei. Ein anderes Ergebnis lasse sich auch nicht aus der Kommentierung von Dötsch zum Umwandlungssteuergesetz herleiten. Dort werde zwar die Auffassung vertreten, dass ein Übernahmegewinn nur dann und insoweit denkbar sei, als die übernehmende an der übertragenden Körperschaft beteiligt sei. Die Vorschrift laufe jedoch deswegen nicht leer. Dötsch vertrete den Standpunkt, dass diese Vorschrift in den Fällen ohne eine wegfallende Beteiligung eine § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz nachgebildete steuerliche Neutralisierung von Einlagen regele. Hinsichtlich der Kosten werde auf die objektive wirtschaftliche Veranlassung abgestellt. Sie stellten grundsätzlich laufende Betriebsausgaben dar und teilten daher das Schicksal des Übernahmeergebnisses und seien daher letztlich nicht abzugsfähig.

    Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, der Beklagte verkenne, dass auch in den Fällen einer Verschmelzung Konstellationen möglich seien, bei denen die übernehmende Gesellschaft an der übertragenden Gesellschaft nicht beteiligt sei und auch in diesen Fällen § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG keine Anwendung finde.

    Die Klägerin beantragt,

    den Körperschaftsteuerbescheid 2006 vom 31. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2009 dahingehend zu ändern, dass Umwandlungskosten i.H.v. 79.118,59 EUR berücksichtigt werden,

    den Bescheid für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 23. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2009 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag auf Null Euro festgesetzt wird,

    den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2006 vom 23. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2009 dahingehend zu ändern, dass Umwandlungskosten i.H.v. 79.118,59 EUR berücksichtigt werden,

    den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 vom 23. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2009 dahingehend zu ändern, dass Umwandlungskosten i.H.v. 79.118,59 EUR berücksichtigt werden,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

    Entscheidungsgründe:

    Der Senat hält es für sachgerecht, über den vorliegenden Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, da ausschließlich eine Rechtsfrage im Streit ist und die Beteiligten ausreichend Gelegenheit hatten, ihre Rechtsstandpunkte vorzutragen. Weitere Gesichtspunkte, die zur Klärung des Rechtsstreits dienen könnten, sind in einer mündlichen Verhandlung nicht zu erwarten.

    Die Klage ist im Ergebnis begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht angenommen, dass ein steuerfreier Übernahmegewinn entstanden ist, der um die Kosten der Abspaltung reduziert außerhalb der Bilanz zu neutralisieren ist.

    Nach § 15 UmwStG gelten die Vorschriften der §§ 11 bis 13 UmwStG im Falle eines Vermögensübergangs durch Aufspaltung oder Abspaltung entsprechend. Im Streitfall haben die ehemaligen Gesellschafter eine Abspaltung im Sinne des § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG vereinbart. Die steuerlichen Folgen für die Klägerin als übernehmende Körperschaft ergeben sich demnach aus § 12 UmwStG. § 12 Abs. 1 UmwStG sieht vor, dass die übernehmende Körperschaft die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert zu übernehmen hat. Dabei bleibt ein Gewinn oder ein Verlust nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang außer Betracht. Die Vorschrift regelt nach ihrem Wortlaut danach nur den Fall, dass die übernehmende Körperschaft Anteile an der übertragenden Körperschaft im Betriebsvermögen gehalten hat. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt, denn die Klägerin war selbst nicht an der X. GmbH beteiligt. Gesellschafter der X. GmbH waren die Herren B. und A..

    Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG kann nach Auffassung des Senats im Streitfall nicht entsprechend für die Fälle angewendet werden, in denen es an einer Beteiligung im vorgenannten Sinne fehlt. Soweit der Beklagte meint, die Verweisung in § 15 UmwStG rechtfertige eine sinngemäße Anwendung des § 12 UmwStG mit der Folge, dass in Abspaltungsfällen auf eine Beteiligung der übernehmenden an der übertragenden Körperschaft verzichtet werden könne, ist dem entgegenzuhalten, dass auch bei einer Verschmelzung nicht notwendigerweise die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft beteiligt sein muss, wie dies zum Beispiel bei einer Abwärtsverschmelzung (down-stream-merger) der Fall ist.

    Vielmehr spricht der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG dafür, dass der Gesetzgeber überhaupt nur für den Fall der Beteiligung an der übertragenden Körperschaft eine Regelung treffen wollte, da nur in diesem Fall ein steuerpflichtiger Übernahmegewinn oder -verlust entstehen kann, der nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 UmwStG außerhalb der Bilanz korrigiert werden kann. Ob ein Übernahmegewinn für den Fall, dass die Anteile der übertragenden Körperschaft im Privatvermögen gehalten werden, überhaupt entsteht, ist, soweit ersichtlich, durch die Rechtsprechung jedenfalls bislang nicht ausdrücklich für eine dem vorliegenden Fall vergleichbaren Konstellation entschieden worden. Allerdings hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass es für die steuerrechtliche Beurteilung einer Verschmelzung entscheidend darauf ankomme, ob diese auf gesellschaftsrechtlicher oder betrieblicher Grundlage erfolge (BFH, Urteil vom 4. März 1958 I 7/57 BStBl. III 1958, 298). Würden den Gesellschaftern der untergehenden Gesellschaft Anteile zur Verfügung gestellt, die aus einer Kapitalerhöhung stammten, erfolge die Verschmelzung auf gesellschaftsrechtlicher Ebene, so dass der bei der Neuausgabe der Anteile für einen höheren als den Nennbetrag erzielte so genannte Agio-Gewinn nicht körperschaftssteuerpflichtig sei. Es handle sich vielmehr um eine Einlage, die den Gewinn nicht beeinflusse (BFH, Urteil vom 4. März 1958 I 7/57 BStBl. III 1958, 298). Dem folgend vertritt die herrschende Meinung in der Literatur die Auffassung, dass ein Übernahmegewinn bzw. -verlust überhaupt nur denkbar sei, wenn die übernehmende an der übertragenden Körperschaft beteiligt sei (Dötsch, § 12 UmwStG, Rdnr. 31; Widmann in Widmann/Mayer, § 12 UmwStG Rn. 61; Schmitt in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwStG, § 12 Rn 43f; Klingberg in Blümich, § 12 UmwStG Rz 24f; Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbruck, UmwStG, Rn. 31). Demgegenüber vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass das Übernahmeergebnis ungeachtet einer Beteiligung an der übertragenden Körperschaft nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zu ermitteln ist (BMF, Schreiben vom 11. November 2011 IV C 2 – S 1978-b/08/10001, Rdnr 12.05).

    Gegen die Auffassung der Finanzverwaltung spricht der eindeutige Wortlaut des Gesetzes. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber unter Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung auch bei fehlender Beteiligung an der übertragenden Körperschaft von der Anwendbarkeit des § 12 Abs. 2 UmwStG ausging, sind nicht vorhanden. Vielmehr ergibt sich aus den Materialien zur Gesetzgebung, dass das Übernahmeergebnis „wie bisher” steuerlich außer Ansatz gelassen werden sollte (BTDrs 542/06, S. 65), eine Änderung der Rechtslage also nicht intendiert war. Der Senat folgt insoweit der herrschenden Meinung und hält die vom BFH im Urteil vom 4. März 1958 für eine Verschmelzung entwickelten Grundsätze auf den hier vorliegenden Fall der Abspaltung für übertragbar und erkennt daher in der Differenz zwischen dem Wert des übertragenen Vermögens und dem Nennwert der dem Gesellschafter A. für die Übertragung des Teilbetriebs gewährten Anteile eine Einlage. Demzufolge hat der Beklagte zu Unrecht einen Übernahmegewinn angesetzt und hat diesen zu Unrecht außerhalb der Bilanz den Regelungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG folgend nach Abzug der Abspaltungskosten gewinnmindernd berücksichtigt.

    Der Senat geht mit seiner Entscheidung nicht über den Antrag der Klägerin hinaus, da die vollständige Freistellung des Übernahmegewinns dem von der Klägerin angestrebten Klageziel entspricht.

    Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer bzw. den festzustellenden Verlust nach Maßgabe der Gründe des Gerichtsbescheides neu zu berechnen und der Klägerin unverzüglich formlos mitzuteilen. Nach Rechtskraft der Entscheidung sind die angefochtenen Bescheide mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

    Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

    Der Gerichtsbescheid ist nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären; § 708 Nr. 10 Zivilprozessordnung ist nicht anwendbar, denn diese Vorschrift betrifft nur Urteile (zur weiteren Begründung siehe FG Hamburg, Urteil vom 4. November 2011, StE 2012, 8).

    VorschriftenUmwStG § 15, UmwStG § 12 Abs. 1, UmwStG § 12 Abs. 2 S. 1, UmwStG § 12 Abs. 2 S. 2, UmwG § 123 Abs. 2 Nr. 1, ZPO § 708 Nr. 10