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  • 31.05.2012

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 16.12.2011 – 4 K 150/10

    1. Hat ein Abnehmer von einem Einführer Datenträger erworben und leistet er in diesem Zusammenhang Lizenzzahlungen an einen Dritten, setzt eine Überprüfung gemäß Art. 78 ZK beim Abnehmer hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass sie bei der Einfuhrabgaben(-nach-)erhebung in den Zollwert einfließen.

    2. Art. 78 ZK ermächtigt nicht zur Ermittlung statistischer Daten.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Rechtsmäßigkeit einer Zollaußenprüfung.

    1. Die Klägerin hat innergemeinschaftlich Musik-CDs von einem Unternehmen C (C.) erworben. C. hatte die Datenträger aus einem Drittland eingeführt und unter Abgabe von Zollanmeldungen in den freien Verkehr überführt. Im Rahmen ihrer Zollanmeldungen hat die C. einen Zollwert angegeben, bei dem es sich offenbar nicht um den sog. Vorerwerberpreis handelt, also den Kaufpreis, den der drittländische Verkäufer, von dem C. die CDs erworben hatte, seinerseits für die Ware an einen etwaigen Vorlieferanten gezahlt hatte.

    Die Klägerin selbst zahlte im Zusammenhang mit den von ihr erworbenen CDs Lizenzgebühren an Dritte.

    2. Das beklagte Hauptzollamt (HZA) erließ am 25.03.2010 eine Prüfungsanordnung gegenüber der Klägerin. Als Prüfungsgrundlage nannte die Anordnung Art. 13, 14, 78 VO (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex - ZK -) i. V. m. §§ 193 ff. Abgabenordnung (AO), als Prüfungsumfang die Ermittlung der Höhe der in die Zollwerte der von C. eingeführten DVDs einzubeziehenden Lizenzgebühren, als Prüfungszeitraum den 01.07.2002 bis zum 25.03.2010.

    Auf den von der Klägerin rechtzeitig eingelegten Einspruch gab das HZA eine ausführlichere Begründung für die Prüfungsanordnung. Im Zusammenhang mit dem Vertrieb von eingeführten Tonträgern, Spielfilm-DVDs oder Videofilmen fielen in aller Regel Lizenzgebühren an, die für die Inanspruchnahme von Rechten an den Inhalten (Musikstücke, Spielfilme usw.) dieser Waren zu entrichten seien. Häufig würden diese Lizenzgebühren nicht von den Einführern der vorgenannten Waren entrichtet, sondern von den Unternehmen, die weiter hinten in der Käuferkette lägen und an der zollamtlichen Behandlung der Waren nicht unmittelbar beteiligt seien. Mit seinem grundlegenden Urteil vom 27.02.2007 (VII R 25/06) habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Wert der auf eingeführten DVDs gespeicherten Spielfilmen bei der Zollwertermittlung zu berücksichtigen sei. Der Wert der auf DVDs/CDs aufgebrachten Spielfilme/Musikstücke fände seinen Ausdruck in den Lizenzgebühren, die die Produzenten oder sonstigen Rechteinhaber für die Nutzung des Films/Musikmaterials verlangten. Ein vom HZA Köln - Bundesstelle Zollwert - geprüftes Einfuhrunternehmen habe bei der Überführung der eingeführten und anschließend u.a. an die Klägerin weiterverkauften CDs keine Lizenzgebühren bei der Ermittlung der Zollwerte angemeldet. Nach Art. 4 Nr. 1, 14, 78 Abs. 2 ZK und der Rechtsprechung des BFH müsse die Klägerin die Prüfung dulden, denn sie sei mittelbar an den Einfuhrvorgängen der C. beteiligt gewesen. Sie habe die von C. eingeführten Waren erworben, sei Lizenznehmer und nur bei ihr könnten die in den Zollwert einzubeziehenden Lizenzgebühren festgestellt werden. Die im Rahmen der Zollprüfung ermittelten durchschnittlichen Lizenzgebühren würden sodann der für die Abgabenerhebung zuständigen Zolldienststelle zur Verfügung gestellt werden, damit diese die Zollwerte für die eingeführten Musik-CDs entsprechend korrigieren könne. Eine von der Klägerin befürchtete Verletzung des Zollgeheimnisses (Art. 15 ZK) werde es nicht geben, denn für den jeweiligen Einführer sei nicht ersichtlich, bei welchen Kunden die Lizenzgebühren ermittelt worden seien.

    Die - nunmehr vertretene - Klägerin ergänzte die Begründung ihres Einspruchs. Die vom HZA benannten Rechtsgrundlagen seien nicht einschlägig. Außerdem könne unter keinen Umständen ein Prüfungszeitraum ab dem 01.07.2002 begründet werden, denn dem stehe die zollrechtliche Regelverjährung von drei Jahren, Art. 221 Abs. 3 S. 1 ZK, entgegen. Weiterhin monierte die Klägerin, die Prüfungsanordnung lasse jede Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld vermissen, das daraus entstehe, dass die Klägerin Betriebsgeheimnisse offenbaren solle, die ein anderer Wirtschaftsteilnehmer anschließend unberechtigt erfahren könne.

    Das HZA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27.07.2010 als unbegründet zurück. Lizenzgebühren gehörten als Grundlage für die zutreffende Erhebung des gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrages bei der Einfuhr zum Zollwert. Nach dem unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ergangenen Urteil des BFH vom 27.02.2007 (VII R 25/06) sei für die Zollwertermittlung der gesamte wirtschaftliche Einfuhrvorgang und nicht nur das einzelne Kaufgeschäft zu betrachten. Die in dem bei der Einfuhr tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis nicht enthaltene Lizenzgebühren seien diesem hinzuzurechnen, Art. 32 Abs. 1 lit. c) ZK, wobei Durchschnittswerte angesetzt werden könnten, soweit sie auf objektiven und bestimmbaren Tatsachen beruhten. Die auf Art. 13, 14, 78 ZK, §§ 193 ff. AO gestützte Zollprüfung bei der Klägerin diene der Feststellung von Durchschnittswerten. Die Klägerin sei an den Einfuhrvorgängen mittelbar beteiligt. Bedenken gegen den festgelegten Prüfungszeitraum seien grundlos, weil die Klägerin infolge des Prüfungsergebnisses nicht selber Adressat einer zollrechtlichen Entscheidung werde, von ihr insbesondere keine Abgaben angefordert würden und die Verjährungsregelung damit im Verhältnis zur Klägerin keine Anwendung finde.

    Weder die Regelungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union stünden der Prüfung bei der Klägerin entgegen. Das Ergebnis der angeordneten Prüfung werde in einem nur an die Klägerin gerichteten Prüfungsbericht niedergelegt. Der für die Abgabenerhebung zuständigen Zollstelle werde lediglich das abschließende Ergebnis mitgeteilt. Nur auf Grundlage dieser Mitteilung erfolge dann die gegebenenfalls erforderliche Korrektur des Zollwerts. Auch im Fall einer Klage des Einführers wegen der korrigierten Höhe des Zollwerts wäre nicht zu befürchten, dass der Einführer auf der Grundlage eines Akteneinsichtsrechts gemäß Art. 78 FGO auf sensible Geschäftsunterlagen der Klägerin zugreifen könne. Wegen der Einzelheiten der Einspruchsentscheidung wird auf ihren Inhalt Bezug genommen.

    3. Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben.

    Die Klägerin macht geltend, sie sei nicht Zollanmelder und könne daher nur in eng begrenzten und hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen als Auskunftspflichtiger herangezogen werden. Sie sei im Hinblick auf die CDs nicht, auch nicht mittelbar, an einem zollrechtlich relevanten Warenverkehr im Sinne von Art. 14 ZK beteiligt gewesen.

    Die Klägerin behauptet, die von ihr gezahlten Lizenzgebühren hätten sich nicht auf den Erwerb der CDs bezogen, sondern auf Dienstleistungen bzw., wie die Klägerin an anderer Stelle vorträgt, auf Vertriebsrechte, für die Art. 32 Abs. 5 lit. b ZK gelte.

    Die Höhe der von ihr gezahlten Lizenzgebühren sei ein Betriebsgeheimnis, das durch die Zollverwaltung nicht gewahrt würde, wenn die Verwaltung dieses Betriebsgeheimnis - so wie beabsichtigt - in die Abgabenfestsetzung gegen C. einfließen lasse. Das HZA habe versäumt, diesen Umstand im Zusammenhang mit der Anordnung der Prüfung in eine Abwägung einzubeziehen.

    Im Übrigen sei der Prüfungszeitraum rechtswidrig bestimmt worden, weil er die Grenzen der zollrechtlichen Verjährungsvorschriften überschreite.

    Die Klägerin beantragt,

    die Prüfungsanordnung des HZA vom 25. März 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2010 aufzuheben.

    Das HZA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das HZA meint, Art. 13 i. V. m. Art. 4 Nr. 14 ZK als generelle Ermächtigung für die Zollbehörden, alle für erforderlich gehaltenen Kontrollen durchzuführen, um die Einhaltung der zollrechtlichen Vorschriften sicherzustellen, diene nicht nur im engen Sinn der Warenkontrolle, sondern darüber hinaus der zutreffenden Erfassung und Erhebung der Abgaben, womit nicht nur Fiskalinteressen der Gemeinschaft, sondern auch Gleichbehandlungsaspekte der Wirtschaftsteilnehmer angesprochen seien. Gemäß Art. 78 ZK könne diese Prüfung nicht allein beim Zollanmelder, sondern bei allen in geschäftlicher Hinsicht mittelbar oder unmittelbar beteiligten Personen oder bei allen anderen Personen durchgeführt werden, die diese Unterlagen oder dieses Material aus geschäftlichen Gründen in Besitz hielten.

    4. Dem Gericht lag neben den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen ein Ordner Sachakte des HZA vor.

    Gründe

    Die Klage ist zulässig und begründet.

    Die angefochtene Prüfungsanordnung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

    Als Rechtsgrundlage für die Prüfungsanordnung kommen nur die - in ihr auch ausdrücklich benannten - Vorschriften der Art. 13, 14, 78 ZK in Betracht. Es kann indes nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind.

    1. a) In sachlicher Hinsicht können nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 ZK Zollbehörden unter den im geltenden Recht festgelegten Voraussetzungen alle Kontrollen durchführen, die sie für erforderlich halten, um die ordnungsgemäße Anwendung der zollrechtlichen und sonstigen Vorschriften über den Eingang, den Ausgang, den Versand, die Beförderung und die besondere Verwendung von Waren, die zwischen dem Zollgebiet der Gemeinschaft und Drittländern befördert werden, sowie über das Vorhandensein von Waren ohne Gemeinschaftsstatus zu gewährleisten. Zollkontrollen sind nach der Legaldefinition des Art. 4 Nr. 14 ZK besondere Amtshandlungen zur Gewährleistung der Einhaltung des Zollrechts.

    Bei der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben sind die Zollbehörden an geltendes Recht gebunden; die dort für die Vornahme bestimmter Prüfungsmaßnahmen vorgesehenen Voraussetzungen müssen eingehalten werden (Henke in Witte, Zollkodex, Art. 13, Rdnr. 10 m. w. N.). Soweit die allgemeine Ermächtigung des Art. 13 Abs. 1 ZK zur Vornahme von Prüfungshandlungen durch nationale Vorschriften konkretisiert wird, stehen diese unter dem Vorbehalt der nationalen Verfassung (Henke in Witte, Zollkodex, Art. 13, Rdnr. 13.). Sowohl die Bestimmung des Steuerpflichtigen als auch des sachlichen und zeitlichen Umfangs einer Außenprüfung stehen im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde (vgl. Henke in Witte, Zollkodex, Art. 13, Rdnr. 16 f; vgl. für die subsidiär anzuwendenden nationalen Vorschriften BFH, Beschluss vom 03.02.2009, VIII B 114/08, BFH/NV 2009, 887).

    Von den entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften (siehe Henke in Witte, Zollkodex, Art. 13, Rdnr. 12) ist für den vorliegenden Sachverhalt allein Art. 78 ZK in den Blick zu nehmen. Das insoweit für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland maßgebliche nationale Recht findet sich, soweit es nicht vom Gemeinschaftsrecht überlagert wird, insbesondere im Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) und in den §§ 193 ff., §§ 209 ff. AO, (vgl. Henke in Witte, Zollkodex, Art. 13, Rdnr. 13 m. w. N).

    b) In personeller Hinsicht regelt Art. 14 ZK, dass alle Personen, die unmittelbar oder mittelbar an Vorgängen im Rahmen des Warenverkehrs beteiligt sind, den Zollbehörden auf deren Verlangen alle Unterlagen und Angaben zur Verfügung zu stellen und jede erforderliche Unterstützung zur Anwendung des Zollrechts zu gewähren haben. Diese Vorschrift legt zur Durchführung der in Art. 13 ZK vorgesehenen Kontrollen aktive Mitwirkungspflichten nicht nur für den Zollschuldner, sondern auch für Dritte fest (vgl. Reiche in Witte, Zollkodex, Art. 14, Rdnr. 1).

    Mitwirkungsverpflichtet sind nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nur diejenigen Personen, die - unmittelbar oder jedenfalls mittelbar - an Vorgängen im Rahmen des Warenverkehrs beteiligt sind. Ihre Mitwirkungspflichten sind, wie sich aus dem Tatbestandsmerkmal „zur Anwendung des Zollrechts” ergibt, sächlich allerdings insoweit begrenzt, als sich das Verlangen der Zollbehörde auf zollrechtlich erhebliche Tatsachen beziehen muss, also nur dasjenige umfasst, was für die zollrechtliche Beurteilung eines konkreten Warenverkehrsvorgangs in tatsächlicher Hinsicht von Bedeutung sein kann und hierfür erforderlich ist (vgl. Reiche in Witte, Art. 14, Rdnr. 10 f).

    c) Nach Art. 78 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZK können die Zollbehörden nach Überlassung der Waren von Amts wegen eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen und die Geschäftsunterlagen und anderes Material, das im Zusammenhang mit den betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrgeschäften sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren steht, prüfen, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Anmeldung zu überzeugen. Diese Prüfung kann beim Anmelder, bei allen in geschäftlicher Hinsicht mittelbar oder unmittelbar beteiligten Personen oder bei allen anderen Personen durchgeführt werden, die diese Unterlagen oder dieses Material aus geschäftlichen Gründen in Besitz haben, Art. 78 Abs. 2 Satz 2 ZK.

    Wenn die nachträgliche Prüfung der Anmeldung ergibt, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, treffen nach Art. 78 Abs. 3 ZK die Zollbehörden unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln.

    Die Ermächtigung in Art. 78 ist inhaltlich auf die Überprüfung von Zollanmeldungen beschränkt; andere zollrechtliche Handlungen können nicht nach Art. 78 ZK geprüft werden (Henke in Witte, Zollkodex, Art. 78, Rdnr. 3 m. w. N.).

    Zeitlich wird der Anwendungsbereich des Art. 78 ZK durch die Regelverjährung von drei Jahren (Art. 221 ZK) - soweit keine strafbaren, der zehnjährigen Verjährung unterliegenden Handlungen gegeben sind - begrenzt. Eine Prüfung, die eine Nacherhebung von Abgaben zum Ziel hat, kommt folglich dann nicht mehr in Betracht, wenn eine nachträgliche buchmäßige Erfassung ausscheidet oder die Mitteilung der nachträglichen buchmäßigen Erfassung an den Zollschuldner wegen Verjährung nicht mehr möglich ist (vgl. Henke in Witte, Zollkodex, Art. 78, Rdnr. 2).

    Eine rechtsstaatlich gebotene Grenze findet der Umfang der Überprüfung nach Art. 78 ZK in Art. 15 ZK i. V. m. § 30 AO in der gemeinschaftsrechtlich verankerten Geheimhaltungspflicht der Zollbehörden (Henke in Witte, Zollkodex, Art. 78, Rdnr. 10 m. w. N.).

    2. Die Voraussetzungen der Ermächtigungsvorschrift in Art. 78 ZK sind nicht erfüllt (a); wären sie erfüllt, so wäre die angefochtene Anordnung allerdings wegen pflichtwidriger Ausübung des Ermessens rechtswidrig (b).

    a) Es schon kann nicht erkannt werden, dass die Prüfung bei der Klägerin zur Kontrolle der Richtigkeit einer Zollanmeldung im Sinne von Art. 78 Abs. 2 Satz 1 ZK erforderlich ist.

    In der Prüfungsanordnung selbst ist als Prüfungsziel angegeben die „Ermittlung der Höhe, der in die Zollwerte der von C. eingeführten DVDs einzubeziehenden Lizenzgebühren”. Zugunsten des HZA wird an dieser Stelle insoweit von einer unschädlichen, weil offensichtlichen Unrichtigkeit ausgegangen, als von DVDs statt von CDs die Rede ist.

    Die Überprüfung bei der Klägerin kann sich im Hinblick auf eine Richtigkeit der Zollanmeldung durch C. nur auf den von C. angegebenen Zollwert beziehen, und zwar allenfalls, wie vom HZA ausgeführt, soweit von ihr geleistete Lizenzzahlungen zu berücksichtigen sind.

    Maßgeblich für den Zollwert ist nach § 29 ZK zunächst der für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis.

    Gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. c) ZK sind bei der Ermittlung des Zollwerts nach Art. 29 ZK zwar Lizenzgebühren für die zu bewertenden Waren hinzuzurechnen, allerdings nur soweit der Käufer sie entweder unmittelbar oder mittelbar nach den Bedingungen des Kaufgeschäfts für die zu bewertenden Waren zu zahlen hat und sie nicht im tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis enthalten sind. Art. 32 Abs. 5 lit. b) stellt insoweit klar, dass außerhalb von Art. 32 Abs. 1 lit. c) ZK Zahlungen des Käufers für das Recht auf Vertrieb oder Wiederverkauf der eingeführten Waren dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis nicht hinzugerechnet werden. Zahlungen für das Recht auf Vertrieb oder Wiederverkauf der Einfuhrware sind also nur hinzuzurechnen, wenn diese Zahlung eine Bedingung für den Verkauf der eingeführten Ware ist; wenn die Zahlung jedoch keine Bedingung des Verkaufs ist, ist ein Zuschlag bei der Zollwertbestimmung wegen der Zahlung indes unzulässig (vgl. Reiche in Witte, Zollkodex, Art. 32, Rdnr. 91). Das Bestehen einer solchen Bedingung muss gegebenenfalls positiv festgestellt werden (vgl. Reiche in Witte, Zollkodex, Art. 32, Rdnr. 93)

    Die Feststellung einer solchen Bedingung ist im vorliegenden Fall allerdings nicht möglich. Zwar kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass Lizenzzahlungen gemäß Art. 29, 32 Abs. 1 lit. c) ZK dem Zollwert der von C. eingeführten CDs deswegen hinzuzurechnen sind, weil Bedingung ihres Erwerbs durch C. die Zahlung von Lizenzgebühren für die Weiterveräußerung oder den Vertrieb der CDs gewesen ist. Eine solche Bedingung - Zahlung von Lizenzgebühren durch C. oder, mit entsprechender Absicherung, durch ihren Abnehmer - könnte unmittelbar in dem Vertrag vereinbart worden sein, mit dem C. die CDs angekauft hat. Gegebenenfalls könnte auch erwogen werden, einem solchen Vertrag eine etwaige Vereinbarung zwischen C und seinem Verkäufer gleichzustellen, nach der C. die CDs nur an einen Abnehmer weiterveräußern darf, der seinerseits eine Lizenzvereinbarung mit dem Lieferanten von C. oder einem anderen Begünstigten hat.

    Die bloße Möglichkeit eines solchen Vertrags reicht allerdings nicht aus, um dem HZA ein Eingriffsrecht zu gewähren, sondern es bedarf nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls im Hinblick darauf, dass mit der Prüfungsmaßnahme ein Eingriff bei einer im Verhältnis zum Einfuhrvorgang dritten Person angeordnet wird, einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit.

    Daran fehlt es vorliegend. Das HZA hat insoweit keine hinreichenden Angaben gemacht. Dass ein vom HZA Köln - Bundesstelle Zollwert - geprüftes Einfuhrunternehmen bei der Überführung der eingeführten und anschließend u. a. an die Klägerin weiterverkauften CDs keine Lizenzgebühren bei der Ermittlung der Zollwerte angemeldet hat, reicht nicht aus, um auf das Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 32 Abs. 1 lit. c) ZK schließen zu können.

    Zwar dürfte es überzogen sein, von der Zollbehörde zu verlangen, das Vorliegen und den Inhalt einer entsprechenden Vereinbarung schon bei der Prüfungsanordnung im Einzelnen und gegenüber dem betroffenen Dritten darzulegen oder gar zu belegen. Doch müssen zur Rechtfertigung eines Eingriffs, wie ihn die angeordnete Prüfung darstellt, konkrete Anhaltspunkte vorhanden sein und bezeichnet werden, die dafür sprechen, dass eine solche Bedingung Gegenstand des Kaufvertrags gewesen ist.

    Es ist nicht (erst) im gerichtlichen Verfahren zu ermitteln, ob entsprechende konkrete Anhaltspunkte bestehen, denn Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist die angefochtene Anordnung mit ihrem durch die konkrete Begründung bestimmten Inhalt. Nach dem Gemeinschaftsrecht müssen in der Begründung einer Maßnahme die tatsächlichen und rechtlichen Umstände benannt werden, auf deren Grundlage ihr Adressat in Anspruch genommen werden soll, um ihm effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. Nach dem insoweit zu beachtenden nationalen Recht müssen zudem die Voraussetzungen für die belastende Maßnahme im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung gegeben sein; deshalb beschränkt sich die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende Prüfung durch das Gericht darauf, ob nach dem Inhalt der Prüfungsanordnung in Gestalt der Einspruchsentscheidung wahrscheinlich ist, dass die Prüfung für die zollrechtliche Behandlung der von C. eingeführten Waren von Bedeutung ist.

    Auch auf der Grundlage des vom HZA in Bezug genommenen Urteils des BFH vom 27.0.2007 (VII R 25/06) kann der angeordneten Prüfung bei der Klägerin keine Bedeutung für die zollrechtliche Behandlung der Einfuhren bei der C. beigemessen werden. Zum einen kann nicht erkannt werden, dass der vorliegende Fall der Klägerin dem vom BFH entschiedenen Fall entspricht. Grundlage der angefochtenen Prüfungsanordnung in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist hier nämlich nicht, dass der Einführer - wie in dem vom BFH entschiedenen Fall - anlässlich seiner Zollanmeldung Vorerwerberpreise angegeben hat und es Beistellungen gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. b) ZK gegeben hat.

    b) Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Selbst wenn für die Vereinbarung einer Bedingung im Sinne von Art. 32 Abs. 1 lit. c) ZK hinreichende Anhaltspunkte bestanden haben sollten, hätte es einer Ermessensausübung durch das HZA bedurft, innerhalb derer es eine Abwägung hätte vornehmen müssen, ob der mit der Prüfung gegenüber der Klägerin verbundene Eingriff im Hinblick auf die konkret zu erwartende Nacherhebung dem Grad ihrer Wahrscheinlichkeit und ihrer Höhe nach verhältnismäßig ist. Denn sowohl die Bestimmung des Steuerpflichtigen als auch des sachlichen und zeitlichen Umfangs einer Außenprüfung stehen im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde (vgl. Henke in Witte, Zollkodex, Art. 13, Rdnr. 16 f; vgl. für die subsidiär anzuwendenden nationalen Vorschriften BFH, Beschluss vom 03.02.2009, VIII B 114/08, BFH/NV 2009, 887).

    Hier würde es an einer hinreichenden Ausübung des Ermessens fehlen. Das HZA hat sich nur - was nicht hinreichend ist - mit dem Eingriff in das Geheimhaltungsinteresse der Klägerin auseinandergesetzt. Ob dies ermessensfehlerfrei erfolgt ist, kann hier dahinstehen. Denn das HZA hat jedenfalls pflichtwidrig versäumt, die erkennbar mit der Prüfung an sich bereits verbundene Belastung unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei der Klägerin um einen im Verhältnis zum Einfuhrvorgang Dritten handelt, und unter Berücksichtigung von gegebenenfalls zu erwartenden Nacherhebungen zu würdigen. Das HZA ist, indem es den Prüfungszeitraum ohne weitere Begründung weit über die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren hinaus ausgedehnt hat, fehlerhaft davon ausgegangen, es habe ein Prüfungsrecht über die bei der C. gegebenenfalls nachzuerhebenden Zollabgaben hinaus. Sollte das HZA also überhaupt ein Ermessen ausgeübt haben, hätte es diesem ein ihm tatsächlich in diesem Umfang nicht zustehendes Prüfungsrecht zugrunde gelegt und hätte es sein Ermessen somit auf einer unzutreffenden Grundlage ausgeübt.

    3. Soweit den Ausführungen des HZA in der Einspruchsentscheidung entnommen werden kann, dass es - unabhängig von der konkreten zollrechtlichen Behandlung der Einfuhr der CDs durch C. - das Ziel verfolgt, durchschnittliche Lizenzzahlungen zu ermitteln, stellt ihm Art. 78 ZK keine Rechtsgrundlage zur Verfügung. Dafür, dass das HZA dieses Ziel verfolgt, sprechen seine Einlassungen in der Einspruchsentscheidung, wo es heißt (S. 4, Mitte), dass es sich bei dem von der Prüfung zu erwartenden Ergebnis „nicht um die Zuordnung einer Lizenzzahlung zu einem konkreten Einfuhrvorgang handelt, sondern lediglich um die Ermittlung eines zu berücksichtigenden Durchschnittswerts”. Weiter heißt es am Ende der Einspruchsentscheidung, dass Gegenstand der Prüfung die Ermittlung von Durchschnittswerten als qualifizierter Schätzgrundlage gemäß Art. 32 Abs. 2 ZK sei. Allerdings heißt es dort auch, das abschließende Ergebnis würde der für die Abgabenerhebung zuständigen Zollstelle mitgeteilt, die gegebenenfalls eine Korrektur des Zollwerts (gegenüber dem Einführer) vornehmen werde.

    Der Anwendungsbereich des Art. 78 ZK ist auf die Überprüfung konkreter Zollanmeldungen beschränkt (s. o.). Für die Erhebung statistischer Daten stellt die Vorschrift keine Eingriffsgrundlage dar.

    Eine andere Eingriffsgrundlage für die Ermittlung statistischer Daten ist nicht erkennbar und im Übrigen auch vom HZA nicht benannt worden.

    Etwas anderes ergibt sich auch an dieser Stelle nicht aus der Entscheidung des BFH vom 27.02.2007 (VII R 25/06). Die ausführlichen Darlegungen des BFH für den Fall, dass die Höhe der entrichteten Lizenzzahlungen nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist und auch keine auf objektiven und bestimmbaren Tatsachen beruhenden Durchschnittswerte angesetzt werden können, gibt keinen Hinweis auf etwaige Befugnisse der Zollbehörden zur Ermittlung von Durchschnittswerten bei nicht am Einfuhrvorgang beteiligten Dritten.

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 151 Abs. 3, § 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

    Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

    VorschriftenAO § 193